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Die Türme des Bündner Stromkonzerns Repower wachsen nicht mehr in den Himmel © google maps

Repower-Debakel: Die Verwaltungsräte haben versagt

Kurt Marti /  Beim Debakel des Repower-Konzerns mischten die Alpiq- und Axpo-Manager mit, assistiert von Bündner alt Regierungsräten.

Was für eine Schmach für die stolze Bündner Wasserkraft-Strategie: Die marode Repower AG musste auf Betteltour ins Unterland. Die Elektrizitätswerke Zürich (EKZ) und ein UBS-Fonds schossen 150 Millionen Franken Aktienkapital ein. Ursprünglich wollte der Kanton Graubünden mit Repower unabhängiger von den Strombaronen im Unterland werden. Der Kanton als Hauptaktionär übernahm rund 44 Prozent des Aktienkapitals, die Aare-Tessin AG für Elektrizität Atel (Alpiq) und die Elektrizitäts-Gesellschaft Laufenburg EGL (Axpo) 26 Prozent beziehungsweise 21 Prozent.

Ab der Jahrtausendwende begann die Rätia Energie (ab 2010 Repower AG) nach dem Vorbild von Alpiq und Axpo mit einer hochriskanten Hunter-Strategie in halb Europa. Im Geschäftsbericht des Jahres 2011 füllten die Beteiligungen von Repower zwei Seiten. Rund zwei Drittel davon im Ausland. Die Domizile der Beteiligungsgesellschaften reichten von Dortmund und Milano über Rijeka, Budapest, Bukarest, Belgrad bis nach Skopje, Bratislawa, Warschau, Sarajevo und Zagreb.

Mehr als ein halbe Milliarde Abschreiber in fünf Jahren

Die hochriskante Hunter-Strategie war ein Hauptgrund dafür, dass der Repower-Konzern in den letzten fünf Jahren über eine halbe Milliarde Franken abschreiben musste, was zu massiven Verlusten führte, obwohl die Jahresergebnisse vor Zinsen, Steuern und Abschreibern (Ebitda) zwischen 46 und 221 Millionen Franken lagen. Allein mit der Beteiligung am Gaskombi-Kraftwerk Teverola bei Neapel setzte Repower in den letzten Jahren rund 100 Millionen Franken in den Sand.

Es ist eine bittere Ironie der Geschichte, dass nun ausgerechnet die Unterländer den Repower-Konzern retten dürfen. Denn die Strom-Manager aus dem Unterland waren es auch, welche den Bündner Stromkonzern an den Rand des Ruins gesteuert haben, assistiert von den bürgerlichen Politikern vor Ort. Dies zeigt ein Blick in die Verwaltungsrats-Liste der Repower seit 2000. Neben alt Regierungsräten des Kantons Graubünden sitzen und sassen im Repower-Verwaltungsrat zahlreiche Alpiq- und Axpo-Manager, welche den riskanten Hunter-Kurs ihrer Mutter-Konzerne eins zu eins auf Repower übertrugen.

Alpiq- und Axpo-Hunter-Strategen im Repower-Verwaltungsrat

Die Alpiq-Manager im Repower-Verwaltungsrat werden angeführt vom ehemaligen Alpiq-Finanzchef Kurt Baumgartner, der von 2000 bis 2013 im Repower Verwaltungsrat war, davon die letzten zwei Jahre als Vize-Präsident. Rückblickend hat Baumgartner im Jahr 2012 gegenüber der Zeitung «Der Sonntag» strategische Fehler der Stromwirtschaft offen zugegeben: «Schliesslich gibt mir zu denken, dass wir in der Energiewirtschaft die Boomjahre 2000 bis 2008 europaweit als Anbruch eines neuen Zeitalters beurteilt haben und nicht erkannten, dass es sich um eine Blase handelte. Diese Fehleinschätzung holt uns alle heute schmerzhaft ein.»

Weitere Alpiq-Manager im Repower-Verwaltungsrat waren: Jörg Aeberhard, Antonio Taormina, Daniel Spinnler und Michael Wider. Heute ist die Alpiq nicht mehr im Verwaltungsrat vertreten, weil der marode Stromkonzern 2013 das sinkende Repower-Schiff fluchtartig verliess und seine Aktienanteile an den Kanton Graubünden und die EGL verkaufte.

Noch zahlreicher als Alpiq war und ist der Axpo-Konzern im Verwaltungsrat von Repower vertreten: Emmanuel Höhener, Hugo Rothenbühler, Alex Niederberger, Jean-Claude Scheurer, Hans Schulz, Guy Bühler, Domenico de Luca, Rolf W. Mathis (amtierend) und Manfred Thumann (amtierend) lauten ihre Namen.

Bündner alt Regierungsräte als regionale Türsteher

Als regionale Türsteher der Alpiq- und Axpo-Hunter-Strategie funktionierten in den entscheidenden Jahren von 2000 bis 2010 insgesamt fünf alt Regierungsräte des Kantons Graubünden:

  • Luzi Bärtsch (SVP): VR-Präsident 2000 – 2009
  • Reto Mengiardi (FDP): Vize-Präsident 2000 – 2011
  • Christoffel Brändli (SVP): VR-Mitglied 2000 – 2014, alt Ständerat
  • Aluis Maissen (CVP): VR-Mitglied 2000 – 2008
  • Martin Schmid (FDP): VR-Mitglied seit 2008, Ständerat

Alt Regierungsrat Claudio Lardi (SP) trat 2011 in den Verwaltungsrat ein, als sich die Abschreiber bereits zu überbieten begannen.

Trotz der Misswirtschaft kassierten beziehungsweise kassieren die alt Regierungsräte stolze Vergütungen: Beispielsweise VR-Präsident Luzi Bärtsch rund 150’000 Franken (2009) und VR-Vizepräsident Reto Mengiardi sogar 300‘000 Franken (2010), wovon 184‘000 Franken für «zusätzliche Leistungen» wie «juristische Gutachten und Beratungen» zu «marktüblichen Honoraransätzen».

Aber auch für einfache VR-Mitglieder ist ein solches Amt mit einem schönen, finanziellen Zustupf verbunden: Beispielsweise FDP-Ständerat Martin Schmid kassierte in den letzten vier Jahren im Schnitt rund 100’000 Franken jährlich.

Erneut die FDP-Vertreter in der ersten Reihe

Wie beim Alpiq-Debakel sassen und sitzen auch bei Repower die FDP-Politiker beziehungsweise FDP-nahe Vertreter in der vordersten Reihe. Allen voran die beiden alt Regierungsräte Mengiardi und Schmid. Eduard Rikli, der amtierende Repower-VR-Präsident seit 2010, war ein enger Wegbegleiter von FDP-Bundesrat Johann Schneider-Ammann und in diesem Sinne auf das neo-liberale Gedankengut eingeschworen. Rikli war von 2004 bis 2009 CEO der Mikron Gruppe, deren VR-Präsident Schneider-Ammann war.

Auch die SVP war mit den beiden alt Regierungsräten Bärtsch und Brändli prominent im Repower-Verwaltungsrat vertreten. Bei schönem Wetter predigen die FDP- und SVP-Vertreter den freien Markt und wenn es regnet, sollen die StromkundInnen für ihre Fehlentscheidungen geradestehen, sei es über Monopoltarife im Gebiet von Repower beziehungsweise des neuen Repower-Aktionärs EKZ oder durch Öko-Subventionen für die Wasserkraft.

Für die braven Bündner Strom-KundInnen ist dies doppelt ärgerlich, denn jahrelang wurden sie von Repower zu 98 Prozent mit dreckigem Kohle- und Atomstrom aus dem EU-Strommix abgespiesen, während die pfiffigen Repower-Manager einen grossen Anteil der Bündner Wasserkraft-Produktion als PurePower St. Moritz und Graubünden ins Ausland verkauften und mit diesem Weisswasch-Geschäft Millionen-Gewinne erzielten, die sie anschliessend im Ausland wieder verprassten.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war früher Geschäftsleiter, Redaktor und Beirat der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES)

Zum Infosperber-Dossier:

Stromleitungd

Die Politik der Stromkonzerne

Elektrizitätsgesellschaften verdienen am Verkaufen von möglichst viel Strom. Es braucht endlich andere Anreize.

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Eine Meinung zu

  • am 3.06.2016 um 15:19 Uhr
    Permalink

    Der Artikel könnte kaum zutreffender sein. Über die Verantwortung speziell der Entscheidungsträger bei Repower wurde auf retropower.ch (http://bit.ly/selbstverschuldet) ausführlich berichtet und kommentiert (http://bit.ly/ideologie-abgrund). Fast die ganze Schweizer Strombranche versucht nun, den Eindruck einer Art höheren Gewalt zu erwecken, die auf sie hereingestürzt ist. Dies ganz den Vorgaben der angehäuerten Lobbyisten entsprechend, sets zu betonen, das Fiasko sei nicht selbstverschuldet (Vgl. http://bit.ly/Alpiq-Reber. Derselbe Lobbyist steht im Zetrum des Skandals, der zu verantworten hat, worüber Infosperber hier — http://www.infosperber.ch/Politik/AKW-Nagra-Ensi-BFE — berichtete). Über 350 Millionen hat die gescheiterte Hunter-Strategie die Repower gekostet, davon allein über 160 Millionen wegen fossilen Kraftwerken und Projekten. Das Gaskraftwerk in Italien steht aber noch immer mit 100 Millionen in Repowers Büchern. Soviel ist Repowers Anteil daran aber zweifellos nicht mehr wert.

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