Flchtlinge

Flüchtlinge im Sudan © ARD

Flüchtlingspolitik: EU kooperiert mit Diktatoren

Red. /  Um Flüchtlinge zu stoppen, will Europa eng mit autoritären Regimes in Afrika zusammenarbeiten. Menschenrechtler sind entsetzt.

«Die Fluchtursachen in den Herkunftsländern bekämpfen!» So lautet das Credo der europäischen Flüchtlingspolitik. Wie das konkret geschehen soll, darüber war bislang wenig zu hören. Jetzt zeigen bislang unveröffentlichte EU-Dokumente: Die Europäische Union will eng mit autoritären Regimes in Afrika zusammenspannen, um Menschen an der Flucht zu hindern. Das geht aus vertraulichen Verhandlungspapieren hervor, die dem ARD-Magazin «Monitor» vorliegen.

Unter anderem ist geplant, die Institutionen der Regierung in Eritrea zu «stärken» und sie bei der Bekämpfung von Menschenschmuggel zu unterstützen. Für Sudanesische Beamte ist eine Schulung im «Migrationsmanagement» vorgesehen, im Südsudan will man das «Grenzmanagement» verbessern. An der Polizeiakademie in Kairo soll ein «Trainingszentrum» entstehen, wo Polizisten und Strafverfolgungsbehörden der afrikanischen Staaten mit Hilfe der EU ausgebildet werden.
Kriegsverbrecher als Bündnispartner
Seit Monaten arbeiten europäische Länder im sogenannten «Khartum-Prozess» mit afrikanischen Staaten zusammen, um die Ursachen von «illegaler Migration» zu bekämpfen und sie besser zu steuern. Mit am Verhandlungstisch sitzen auch Vertreter von Unrechtsregimes wie Eritrea und Sudan, die Menschen unterdrücken und zur Flucht treiben.
Die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Selmin Çaliskan, kritisiert die Unterstützung von Polizei und Justizbehörden dieser diktatorischen Regimes scharf. Die Bündnispartner der EU seien «genau die Regierungen, die Menschen in brutaler Wiese unterdrücken, foltern, töten», sagte sie gegenüber «Monitor».
Die Vereinten Nationen werfen der Regierung Eritreas vor, für Folter, Zwangsarbeit, willkürliche Verhaftungen und Hinrichtungen verantwortlich zu sein. Im Südsudan dokumentierte Amnesty International Massenvergewaltigungen und Übergriffe auf die Zivilbevölkerung, an denen mutmasslich auch Regierungstruppen beteiligt waren. Der Präsident des Sudans, Omar-al Bashir, wird seit Jahren vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Völkermords und Kriegsverbrechen gesucht.

«Verrat an den Grundwerten Europas»
Er sei «entsetzt» über die Pläne der EU, sagte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl, im Interview mit «Monitor». Dass die EU so eng mit einer Militärdiktatur wie Eritrea kooperieren wolle, sei «ein Verrat an den Grundwerten Europas, den Menschenrechten». Fragwürdig sind auch die Massnahmen, mit denen die EU «Fluchtursachen bekämpfen» will. Hier setzt Europa primär auf Repression in den Herkunftsländern, die darauf abzielt, Menschen an der Flucht zu hindern. Für Burkhardt ein klares Indiz: «Die Opfer dieser Diktatur sollen in der Diktatur bleiben. Das ist das Ziel der europäischen Regierungen.»
Auch Lotte Leicht, EU-Direktorin von Human Rights Watch, äusserte sich empört zur Strategie der EU. Es gehe Europa nicht darum, diese Staaten zur Rechenschaft zu ziehen oder die Situation für die Menschen dort zu verbessern. «Das einzige Ziel der EU ist es, die Menschen von Europa fernzuhalten.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

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Migrantinnen, Migranten, Asylsuchende

Der Ausländeranteil ist in der Schweiz gross: Die Politik streitet über Asyl, Immigration und Ausschaffung.

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Eine Meinung zu

  • am 29.08.2015 um 17:58 Uhr
    Permalink

    Falls diese Informationen stimmen, hat die EU moralisch abgedankt. Das Ganze widerspricht diamentral den Beteuerungen von EU-Kommissionspräsident Junker, dass die EU-Mitgliedländer zusammenstehen werden und gemeinsam eine Lösung für die Flüchtlinge, welche Europa bereits erreicht haben, erarbeiten werde. Gerechte Lastenteilung, etc. Er hat angekündigt, im November werde dieser Deal ausgehandelt. Mal schauen, was kommt.

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