Die Grossmacht USA erpresst die zerstückelte EU und die Schweiz
Gegenwärtig dominiert das Nachgeben. Die EU reguliert US-Tech-Konzerne weniger streng als geplant und importiert noch mehr hoch subventionierte US-Agrarprodukte, Frackinggas sowie US-Waffen. Die Schweiz verzichtet darauf, digitale Dienstleistungen zu besteuern, und soll mehr US-Waffen und Agrarprodukte kaufen. Die einseitig verlangten Zölle werden geschluckt.

Keine Regierung protestiert öffentlich dagegen, dass die Zollpolitik der USA gegen lange erarbeitete Vereinbarungen der Welthandelsorganisation WTO verstösst. Das könnte die US-Regierung verärgern.
Tatsächlich haben Grossmächte, wenn sie internationale Abkommen oder anderes internationales Recht verletzen, selten Sanktionen zu befürchten.
Russland wird zwar sanktioniert, führt jedoch den Krieg in der Ukraine weiter.
Die USA töten Menschen in der Karibik und im östlichen Pazifik. Israel tötet, zerstört und besetzt Land in Gaza und im Westjordanland sowie in Syrien. Die Türkei hat sich ebenfalls Land in Syrien angeeignet. Dies alles bleibt ohne Sanktionen.
Die Grossmacht USA kann ihre Gesetze sogar gegenüber US-Firmen, die in der Schweiz oder in der EU ansässig sind, sowie weltweit gegenüber sämtlichen Managern und Verwaltungsräten mit einem US-Pass durchsetzen. Diese können von der US-Justiz belangt werden, wenn sie beispielsweise einseitig erlassene Boykott-Massnahmen der USA nicht befolgen. Die USA können –anders als andere Länder – ihre Gesetze ausserhalb ihres Hoheitsgebietes durchsetzen.
Bei Grossmächten steht der Machterhalt im Vordergrund
Praktisch alle grossen Konflikte wie diejenigen in der Ukraine, in Sudan, Syrien, Venezuela, im südchinesischen Meer oder in Venezuela sind von geopolitischer Machtpolitik geprägt.
Die Geschichte hat es immer wieder nahegelegt: Grossmächte – ob totalitäre oder demokratische – sind stets bestrebt, ihre Macht zu erhalten oder auszuweiten. Zu den Grossmächten gehören heute neben den USA, China und Russland auch die Golfstaaten oder Israel im Nahen Osten.
Sie alle wollen ihre Macht absichern sowie die Kontrolle über Rohstoffe, Wasser und Handelsketten erhalten oder erlangen. Sie alle verfügen – anders als die meisten anderen Länder – über die Ressourcen, um ihre Interessen auch eigenmächtig zu verfolgen.
Der SPD-Politiker und Brandt-Vertraute Egon Bahr, Architekt der «neuen Ostpolitik» unter Bundeskanzler Willy Brandt, erklärte 2013: «In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten.» Es gehe um Vorherrschaft, um strategische Vorteile, Profit, Land und Bodenschätze.
Wenn solche Interessen im Spiel sind, scheren sich Grossmächte keinen Deut um das Völkerrecht. In der Ukraine, in Gaza und Westjordanland, in Sudan oder in Myanmar sterben in Kriegen Hundertausende und noch mehr verletzen sich schwer.
Das humanitäre Kriegsrecht wird von allen Seiten mit Füssen getreten. Leid und Elend sind unermesslich.
Die grossen Kriege gäbe es nicht, wenn Grossmächte mit finanziellen und logistischer Hilfe nicht eingreifen und keine Rüstungsgüter liefern würden. Indem sie Kriegsparteien unterstützen, verfolgen Grossmächte jeweils ihre eigenen Interessen, ohne auf das Völkerrecht oder die lokalen Bevölkerungen Rücksicht zu nehmen.
Nicht-militärische Einmischungen
Häufig versuchen Grossmächte, fremde Regierungen zu destabilisieren und zu stürzen, ohne das Militär einzusetzen – neuestens zunehmend mit hybriden Angriffen. Dabei geht es um Cyberattacken auf Infrastrukturen, wirtschaftliche Sanktionen und Desinformationskampagnen namentlich in Social Media.
Das Verbot, sich in innere Angelegenheiten eines fremden Staates einzumischen – ein Grundprinzip des Völkerrechts – wird dabei krass missachtet.
Wenn eine Regierung gestürzt werden soll, die ihre Bevölkerung unterdrückt – wie gegenwärtig in Venezuela oder in Iran –, wird dies häufig toleriert oder sogar begrüsst.
Das ist nachvollziehbar. Doch das Einmischungsverbot gilt auch gegenüber autoritären oder diktatorischen Regimes.
Dieses Verbot der Uno-Charta gilt als wesentliche Voraussetzung, um den Weltfrieden zu erhalten.
Zudem waren sich die Gross- und Atommächte nach dem Zweiten Weltkrieg untereinander einig, dass sie ihre jeweiligen Machtbereiche mehr oder weniger respektierten.
So hatte US-Präsident Franklin D. Roosevelt stillschweigend eingewilligt, Osteuropa als Teil des sowjetischen Einflussbereichs zu akzeptieren. Grossmächte sollten keine feindliche Aktivitäten in ihren Nachbarstaaten dulden müssen – schon gar nicht Russland nach zwei blutigen Weltkriegen.
Im Folgenden ein kurzer Überblick über die Machtpolitik der beiden Grossmächte USA und Sowjetunion seit dem Zweiten Weltkrieg
Die Machtpolitik der Sowjetunion
Die Sowjetunion war nie eine Demokratie und kümmerte sich in ihrer Aussenpolitik erst recht nicht darum. Nach zwei verlustreichen und traumatisierenden Weltkriegen sicherte sich die Sowjetunion ab mit Nachbarstaaten, die es als Satelliten betrachtete und behandelte.
Sowohl nach dem Aufstand in Ungarn von 1956 wie auch nach dem russischen Einmarsch in die CSSR im Jahr 1968 hielten sich die USA zurück. Sie respektierten die sowjetische Einflusssphäre. Ein militärisches Eingreifen, um die Freiheit der Tschechoslowaken oder der Ungarn zu verteidigen, war in den USA kein Thema.
Von 1979 bis 1989 versuchte die Sowjetunion, ihre Sicherheitszone mit einem militärischen Einmarsch im Nachbarstaat Afghanistan zu verteidigen.
In zwei Tschetschenienkriegen zwischen 1994 und 2000 sicherte sich Russland seinen Einfluss in dieser abtrünnigen Nachbarrepublik.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1989 verlor Russland die Pufferstaaten in Osteuropa. Trotzdem reagierte Moskau auf die wortbrüchige Erweiterung der Nato in Richtung Osten lange mit Zusehen und begnügte sich mit mündlichem Protest.
Doch als der Westen auch noch der Ukraine eine Nato-Mitgliedschaft in Aussicht stellte und nach 2014 in diesem grossen Nachbarland Nato-Militärpersonal stationierte, erklärte Russland, es werde eine rote Linie überschritten. Insbesondere die Kontrolle des Schwarzen Meeres mit dem Militärstützpunkt auf der Krim betrachtete Russland als sicherheitsrelevant.
«NZZ»-Chefredaktor Eric Gujer schrieb am 16. März 2024: «China und Russland fordern beide ein ‹Interventionsverbot für raumfremde Mächte›. Sie wollen in ihrer Einflusszone die Regeln bestimmen und andere Grossmächte fernhalten. Der Westen hingegen verlangt die Offenheit der Räume. […] Er verfolgt damit letztlich eine offensive Geopolitik.»
Allerdings nur einseitig. In Lateinamerika akzeptieren die USA nach wie vor keine «Offenheit der Räume», sondern pochen auf ihre Sicherheitszone.
Die Machtpolitik der USA
Bereits seit zweihundert Jahren setzen die USA in ihrer eigenen Hemisphäre die Monroe-Doktrin durch. Nicht nur in Nachbarstaaten der USA, sondern auch in ganz Mittel- und Lateinamerika dulden die USA keine feindlichen Rakete oder Bündnisse. Das gilt bis heute.
Falls also Kuba, Mexiko oder selbst das weit entfernte Venezuela Russland oder China erlauben sollten, in ihrem Land Raketen zu stationieren, würden die USA eingreifen – auch völkerrechtswidrig.
Sogar ohne sich durch feindliche Raketen bedroht zu fühlen, bestrafen die USA in ihrem Hegemoniebereich andere Länder. Es reicht, wenn sie sich aus Sicht der USA sozialistisch gebärden und US-Konzernen keinen freien Zugang gewähren, wie beispielsweise Venezuela.
Gegen die antikapitalistische Diktatur Kuba verhängen die USA seit Jahrzehnten einen Wirtschaftsboykott, ohne dass Kuba die USA auch nur im Geringsten bedroht.
Deshalb verurteilt die Uno-Generalversammlung die US-Blockade jedes Jahr, im Jahr 2024 mit 187 gegen 2 Stimmen der USA und Israels. Diese Abstimmungen werden in grossen westlichen Medien kaum mehr erwähnt.
Um ihren politischen und wirtschaftlichen Einfluss durchzusetzen, haben die USA selbst demokratisch gewählte Regierungen wie diejenige in Chile oder in Panama gestürzt und sie durch Militärdiktaturen ersetzt.
Den jüngsten militärischen Aufmarsch vor Venezuela kommentierte die «NZZ» so: «‹America first› hört nicht bei der Grenze der USA auf. Es ist eine kontinentale Strategie.»
Andererseits paktieren die USA mit schlimmen Diktaturen wie denjenigen in Saudi-Arabien oder in Ägypten.
Sogar in fremden Kontinenten verhelfen die USA zu «Regime Changes», wenn es darum geht, politische und wirtschaftliche Interesse der USA durchzusetzen. Dabei spielt es wiederum keine Rolle, ob die gestürzte Regierung demokratisch legitimiert war und die neue nicht. Beispiele waren der Sturz Mossadeghs 1953 in Iran, der Sturz Präsident Ngo Dinh Diems 1963 in Vietnam, der Sturz Präsident Kwame Nkrumahs 1966 in Ghana, die Unterstützung der fundamentalistischen Mudschaheddins 1979 bis 1989 in Afghanistan, die Einmischung 1996 in die russischen Präsidentschaftswahlen zugunsten Boris Jelzins, die Einmischung zugunsten eines Machtwechsels 2014 in der Ukraine.
Laut offizieller Version der US-Regierungen, von US-Think-Tanks und vieler Medien geht es stets um die Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten.
«Taiwan und die Ukraine sind zurzeit die Frontstaaten im globalen Wettstreit zwischen Diktaturen und Demokratien, der die kommenden Jahre prägen wird.» («Tages-Anzeiger» 6.8.2025)
Doch bei den 44 Staaten, welche die USA seit Ende des Zweiten Weltkriegs direkt oder indirekt angegriffen haben, ging es fast immer um Macht- und Interessenpolitik.
Demnächst:
Putin bedrohe Nato-Staaten, heisst es. Deshalb müsse aufgerüstet werden.
Infosperber stellt eine andere Darstellung zur Diskussion. Die Erzählung von Russlands imperialistischen Absichten lenke davon ab, dass Russland die Nato als existenzielle Bedrohung sieht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.










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