Helikopter Pestizide

Helikopter versprüht Pestizide in einem Rebberg. © SRF/Netz Natur

SRF-Ombudsstelle lässt Bauernverband abblitzen

Kurt Marti /  Statt vermehrt auf Bio-Produktion zu setzen, pöbelt der Bauernverband gegen SRF, die KonsumentInnen und die Bio-Pioniere.

Der Schweizer Bauernverband (SBV) ist nervös. Die Landwirtschaft steht unter Druck. Stichworte sind: Pestizide, Bodenverdichtung, Überdüngung und Artensterben. Und vor allem: Im Juni wird über die Pestizidverbots- und die Trinkwasser-Initiativen abgestimmt.

Es begann ganz freundlich in der Bauernpresse vom 10. Dezember 2020. Erwartungsfroh kündigte die «BauernZeitung» die SRF-Sendung «Netz Natur» vom selben Tag an, in welcher der Biologe und Moderator Andreas Moser «Pioniere» für eine «andere Landwirtschaft» zeige. Der Programmhinweis des Fernsehsenders klinge «vielversprechend». Die «BauernZeitung» wird von der «Schweizer Agrarmedien AG» herausgegeben, in deren Verwaltungsrat der Bauernverbands-Vizedirektor Urs Schneider sitzt.

Auch der «Schweizer Bauer» zitierte fleissig aus der diesbezüglichen Medienmitteilung von SRF: Wie die Kulturlandschaften «oft buchstäblich unter die riesigen Räder der Landmaschinen» kämen, die Lebewesen in Bächen und Flüssen «Opfer von Giftstoffen aus der Landwirtschaft» würden und das Grundwasser «oft weit über die Grenzwerte belastet» werde.

Ombudsstelle ist «etwas überrascht»

Nach Ausstrahlung der Sendung «Netz Natur» drehte der Wind und der Bauernverband pöbelte in einem Faktencheck gegen SRF, die KonsumentInnen und die Bio-Pioniere. Zudem reichte der Bauernverband den vollen Wortlaut des Faktenchecks als Beschwerde bei der Ombudsstelle von SRF ein.

Doch die SRF-Ombudsstelle schmetterte die Beschwerde Ende Januar 2021 ab und sah keinen Verstoss gegen das Radio- und Fernsehgesetz.

Der Bauernverband hatte behauptet, das Schweizer Fernsehen schiesse «aus allen Rohren und völlig einseitig gegen die Landwirtschaft». Das sei «Kampagnenjournalismus». Vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen erwarte man eine «differenzierte Berichterstattung».

Über diesen Vorwurf des Bauernverbandes zeigt sich die Ombudsstelle «etwas überrascht». Denn sie kann sich «nicht vorstellen, dass der Schweizerische Bauernverband Methoden in Richtung regenerative Landwirtschaft nicht mehr als ‘Landwirtschaft’ betrachtet».

Damit entlarvt sich der Bauernverband selbst. Denn tatsächlich «schiesst» die SRF-Sendung nur gegen die konventionelle Landwirtschaft, nicht aber gegen den biologischen Landbau. Im Gegenteil, es kommen insgesamt vier Bio-Pioniere ausführlich zu Wort. Offenbar zählt der Bauernverband diese nicht zu dem, was er unter «Landwirtschaft» versteht.

Bauernverband macht sich lustig über Bio-Bauern

Weiter schob der Bauernverband in seiner Beschwerde die Verantwortung für seine eigenen jahrelangen Versäumnisse den KonsumentInnen zu, denn «die Bauern produzieren schlussendlich so, wie diese es mit ihrem täglichen Einkauf in Auftrag geben». Die Bauern können laut dem Bauernverband «gar nicht anders».

Zudem machte sich der Bauernverband auch noch lustig über die Landwirte, die biologisch produzieren. Das sei «schön und recht», aber «keine Lösung für eine Mehrheit der Betriebe. Denn die Nachfrage dafür fehle.

Auch dazu wurde der Bauernverband von der SRF-Ombudsstelle eines Besseren belehrt. Zwar spielen laut Ombudsstelle die KonsumentInnen «im Markt eine wichtige Rolle», aber «ohne Unterstützung seitens der Politik und des Handels, ohne Steuerung durch den Staat (z.B. Direktzahlungen)» würden die Bio-Betriebe «Pioniere für einen Nischenmarkt bleiben». Im Klartext: Es braucht politische Rahmenbedingungen und entsprechende Massnahmen.

Subventionierung der industriellen Landwirtschaft ist «eine Tatsache»

Die Ombudsstelle beschäftigte sich schliesslich auch noch mit den Subventionen für die Landwirtschaft. Der Bauernverband hatte behauptet, es sei von SRF «völlig falsch» zu behaupten, dass die schädliche, industrielle Landwirtschaft «massiv subventioniert» werde. Laut der Stellungnahme der SRF-Redaktion, die von der Ombudsstelle zitiert wird, ist die massive Subventionierung der industriellen Landwirtschaft «eine einfache Tatsache».

Da der «überwiegende Teil der landwirtschaftlichen Fläche der Schweiz konventionell bewirtschaftet» werde, «erhalten die Landwirte auf diesen Flächen auch die anteilsmässig höchsten Beiträge». Wie die landwirtschaftliche Subventionen die Biodiversität schädigen, könne man bei der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften «scnat» nachlesen.

Der Bauernverband hat den Entscheid der Ombudsstelle nicht an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) weitergezogen, wie er auf Anfrage erklärt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

Kuh

Landwirtschaft

Massentierhaltung? Bio? Gentechnisch? Zu teuer? Verarbeitende Industrie? Verbände? Lobbys?

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11 Meinungen

  • am 20.03.2021 um 10:32 Uhr
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    Der Bauernverband ist irgendwann komplett falsch abgebogen. Heute dient er nur noch seinen ihm genehmen Grossbauern, die für jeden Hafenkäse (Geranien auf dem Balkon) Subventionen erhalten.Da ist klar, dass die sehr wichtigen und nützlichen Biobauern belächelt werden. Über den Tellerrand schauen ist nicht allen gegeben.

  • am 20.03.2021 um 12:50 Uhr
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    Es geht um das schnelle Geld. Die Zerstörung der Umwelt muss dem einen oder anderen Landwirt egal sein. Hauptsache er kann genug Geld erwirtschaften das seine Kinder studieren können. Ein Studium, wenn oft auch wertlos, ist der entscheidende Faktor für die zukünftige Lohnklassifizierung und entscheidet über Wohlstand oder Existenzminimum. Diese Probleme sind Systemimmanent und zeigen unter anderem den fortschreitenden Abbau der Demokratie an. Es werden wohl sehr harte, noch unmenschlichere Zeiten auf uns zukommen.

  • am 20.03.2021 um 14:47 Uhr
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    Die rückwärtsgewandte Politik des Bauernverbandes erstaunt mich immer wieder. Wieso diese Aversionen gegen den Bio-Landbau? Liegt das am Ausbildungsprogramm der landwirtschftlichen Schulen oder fehlt einfach die Einsicht, das Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Natur und Mensch? Und wieso lässt sich der Präsident des Bauernverbandes, selber Bio-Bauer, von den Grossbetrieben (Mast-Milch etc) derart beeinflussen?

  • am 20.03.2021 um 15:00 Uhr
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    Zum Glück gibt’s diese beiden Initiativen, über die wir im Juni abstimmen können. Natürlich sind sie krass und absolut. Das Parlament hätte die Gelegenheit gehabt, brauchbare Gegenvorschläge zu erarbeiten. Der Bauernverband mit seinen Lobbyisten und den Bürgerlichen im Rücken hat aber alles abgeschmettert. Ich hoffe, sie haben sich verrechnet und das Volk wird ihnen den Tarif für ihre Arroganz durchgeben. Das ewige Betteln um vernünftigeres Handeln, immer auf der Basis der Freiwilligkeit, muss ein Ende haben. Nur Sanktionen wirken und bewirken etwas. Irgendwann muss Schluss sein mit dem Vergiften von Boden, Luft und Wasser. Vielleicht haben wir dann endlich auch den krächzenden Ritter überlebt!

  • am 20.03.2021 um 15:36 Uhr
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    Die Politik des Bauernverbands ist schrecklich. Durch das Lobbyieren im Parlament hat er kürzlich sogar die Vorlage des Bundesrates in Richtung mehr Nachhlatigkeit zerstört, was dazu führt, dass nach wie vor zu viel Stickstoff und Giftstoffe freigesetzt werden, was uns alle ein bisschen vergiftet. Dabei weisst er den Bauern einen Bärendienst: mangels genügend einheimischen Bio-Lebensmitteln werden viele dieser im Ausland beschafft.

  • am 21.03.2021 um 08:36 Uhr
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    Ich zähle darauf, dass wir über 50% Ja-Stimmen und eine Ständemehr haben für die Pestizid- und Trinkwasser-Initiative. Dass wir Konsumenten uns gerne VERGIFTEN, glaubt ja wohl keiner. Allerdings ist die aktuelle Werbung der integrierten Produktion (Marien-Käferli) eine perfide Augenwischerei im SRF und müsste auch mal aufgedeckt und angeklagt werden, dass da nur in %-Anteilen weniger Pestizide ausgebracht werden. Das muss noch vor der Abstimmung in den Medien breit öffentlich werden, sonst meinen Konsumenten, sie würden damit etwas Gesundes einkaufen – wie es ja die Migros in ihren Gemüse-Auslagen sublim suggeriert. Also hopp SRF-Aufklärung, oder seid Ihr da nicht doch vom Bauernverband zurück gebunden / gekauft worden?

  • am 21.03.2021 um 10:34 Uhr
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    Wegen fehlender Nachfrage können also angeblich die Bauern gar nicht anders als konventionell produzieren. Tatsache ist, dass die Grossverteiler Bio-Produkte künstlich verteuern, indem sie konventionell hergestellte Produkte immer wieder in Aktionen verbilligen (müssen), um sie überhaupt loszuwerden. Der Bauernverband hat also nur eine Strategie: Auf Teufel komm raus produzieren, ohne Rücksicht auf Böden und Umwelt. Er hat ja genug Politiker mit grünem Mäntelchen, die ihn dabei unterstützen. Der Gipfel ist, dass er sich jetzt sogar über Bio-Landwirte lustig macht. Höchste Zeit, dass Bio-Produzenten selber vermehrt in Erscheinung treten.

  • am 22.03.2021 um 03:24 Uhr
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    Bei den Bauern gibt es den Begriff Einkommensoptimierungen für allerlei ´Leistungen’ wie kleine Streifen Naturwiesen (neben gedüngten und gespritzten Ackerflächen) Hochstamm-Bäume, das Mähen gewisser Flächen ab einem bestimmten Datum, damit die Gräser Zeit haben ihre Samen abzuwerfen, etc.
    Ich frage mich, was der heutige Landwirt in seiner Ausbildung lernt.

  • am 22.03.2021 um 16:14 Uhr
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    Die Landwirtschaft wurde zu Zeiten von Peter Bodenmann kritisiert, sie sei zuwenig produktiv. Die Strukturen wurden mittlerweilen bereinigt und die Produktivität vervielfacht. Unser Dorf zählte zu meiner Jugendzeit noch um die 40 Landwirtschaftsbetriebe. Heute sind noch 12 übrig. Die Landwirtschaft hat sich der Forderung der Bevölkerung gebeugt. Es wurde in abgelegenen Orten investiert wie sonst keine Branche es ihr gleich tat. Und nun, 25 Jahre später sind die Strukturen angepasst. Die Landwirte halten sich bis auf wenige Ausnahmen an die Gesetze und setzen Stoffe ein, die bewilligt sind. Trotzdem werden sie pauschal gebasht und getreten wo es nur geht. Folgen der Trinkwasserinitiative wären der Verlust von Tausenden Hektar Biodiversitätsfläche und intensive Gebiete in denen unkontrolliert gespritzt wird weil der Anbau von Gemüse und Obst auch ohne Direktzahlung rentieren kann. Diese Betriebe müssen dann keinen ÖLN mehr erfüllen: das heisst keine Nährstoffbilanz & keine Biodiversitätsförderflächen. Die betroffenen sind die Berg- und Randgebiete, welche nicht auf Direktzahlungen verzichten können. Dort wird die Produktion sinken oder gar aufgegeben. Die Geflügel- und Schweineställe dieser Gebiete würden dann nicht mehr von den Familienbetrieben betreut sondern von Futtermittelherstellern. Die Initianten der Trinkwasserinitiative werben mittlerweilen mit Argumenten die von ihrem Initiativtext abweichen. Das allein zeugt schon von Unehrlichkeit gegenüber den Stimmberechtigten.

  • am 22.03.2021 um 21:41 Uhr
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    Also wenn wir zurückkehren zu dem SRF Artikel dann ist er definitiv einseitig und das kann auch nicht bestritten werden!
    Mann kann den Artikel x Fach auseinandernehmen! Eigentlich ist es nichts anderes als Propaganda für die beiden Initiativen im Juni und dies ein Jahr vor der Abstimmung! Ich denke das war auch das Hauptargument um sich beim Ombudsmann zu melden! Der Bauernverband wurde für seine Infotafeln am Feldrand gerügt aber das SRF kann wursteln wie es im passt!
    Hier noch eine Anmerkung punkto Bodenverdichtung: Im Biolandbau werden x Fach mehr Durchfahrten gemacht damit der Acker Unkrautfrei bleibt! Dies ergibt mehr Bodenverdichtung! Woher hier das SRF seine Informationen hat wird wohl nie öffentlich gemacht! Nach diesem Bericht haben Biobauern andere Maschinen als alle anderen oder BIO ist einfach allem überlegen! CO2 stösst ja der Biobauer auch weniger aus weil er eben BIO ist… Sarkasmus «OFF» Glaubt nicht alles was im Fernsehen kommt oder in den Zeitungen steht sonst lernt ihr lügen!

  • am 22.03.2021 um 23:35 Uhr
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    Das größte Problem scheint zu sein, das alle Beteiligten mittlerweile die Übersicht verloren haben. Bei uns in Deutschland gibt es das Phänomen, das Bioprodukte mitunter schon mal billiger sind als konventionell produzierte Ware. Dazu kommen diese meiner Ansicht nach merkwürdigen Methoden bei der Inhaltsdeklaration, wobei es mir beim sogenannten Biohonig aufgefallen ist, der nur zu einem bestimmten Prozentsatz Biohonig enthalten muss. Wer also (in Deutschland) glaubt, das Bio auch immer Bio bedeutet, irrt gewaltig. Wein wird z.B. mit Spritzmitteln auf Kupferbasis behandelt, onwohl man sich darüber im klaren ist, das diese Kupfersalze mehr Schaden anrichten als die konventionellen Giftmischungen.
    Hat sich schon mal jemand ernsthaft Gedanken darüber gemacht, wo denn dieses Überangebot an Bioobst/-gemüse kommt, obwohl in Ländern wie der Schweiz oder Deutschland gar nicht so große Flächen von BioBauern bewirtschaftet werden?! Wer glaubt denn wirklich, das überall wo Bio draufsteht, auch Bio enthalten ist? Über die teilweise Naivität der Bio-Konsumenten muss ich mittlerweiel wirklich lachen: So lassen die sich tatsächlich «Bio Wildlachs» verkaufen, ohne das jemand ernsthaft Fragen stellt. «Bio» bedeutet nichts anderes als gezüchtet, «wild» bedeutet hier eben wild lebend – trotzdem kaufen Kunden «Bio-Wildlachs».
    Und noch etwas, was man in unabhängigen Laboren ermittelt hat: Bioprodukte sind vielfach schlechter was die Qualität angeht, als die konventionell produzierten Produkte.

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