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Donald Trump will mit dem, was er als bürokratisches Monster in Washington bezeichnet, Schluss machen. Umweltschutz, Klimawandel, Armutsbekämpfung oder Gleichberechtigung treten wohl als Ziele in den Hintergrund. © lightsource/depositphotos

«Diktator für einen Tag» könnte ganze Ministerien abschaffen

Christof Leisinger /  Radikale Ideen machen Trump zum Präsidenten. Viele kommen vom libertären Milton Friedman. Die Thesen und die brutalen Konsequenzen.

Landwirtschaftsministerium – abschaffen. Wirtschaftsministerium – abschaffen. Bildungsministerium – abschaffen. Ministerium für Wohnungsbau und Stadtentwicklung – abschaffen und die Immobilien für einen Dollar an die Mieter verkaufen. Wer wissen möchte, woher manche der radikalen politischen Ideen kommen, mit denen Donald Trump zum nächsten Präsidenten gewählt wurde, schaut sich am besten ein Interview mit Milton Friedman aus dem Jahr 1999 an.

In diesem Video kommt auch die Idee vom «Diktator für einen Tag» vor, welche Trump im Wahlkampf zitiert und welche daraufhin für Unruhe gesorgt hatte. Der Wirtschaftsnobelpreisträger selbst wollte zwar überhaupt nichts von einer Diktatur wissen.

Er erklärt aber, sich zusammen mit anderen libertären Geistern eine Regierung zu wünschen, welche sich möglichst wenig in die Belange der Bürger einmischt. Und er versucht zu erläutern, wie ihre Vision mit Umweltfragen, öffentlicher Sicherheit, Lebensmittel- und Arzneimittelkontrolle und anderen diffizilen Themen in Einklang werden gebracht könnte.

Als Libertärer glaubt Friedman an die grösstmögliche Freiheit des Einzelnen, die Zwangsgewalt des Staates sei grundsätzlich unmoralisch. Gleichzeitig aber sieht er ein, dass der Staat ein paar wenige Funktionen übernehmen müsse, nämlich die Landesverteidigung, das Justizwesen, die Polizei – und das war es. Alles andere lasse sich ohne Beteiligung des Öffentlichen Sektors effizienter und ohne die staatliche Verschwendung organisieren.

Mit diesen Argumenten wuchern auch Donald Trumps Unterstützer. «Milton Friedman ist der Beste», twittert der amerikanische Milliardär Elon Musk umher und verlinkt seine X-Botschaft direkt auf das Video mit dem Friedman-Interview. Er zählt neben Vivek Ramaswamy, Matt Gaetz, Robert Kennedy Jr., Marco Rubio, Tulsi Gabbard und Pete Hegseth zu den Auserwählten, die die amerikanische Bundesverwaltung auf Effizienz trimmen sollen.

Der «Staatssumpf» soll trockengelegt werden

Sie alle sind «dem Führer» und dessen Mission ergeben, den «administrativen Sumpf» auszutrocknen und ihn durch eine innere Ordnung zu ersetzen, von der sie sich maximale wirtschaftliche Stärke und die Bekämpfung ausländischer Feinde erhoffen. Sobald diese Leute fest im Sattel sitzen, werden sie wohl auf den unteren Verwaltungsebenen die gleiche Methode praktizieren, um alle loszuwerden, die nicht mit der Mission einverstanden sind.

Ray Dalio, der ehemalige Hedge-Fundmanager, vergleicht das Vorgehen mit der unfreundlichen Übernahme einer Firma. In diesem Rahmen werden Personen an Schlüsselpositionen üblicherweise ausgewechselt, und es kommt zu drastischen Kostensenkungsmassnahmen, welche wiederum durch die Einführung moderner Technologien begleitet werden. Dalio zieht sogar einen verkappten Vergleich zu den Massnahmen, welche rechtsradikale Regierungen in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach der Machtübernahme ergriffen hatten.

Die wirtschaftliche Erneuerung des Landes werde aller Wahrscheinlichkeit durch industriepolitische Massnahmen angestrebt werden, die auf die Verbesserung von Produktivität und Effizienz abzielen. Dabei werde sich die Regierung kaum um die Menschen oder die Themen kümmern, die dem im Wege stehen könnten – wie Umweltschutz, Reduzierung des Klimawandels, Armutsbekämpfung oder Förderung von Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration. Kulturelle und finanzpolitische Schlüsselbereiche wie etwa die Bildung und das Schuldenmanagement würden wahrscheinlich ebenso vernachlässigt werden, wie unter demokratischer Führung.

Keine Rücksicht auf untergeordnete Interessen

Donald Trump und Elon Musk würden die Impulse so lange setzen, bis sie sich zerstritten – und davon dürften vor allem die Wallstreet, verschiedene Trump-freundliche Tech-Unternehmen und alle Firmen profitieren, welche bisher von bürokratischen Regeln geplagt wurden, die sich vor höheren Steuern fürchteten und deren Agilität administrativ eingeschnürt wurde. Die Entwickler der künstlichen Intelligenz dürften mehr Freiräume erhalten. Die Anbieter von Schlüsseltechnologien werden wohl dazu animiert werden, im amerikanischen Inland zu produzieren.

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Die Palantir-Anleger wetten nach Donald Trumps Wahl auf eine Flut von Staatsaufträgen.

Geopolitisch werde die Welt wohl fragmentierter und unberechenbarer als bisher werden. Sie werde künftig wohl eher von einer darwinistischen, dschungelartigen Ordnung dominiert als vom Konsensbestreben der Vergangenheit. Moral und Ethik, wie die Amerikaner sie verstehen, werden irrelevanter, weil Trumps Regierung die entsprechenden Regeln nicht mehr so intensiv durchsetzen werde, wie in der Vergangenheit. Im Gegenteil, es sei mit einem Wettbewerb Chinas und der USA um die Gunst anderer Staaten zu rechnen.

Alle Länder würden unter grossem Druck geraten, ihre innerstaatliche Ordnung so zu ändern, dass sie mit der Trump-Regierung und -Ordnung im Einklang stehen. Wer sich auf die andere Seite schlage, müsse mit negativen Konsequenzen rechnen. «Dieser Konflikt zwischen den beiden Grossmächten wird Chancen, vor allem auch Geschäftsmöglichkeiten, für neutrale, bündnisfreie Länder schaffen,» denkt Dalio. Das ist ein Argument, das die Schweiz wohl gerne hören wird. Die Erfahrung zeigt, dass sie oft das Beste aus so einer Konstellation macht.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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US-Politik unter Donald Trump

Weichenstellungen: An seinen Entscheiden ist Trump zu messen, nicht an seinen widersprüchlichen Aussagen.

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9 Meinungen

  • am 24.11.2024 um 15:17 Uhr
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    Vielleicht gäbe es ja nicht nur schwarz oder weiss?

  • am 24.11.2024 um 15:21 Uhr
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    Ich teile die Meinung des Autors nicht, denn er hat den woken Liberalismus nicht wirklich verstanden! Dieser ist nämlich das Hauptproblem, nicht Trump: Der woke Liberalismus ist gescheitert :
    – weil Menschen soziale Wesen sind und neben der Freiheit auch Werte und Gemeinschaft brauchen;
    – weil eine elitäre Ideologie die überwiegende Mehrheit der Menschen in ihren sozialen Nöten und ihrer Friedenssehnsucht ignoriert;
    – weil diese elitäre Ideologie sich selbst als das einzige Wahre und moralisch Überlegene verkauft und dabei keinen Raum für Widerspruch lässt ;
    der dann – falls es ihn gibt – als «rechtsradikal» ,»totalitär», «undemokratisch» oder als «Verschwörungstheorie» gelabelt wird!
    Summa summarum: So wird auch erklärbar, dass Trump trotz seiner erheblichen charakterlichen Schwächen die Ignoranz und Arroganz der woken Liberalen mehr als kompensiert und so den Wahlsieg eingefahren hat. Er hat es verdient, wenn er die USA weniger dominant und die Welt dadurch friedlicher macht.

    • am 25.11.2024 um 09:26 Uhr
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      Sehe ich auch so. In den Usa,wo dieser Gugus herkommt, haben viele das langsam geschnallt und unteranderem deswegen Trump gewählt. Denke Europa braucht noch ein bisschen, bis sich diese Erkenntnis durchsetzt. Bill Maher hat dies sehr schön und auf witzige geschildert.

    • am 25.11.2024 um 14:09 Uhr
      Permalink

      In weiten Teilen stimme ich dem zu, es gibt kein «Links» – «Rechts» mehr. Stattdessen eine kollektivistische und eine individualistische Sichtweise.
      Die kollektivistische Sichtweise, ist geprägt durch das «wir» gegen die «anderen».
      Das «Wir», das sind die woken Guten, moralisch Überlegenen, deren Sicht keinen Raum für Widerspruch lässt und sich in einem steten Kampf gegen die Meinungsfreiheit und die Demokratie befindet.
      Die «Anderen» sind die Bösen, die in Hasstiraden als «rechtsradikal» ,»totalitär», «undemokratisch» oder als «Verschwörungstheorie» gelabelt werden.
      Die individualistische Sichtweise lässt auch andere Meinungen gelten, da man sich vielleicht in einem Irrtum befindet und der andere Recht haben kann.

    • am 26.11.2024 um 07:04 Uhr
      Permalink

      Herr Becker. Sie treffen es auf den Punkt.

      Eine Anmerkungen habe ich: Europa als herangezogener US Vasall ist immer etwa 10-15 Jahre hinterher. Die Pandemie machte es zwar möglich als Katalysator diese Entwicklung etwas zu beschleunigen. Ist nun aber auf diesem Zug, der in den USA gerade abgefahren ist. Je nachdem wie Trump (bzw die Leute im Hintergrund) das ganze nun deichseln, wird dieser Zug auch nicht mehr kommen. Bis Europa das erkannt und akzeptiert hat dürfte es eine Weile dauern und vielleicht ist dann der nächste auch schon weg.

      Es ist endlich Zeit dass sich Europa von den USA emanzipiert und zu dem dritten Machtblock auf der Welt wird, den die Welt so dringend braucht.

  • am 24.11.2024 um 17:36 Uhr
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    Der Souverän könnte mittlerweile die Erkenntnis haben, dass die Bürokratie die absolute Macht im Staate ist und die Politik ist macht- hilflos das zu ändern. Elon Musk und sein Gehilfe Donald Trump könnten wohl erkannt haben, wenn man verspricht mit radikale Methoden den Staat zu erneuern, könnte bei den Wählern die Hoffnung entstehen alles wird besser, wenn die Bürokraten weg und die Radikalen an der Macht sind. Und wenn die Radikalen an der Macht sind, müssen die erkennen ohne Bürokratie funktioniert der Staat nicht und werden macht- und hilflos.
    Gunther Kropp, Basel

  • am 24.11.2024 um 18:18 Uhr
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    Sogenannte konservativ-rechte Kreise applaudieren ja schon seit einiger Zeit heftig dem Milei und beten dem Musk geradezu an. Im Grunde geht es Trumps Tech-Förderern aber nicht um weniger Staat, sondern um mehr öffentliche Ressourcen für ihre Geldbeutel und ein Verhindern von kritischen Leuten in der Administration. Selbstbedienung ist also angesagt, vielleicht noch forscher und gieriger als unter Biden. Den libertären Unterbau von Friedman – der es sicher nicht so meinte, wie es nun praktiziert werden soll – kann man getrost wegschmeißen, hier geht es nur um eine Galionsfigur auf die man sich berufen kann. Es geht um Profit und um nichts anderes. Ob ein alternder Trump hier noch Kontrolle ausüben kann, scheint fraglich.

  • am 24.11.2024 um 22:34 Uhr
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    Am besten, wenn die Schweiz, neutral, bündnisfrei und direktdemokratisch bleibt. Das bleibt jedenfalls zu hoffen, auch wenn viele Interessen in andere Richtungen ziehen.

  • am 25.11.2024 um 11:30 Uhr
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    «Die grundlegenden langfristigen Ziele, die, da bin ich mir sicher, die meisten Ökonomen teilen, sind politische Freiheit, wirtschaftliche Effizienz und eine weitgehende Gleichheit der Wirtschaftsmacht.» Das Zitat fasst die Haltung von Friedmann treffend zusammen. Ihr Artikel ist sehr unausgewogen und brutal tendenziös, wenn Sie von «dem Führer ergeben schreiben». Zwar teile ich Ihre grundsätzliche Skepsis, aber diese Fatalitäten in Ihrem Bericht sind ziemlich faktenbefreite Übertreibungen. Dass die Verwaltungsbürokratie seltsame Wurzeln treibt, ist nicht nur in Amerika so. Ein «Musk light» könnte in jeder europäischen Bürokratie inkl EU hilfreich sein.

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