Iran Ground News

Viele in den USA und in Israel wollten in Teheran schon lange einen «Regime Change». © GroundNews

Die USA arbeiten schon lange auf einen Umsturz in Iran hin

Urs P. Gasche /  Massive Sanktionen und viel Geld für die Opposition brachten bisher kein Resultat. Viele befürworten längst militärische Gewalt.

Bereits während der ersten Präsidentschaft von Donald Trump berichtete die «NZZ» am 9. Juni 2018: «Der amerikanische Präsident will in Iran einen Regimewechsel erzwingen.» Allerdings könnten sich die konservativen Hardliner in Teheran freuen: Trump sei das ideale Schreckgespenst, das die Einigkeit im Land fördere und die Opposition schwäche.

Viele Iran-Spezialisten befürchten, dass die gegenwärtigen Angriffe Israels und der USA gegen Iran auch heute zu keinem Volksaufstand führen, sondern eher das Gegenteil bewirken.

Seit vielen Jahren haben die USA und Israel versucht, das islamistische Regime in Teheran zu destabilisieren, um einen Umsturz herbeizuführen. Sie führten das Land mit weitreichenden Sanktionen in die Misere (wobei die iranische Misswirtschaft das ihrige beitrug) und unterstützten völkerrechtswidrig die Opposition im Inland und im Ausland. Die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates ist ein Grundpfeiler des Völkerrechts. Keine der Grossmächte hält sich daran.

Kampf gegen die Achse der Bösen und Kampf der Kulturen

Nach dem Anschlag von 9/11 im Jahr 2001 erklärten die USA den «Krieg gegen den Terror». Strategen wie Dick Cheney, Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz, Richard Perle und Robert Kagan versuchten, politische Entscheidungsträger im Weissen Haus und im Westen davon zu überzeugen, man befinde sich in einem «Kampf der Kulturen», der mit militärischen Mitteln ausgetragen werden müsse. Der Westens müsse seine Hegemonie unter Führung der USA durchsetzen, falls nötig auch mit Waffengewalt. Es gehe um den Sieg von Freiheit und Demokratie. 

Bereits ein Jahr vor 9/11 wurde das «Project for the New American Century» (PNAC) von Robert Kagan und Thomas Donnelly verfasst. Ausdrücklich unterstützt wurde es von Richard Perle, Paul Wolfowitz, John Bolton und Donald Rumsfeld. 

PNAC empfiehlt eine proaktivere, militärisch gestützte US-Aussenpolitik, um US-Interessen weltweit zu sichern. Es spricht explizit von Regimewechsel im Irak und von der Schwächung autoritärer Regime im Nahen Osten.

Saudi-Arabien oder Ägypten waren damit nicht gemeint.

Das Projekt PNAC wird als Wegbereiter für den Irak-Krieg von 2003 und als Blaupause für eine aggressivere US-Strategie im Nahen Osten bezeichnet.

Zu Iran heisst es: «Langfristig könnte sich der Iran für die Interessen der USA im Golf als ebenso grosse Bedrohung erweisen wie der Irak.» Die von PNAC angestrebte Transformation der US-Militärstrategie und -präsenz sei ein langwieriger Prozess, der durch ein «katastrophales und katalysierendes Ereignis – wie ein neues Pearl Harbor» beschleunigt werden könnte.*

«Stürzen von Regierungen zur Sicherung westlicher Interessen»

Das rechtskonservative israel-amerikanische Institute for Advanced Strategic and Political Studies (IASPS) veröffentlichte bereits fünf Jahre vor 9/11 ein Strategiepapier mit dem Namen «A Clean Break: A New Strategy for Securing the Realm» («Ein klarer Kurswechsel: Eine neue Strategie zur Sicherung des Machtbereichs»). Die Realm-Strategie wurde zwar für Israels Regierung unter Benjamin Netanjahu erstellt, aber von einer Gruppe US-Neokonservativer verfasst. Darunter Richard Perle, Douglas Feith und David Wurmser. Sie dienten später alle in Regierungspositionen unter Präsident Bush.

Einige US-Think-Tanks haben die Strategie übernommen.

Für den Iran bezeichnet das Strategiepapier einen Regimewechsel als «strategische Priorität». Es werden verschiedene Mittel vorgeschlagen, darunter:

  • Unterstützung interner Protestbewegungen und oppositioneller Gruppen bzw. Minderheiten,
  • das Anzetteln eines Volksaufstands («Velvet revolution»),
  • das Inspirieren eines Aufstands («inspiring an insurgency»),
  • Unterstützung eines Militärputsches gegen das Regime («the coup»).

Die klügste Strategie könne eine Kombination dieser Ansätze sein.

Sollte all dies scheitern, empfiehlt das Papier als letzte Option die Eindämmung («containment») des Iran. Ein direkter militärischer Angriff wird aber nicht als bevorzugte Massnahme gesehen. Er sei riskant und nur «als letztes Mittel» in Betracht zu ziehen.

Auch die «Brookings Institution» empfiehlt seit langem, auf einen Regime-Change in Iran zu zielen. Dieser Think-Tank wird zu über 80 Prozent von der Bill & Melinda Gates Foundation, the William and Flora Hewlett Foundation, the Hutchins Family Foundation, JPMorgan Chase, the LEGO Foundation, David RubensteinState of Qatar und John L. Thornton finanziert.

Das Papier der «Brookings Institution» «Which Path to Persia? – Options for a New American Strategy toward Iran» empfahl im Jahr 2009 verschiedene Strategien gegenüber Iran, darunter den gezielten Regimewechsel durch Unterstützung von Oppositionsgruppen, Sanktionen, verdeckte Operationen und militärische Intervention:

«Die naheliegendste – und vielleicht attraktivste – Option im Umgang mit den nuklearen Ambitionen des Iran ist die Anstiftung zu einer Volksrevolution, die einen Regimewechsel herbeiführen würde. […] Der Versuch, eine Volksrevolution auszulösen, die Unterstützung einer (ethnischen oder politischen) Rebellion gegen das Regime. […] Ein Staatsstreich durch Unterstützung einer militärischen Aktion gegen das Regime.»

Die Rand-Corporation warnte

Die hauptsächlich vom US-Verteidigungsministerium finanzierte Rand-Corporation entwickelte in den letzten zwanzig Jahren unter anderem Strategien zur Destabilisierung Russlands und Überlegungen zum Krieg mit China. 

Doch im Papier «Unfolding the Future of the Long War: Motivations, Prospects, and Implications for the U.S. Army» sprach sich dieser Think-Tank im Jahr 2008 gegen den Versuch aus, in Teheran einen Regime-Change aktiv zu fördern. Er verwies auf negative Folgen einer ähnlichen Politik in anderen Ländern der Region:

 «Im Jahr 2012 stürzten Volksaufstände die Regierungen von fünf Ländern im Nahen Osten. Nach anfänglichem Zögern bekundete die Obama-Regierung ihre Unterstützung für diese Revolutionen und leistete in einigen Fällen sogar materielle Hilfe. Sechs Jahre später befinden sich Libyen, Syrien und Jemen immer noch mitten im Bürgerkrieg. Ägypten hat jetzt eine Regierung, die noch repressiver ist als die, die das Volk gestürzt hat. Nur Tunesien, wo diese arabischen Aufstände begonnen hatten, kämpft noch um die Festigung seiner Demokratie.» (Im Fall von Tunesien auch nicht mehr. Red.)

«Moralisch hat Israel jedes Recht, Iran anzugreifen», titelte die «NZZ» am 21. Juni 2025. Doch bei einem Umsturz in Teheran «könnte der Schuss nach hinten losgehen», warnte die Zeitung schon vor Jahren. Nach den US-Angriffen auf die Atomanreicherungsanlagen warnt auch US-Korrespondentin Isabelle Jacobi am 23. Juni 2025 in der «NZZ»:

«Auch wenn Israel und die USA das iranische Regime in die Knie zwingen könnten, stellt sich die Frage, wie man ein Land, das sich die Intervention von aussen nicht gewünscht hat, stabilisieren kann. Ein gutes Szenario ist kaum vorstellbar: Sowohl im Irak wie in Afghanistan führten erzwungene Machtwechsel zu Terror und Bürgerkrieg.»


Für «Regime Change», aber keine Ahnung vom Land

Zu den Befürwortern eines Regierungswechsels in Iran gehört der republikanische Senator Ted Cruz: «In Iran dürfen keine Feinde Amerikas mehr an der Macht sein.»

Auf die Frage im Interview mit Tucker Carlson, ob er denn wisse, wie viele Menschen im Iran leben, räumte Cruz ein, er wisse es nicht.

Darauf Tucker Carlson: «Sie kennen die Einwohnerzahl des Landes nicht, das Sie stürzen wollen? Sie fordern den Sturz eines Regimes und kennen nicht einmal das Land richtig, um das es geht – das ist fahrlässig.» Cruz wisse nichts über Ethnien, Relligionsgruppen und Machtstrukturen im Land.

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*Hier wurde Pearl Harbor als ein Beispiel für eine «False Flag»-Operation bezeichnet. Tatsächlich hatte Präsident Roosevelt Informationen, wonach Japan einen Überraschungsangriff auf US-Kräfte lancieren würde. Nur gehen die meisten Historiker davon aus, dass Roosevelt nicht wusste, wo der Angriff stattfinden sollte.


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Atommacht Israel und ihre Feinde

Teufelskreis: Aggressive Politik auf allen Seiten festigt die Macht der Hardliner bei den jeweiligen Gegnern.

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