Westlich von Kiew Zwei Jugendl. und zwei Kinder sterben.

Westlich von Kiew wurden am 25. Mai zwei Jugendliche und zwei Kinder bei einem russischen Angriff getötet. © SRF

Tagesschau zeigt zivile Opfer und Schäden nur in der Ukraine

Urs P. Gasche /  Über das Schicksal von Opfern und über zerbombte Wohhäuser muss informiert werden. Es gibt sie auch in russisch besetzten Gebieten.

«Einmal mehr wurde die Ukraine von heftigen Luftangriffen überzogen», berichtete die SRF-Tagesschau am 25. Mai. Westlich von Kiew wurden zwei Jugendliche und zwei Kinder getötet. Eine Frau berichtete mit bewegter Stimme über drei Einschläge hintereinander.

Medien haben die Pflicht, über den Horror von Kriegen zu berichten. Egal, ob sie, wie jetzt, viele unschuldige Opfer fordern in der Ukraine, in Gaza, im Sudan, im Kongo, in Myanmar oder in Somalia . 

Das Problem: Alle Kriegsparteien versuchen häufig erfolgreich, die Informationen zu steuern, zu kontrollieren und zu zensurieren. Es geht um die Kriegsmoral im eigenen Land und oft um das Schüren von Hass. Medien machten einschlägige Erfahrungen während der Kriege in Vietnam, Irak, Afghanistan, Jemen oder Syrien. 

Heute gibt es hochauflösende Satellitenbilder, die das tatsächliche Geschehen festhalten. Auf ihnen sind die Zerstörungen ersichtlich, die Raketen und Drohnen verursachen. Doch diese Bilder werden Medien nur selektiv zugespielt.

Von den Medien könnte man erwarten, dass sie ganz besonders während Konflikten ihre Quellen stets genau benennen und auch darüber informieren, zu welchen Informationen sie keinen Zugang haben. 

Würden sie dies tun, wäre eher nachvollziehbar, weshalb beispielsweise über zivile Opfer und Schäden in Russland und in den von Russland besetzten Gebieten kaum je informiert wird. Die ukrainische Armee, die mit modernen Waffen ausgerüstet ist, trifft nicht ausschliesslich Waffenlager, Treibstofftanks, feindliche Flugzeuge und Panzer sowie russische Soldaten.


Vorgaben des Humanitären Völkerrechts

Das Humanitäre Völkerrecht verbietet – Angreifern und Angegriffenen in gleichem Masse – Angriffe auf zivile Einrichtungen. Ganz besonders geschützt sind Einrichtungen für das Überleben wie landwirtschaftliche Kulturen, die Wasserversorgung oder Nahrungsmittelvorräte sowie Staudämme, Deiche und Atomkraftwerke.
Allerdings dürfen zivile Einrichtungen nicht als Schutzschilder für militärische Zwecke missbraucht werden.

Wahrscheinlich trifft es zu, dass russische Raketen und Drohnen in der Ukraine mehr zivile Opfer fordern und mehr zivile Einrichtungen treffen als umgekehrt die ukrainischen Gegenangriffe. Doch auch in russisch besetzten Gebieten gibt es Zivilpersonen und zivile Einrichtungen, die von ukrainischen Streitkräfte getroffen werden. Darüber dringen nur spärliche Informationen an die Öffentlichkeit.

Die Ukraine nutzt Raketendrohnen mit einer Reichweite von bis zu 700 Kilometern, US-Marschflugkörper mit einer Reichweite von bis zu 1000 Kilometern oder ATACMS-Raketen mit einer Reichweite bis 300 Kilometern.

Es fällt auf: Während oft informiert wird über die genaue Zahl von russischen Raketen und Drohnen, die in der Ukraine Zerstörungen anrichten, fehlen Angaben über die Zahl ukrainischer Raketen und Drohnen, die russisch kontrollierte Gebiete treffen.

Laut «Deutschlandfunk» hat die Ukraine im April 2025 die russischen Regionen Belgorod, Woronesch, Kursk und Lipezk sowie auch die Hauptstadt Moskau sowie die annektierte Halbinsel Krim mit Kampfdrohnen erneut angegriffen. Das berichtete die Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg. In Kursk seien mehrere Wohnhäuser in Brand geraten.

Erfahrungen aus anderen Konfliktzonen zeigen, dass auch bei zielgerichteten Angriffen zivile Gebäude – etwa durch Fehlschüsse, technische Fehler oder Abweichungen der Flugbahn – getroffen werden. Zudem können Trümmer abgeschossener Drohnen oder Raketen Schäden an Wohnhäusern verursachen.

Russische Staatsmedien, offizielle Verlautbarungen und russische Social Media verbreiten häufig, dass Drohnen- oder Raketenangriffe der Ukraine auf russischem Gebiet Wohnhäuser, Schulen, Krankenhäuser oder andere zivile Infrastruktur beschädigen oder zerstören. Weil die Angaben nicht überprüfbar sind und manchmal als Propaganda entlarvt wurden, werden sie von westlichen Medien ignoriert.

Beweis mit Satellitenaufnahmen

Satellitenaufnahmen sind ein sehr effektives Mittel, um nach Angriffen nicht nur die Zerstörung oder das Verfehlen militärischer Ziele, sondern auch Schäden an Wohnhäusern, Schulen und Spitälern zu dokumentieren. Es wurden auch mehrfach Bilder veröffentlicht, um Kriegsverbrechen und Angriffe auf zivile Infrastruktur zu beweisen.

Es gibt zwar etliche frei verfügbare Satelliten. Fast alle öffentlich zugänglichen Satellitenbilder stammen von westlichen Anbietern wie Landsat (USA) und Sentinel-Satelliten (EU). Sie haben jedoch eine begrenzte räumliche Auflösung (beispielsweise Sentinel-2 10 Meter pro Pixel), sodass kleinere Details nicht erkennbar sind. Gegen Bezahlung sind Bilder von Firmen wie Maxar oder Planet Labs erhältlich. Sie haben eine etwas bessere Auflösung.

Hochauflösende Bilder von Kriegsgebieten stehen häufig Geheimdiensten und Militärs zur Verfügung und werden nicht veröffentlicht. Die Entscheidung, welche Aufnahmen öffentlich gemacht werden, liegt bei den Anbietern und den zahlenden Kunden – häufig Regierungen oder militärische Stellen. So hatten beispielsweise US-Behörden der Ukraine den Zugang zu bestimmten Satellitenbilddiensten zeitweise gesperrt.

Das gilt nicht nur für die USA und die Nato, sondern auch für Russland. Moskau kontrolliert die Veröffentlichung von Informationen über Schäden im eigenen Land streng. Unabhängige Journalisten und internationale Organisationen haben kaum Zugang. Detaillierte oder überprüfbare Schadensberichte veröffentlichen die russische Behörden selten.

Aus Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung geht hervor, dass die Ukraine und ihre Verbündeten über russische Angriffe auf zivile Ziele bevorzugt informieren, um Regierungen und die Öffentlichkeit für die Unterstützung der Ukraine zu mobilisieren.


Nichts rechtfertigt den russischen Angriffskrieg

upg. Auch wenn sich Russland von der Nato eingeschnürt fühlte, war Russland existenziell nicht bedroht. Angegriffen wurde Russland schon gar nicht. Deshalb gibt es nichts, das den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine rechtfertigt.

Russland ist dafür scharf zu verurteilen. Doch bei den Informationen über das Kriegsgeschehen sollten die Medien zu ihrem Halbwissen stehen, eine sachliche Sprache verwenden, Quellen genau angeben und auf Informationslücken hinweisen. Gerade bei Konflikten steht die Glaubwürdigkeit der Medien auf dem Spiel.

Weiterführende Informationen

  • Open-Source-Intelligence (OSINT) Community: Organisationen wie Amnesty International veröffentlichen regelmässig Satellitenbilder, um Angriffe auf zivile Ziele oder Kriegsverbrechen zu dokumentieren. Solche Bilder sind oft in Berichten und auf den Websites der Organisationen frei einsehbar.
  • Kostenlose Satellitenbilddienste: Programme wie Copernicus (Sentinel-Satelliten der EU) oder Landsat (USA) bieten niedrig aufgelöste, aber regelmässig aktualisierte Erdbeobachtungsdaten, die auch Kriegsgebiete abdecken. Diese Daten sind über die jeweiligen Portale frei zugänglich, zeigen jedoch weniger Details als kommerzielle Bilder.
  • Live-Satellitenbilder: Es gibt Online-Plattformen, die Live- oder nahezu Echtzeit-Satellitenbilder bereitstellen. Die Auflösung ist dabei allerdings meist gering und reicht nicht für detaillierte Analysen von Schäden oder Truppenbewegungen aus.

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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3 Meinungen

  • am 27.05.2025 um 13:56 Uhr
    Permalink

    In den letzten Monaten machte die Ukraine fast täglich Schlagzeilen mit Drohnenschlägen tief im russischen Hinterland. Es sind alles Städte: Kasan, Saratow, Engels, Rostow, Woronesch, Belgorod, Kursk und Moskau. Ausserdem dürfen auch die 14000 zivilen Opfer in den östlichen Oblasten und den heutigen Volksrepubliken Donezk und Lugansk während dem Bürgerkrieg, die ab 2014 von der Ukrainischen Armee getötet wurden, dazu gezählt werden.

  • am 27.05.2025 um 16:25 Uhr
    Permalink

    Es ist völlig unpassend, wie hier geschrieben wird, als sei das einfach ein Krieg zwischen zwei Staaten, der irgendwann aus unbekannten Gründen angefangen hat.
    Russland hat die Ukraine militärisch überfallen. Russland könnte seine Aggression einstellen und seine Truppen auf eigenes Staatsgebiet zurückziehen.
    Natürlich sind russische Opfer auch schlimm. Aber beklagen sollten sie sich – bei Putin!

  • am 27.05.2025 um 17:49 Uhr
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    Wikipedia – Rundfunkpropaganda im Zweiten Weltkrieg: «Die wöchentlichen, …. ausgestrahlten Berichte in der „Weltchronik“ von Jean Rudolf von Salis über den Schweizer Sender Beromünster galten Millionen von Hörern in Mitteleuropa als objektive Beurteilung der politischen und militärischen Lage in Europa.»
    Sehr beachtenswerte Hauptzeile des Artikels: «Tagesschau zeigt zivile Opfer und Schäden nur in der Ukraine»
    Könnte hypothetisch die Möglichkeit bestehen, dass die bestimmenden Grossmedien-Meinungsmacher den Glauben haben könnten, die Bevölkerung muss mit Propaganda gefüttert werden, damit die Hoffnung nicht verloren geht, die Ukraine muss und wird Russland besiegen. Und so könnte man möglicherweise im inszenierten Propaganda-Endlos-Siegesrausch vergessen haben, dass es ein Vorbild gibt, wie man die Bevölkerung sachlich-objektiv über die reale politische, militärische Lage informiert: Jean Rudolf von Salis und seine «Weltchronik.»
    Gunther Kropp, Basel

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