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«Wo ist das Gold»: Das Fragezeichen fehlt, weil die Tagesschau die Frage nicht stellte © srf

SRF darf Gold filmen, stellt aber keine Fragen

upg /  Die Nationalbank zeigte dem Schweizer Fernsehen ihren Goldbunker. Doch die SRF-Journalisten stellten keine einzige kritische Frage.

Just in der Woche, als die SVP ihre Goldinitiative eingereichte, die unter anderem verlangt, dass die Schweizer Nationalbank SNB ihre Goldmilliarden, die sie im Ausland gelagert hat, in die Schweiz holt, durfte das Schweizer Fernsehen zum ersten Mal einen Teil des Goldes filmen, das die Nationalbank irgendwo in der Schweiz aufbewahrt.
Über diese exklusive Möglichkeit waren die SRF-Journalisten so entzückt, dass sie ihre Sprache verloren. «Als erster Journalist mit Kamera überhaupt durfte SRF-Redaktor Nicolas Rossé einen Blick in die goldenen Hallen der SNB riskieren», freute sich das Fernsehen. Warum dieser Besuch «riskant» war, bleibt unklar. Vielleicht sollte das eine Ausrede sein, weshalb man weder in der Tagesschau vom 21. März 2013 noch auf der SRF-Webseite auch nur eine einzige kritische Frage zum Nationalbank-Gold hören und lesen konnte.

Die Öffentlichkeit möchte wissen, wie viel Gold die Nationalbank sicher in der Schweiz hütet, und wie viel Gold sie in den USA und in europäischen Nachbarländern von fremden Nationalbanken hüten lässt. Im November 2011 (!) habe der Bundesrat verlauten lassen, der «überwiegende Teil» der Goldreserven werde heute im Inland aufbewahrt, berichtete das Fernsehen beruhigend. Daraus schlossen die Fernsehmacher erhellend: «Ein Teil des Goldes lagert offenbar auch bei ausländischen Zentralbanken.»
Wie viele Tonnen der insgesamt über tausend Tonnen im Wert von über 50 Milliarden Franken physisch im Ausland lagern, fragte die Tagesschau nicht.
Der Tagesschau-Moderator erläuterte lediglich: «Aus Sicherheitsgründen sind die Orte, wo die Goldreserven gelagert sind, streng geheim.» Damit machte der Moderator die Begründung der Nationalbank zu seiner eigenen, ohne sie zu hinterfragen.
Anstatt wie ein treuer Staatssender zu berichten, hätten sich kritischen SRF-Journalisten folgende Fragen aufgedrängt:

  1. Welche Art von Sicherheitsprobleme würden denn entstehen, wenn die Lagerorte bekannt würden?
  2. Warum sollen die Goldbestände in Fort Knox oder in den Goldbunkern der US-Notenbank in New York weniger sicher sein, wenn die Öffentlichkeit weiss, wie viel Schweizer Gold dort lagert?
  3. Wie erklärt sich die Nationalbank, dass die deutsche Bundesbank keinerlei Sicherheitsbedenken hat? Sie gab ohne Bedenken bekannt, wo sie wieviel Gold gelagert hat, nämlich von insgesamt 3396 Tonnen genau 1536 Tonnen in den USA, 450 Tonnen bei der Bank of England in London, 374 Tonnen bei der Banque de France und 1036 Tonnen in Deutschland.

Nach dem Einreichen der Goldinitiative der SVP stellte die NZZ in einem Kommentar zurückhaltend fest: «Nicht ganz nachvollziehbar ist, weshalb die Nationalbank die Standorte des Goldes wie ein hypersensibles Geheimnis behandelt…Der Verzicht auf jegliche Information scheint durch Hinweise auf ‹Sicherheitsgründe› kaum restlos überzeugend erklärt.»
Berechtigte Fragen zur Lagerung des Goldes im Ausland kamen auf, als bekannt wurde, dass die Nationalbank kein Inventar ihrer dortigen Goldbestände aufnehmen kann und ein solches Inventar noch nie selber gemacht hat.

NACHTRAG
Das Fernsehen SRF legt wert auf die Feststellung, dass der hier kritisierte Beitrag wie auch die gesamte Ausgabe der Tagesschau vom 21. März von den Westschweizer Kollegen des «Journal» von TSR produziert und verantwortet wurde.

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2 Meinungen

  • am 27.03.2013 um 11:44 Uhr
    Permalink

    Nicht allzuviel kann ich bezüglich der Goldreserven der SNB beitragen – ausser:
    Das Schweizer Gold lagert nicht in den USA. Das ist doch schon eine gute Nachricht.
    Hans-Peter Holbach
    http://www.vertraulicher.li

  • am 1.04.2013 um 15:40 Uhr
    Permalink

    Nun, wir haben doch Fortschritte auch in der Schweiz gemacht… Gewissen Radio- und TV-Pionieren sei Dank. Auch wenn sie von herrschsüchtigen katholisch-konservativen Wallisern jahrelang ausgebremst wurden. In den 60er Jahren wurden Bundesräte nur von Radio Bern (Brawand) interviewt mit dem Satz: «meined är ou Herr Bundesrat…"
    Und für das zahlen wir Zwangsgebühren seit den 20er Jahren. Negermusik (Jazz etc) wurde auch lange nach dem 1000jährigen Reich von Beromünster nie gespielt – später in homöopathischen Dosen mit Jan Slave, als Alibi-Doktor (…). Derweil wurden die Jodel-Hüerli aus der Innerschweiz zu Millionären gemacht – der Suisa sei Dank!

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