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Dieses apokalyptische Bild von New York ist nur eine Simulation, könnte aber Wirklichkeit werden. © Menil'Lab

Das Wasser kommt – aber noch niemand weiss, wie schnell

D. Gschweng /  Bis wann genau den Küstenstädten das Wasser «bis zum Hals» stehen wird, ist wichtig. Eine exakte Prognose jedoch ist schwierig.

Der Meeresspiegel steigt seit Jahrzehnten an, grösstenteils aufgrund der Klimaerwärmung. Nur: Wieviel genau steigt er in den kommenden zehn, zwanzig oder dreissig Jahren? Wissenschaftler versuchen, den Pegelanstieg genau vorauszusagen.

Für Städte und Länder an der Küste ist jeder Zentimeter wichtig. Sie müssen Schutzvorkehrungen planen oder gar landwirtschaftliche Flächen aufgeben. Nicht zuletzt ist das eine Frage, die sich in Rupien, Dollar oder Euro ausdrücken lässt.

Wie schwierig eine Vorhersage ist, hat «3sat» in einer Dokumentation festgehalten.

Die erste Vorhersage traf zu – allerdings 12 Jahre später

Insgesamt gehe es um viele Milliarden Dollar, und das nur, was die Küstenstädte betrifft, sagt der Geophysiker Klaus Jakob. Um 2000 berechnete er erstmals, wie sich ein grosser Sturm auf die Stadt New York auswirken würde. Das New Yorker U-Bahn-System wäre in etwa 40 Minuten geflutet, stellten er und seine Mitstreiter fest. 2012 kam Hurrican Sandy, verursachte einen Schaden von 19 Milliarden Dollar und bewies, dass er recht hatte.

Die Dokumentation erklärt anschaulich, womit hunderte Millionen Menschen bis zum Ende des Jahrhunderts schlimmstenfalls rechnen müssen. Darüber hinaus sind bisher keine Vorhersagen möglich. Bei einigen Küstenlandstrichen stellt sich die Frage, wie lange sie sich noch gegen das Meer verteidigen lassen.

Das Meer steigt nicht überall gleich schnell an

Den Anstieg des Meeresspiegels an einem konkreten Ort vorherzusagen, ist kompliziert. Viele Faktoren spielen mit, und der Anstieg ist nicht überall gleich. Das Meer beispielsweise verteile sich nicht gleichmässig über den Globus, erklärt der Ozeanograf Sönke Dangerdorf, eher schwappe es hin und her wie in einem Gefäss, das geschwenkt wird. Und auch die Erdkruste an den Küsten bewegt sich relativ zum Wasser nach oben oder unten, was sich im schlimmsten Fall zum Pegelanstieg addiert.

Dazu kommt das komplexe Verhalten schmelzender Eisberge und Gletscher sowie die Tatsache, dass sich Wasser schon bei einem geringeren mittleren Temperaturanstieg merklich ausdehnt. Wissenschaftler mussten ihre Vorhersagen in der Vergangenheit bereits mehrmals nach oben korrigieren.

Erdgeschichtlich gesehen ist alles möglich

Erdgeschichtlich gesehen leben wir obendrein in einem Zeitabschnitt, in dem der Meeresspiegel bisher aussergewöhnlich stabil ist. Wie dynamisch er sich ändern kann, ist schwer zu sagen. Auch andere Eigenschaften der Klimakrise spielen eine grosse Rolle.
In den Berechnungen geht es beispielsweise nicht um einen Durchschnittstag, sondern darum, was passiert, wenn ein sogenannter «Jahrhundertsturm» geschieht. Aber wie oft ist das? Da sich extreme Klimaereignisse häufen, sollte man da nicht besser von einem «Jahrzehntensturm» sprechen und auch damit rechnen?

Siehe auch


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

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Die Klimapolitik kritisch hinterfragt

Die Menschen beschleunigen die Erwärmung der Erde. Doch kurzfristige Interessen verhindern griffige Massnahmen.

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5 Meinungen

  • am 24.01.2020 um 13:00 Uhr
    Permalink

    Die zweite Auflage der Studie „Sea Level“ soll Klarheit bringen, wieviel Landeis es überhaupt gibt auf dem Globus. Es wäre spannend das zu erfahren – daraus könnte man eine Baulinie ableiten. Gemäss einer Vorhersage aus 1959 sollten die Bahamas inzwischen rund 25 Meter unter Wasser liegen. Dieser „jahrzehntelange Meeresspiegelanstieg“ hat es immer noch nicht ansatzweise geschafft, die Bahamas, die nur 1 MüM liegen, zu fluten. New York müsste inzwischen bis zur 3. Etage überflutet sein. Der „jahrzehntelange Meeresspiegelanstieg“ beschränkt sich also auf ein paar Millimeter oder Zentimeter. // Die relevante Erderwärmung wird gesetzt auf den Zeitpunkt des Beginns der Industrialisierung, nämlich etwa aufs Jahr 1840. Zeitgleich begann das Erdmagnetfeld drastisch abzunehmen (bis heute), und die Alpengletscher zogen sich wieder zurück. Der CO2-Einfluss wird nach bisherigen Lehrmeinungen damit ohne Verzögerung spürbar, neuere Lehrmeinungen sprechen von einer Verzögerung von bis zu 200 Jahren. // Ein Zitat aus einem Text (2016) des Helmholtz-Zentrum Potsdam, in welchem es auch um das drastisch abnehmende Erdmagnetfeld geht: «Dabei konnten sie zeigen, dass ein signifikanter Anteil der Bewegungsenergie der eintreffenden Sonnenwinde von etwa dreißig Prozent in elektrische Energie und damit in Wärme umgewandelt wird. Sie belegen so, dass Sonnenwinde die Hochatmosphäre weit mehr aufheizen als bisher angenommen und eine wichtige Rolle für den Energiehaushalt der oberen Schichten spielen."

  • am 24.01.2020 um 20:09 Uhr
    Permalink

    Seit Beginn der Industrialisierung 1750 (Def. IPCC) stieg die globale Temperatur bis heute um rund 1.5° C (je nach Quelle), demzufolge kann er bis zum Jahr 2100 nicht um mehrere Meter ansteigen.

  • am 28.01.2020 um 11:55 Uhr
    Permalink

    @ Peter Herzog
    Wir würden uns alle sehr freuen, wenn Sie Recht behalten.
    Leider nimmt das Tempo der Veränderungen jedoch rasant zu.

  • am 6.02.2020 um 18:35 Uhr
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    Es ist nicht nur mir längst aufgefallen, dass oft allgemein und besonders in der Medien-Berichterstattung bezüglich «Meeresspiegelanstieg» salopp so getan wird, als sei unser Planet eine exakte Kugel, bei man irgendwelche «Antiegsbeschleunigungen» in Bruchteilen von Millimetern «messen» und für die Zukunft «prognozistieren» könne.

    Gerade zu Satellitendaten wird so getan, als seien diese auf Millimeter messbar, dies wo es überall Wellen, Seegang, Ebbe und Flut gibt, die sogar bei einer theoretischen «Erdkugel» zu schwierigsten mathematischen «Glättungen» und «Interpretationen» mit gewaltigen Ergebnisunterschieden, mit nachher entsprechenden Ungenauigkeiten führen müssen. Erst recht bei der «Kartoffelerde» und den 169 METERN NN-Unterschiede, wie etwa vom nur berechenbaren Erdmittelpunkt, jeweils zu den Pegeln Mumbai und Reykjavik.

    Wie genau ist etwa GPS (und GLONASS RU, GALILEO EU usw.) im reinen Vermessungsbereich mit Empfängerstationen für Satellitensignale? Für die global verteilten Meeresspiegel gibt es nämlich gar keine punktgenauen «Empfangsstationen» im Gegensatz zu GPS. Trotzdem hat sogar GPS nicht genügend Genauigkeit, um irgendwelche Abweichungen im cm-Bereich sicher zu messen, Dann auch noch in
    Millimetern? In Bruchteilen von Millimetern? Das ist dann nur noch willkürliches Zahlenjonglieren nach Gusto. Bis jetzt hat keiner der weltweit seit über 140 Jahre lang ununterbrochen gemessenen Hafenpegel, mehr als die bekannten 25cm/Anstieg auf 100 Jahre angezeigt!

  • am 8.02.2020 um 10:18 Uhr
    Permalink

    Nachtrag:
    Um hier dem Leser von Infosperber möglichst genaue und neutrale Angaben machen zu können, erlaube ich mir einen Nachtrag. Man möge bitte diese Grafik in WIKIPEDIA mal ansehen und sieht da visuell verstärkt, die Abweichungen des Planeten Erde, zur gedachten Kugel:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Gravity_anomalies_on_Earth.jpg

    Insgesamt kann man das als Erklärung zum GEOID-Modell hier anschauen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Geoid

    Dabei ist auch eine stark überhöhte Darstellung der «Potsdamer Kartoffel» dabei. All diese Abweichungen im Schwerefeld und die Höhenzüge, wie auch Tiefen bei den lokalen Meeresspiegeln, ergeben Abweichungen bis zu 169m zwischen diversen Normalnull-Pegeln. Einhundertneunundsechzig Meter! Wenn dann da irgendwer angeblich im Millimeterbreich irgendwelche «Trends» gemessen haben will, ist das pure Scharlatanerie. Lediglich «Vermutungen» sind so möglich.

    In diesem Falle weiss ich selbst sehr gut, wovon ich hier schreibe, als pensionierter Fachmann für Vermessung und EDV. Als damals das vorherige Erde-Planetenmodell, nämlich das «Rotationsellipsoid»..

    https://de.wikipedia.org/wiki/Rotationsellipsoid

    vermessungstechnisch «umgestellt» wurde, auf die heutige Form des GEOIDs, hatte ich damals direkten persönlichen Kontakt zu einigen Beteiligten an dieser weltweiten geodätischen Riesenaufgabe. Sorry daß dieses Thema so komplex ist und unterschiedliche NN-Pegel für Länder zuständig sind. Der Bezugspunkt für die gesamte CH ist in Genf.

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