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Bienen bringen Pollen von genveränderten Pflanzen © k_millo/Flickr

Schweiz als Zielland für kontaminierten Honig

upg /  Die EU verbietet Honig mit genveränderten Rückständen. Die Schweiz droht zum bevorzugten Absatzland von Bienenhonig zu werden.

Diese Woche hat der oberste Gerichtshof der EU ein folgenschweres Urteil gefällt. Vordergründe ging es zwar nur um Honig und um Blütenpollen als Nahrungsergänzung: Sie dürfen künftig nur noch mit einer speziellen Bewilligung und entsprechender Deklaration in den Verkauf kommen, sofern der Honig oder die Blütenpollen auch nur Spuren von gentechnisch veränderten Pollen enthalten.
Verbraucherschutz-Ministerin: «Weitreichende Folgen»
Doch Bienen suchen ihre Nektarquellen in einem Umkreis von mehr als vier Kilometern. Entsprechend gross muss künftig der Abstand von Feldern sein, auf denen genveränderte Pflanzen wachsen. «Das ist das Ende der gentechnisch veränderten Pflanzen in der EU», freut sich der deutsche ökologische Imkerverband Mellifera, der die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof im Namen eines bayrischen Bienenzüchters geführt hat. Dieser hatte im Jahr 2005 in seinem Honig DNA des genveränderten Futtermais Mon 810 nachgewiesen. Die deutsche Verbraucherschutz-Ministerin Ilse Aigner (CSU) hält die Folgen dieses Urteils immerhin für «weitreichend». Die Nulltoleranz gilt gemäss neuestem Urteil ohne Ausnahme, also auch wenn die Verunreinigung unbeabsichtigt geschah.
«Die deutsche und europäische Gesetzgebung muss jetzt zwingend angepasst werden, damit sie das neue Urteil respektiert», fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Expertin Heide Moldenhauer hält es für nötig, zwischen Gentechnikfeldern und Bienenstöcken grosse Mindestabstände festzulegen.
Das Urteil des EU-Gerichtshofs erleichtert es Bienenhonig-Produzenten, für Honig mit Spuren von gentechnisch veränderten Pollen zivilrechtlich Schadenersatz zu erstreiten.
Der meiste Honig mit genveränderten Rückständen stammt allerdings nicht aus Europa, sondern vor allem aus Süd- und Nordamerika, wo gentechnisch veränderte Pflanzen verbreiteter sind. Deutsche Imkerverbände glauben, dass etliche Honigsorten aus den Regalen der Supermärkte verschwinden oder mit einer besonderen Deklaration versehen werden müssten. Solche Deklarationen würden viele Konsumenten vom Kauf abhalten, befürchtet der Detailhandel – selbst wenn es keine Indizien für eine Gesundheitsgefährdung gibt.
Der kontaminierte Honig droht in der Schweiz zu landen
In der Schweiz darf Honig ohne spezielle Deklaration verkauft werden, sofern er nicht mehr als 0,9 Prozent gentechnisch veränderte Pollen enthält. Sobald die EU-Kommission das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs umsetzt und eine Null-Toleranz vorschreibt, könnten Importeure die leicht kontaminierten Honige vorzugsweise in die Schweiz und andere Nicht-Eu-Länder kanalisieren. Das Bundesamt für Gesundheit scheint sich dieses Risikos bewusst zu sein: «Wir werden die Entwicklungen verfolgen und gegebenenfalls die geltenden Regelungen überprüfen», erklärt Nora Meyer von der Abteilung Verbraucherschutz.


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