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Gerhard Schwarz: «Jeglicher Anstand vergessen» © zvg

«Avenir Suisse»-Chef versteht die Welt nicht mehr

Kurt Marti /  Wer austeilt, sollte auch einstecken können. Nicht so Gerhard Schwarz, Direktor der neoliberalen Denkfabrik «Avenir Suisse».

Der ehemalige Chef des NZZ-Wirtschaftsressorts Gerhard Schwarz hat die Denkfabrik «Avenir Suisse» auf einen strammen, neoliberalen Kurs getrimmt, seit er vor drei Jahren deren Direktion übernommen hat. Schwarz ist nicht bekannt dafür, dass er besonders vorsichtig und leise argumentiert. Im Gegenteil, seine Attacken sind hart und gefürchtet. Manchmal arbeitet er mit dem Presslufthammer (siehe Infosperber: «Deza-Direktor knöpft sich Gerhard Schwarz vor»).

«Wo bleibt die Dialogkultur?»

Umso mehr erstaunt die neuste Meinungsäusserung von Schwarz in der «Zürcher Wirtschaft», der Zeitung für KMU und UnternehmerInnen (siehe Link unten). Dort versteht Schwarz offenbar die Welt nicht mehr. Unter dem Titel «Wo bleibt die Dialogkultur?» schreibt er: «Aber erschreckend ist, wie viele Leute neue Ideen nicht zu Ende lesen, wenn sie ihre Interessen bedroht sehen; wie viele Leute auf stur stellen und sich jeglicher Präzisierung und Relativierung verschliessen; und wie viele Leute, auch solche mit Einfluss und Bildung, ihren Emotionen freien Lauf lassen und jeglichen Anstand vergessen, wenn ihnen ein Vorschlag nicht passt.»

Dabei geht es vor allem um die Reaktionen auf das Diskussionspapier «Multis: Zerrbild und Wirklichkeit: Der vielfältige Beitrag globaler Unternehmen zum Schweizer Wohlstand», welches die «Denkfabrik» letzten Sommer publizierte. Diese Lobrede auf die Wichtigkeit der Schweizer Grosskonzerne, die zu den Sponsoren der Denkfabrik gehören, stiess insbesondere beim Schweizerischen Gewerbeverband sauer auf.

«In der Kernkompetenz total versagt»

In der «Schweizerischen Gewerbezeitung» sprach Henrique Schneider, Ressortleiter Wirtschaft beim Gewerbeverband, von einem «Machwerk mit vielen Denkfehlern», in dem «die KMU als Anhängsel der Multis dargestellt werden». Die Denkfabrik habe in ihrer «Kernkompetenz total versagt: im Denken». Die «Grenze zur Verweigerung der Realitätswahrnehmung» werde «mehr als geritzt» (siehe Link unten).
Solche verbalen Schläge «unter die Gürtellinie» von Seiten der Wirtschaft, also quasi aus den eigenen Reihen, sind für Schwarz «erschreckend». Emotionale Tiraden haben Linke und Grüne verdient, aber doch nicht der Hüter der ordnungspolitischen Wahrheit.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

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Der ordoliberale Gerhard Schwarz

«Ordoliberale Prinzipientreue» propagierte Schwarz jahrelang in der NZZ und bis März 2016 bei Avenir Suisse

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Gerhard Schwarz: Widerspruch

Der frühere NZZ-Wirtschaftschef und Leiter von «Avenir Suisse» zählt sich zum Kreis der echten Liberalen.

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Eine Meinung zu

  • am 26.10.2013 um 13:48 Uhr
    Permalink

    Ja, wo bleibt die Dialog-Kultur? Das fragen sich z.B. auch die Initianten der Ecopop-Volksinitiative. Wir fragen das die DEZA, wir fragen das Avenir Suisse, Economiesuisse etc.
    Dieser Satz könnte von Ecopop stammen:
    «Aber erschreckend ist, wie viele Leute neue Ideen nicht zu Ende lesen, wenn sie ihre Interessen bedroht sehen; wie viele Leute auf stur stellen und sich jeglicher Präzisierung und Relativierung verschliessen; und wie viele Leute, auch solche mit Einfluss und Bildung, ihren Emotionen freien Lauf lassen und jeglichen Anstand vergessen, wenn ihnen ein Vorschlag nicht passt.»

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