Dongfeng Peugeot Citroën Automobile

Eine Arbeiterin montiert Autos im Werk Dongfeng Peugeot Citroën Automobile in Wuhan. © depositphotos

Mit Investitionsverboten gegen China

German Foreign Policy /  EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen will Investitionen europäischer Unternehmen in China bremsen – auch auf Druck aus den USA.

Aussenhandels- und Investitionskontrollen sind in Deutschland und der EU grundsätzlich nicht neu und in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschärft worden – zumeist mit dem Ziel, chinesische Unternehmen abzuwehren. Altbekannt sind Beschränkungen beim Export von Rüstungsgütern und bei der Ausfuhr sogenannter dual use-Produkte, die sowohl zivil wie auch militärisch genutzt werden können. Wer sie ins Ausland verkaufen will, muss dazu Genehmigungen einholen. Strikt reguliert wird inzwischen auch die Übernahme von Anteilen deutscher Unternehmen durch auswärtige Investoren; dazu sind in den vergangenen Jahren mehrmals Gesetze bzw. Verordnungen neu und schärfer gefasst worden.

In der Praxis trifft es vor allem chinesische Firmen. So untersagte es die Bundesregierung im November zwei chinesischen Unternehmen, die Chip-Fertigung der Dortmunder Firma Elmos beziehungsweise das bayrische Unternehmen ERS Electronic zu erwerben. Auch die EU kann inzwischen bei auswärtigen Investitionen intervenieren, aber kein eigenständiges Verbot aussprechen; sie darf nur Vorschläge dazu an die Mitgliedstaaten weiterreichen. Diese entscheiden dann in eigener Hoheit, ob sie die betreffende Übernahme durch eine ausländische Firma genehmigen oder untersagen.

China nur noch auf Platz zwölf auswärtiger Investoren

Die zunehmenden Restriktionen gegen chinesische Unternehmen zeigen Wirkung – nicht nur, weil Firmen- und Anteilsübernahmen immer häufiger untersagt, sondern auch, weil sie von Unternehmen aus China oft gar nicht mehr angestrebt werden. Hinzu kommt laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, dass chinesische Bieter oft gar nicht erst zu Gesprächen eingeladen werden, wenn die Übernahmekandidaten Standorte in den Vereinigten Staaten unterhalten und deshalb mit einer Ablehnung des Vorhabens durch US-Behörden rechnen müssen.

Der EY-Studie zufolge ist die Zahl chinesischer Übernahmen in Deutschland und Europa auf äusserst niedrigem Niveau angelangt. So ist etwa die Zahl erfolgreicher chinesischer Übernahmen in Deutschland von 35 im Jahr 2021 auf 26 im Jahr 2022 zurückgegangen; der Wert der Transaktionen fiel von 2,0 Milliarden US-Dollar auf knapp 290 Millionen US-Dollar. Zum Vergleich: Deutsche Unternehmen investierten 2022 rund 11,5 Milliarden Euro in China. Die Anzahl chinesischer Übernahmen in Europa sank zugleich von 155 auf 139; der Transaktionswert fiel von 12,4 auf 4,3 Milliarden US-Dollar. Die Volksrepublik, zweitgrösste Wirtschaftsmacht der Welt, rangiert auf der Rangliste der auswärtigen Investoren in Deutschland nach Platz vier im Jahr 2016 heute nur noch auf Platz zwölf.

Entwicklung zur High-Tech-Macht bremsen

Wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Ende März ankündigte, plant die EU jetzt auch Beschränkungen bei Investitionen europäischer Unternehmen in China. Damit soll, so lautet die offizielle Begründung, verhindert werden, dass europäisches Know-how genutzt wird, um «die militärischen und nachrichtendienstlichen Fähigkeiten derjenigen zu stärken, die für uns auch systemische Rivalen sind». Faktisch geht es um einen Beitrag dazu, Chinas Entwicklung zur High-Tech-Macht durch das Vorenthalten im Westen verfügbarer Technologien zumindest zu bremsen, nach Möglichkeit sogar zu verhindern.

Seit geraumer Zeit bereiten die Vereinigten Staaten solche Investitionskontrollen vor. Diskutiert wird noch, ob Investitionsverbote nur in Einzelfällen ausgesprochen oder ob ganze Branchen blockiert werden sollen. Berichten zufolge dringt Washington seit einiger Zeit darauf, dass alle G7-Staaten dem noch in diesem Jahr erwarteten US-Vorstoss folgen. Würde das sogenannte Outbound Investment Screening in der EU eingeführt, dann müssten alle Unternehmen, die im Ausland in bestimmten Sektoren investieren wollen, dies bei den staatlichen Behörden melden. Diese würden das jeweilige Vorhaben umfassend prüfen und es anschliessend genehmigen oder auch untersagen.

Leitmarkt für Elektromobilität

Die Bundesregierung stand dem Plan ursprünglich skeptisch gegenüber, berichtet das «Handelsblatt». Das habe sogar für das Bundeswirtschaftsministerium gegolten, dessen Chef Robert Habeck für seinen hart antichinesischen Kurs bekannt ist. Die deutsche Industrie lehnt das Ansinnen ab. Einschränkungen bei Investitionen in China würden als «gravierender Eingriff» betrachtet und zurückgewiesen, heisst es. Hintergrund ist nicht nur prinzipielle Abneigung gegen Restriktionen bei der eigenen Geschäftstätigkeit.

Seit geraumer Zeit – «seit etwa drei Jahren», heisst es im «Handelsblatt» – gehen deutsche Unternehmen in wachsendem Masse dazu über, Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in China zu eröffnen. Der Grund: In einigen Branchen hat die Volksrepublik inzwischen zur Weltspitze aufgeschlossen bzw. gilt – etwa bei der Elektromobilität – als globaler Leitmarkt, an dem kein Konzern von Weltgeltung mehr ohne erheblichen Schaden vorbeikommt. VW etwa will mit Forschungskapazitäten in China dem Problem abhelfen, dass der Konzern dort beim Absatz von Elektroautos stark zurückfällt. Zu den Firmen, die in der Forschung auf China setzen, zählt auch Bosch. Der Konzern hat zu Jahresbeginn mitgeteilt, er werde 950 Millionen Euro in ein Forschungs- und Entwicklungszentrum in Suzhou investieren; es gehe um Bauteile für die E-Auto-Industrie.

Transatlantische Abhängigkeit

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat sich, im Widerspruch etwa zu den vorsichtigeren Positionen der Bundesregierung, auf die Forderung nach einem Outbound Investment Screening festgelegt – nach der Rückkehr von Gesprächen mit US-Präsident Joe Biden am 10. März in Washington. Grundsätzlich haben Berlin und Brüssel ein eigenes Interesse daran, Beijing nicht weiter erstarken zu lassen: Eine Weltmacht China würde den globalen Einfluss nicht nur der Vereinigten Staaten, sondern auch Deutschlands bzw. der EU verringern.

Allerdings muss die Bundesregierung dabei einen Kurs steuern, der das Interesse der deutschen Wirtschaft am überaus lukrativen Chinageschäft in Rechnung stellt. Dem liefe die Einführung eines Outbound Investment Screening diametral zuwider. Dass Berlin und Brüssel sich womöglich dennoch darauf einlassen müssen, ist auch eine Konsequenz daraus, dass der Ukraine-Krieg den US-Einfluss in Deutschland und der EU stark hat steigen lassen. So dominieren die Vereinigten Staaten nicht nur die Kriegführung in der Ukraine und die beschleunigte Aufrüstung der NATO-Staaten, sondern – besonders nach dem Anschlag auf die Nord Stream-Pipelines – auch die Erdgasversorgung der EU. Zudem ziehen sie mit ihren milliardenschweren Investitionsprogrammen Fabrikbauprojekte aus Europa ab. Der Ausfall des Russland-Geschäfts und die politischen Risiken des Chinageschäfts haben die Bedeutung der USA als Exportziel und Investitionsstandort zusätzlich steigen lassen. Damit nimmt allerdings auch die transatlantische Abhängigkeit zu.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Online-Plattform german-foreign-policy.com. Diese «Informationen zur Deutschen Aussenpolitik» werden von einer Gruppe unabhängiger Publizisten und Wissenschaftler zusammengestellt, die das Wiedererstarken deutscher Grossmachtbestrebungen auf wirtschaftlichem, politischem und militärischem Gebiet kontinuierlich beobachten.
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2 Meinungen

  • am 26.04.2023 um 20:43 Uhr
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    Nichts dagegen, einheimisches Know-How zu schützen, aber eine vom Volke ungewählte Kommissionspräsidentin agiert hier wohl eher als fünfte Kolonne der USA, allein ihr Ausspruch vom «systemischen Rivalen» VR China zeigt in welchem geopolitischen Fahrwasser wir mittlerweile sind. Exportorientierte, hochtechnologisierte, rohstoffarme Länder wie Deutschland, Österreich (oder auch die Schweiz) haben keine «systemischen Rivalen», sondern in erster Linie ein Interesse Märkte und Rohstoffquellen zu erschließen und zu sichern. Seit geraumer Zeit bauen die USA ihr globales Bündnissystem aus; aus dieser Warte sollte man diese Initiativen der EU verstehen. Die Deutschen Habeck und Baerbock bedienen ebenfalls us-amerikanische Macht- und Wirtschaftspolitik; ein neuer Feind muss her, obwohl gerade die BRD traditionell sehr gute Beziehungen zur VR China pflegt (übrigens in der Zeit des Kalten Krieges auch zur UdSSR). Drei Elefanten im Porzellanladen mit vollem Vorsatz.

  • am 27.04.2023 um 01:06 Uhr
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    Und wieder unterwirft sich Frau Von der Leyen dem US-Diktat, sieht aber nicht, dass die USA Europa für ihre Zwecke ausnutzt und ausbeutet. Was haben die Chinesen den Europäern angetan? Warum werden sie zum Feind? Die USA haben den Ukrainekrieg gefördert, um die Europäer zu manipulieren und Verbündete gegen den Rivalen China zu mobilisieren. Vor der US-Provokation in der Taiwan Geschichte waren China und Taiwan ruhig, dann, als China reagierte, überzeugten die Amerikaner, dass China ein gefährliches Kriegsland sei. Also, lasst uns mit China wirtschaften und die absurden Feindseligkeiten aufhören!

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