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Nach Drohungen und wüsten Pöbeleien wollen sich Trump und Kim zu einem Gespräch treffen © gk

Zwei Streithähne in der diplomatischen Arena

Peter G. Achten /  Die Ankündigung, dass Kim Jong-un und Donald Trump ein Treffen planen, kam völlig unerwartet. Kehrtwende oder geschickter Coup?

Noch vor kurzem drohte Marschall Kim Jong-un, die USA mit seinen Atomraketen in Schutt und Asche zu legen. Präsident Trump seinerseits stellte die totale Vernichtung Nordkoreas in Aussicht. Trump nannte Kim den «kleinen, fetten Raketenmann». Kim revanchierte sich und nannte Trump einen «senilen Greis». Kim prahlte mit seinem roten Knopf, Trump konterte umgehend, er habe einen grösseren.
Scherzende Tafelrunde
Unterdessen haben in Südkorea die olympischen «Friedensspiele Pyeongchang» stattgefunden mit – auf Initiative von Kim Jong-un – nordkoreanischer Beteiligung. Die hochrangige nordkoreanische Delegation, angeführt von Kims Schwester, hat offenbar intensiv verhandelt. Erstes Resultat: Ende April wird Südkoreas Staatspräsident Moon Jae-in mit Kim Jong-un zusammentreffen. Zudem wurde zwischen den beiden Staatsoberhäuptern eine direkte Telefonlinie installiert. Es werden die ersten Gespräche auf diesem Niveau sein nach den Jahren 2000 und 2007. Sie werden nicht wie damals in der nordkoreanischen Hauptstadt Pyongyang sondern auf der südlichen Seite der Demarkationslinie im Dorf Panmunjeon an der innerkoreanischen Demarkationslinie stattfinden. Details für die Gespräche hat eine südkoreanische Delegation in Pyongyang ausgehandelt. Das Bild einer fröhlich scherzenden Tafelrunde mit einem lachenden Kim in der Mitte ging um die Welt.
«Historischer Meilenstein»
Nach dem Treffen in Pyongyang flog die südkoreanische Delegation nach Washington, um den verbündeten USA Bericht zu erstatten. Noch vor einer Woche schrieb das nordkoreanische Parteiblatt «Rodong Sinmun»: «Nicht zufrieden damit, als erste den nuklearen Holocaust der Menschheit aufzuzwingen, wollen die USA ihre Atomwaffen modernisieren, um einen absoluten nuklearen Vorteil zu erlangen». Der Delegationsleiter und südkoreanische Sicherheitsberater Chung Eui-yong überbrachte dem amerikanischen Präsidenten einen Brief von Kim Jong-un. Die Überraschung war gross. Im Brief bot Kim dem Präsidenten nichts weniger als baldige Gespräche an: «Wenn ich Präsident Trump treffe und mit ihm spreche, wird ein grosses Resultat möglich sein.» Trumps Pressesprecherin Sanders bestätigte umgehend, der US-Präsident nehme das Angebot an. Südkoreas Präsident Moon sprach von einem «historischen Meilenstein».
«Der Frieden kommt wie der Frühling»
Der südkoreanische Delegationsleiter liess sich in Washington auch mit folgenden, bemerkenswerten Worten zitieren: «Die nördliche Seite hat klar ihr Entschlossenheit für die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel bestätigt und gesagt, das Land hätte keinerlei Grund, Nuklearwaffen zu besitzen, wenn die Sicherheit des Regimes garantiert ist und militärische Drohungen gegen Nordkorea eingestellt werden.» Der Bürgermeister der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, Park Won-soon, äusserte sich gegenüber der Onlinezeitung «Asia Times» zum Gipfel Kim–Trump schon fast euphorisch: «Das ist ein sehr gutes Zeichen für Frieden auf der koreanischen Halbinsel und in der asiatischen Region. Ich bin glücklich. Der Frieden wird kommen so wie jetzt der Frühling.»
Wo soll das Treffen stattfinden?
Das Treffen zwischen Kim und Trump ist für spätestens Ende Mai geplant. Wo es stattfinden wird, ist noch unklar. Die UNO-Stadt Genf wäre möglich, schliesslich ging Kim in der Schweiz zur Schule… Peking wäre eine andere Möglichkeit, allerdings ist das Verhältnis zwischen China und Nordkorea nicht mehr das beste, und Kim hat seit seinem Amtsantritt 2011 noch nicht Station beim engsten Verbündeten gemacht. Washington oder Pyongyang sind wenig wahrscheinlich, denn konfuzianisch gesprochen wäre jene Verhandlungspartei die stärkere, die in ihrer Hauptstadt empfängt. Aber man weiss nie. Trump liebt ja nach eigenem Bekunden Militärparaden, und darin ist Nordkorea mit grossem Abstand Weltmeister. Bleibt noch Panmunjeon, der symbolträchtige Ort an der innerkoreanischen Demarkationslinie.
Zunehmende Isolation überwinden
Nordkorea hat für die Gespräche bereits Vorbedingungen erfüllt, die noch vor drei Monaten absolut undenkbar gewesen wären: Einfrierung aller Atom- und Raketentests, Bereitschaft über Denuklearisierung zu verhandeln und vorläufige Akzeptanz der südkoreanisch-amerikanischen Frühlingsmanöver. Warum Kim jetzt derart schnell handelt und einlenkt, ist Gegenstand mannigfaltiger kontroverser Spekulationen. Nam Sung-wook, Professor für nordkoreanische Studien an der Korea Universität in Seoul, meint etwa: «Das wichtigste Motiv hinter Kim Jong-uns Schritten der letzten Zeit ist der Wille, die Schwierigkeiten der zunehmenden Isolation zu überwinden. Die Sanktionen beginnen Wirkung zu zeigen bei gleichzeitig weniger Unterstützung von China und Russland.»
Auf Augenhöhe verhandeln
Einige chinesische und westliche Kommentatoren denken dagegen, das Einlenken Kims zu Verhandlungen sei ein Zeichen der Stärke, des Selbstvertrauens. Schliesslich habe Kim Ende November sein Waffenprogramm für beendet erklärt und die Massenproduktion von A-Waffen und Raketen verkündet. Das wiederum halten viele Experten für wenig wahrscheinlich und reines Wunschdenken. Nordkorea als Atomstaat ist bereits seit zwei Jahren in der Verfassung verankert. Die jetzige Zustimmung zu Gesprächen wird auch als strategischer Schritt Kims gesehen, in den Augen des Auslandes als Nuklearstaat zu gelten. Sicher ist, Kim will mit Trump auf Augenhöhe verhandeln.
Beide Seiten stellen Forderungen
Kim hat für die Verhandlungen zwar die aus amerikanischer Sicht notwendigen Zugeständnisse gemacht. Doch für eine Einigung beider Seiten ist auch von Amerika viel gefordert. Nordkorea verlangt einen Friedensvertrag für den 1953 mit einem Waffenstillstand eingestellten Koreakrieg (1950–1953). Zudem fordert Pyongyang auch die Einstellung der südkoreanisch-amerikanischen Militärmanöver, die Auflösung des Verteidigungsbündnisses Washington-Seoul sowie den Abzug der amerikanischen Truppen aus Südkorea. Ein wichtiger Punkt sind auch Sicherheitsgarantien.
Auf der andern Seite fordern die USA von Nordkorea eine totale, unumkehrbare und verifizierbare Atomabrüstung. Das wird, auch aus innenpolitischen Gründen, schwer zu erfüllen sein. Schon oft in den letzten zwei Jahrzehnten hat Pyongyang gesagt, Nordkorea sei bereit, alle Atomwaffen aufzugeben, vorausgesetzt alle anderen Atommächte täten dasselbe. Käme ein Trump‘scher Deal dann tatsächlich zustande, würde das für Amerika auch enorm teuer. Das mausarme, heruntergewirtschaftete und von Sanktionen gebeutelte Nordkorea braucht dringend massive Aufbauhilfe.
Das Treffen birgt auch Risiken
Auch für jahrzehntelange Nordkorea-Beobachter kommt die Ankündigung eines Gipfeltreffens zwischen Kim und Trump völlig unerwartet. Sicher ist die Entwicklung zu begrüssen. Allerdings ist auch Vorsicht geboten. Beide Verhandlungsparteien misstrauen sich zutiefst. Nordkorea hat zudem eine lange Geschichte, Vereinbarungen zu brechen. Seit 1994 hat Pyongyang vieles versprochen, wirtschaftlich viel dafür erhalten, aber nur wenig eingelöst. Kim Jong-un geht ein hohes Risiko ein. Er muss seinem Volk einen allfälligen Deal als vorteilhaft verkaufen. Es wird, wenn es denn überhaupt so weit kommt, interessant sein zu verfolgen, wie die bösen amerikanischen Imperialisten dann in einem neuen, friedlichen Zeitalter in der nordkoreanischen Propaganda dargestellt werden.
Nicht weniger risikoreich wird der Gipfel für Präsident Trump. Nach den Verhandlungsphasen der Präsidenten Clinton und Bush und der «strategischen Geduld» von Präsident Obama hat nun Trump mit «strategischer Ungeduld» und «maximalem Druck» Verhandlungen erreicht. Trump sollte als Deal-Macher nicht unterschätzt werden, zumal er offenbar auf persönlicher Ebene grosse Talente hat. Mit Chinas Präsident Xi Jinping und Japans Premier Shinzo Abe pflegt er schon fast ein freundschaftliches Verhältnis. In einem Telefonat rühmte Xi bereits den «mutigen Schritt» von Trump. Sollte der Gipfel – sofern er denn tatsächlich stattfindet – ein Misserfolg sein, könnten die Konsequenzen fatal sein.
Aber Trump hat ja neben wüsten Beschimpfungen auch schon durchaus Nettes über den Fastfood liebenden Kim Jong-un gesagt. Er wolle mit Kim Burger essen gehen und diskutieren, so Trump vor einem Jahr. Wird es denn am Kim-Trump-Gipfel ein doppelter Burger mit extra Cheese, dann wäre Kim und Trump der Friedens-Nobelpreis gewiss…


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

KimJongun

Das Nordkorea von Kim Jong-un

Nordkorea rüstet auf. Ein Grossteil des Volkes lebt im Elend. China fürchtet ein Chaos. Der Westen ist ratlos.

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3 Meinungen

  • am 11.03.2018 um 18:53 Uhr
    Permalink

    Dass ein Grossteil des nordkoreanischen Volkes im Elend lebt, dieses Narrativ zieht sich seit Jahren durch die Mainstream-Medien – wohl zur Meinungsmanipulation der Öffentlichkeit und zur Hetze gegen Nordkorea. Auf die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes wird selten eingegangen. Liest man da mal etwas genauer über die Wirtschaft Nordkoreas, so entpuppt sich heute das Bild der angeblichen nordkoreanischen Bevölkerungs-Verelendung als merklich unwahr. Hier wird bewusst ein starres gesellschaftlich-wirtschaftliches Bild Nordkoreas vom Westen unentwegt unrealistisch durch die Medien gezogen. Warum das???

    Sieht ganz nach einfacher Botschaft aus – wie in Syrien: „Böser Diktator, der sein Volk schindet und schändet!! Dagegen ist doch ein Krieg alleweil gerechtfertigt.“ Tatsächlich geht es aber um die milliardenschweren Ressourcen in Nordkorea sowie um strategische Positionierung – wie auch in Syrien, die die Westmächte vereinnahmen möchten.

    China hilft auch Nord Korea nun bei der wirtschaftlichen Entwicklung
    https://geopolitiker.wordpress.com/2010/02/15/china-hilft-auch-nord-korea-nun-bei-der-wirtschaftlichen-entwicklung/

    Nordkoreas Wirtschaft boomt
    https://www.nzz.ch/wirtschaft/trotz-den-gegen-pjongjang-gerichteten-sanktionen-nordkoreas-wirtschaft-boomt-ld.1307327

    Nur wenige halten Nordkorea für ein aufblühendes Land. Doch ist das Land reich an Mineralressourcen
    https://de.sputniknews.com/wirtschaft/20170618316212512-nordkorea-billionen-dollar-erde/

  • am 12.03.2018 um 21:28 Uhr
    Permalink

    für einmal nicht das übliche – und langweilige – kim jong-un und trump bashing. danke peter achten! ein aspekt fehlt mir jedoch: präsident putin hatte vor einiger zeit in einem pressegespräch darauf hingewiesen (auf youtube abrufbar): er sagte, die nordkoreaner würden wohl eher grass fressen, als ihr atomprogramm aufgeben. denn sie hätten gesehen, was mit dem irak und lybien passiert sei. das gleiche schicksal hatten die usa (unter der regierung obama/hillary) ja auch syrien und präsident assad zugedacht, nachdem auch syrien alle chemischen waffen inkl. träger – und zwar unter internationaler kontrolle (den haag) – entsorgt hatte! ich hoffe daher für die nordkoraner, ihre regierung ist nicht so naiv und gibt ihre atomwaffen nicht leichtfertig auf. es wäre gut, wenn auch hierzulande die leute, vor allem die journalisten, in all dieser mainstream gehirnwäsche, der wir permanent ausgesetzt sind, an das denken täten, was mit dem irak, lybien und syrien passiert ist, NACHDEM sie alle abeschreckungswaffen aus den händen gegeben hatten: 2 zerstörte staaten, krieg in syrien, millionen von toten, vom rest der weiteren und andauernden zerstörungen und dem morden ganz zu schweigen! das alles gehört zwingend ins picture um nordkorea. finde ich. denn jeder staat ist besser als kein staat! ohne staat sei das leben der menschen nämlich «solitary, poor, nasty, brutish and short» schrieb der grosse thomas hobbes vor 361 jahren. hoffen wir, wenigstens den nordkoreanern bleibt das erspart!

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