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Letztes Jahr beförderten die SBB täglich über eine Million Passagiere – trotzdem sank der Gewinn © SRF

SBB fahren zunehmend auf Staatskosten

Hanspeter Guggenbühl /  Je mehr Personen und Güter die SBB befördern, desto stärker muss der Staat seine Bahn mit Subventionen stützen.

Im gestern veröffentlichten Bericht der SBB über das Geschäftsjahr 2013 wimmelt es von Zahlen. Je nach Auswahl malen diese den Zustand der Schweizer Staatsbahn positiv oder negativ. Die positiven Ergebnisse stehen im Titel der konzerneigenen Medienmitteilung: «Erstmals über eine Million Kunden pro Tag und schwarze Zahlen im Güterverkehr.» Tatsächlich hat die Zahl der Zugspassagiere um 3,7 Prozent zugenommen, und der langjährige Verlust in der Sparte Güterverkehr wandelte sich 2013 in einen Gewinn von 14,7 Millionen Franken. Aussagekräftigere Zahlen aber trüben dieses rosige Bild (siehe Tabelle).

Nachfrage hinkt Angebot hinterher

Die Verkehrsleistung (Personen mal ihre gefahrenen Kilometer) stieg im Jahr 2013 lediglich um 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und sie lag nur um 0,1 Prozent über der Verkehrsleistung im Jahr 2011. Der Grund dafür: Die stärker zunehmende Zahl an Passagieren fuhr im Durchschnitt weniger weit, weil der Anteil des Freizeitverkehrs über lange Distanzen schrumpfte. Die gleiche Tendenz (mehr Fracht, weniger Transportdistanz) zeigt sich auch im Güterverkehr. Die Folgerung daraus: Die SBB konnten 2013 ihr wachsendes Angebot, gemessen in Zugkilometern (plus 3,2% seit 2011), in den Jahren 2012 und 2013 weniger gut auslasten; dies vor allem ausserhalb der morgendlichen und abendlichen Spitzenverkehrszeiten. Ihre Verkehrsproduktivität ist also gesunken.

Das finanzielle Ergebnis ist ebenfalls ernüchternd: Der Betriebsgewinn der SBB sank 2013 um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Konzerngewinn (nach Abzug von Finanzverlust und Steuern) schmolz sogar um 44 Prozent auf noch 238 Millionen Franken. Im Vergleich dazu ist der Gewinn in der Gütersparte ein Klacks. Der Hauptgrund für den Einbruch des Konzerngewinns: Der Betriebsaufwand stieg gegenüber dem Vorjahr um 4,3 Prozent und damit viel stärker als der Betriebsertrag (plus 1,8%). Die Konzernleitung führt das einerseits auf die höheren Trassepreise zurück, also die Gebühren für die Nutzung der vom Bund bezahlten Bahninfrastruktur, die sich durch die höheren Tarife nur teilweise decken liessen. Andererseits stiegen die Kosten für den Unterhalt des stark belasteten Schweizer Schienennetzes. Den grössten Gewinnbeitrag ans Mobilitätsunternehmen SBB leistet 2012 die Sparte «Immobilien» mit 211 Millionen Franken.

Beiträge des Staates steigen

Die Buchhaltung der SBB ist ohnehin zu relativieren. Denn weit höher als der ausgewiesene Konzerngewinn sind die Staatsbeiträge. Allein im Jahr 2013 summierten sich die «Leistungen der öffentlichen Hand» an die SBB auf rund 3,2 Milliarden Franken. Davon entfielen 2,2 Milliarden auf Infrastrukturkosten, welche die SBB mit ihren Trassepreisen nicht decken, sowie auf Betriebsbeiträge an den Güter- und regionalen Personenverkehr. Eine weitere Milliarde zahlten Bund und Kantone in Form von Darlehen oder A-fonds- perdu-Beiträgen.

Unheimlich ist nicht nur die Höhe dieser Staatsbeiträge, sondern auch ihre Entwicklung: Von 2004 bis 2013, also in nur neun Jahren, wuchsen die jährlichen Staatsleistungen an die SBB um 64 Prozent. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum stieg die Verkehrsleistung im Personen- und Güterverkehr um 33 Prozent, während die Tarifeinnahmen aus Personen- und Güterverkehr nur um 30 Prozent zunahmen. Der Vergleich mit 2004 ist von Belang, weil damals «Bahn 2000» das Angebot und die Verkehrsleistung der SBB deutlich erhöhte. Das wirtschaftliche Resultat aber enttäuscht: Je stärker der Bahnverkehr wuchs, desto stärker wuchsen die Subventionen, mit denen der Staat die Bundesbahn stützen musste.

Wachsende Verschuldung

Die staatlichen Infrastruktur und Betriebsbeiträge werden als Ertrag in der SBB-Erfolgsrechnung verbucht, die Darlehen hingegen als Fremdkapital (und mithin als Schulden) in der Bilanz. Im Jahr 2013 stieg das langfristige Fremdkapital in der SBB-Bilanz um weitere fünf Prozent auf total 22,1 Milliarden Franken. Um diese hohen Schulden auf ein erträgliches Mass zu reduzieren, reiche der 2013 erzielte Konzerngewinn von 238 Millionen Franken bei weitem nicht aus, sagte SBB-Präsident Ulrich Gygi gestern vor den Medien, und er folgerte: «Wir brauchen eine höhere Ertragskraft.» Im Klartext heisst das: Die Steuerzahler oder die Bahnkunden müssen künftig noch mehr bezahlen.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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4 Meinungen

  • am 26.03.2014 um 11:54 Uhr
    Permalink

    Bei derart dreisten Forderungen spricht einiges dafür, dass die SBB (wie auch die BLS und andere regional übergreifende Bahnbetreibergesellschaften) die Oberhoheit über alle Infrastruktur künftig dem Bund überlassen muss. Dieser wird dann über Umsatzprozente seine Miete – oder wie immer man dem auch sagen will – seinen Anteil einholen. Eine Privatisierung wie etwa in Grossbritannien geht nun mal nicht.
    Man merkt zudem an der komischen Zahlenschieberei, dass Andreas Meyer sein Sporen bei Mehdorns Deutscher Bahn abverdiente. Dort herrscht noch heute ein Chaos.

  • am 7.10.2014 um 14:39 Uhr
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    Hier zeigt sich ein grundsätzliches Problem; der ÖPV ist eine staatliche Aufgabe und gehört zum «Service public» der MIV aber nicht! wohl ist der Bau, Betrieb und Unterhalt eine Bundesaufgabe, nicht aber der Betrieb und Unterhalt von Fahrzeugen. Die Finanzierung ist allerdings noch immer nicht zu 100% gedeckt, betrachtet man auch die notwendigen Ausbauten und Reparaturen und die Umweltbelastung.
    Hier findet nun nach meiner Meinung eine unzulässige Vermischung und Doppelbelastung im ÖV statt; zum einen wird ein Trasseepreis von 100, und nun 300 Mio belastet, die SBB muss aber zusätzlich die Kosten für ihre Infrastruktur übernehmen; Leitungsbau,Rollmaterial,Reinigung etc. und soll auch den Unterhalt des Schienennetzes bezahlen; das ist doch wohl mit dem Trasseepreis abgedeckt oder etwa nicht? Zum anderen ist der Bund und die öffentl. Hand immer noch Hauptanteilseigner der Bahnen, deshalb müsste der Bereich Cargo schon längst, wie in einer Privatfirma auch, als reiner Verlustbringer und Schuldengrab abgestossen und verkauft werden!
    Und nein, das Angebot übersteigt nicht die Nachfrage; es ist nur schon jetzt viel zu teuer geworden, auch mit Vergünstigungen wie GA oder 1/2-Tax, einige Bevölkerungsschichten können sich eine Fahrt im ÖV schlicht nicht mehr leisten und werden zwangsweise immobil gemacht.
    Man merke; Ulrich Gygi (2.Wahl) und Andreas Meyer (max.3.Wahl) sind eben eine heikle Mischung für die Leitung eines Staatsbetriebs nach privatwirtschaftlichen Vorgaben

  • Portrait.Urs.P.Gasche.2
    am 7.10.2014 um 17:29 Uhr
    Permalink

    Herr Zbinden. Lesen Sie doch zuerst die offizielle Eisenbahnrechnung des Bundes, bevor wir weiter diskutieren. Wenn Sie an dieser Rechnung zweifeln, dann belegen Sie Ihre abweichenden Angaben.

  • am 8.10.2014 um 12:03 Uhr
    Permalink

    Wo erhalte ich diese Rechnung, Herr Gasche? Hier liegt sie jedenfalls nicht vor, auch kein Link dazu. Auch offizielle Zahlen können geschönt sein.
    Und was stimmt an meinen Aussagen denn nicht?

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