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Der Maars-Kampfroboter der US Army lässt sich mit verschiedenen Waffen bestücken © futureoflive.org

Ist der Vormarsch von Killer-Robotern noch zu stoppen?

Andreas Zumach /  In Genf beraten UNO-Staaten ob die Entwicklung von autonomen tödlichen Waffensystemen verhindert werden soll.

In der Geschichte der Entwicklung von Kriegsgerät zum Töten von Menschen und Zerstören von Sachwerten droht eine «dritte Revolution». Nach der Erfindung des Schiesspulvers im 15. Jahrhundert und der Entwicklung von Atombomben vor rund 80 Jahren sollen in künftigen Kriegen «autonome tödliche Waffensysteme» (AWS) zum Einsatz kommen: schiessende Roboter, Drohnen, unbemannte U-Boote, die ihre potentiellen Ziele selbständig bestimmen, erkennen, verfolgen, töten und zerstören, ohne dass Menschen noch Einfluss auf diesen Prozess nehmen können.
Zumindest in den USA, Israel, Frankreich, Grossbritannien, Russland, China und Südkorea arbeiten Spezialisten für Künstliche Intelligenz (KI) im Auftrag und mit Geldern der Regierung bereits an der Entwicklung solcher Killer-Roboter. Experten schätzen, dass sie in spätestens 20 Jahren für den Kriegseinsatz bereit sein könnten. Künftige «autonome» Waffensysteme gehen technologisch einen Schritt weiter als bereits existierende «automatische» Waffensysteme wie etwa die Patriot-Raketen oder bewaffnete unbemannte Drohnen. Diese schiessen zwar automatisch, wenn sie ein feindliches Ziel erkennen. Aber die Zieldaten müssen zuvor von Menschen einprogrammiert werden.

Appell gegen autonome Waffensysteme

2014 haben über hundert NGOs aus aller Welt die internationale Kampagne für das Verbot von Killer-Robotern (Campaign to Stop Killer Robots) gegründet. Sie fordern ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen zum Verbot dieser neuen Waffengeneration. Denn eine Entscheidung, Menschenleben auszulöschen, dürfe niemals Maschinen, Computern und Algorithmen überlassen werden, die sich für ihr Handeln nicht rechtfertigen müssten, betont die Kampagne, zu der neben Amnesty International und anderen Menschenrechtsorganisationen in Deutschland auch «Brot für die Welt» gehört. Mehr als 2000 Wissenschaftler aus aller Welt, die an der Entwicklung künstlicher Intelligenz arbeiten, haben sich in einem gemeinsamen Appell ebenfalls gegen autonome Waffensysteme ausgesprochen.

Soll die Entwicklung von AWS durch ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen verboten werden? Oder genügen unverbindliche Absichtserklärungen und Selbstverpflichtungen der Staaten, um auch künftig zu gewährleisten, dass Menschen den Einsatz von Kriegswaffen kontrollieren? Eine wichtige Vorentscheidung über diese Fragen treffen diese Woche (Mittwoch bis Freitag) in Genf die 125 Vertragsstaaten des «UNO-Übereinkommens über besondere konventionelle Waffen» (CCW). Bereits seit vier Jahren diskutieren sie das Thema in unverbindlichen Expertengesprächen.

Geächtete Kriegswaffen

Das 1980 vereinbarte CCW-Konvention ist eine Rahmenvereinbarung. Ihr Ziel ist «das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes solcher konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos gegen Soldaten und gegen Zivilisten wirken können». In den letzten 25 Jahren beschlossen die Vertragsstaaten fünf Zusatzprotokolle zu blind machenden Laserwaffen, Landminen, nicht entdeckbaren Splittern, Brandwaffen sowie zur Beseitigung von explosiven Kriegsmuntionsrückständen. Weil sich die Vertragsstaaten auch nach jahrelangen Verhandlungen nicht haben einigen können, wurden zudem ausserhalb des UNO-Rahmens auf Initiative von Kanada und Norwegen seit Mitte der 90er-Jahre die beiden Abkommen zum Verbot von Antipersonen-Minen und von Streumunition vereinbart.
Diese sieben internationalen Verträge kamen alle erst zustande, nachdem die jeweiligen Waffen und Munitionen in Kriegen eingesetzt wurden – mit verheerenden Folgen für die Zivilbevölkerung und für viele Soldaten. Und dies, obwohl in manchen Fällen sogar Forscher, die an der Entwicklung dieses Kriegsgerätes mitbeteiligt waren, vor der Produktion und dem Einsatz gewarnt hatten. Diese Warnungen waren – wie schon bei der Entwicklung der Atombombe Anfang der 1940er-Jahre – stets vergeblich.

26 Staaten fordern ein Verbot

Eine Wiederholung dieser Erfahrung bei den Killer-Robotern soll durch ein rechtzeitiges völkerrechtsverbindliches Verbotsabkommen verhindert werden. Das fordern inzwischen auch 26 Vertragsstaaten der UNO-Konvention. Darunter aus Europa bislang nur Österreich, Liechtenstein und der Vatikan. Deutschland und Frankreich halten eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung für ausreichend, wonach «Waffensysteme immer unter menschlicher Kontrolle bleiben müssen». Im Koalitionsvertrag hatte die deutsche Regierung allerdings noch versprochen, sich für ein verbindliches Verbot einzusetzen.
Die USA, Israel, Grossbritannien, Russland, China und Südkorea lehnen jegliche Form einer internationalen Vereinbarung über Killer-Roboter ab. Da die Vertragsstaaten der UNO-Konvention Entscheidungen nur im Konsens treffen können, dürfte bei der Genfer Konferenz im besten Fall eine Absichtserklärung herauskommen, auch im kommenden Jahr weiter über das Thema zu «diskutieren».

  • Zum Thema Killer-Roboter siehe auch den Artikel von Christian Müller von vor zwei Tagen über die intensiven Bemühungen der Rüstungsindustrie, ferngesteuerte unbemannte Fahrzeuge – Unmanned Ground Vehicle UGV – zu entwickeln, und zu den Folgen davon für die Zivilbevölkerung. Hier anklicken.

    Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

    Keine.

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    4 Meinungen

    • am 19.11.2018 um 14:45 Uhr
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      Nein! Der Vormarsch der autonomen Tötungsmaschinen wird sich nicht nicht aufhalten lassen. Zu verlockend ist es, Widersacher zu Killen, von Ferne, per «Joystick», ohne Skrupel und ohne je dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Israel ging der Entwicklung voran, Obama ist ihr gefolgt und Trump wie alle anderen Imperialisten werden sie vorantreiben.

    • am 19.11.2018 um 20:17 Uhr
      Permalink

      Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
      – Albert Einstein

    • am 21.11.2018 um 17:35 Uhr
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      Nein Herr Dinter, das ist nicht Dummheit, das ist Geopolitik – und Wirtschaftsförderung.

    • am 23.11.2018 um 10:10 Uhr
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      Richtig, Herr Gysin, aber das eine schliesst das andere nicht aus.

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