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Konzerngewinn und Vollzeitstellen der Axpo von 2002 bis 2012 © Axpo/Zusammenstellung Guggenbühl/Grafik Die Südostschweiz

Axpo kann den Gewinneinbruch locker verkraften

Hanspeter Guggenbühl /  Dank dicken Polstern kann der Stromkonzern den Kantonen weiterhin Dividenden zahlen und die Löhne des Managements erhöhen.

Auf den ersten Blick erscheint das Jahresergebnis des Schweizer Stromunternehmens Axpo rabenschwarz: Gegenüber dem Vorjahr schrumpfte der Betriebsgewinn 2010/11 um 75 Prozent, der Konzerngewinn um 90 Prozent. In Franken: Bei einem Umatz von 6,3 Milliarden wies der grösste Schweizer Stromversorger einen Gewinn von 45 Millionen aus. Um sich «fit zu trimmen» wird die Axpo im laufenden Jahr 140 Stellen oder 3 Prozent des Personalbestandes abbauen. Weitere Einsparungen soll die – schon längst fällige – Zusammenlegung der separaten Handelsabteilungen von Axpo und Axpo-Tochter EGL bringen.

Staatskonzern mit dicken Polstern

Die mittelfristige Betrachtung hingegen zeigt: In den letzten zehn Jahren hat die Axpo eine Gewinnsumme von 6,4 Milliarden Franken angehäuft. Der Personalbestand stieg seit 2002 um 74 Prozent auf 4415 Vollzeit-Stellen (siehe Grafik). Die Bilanzsumme bewegt sich unverändert bei 17,7 Milliarden Franken. Davon entfallen 7,6 Milliarden auf Eigenkapital; dieses setzt sich aus wenig Aktienkapital und hohen Gewinnreserven zusammen.

Die Axpo, die zu hundert Prozent den Nordostschweizer Kantonen gehört, verfügt also über dicke Polster. Davon profitieren Management, Personal und Eigentümer trotz Gewinneinbruch. So stieg das Jahresgehalt von Axpo-Chef Heinz Karrer 2011 um 15 Prozent auf 882 000 Franken. Die Lohnsumme der übrigen Konzernleitung wuchs um 11 Prozent.

Der Durchschnittslohn des übrigen Personals sank zwar geringfügig, weil einige teure Stromhändler der EGL entlassen wurden; er liegt aber mit rund 120 000 Franken immer noch über dem Landesdurchschnitt. Die Nordostschweizer Kantone erhalten trotz Gewinn-Einbruch eine unveränderte Dividende von total 81 Millionen Franken; diese Summe ist annähernd doppelt so hoch wie der Gewinn.

Preise sanken, Abschreibungen stiegen

Die Gewinne der Axpo (siehe Grafik) spiegeln die Marktlage: Von 2000 bis Mitte 2008 stiegen die Preise im europäischen Strommarkt. Davon profitierte die Axpo, weil sie im In- und Ausland weit mehr Strom produziert, als in ihren inländischen Versorgungsmonopolen verbraucht wird. Mit der Finanzkrise ab 2008 wandelte sich die angedrohte Verknappung zur Stromflut. Folge: Die Marktpreise sanken, ebenso die Gewinne der Axpo und anderer Stromfirmen. An dieser Tiefpreisphase, so prophezeite Axpo-Chef Heinz Karrer am Montag vor den Medien, werde sich in den nächsten drei Jahren wenig ändern. Das dürfte die Profite der Schweizer Stromwirtschaft weiterhin drosseln.

Den speziellen Gewinneinbruch im Geschäftsjahr 2010/11 führt die Axpo-Leitung auf «Sondereffekte» zurück. Konkret: Der Zerfall des Euros verminderte die Exporterlöse zusätzlich. Der Bund kalkulierte höhere Stilllegungskosten für die alten Atomkraftwerke, was höhere Abschreibungen für die zu billig kalkulierten Atommeiler erfordert. Ebenfalls abschreiben musste die Axpo ihre Projektierungskosten für ein neues AKW, nachdem Bundesrat und Parlament 2011 ein Bewilligungsverbot für neue AKW beschlossen hatten. Und schliesslich drückten die tiefer bewerteten Netzkosten sowie regulierte Tiefpreise für Grossverbraucher auf den Ertrag. Auf der andern Seite profitiert die Axpo seit 2011 von einer deutlichen Erhöhung ihres tiefen Preisniveaus im Nordostschweizer Versorgungsmonopol.

Neue Strategie kostet 21 Milliarden

Ihre dicken Finanzpolster wird die Axpo künftig brauchen, um die Energiewende zu finanzieren. Bis 2030 rechnet sie mit Investitionen von 21 Milliarden Franken.

Um ihre alten AKW zu ersetzen und die steigende Nachfrage nach Strom zu decken, plante die Axpo ursprünglich ein bis zwei neue Atomkraftwerke im Inland. Das AKW-Neubauverbot erfordert jetzt eine neue Strategie. Diesen «Plan B» stellte Heinz Karrer gestern den Medien vor. Er basiert auf erneuerbarer Energie, Gaskraft und höherem Import.

o Ihr Produktionsziel für erneuerbare Energie erhöht die Axpo von 2,2 auf sechs Milliarden Kilowattstunden (kWh) /Jahr. Davon entfallen 3,9 Mrd. kWh auf Windkraftwerke im Ausland, 1,1 Mrd. kWh auf ausländische Wasserkraftwerke und 1,0 Mrd. kWh auf die zusätzliche Verstromung von Biomasse, Wind-, Solar-, und Wasserkraft in Kleinanlagen sowie Geothermie im Inland. Den naturbedingten Rückgang der Wasserkraft-Produktion will die Axpo stabilisieren; dies mit einigen neuen grossen Wasserkraftwerken im Inland.

o Bis 2030 plant die Axpo plant neue Gaskraftwerke mit einer Gesamtleistung von 1200 Megawatt (entspricht der Leistung des KKW Leibstadt), davon 800 Megawatt im In- und 400 Megawatt im Ausland. Zudem rechnet die Axpo damit, dass sie künftig einen Teil des Stroms aus ihren Gaskraftwerken in Italien importieren kann, um die Versorgung in der Schweiz zu sichern.

Die bestehenden Atomkraftwerke im Inland sollen bis zum Alter von 50 Jahren weiter betrieben werden, Beznau I und II also bis 2020, Gösgen bis 2029 und Leibstadt bis 2034. Das Gleiche gilt für die weitere Nutzung der AKW-Beteiligungen in Frankreich. Um die grössere Importabhängigkeit ihrer neuen Strategie auszugleichen, will die Axpo einen Teil der 21 budgetierten Investitionsmilliarden in den Ausbau des Stromnetzes stecken.

Umweltverbände kritisierten gestern die Gaskraft- und Auslandstrategie der Axpo und forderten, die Axpo sollte einen höheren Anteil an erneuerbarer Energie im Inland nutzen.


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