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Roche und Novartis gingen vor das Bundesverwaltungsgericht © Roche und Novartis

Roche-Novartis gewinnen erste Runde gegen Berset

upg /  Vor dem Bundesverwaltungsgericht buchen die Pharmakonzerne einen vorläufigen Erfolg: Preise für umsatzstarke Pillen bleiben hoch.

Gegen einige Verfügungen des Bundesamts für Gesundheit BAG zur Senkung von Medikamentenpreisen haben die Pharmakonzerne Roche und Novartis vor Bundesverwaltungsgericht Beschwerden eingereicht. Das Gericht hat den Eingang von Beschwerden gegen das BAG bestätigt.
Bundesrat Alain Berset wollte den Beschwerden die aufschiebende Wirkung entziehen. Doch auf Begehren der Pharmakonzerne hat das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen die aufschiebende Wirkung gewährt.
Deshalb dürfen Roche und Novartis einige ihrer umsatzträchtigsten Medikamente weiterhin zum bisherigen Preis verkaufen, der zum hohen Euro-Wechselkurs von 1.56 berechnet wurde.
Wegen des «Amtsgeheimnisses» will das BAG während des «laufenden Verfahrens» die Namen der klagenden Firmen und der betroffenen Medikamente nicht bekannt geben. Doch ein Vergleich einer ersten Preisliste des BAG mit der neusten zeigt, dass es sich um die Medikamente Glivec (Leukämie) und Myfortic (Nierentransplantationen) von Novartis sowie um Actemra (Rheuma), Cellcept (Nierentransplantationen) und Pegasys (Hepatitis B) von Roche handelt. Roche hat dies Infosperber bestätigt. Das BAG dürfe die Preise nicht nur mit den Preisen im Ausland vergleichen, sondern müsse auch einen Therapievergleich mit andern Medikamenten einbeziehen, erklärte eine Roche-Sprecherin. (Nachtrag: Auch Novartis hat unterdessen bestätigt, dass es um die Preise von Glivec und Myfortic geht.)

Ein Wechselkurs von 1.29 Franken ist den Pharmafirmen zu wenig
Seit dem 1. November sollte ein Drittel aller kassenpflichtigen Medikamente um fast 20 Prozent günstiger sein. Denn Bundesrat Alain Berset hatte durchgesetzt, dass für den Auslandpreisvergleich nicht mehr wie bisher ein hoher Euro-Wechselkurs von 1.56 Franken, sondern von 1.29 Franken angewandt wird. Berset sprach von Einsparungen in Höhe von 240 Millionen Franken. Mindestens 30 Millionen davon muss er sich jetzt – wenigstens vorläufig – ans Bein streichen. Nach unbestätigten Informationen haben auch einige kleinere Pharmafirmen gegen verfügte Preissenkungen Beschwerden eingereicht.

Auslandpreisvergleich mit generellem Aufschlag

Für die Fabrikabgabepreise von Medikamenten in der Schweiz berechnet das BAG in der Regel den Durchschnitt der Fabrikabgabepreise in Deutschland, Österreich, Frankreich, England, Niederlande und Dänemark. Dazu gewährt das BAG noch einen generellen Aufschlag von mehreren Prozenten sowie in manchen Fällen einen «Innovationszuschlag», obwohl dieser in den Preisen des Auslands inbegriffen ist.

Preisanpassungen nur alle drei Jahre

Bis zum 31. Oktober 2012 wurden diese Durchschnittspreise zu einem Wechselkurs von 1.56 CHF berechnet, obwohl der tatsächliche Wechselkurs schon längst bei 1.20 liegt. Weil das BAG die Preise nur alle drei Jahre anpasst, wurden per 1. November 2012 bei einem Drittel aller Medikamente die Preise neu zu einem Wechselkurs von 1.29 berechnet, was zu den genannten Preissenkungen um fast 20 Prozent führt.
Der Kassenpreis von 150 Roche-Tabletten Cellcept, welches das Abstossen fremder Nieren verhindern soll, wäre ohne Beschwerde seit dem 1. November mit 457 Franken sogar 28 Prozent günstiger geworden als bisher.

Ein Drittel aller Medikamente bis 2014 zum Kurs von 1.56
Für ein zweites Drittel aller Medikamente gilt noch bis zum 31.10.2013 der Wechselkurs von 1.56 CHF. Und für das dritte Drittel aller Medikamente gilt dieser Phantasie-Wechselkurs sogar noch bis zum 31.10.2014.

Es profitieren in erster Linie Firmen im Ausland

Die Pharma ist die einzige Branche, die Wechselkursgewinne bisher nicht weiter geben musste. Zwei Drittel aller kassenpflichtigen Medikamente importiert die Schweiz aus dem Ausland, so dass vor allem ausländische Pharmakonzerne vom Wechselkurs von 1.56 CHF enorm profitieren – auf Kosten der Prämienzahlenden.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Der Autor vertritt die Patienten und Prämienzahlenden in der Eidgenössischen Arzneimittelkommission.

Zum Infosperber-Dossier:

Medikamente_Antibiotika1

Preise von Medikamenten

Medikamente verschlingen jeden vierten Prämienfranken. Warum müssen die Kassen viel mehr zahlen als im Ausland?

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2 Meinungen

  • am 2.12.2012 um 15:43 Uhr
    Permalink

    Sollten Preisvorteile als Retrozessionen und/oder Rabatte unter Herstellerabgabepreis politisch zur Förderung des Arzneimittelmarktes und Arzneimittelwettbewerbs als ‚nicht geldwerte’ und somit nicht der Weitergabepflicht unterliegende Preisvorteile im Heilmittel-, Krankenversicherungs- und Krankenversicherungsaufsichtsgesetz seitens Bundesrat Berset, dem Bundesamt für Gesundheitswesen und des Parlaments akzeptiert werden, ist die Industrie gleichzeitig zu verpflichten, die jeweiligen Preisüberprüfungs- und Preissenkungsrunden inkl. entsprechendem Euro/Franken-Wechselkurses bedingungslos zu akzeptieren und nicht wie bei den aktuellen Verfügungen 2012 mit Rekursen zu entgegnen und unter Umständen so die verfügten Preissenkungen um Jahre hinaus verzögern zu können. Auf der einen Seite beklagen die Hersteller dramatisch sinkende Margen aufgrund des wachsenden Preisdruckes oder angeblich ungerechtfertigter Franken/Eurowechselkurse bei den Preisüberprüfungsrunden, auf der anderen Seite gewähren Sie jedoch Rabatte von 40, 70 bis zu 90%?! Dies ist absolut inakzeptabel und darf im Interesse der politischen Glaubwürdigkeit gegenüber den Prämienzahlern weder von Bundesrat noch vom Parlament oder den Gesundheitsbehörden geduldet werden. Wer gegen Preissenkungen rekurriert soll gleichzeitig keine Rabatte und Zweckentfremdungen von Prämiengeldern zur gezielten monetären und marktstärkenden ökonomischen Übervorteilung einzelner Hersteller, Krankenversicherer und Leistungserbringer (Ärzte, Ärztenetzwerke, Spitäler etc) unter Fabrikabgabepreis mehr gewähren dürfen!

  • am 3.12.2012 um 14:44 Uhr
    Permalink

    Da frage ich mich was das für Richter sind die für die Hochfinanz sind, anstatt der Bevölkerung zu helfen dass die kaum mehr bezahlbaren Krankenkassenprämien zu senken stimmen sie für diese Firmen damit sie den Aktionären mehr ausschütten können. Ich stimme Herrn Keusch zu dass die Chemiefirmen die Medikamente nur mit sehr kleinem Rabatt den Ärzten und Spitäler abgeben dürfen.

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