Kommentar

Kriegsmaterial aus der Schweiz für Saudi-Arabien

Beat Allenbach © zvg

Beat Allenbach /  Ein Offener Brief an Bundespräsident Johann Schneider-Ammann zu den kürzlich bewilligten Rüstungsexporten an Länder im Nahen Osten.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident

Es ist für viele Bürgerinnen und Bürger unerträglich, dass der Bundesrat am 20. April 2016 erlaubt hat, Waffen für rund 178 Millionen Franken in den Nahen Osten zu liefern, obwohl dort Kriege geführt werden. Die Verordnung zum Kriegsmaterialgesetz schreibt bekanntlich vor, dass an Länder, die in Kriege verwickelt sind, keine Waffen aus der Schweiz geliefert werden dürfen. Nun führen jedoch Saudi-Arabien wie auch weitere Länder, die Waffen erhalten, vor allem im Jemen und in Syrien blutige Kriege.

Überdies werden die Menschenrechte in Saudi-Arabien, auch in andern Ländern, die jetzt Waffen aus der Schweiz erhalten, systematisch und schwerwiegend verletzt, was eigentlich Waffenlieferungen ausschliessen sollte. Die blutigen Konflikte in verschiedenen Ländern des Nahen Ostens vertreiben nicht nur Tausende, sondern Millionen Menschen aus ihren Dörfern und Städten. Zerstörte Siedlungen bleiben zurück, während die Menschen in andere Landesteile und ins Ausland flüchten. Es klingt wie bitterer Hohn, wenn Sie hervorheben, dass der Bundesrat die Ausfuhr von Handgranaten nach Saudi-Arabien abgelehnt habe, weil sie von den Saudis im Krieg in Jemen hätten eingesetzt werden können. Auch Kriegsmaterial für die Flugabwehr ist für einen kriegführenden Staat wichtig, denn Waffen, die nicht direkt dem Angriff dienen, bedeuten ebenfalls eine willkommene Unterstützung für einen Staat, der Krieg führt.

Indirekt helfen die Waffen aus der Schweiz mit, Kriege zu führen und Kriege zu verlängern, die Zahl der Flüchtlinge zu erhöhen. Der Bundesrat darf solche Folgeerscheinungen nicht ignorieren – er kann den Kopf doch nicht in den Sand stecken. Ist das nicht Grund genug, den schweizerischen Waffenproduzenten die Ausfuhr zu verbieten? Arbeitsplätze schützen ja, aber nicht um jeden Preis!

Mit Bezug auf Saudi-Arabien ist das devote Entgegenkommen des Bundesrats besonders verfehlt. In diesem Wüstenstaat ist der ultrakonservative Islam der Wahhabiten die bestimmende und vom Staat geförderte Religion. Es gibt keine Religionsfreiheit, christliche Kirchen sind verboten, es werden immer noch Todesstrafen öffentlich vollstreckt und Bürger werden weiterhin zur Strafe öffentlich ausgepeitscht. Doch nicht genug: von Saudi-Arabien aus wird seit Jahrzehnten in vielen Ländern, auch in der Schweiz, ein extrem konservativer Islam auch finanziell unterstützt. Der wahhabitische Islam ist extrem traditionalistisch und dem saudischen Königshaus eng verbunden; jedes Aufbegehren gegen dieses wird als Verbrechen verfolgt. Der saudische Islam ist gegen aussen zwar nicht gewalttätig, doch ist es kein grosser Schritt von einem extremistischen zu einem gewalttätigen Islam. Dieser bereitet nicht nur europäischen Ländern grosse Sorgen und Angst vor Attentaten.

Weshalb beachtet der Bundesrat diese Zusammenhänge nicht? Nur weil Saudi-Arabien und Nachbarstaaten im Öl und im Geld schwimmen? Der Bundesrat, dem die Unabhängigkeit der Schweiz und die Menschenrechte viel bedeuten, sollte zu solchen menschenverachtenden Diktaturen mehr Distanz halten und die Kriegsmaterialverordnung nicht so interpretieren, dass auch Waffenlieferungen an kriegführende Staaten möglich sind.

Meiner Meinung nach, sehr geehrter Herr Bundespräsident, ist das nicht zuviel verlangt.

Für Ihre Aufmerksamkeit danke ich Ihnen im voraus.

Mit freundlichen Grüssen
Beat Allenbach


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

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Der Krieg in Jemen

Die von den USA unterstützte saudische Koalition hat gezielt die Infrastruktur des armen Landes zerstört.

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Saudi-Arabien: Mächtiger Terrorstaat

Der grösste Finanzierer von Terrorismus im Ausland. Im Inland ein fundamentalistischer Unterdrückungsstaat.

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7 Meinungen

  • am 26.04.2016 um 12:41 Uhr
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    Es bleibt angesichts der systematischen Lügenkultur der CH-Regierung ein Traum; aber es wäre nur ehrlich, wenn Schneider-Ammann mit seinen Vasallen und das Parlament dem Schweizer Fussvolk, das ihnen und ihrer Entourage mit seinen Steuern den ganzen käuflichen Politapparat finanziert, endlich mal zugeben würden, dass das Märchen von der Schweiz, die den Traditionen der Humanität verpflichtet sei und das gebetsmühlenartig endlos strapazierte Geschwafel über die Neutralität, Verfassungstreue, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unseres wunderbaren Vaterlandes , Lug und Trug ist. Die Schweizer Waffenexporte sind aktive Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit; durch ihr unterwürfiges, peinliches „hösele“ für CH- Rüstungsindustrie solidarisiert sich jedes einzelne SIK-Mitglied, jeder Bundesrat und jeder Parlamentarier mit den Verbrechern, die mit ihren, vom Seco abgesegneten Exporten von Munition, Flugzeugen und Kriegsmaterial für Tausende verstümmelter und toter Zivilisten, Kinder und Frauen Mitverantwortung tragen und solidarisch zur Rechenschaft gezogen werden müssen

  • am 26.04.2016 um 14:58 Uhr
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    Ich erwarte mit grossem interesse die antwort von herrn budespraesident Johann Schneider-Amman!

  • am 26.04.2016 um 15:59 Uhr
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    Im Brief unerwähnt ist die vermutlich primäre Motivation für diese Bewilligungspraxis: Wo kämen wir mit unserer eigenen Waffenindustrie hin, wenn wir unsere ethischen Vorsätze strikte befolgen würden! Und zudem würden dann ja einfach andere diese wertvollen Aufträge bekommen und erfüllen! Unsere Exportindustrie würde wertvolle Kunden und Marktanteile verlieren, die Gewinnaussichten würden schrumpfen, und das würde damit unser höchstes Gut gefährden.
    Deshalb ist eine echte freie Marktwirtschaft so wichtig, damit die gesunden Selbstregulierungskräfte der Industrie die überrissenen Forderungen durch Ethik, Menschenrechte und Neutralität in Zaum halten können.

  • am 26.04.2016 um 16:20 Uhr
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    Krieg wird es immer geben, so ist der Mensch. Und die Idee einen besseren Menschen zu machen endete noch immer in Krieg. Kommt dazu, dass im Namen des rechten Glaubens mehr Menschen umgebracht wurden als für alles Gold der Erde. Entscheidend sind nicht völlig belanglose Waffenlieferungen aus der Schweiz. Entscheidend wäre die Erkenntnis warum die Kriege in der islamischen Welt inszeniert wurden. Die damit ausgelöste Völkerwanderung soll Europa destabilisieren und seine Kultur zerstören. Nachzulesen in «1984» von G. Orwell. Ich sehe nur eine realistische Konsequenz: si vis pacem para bellum.

  • am 26.04.2016 um 18:27 Uhr
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    Danke Herr Allenbach! – ich stimme völlig überein.
    Als «Krieg» müsste auch die Unterdrückung des eigenen Volkes in wahabitischen Gottesstaaten verstanden werden, Krieg gegen das eigene Volk! Da ist auch schon die Lieferung von Pistolen für die Religions-Polizei ein Verrat unsrer deklarierten Tugend und BV-Grundsätze.
    Ich glaube nicht, dass Waffenexporte an Diktaturen helfen, unser Land souveräner zu machen oder wenigsten das Niveau zu halten.
    Ob Wirtschafts-Enthusiasten oder Gewerkschaftsideologen, es bring ganz gewiss kein Glück an Gangster Waffen zu liefern! Die Logik der Gewinnmaximierung ist natürlich, als potentielles Opfer, dem potentiellen Mörden wenigstens die Waffe verkaufen zu können, schlimm, wenn dies an anderer Idiot tun dürfte….
    Dann geht es auch um Problembewirtschaftung: Waffen «produzieren» Flüchtende. Wo wären gewisse Parteien ohne diese Völkerwanderung???

  • am 26.04.2016 um 19:28 Uhr
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    Ich unterstütze diesen Brief von Beat Allenbach voll und ganz.
    Der Bundesrat erlaubt Kriegsmaterialexporte in Länder, die an bewaffneten Konflikten beteiligt sind. Dies ist eine krasse Verletzung der Kriegsmaterialverordnung und des Kriegsmaterialgesetzes. Nicht nur erlaubt er jetzt ausdrücklich Rüstungsexporte an das islamisch-fundamentalistische Regime in Saudiarabien das im Jemen Krieg führt, sondern auch nach Ägypten, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate und an Nato Staaten wie die USA, Grossbritannien und Frankreich und an andere Staaten die sich an Kriegen auf dem Balkan, in Afghanistan, im Irak, in Libyen beteiligten und jetzt wieder am Krieg in Syrien. Laut der offiziellen Statistik des Bundes exportierte die Schweiz von 1975 – 2015 für 17,113 Milliarden Franken Kriegsmaterial. (15.58 Milliarden Euro) Verkauft wurden diese Rüstungsgüter zu einem grossen Teil an kriegführende Staaten, in Spannungsgebiete, an menschenrechtsverletzende Regimes und an arme Länder in der Dritten Welt, in denen Menschen hungern. In den 17,113 Milliarden Franken sind die besonderen militärischen Güter nicht eingerechnet, die ebenfalls exportiert wurden.

    Siehe auch: «Kriegsmaterialexport: Beihilfe zum Mord und Produktion von Flüchtlingen“
    http://ifor-mir.ch/kriegsmaterialexport-beihilfe-zum-mord-und-produktion-von-fluchtlingen/i

  • am 27.04.2016 um 05:24 Uhr
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    Ausfuhr von Kriegsmaterial aus der Schweiz verbieten!

    Waffen liefern und dann erstaunt sein, dass sie in falsche Hände geraten, ist eine verlogene Haltung, die einmal bös bestraft werden wird, wie beim Bankgeheimnis! Die Flüchtlingsströme sind die sichtbarsten Zeichen dieses unheilvollen Geschäfts. Die Kriegsmaterialausfuhr ist eine Schande für das Rotkreuz-Ursprungsland Schweiz!

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