1Unbenannt

NZZ: Gifteleien statt Informationen. © Bildschirmfoto NZZ

NZZ giftelt gegen Hilfswerke. Wenn schon, dann gegen Bauern!

Marco Diener /  Die NZZ kritisiert die Hilfswerke dafür, dass sie Politik mit Bundesgeldern machen. Von den Bauern spricht sie nicht.

«1,2 Milliarden Franken für Hilfswerke. So viel hat der Bund 2017 bis 2020 an Schweizer Nichtregierungsorganisationen gezahlt», berichtete die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) kürzlich. Das Problem sei, dass sich Hilfswerke zunehmend in die Politik einmischen würden. So habe Solidar-Suisse Bundesbeiträge in die Abstimmungskampagne für die Konzernverantwortungsinitiative gesteckt. 24’000 Franken seien es gewesen.

300 Millionen pro Jahr

Leider schafft die NZZ damit nicht unbedingt Klarheit. Eigentlich hätte sie schreiben können, dass die Nichtregierungsorganisationen 300 Millionen Franken jährlich erhalten. Viel Geld ist das natürlich auch so noch. Die NZZ hätte auch erwähnen können, dass nicht jede Nichtregierungsorganisation ein Hilfswerk ist.

Stattdessen giftelt die NZZ: «Ein Gutteil der Hilfswerke und Co. betreibt neben ihrer eigentlichen Arbeit auch politischen Aktivismus und hat sich zu einem Machtfaktor entwickelt. Selber stellen sie sich zwar gerne als Kämpfer für das Gute, für das Soziale, für das moralisch Richtige dar. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um eine hervorragend vernetzte Lobby handelt, die im Bundeshaus über enormen Einfluss verfügt und durchaus auch Eigeninteressen verfolgt.»

«Verlängerter Arm der Linksparteien»

Und weil es offenbar noch nicht reicht – mit den Gifteleien –, fährt die NZZ fort: «Auch wenn sie sich an die Vorgaben halten und die Geldflüsse korrekt sind, viele hiesige Nichtregierungsorganisationen sind heute die verlängerten Arme der Linksparteien.»

Die NZZ findet: «Auch wenn eine Nichtregierungsorganisation ausweisen kann, dass sie ihre politische Werbung mit den Spenden bezahlt (erlaubt) und nicht mit den Bundesmitteln (verboten), so ist ein solches Vorgehen allemal fragwürdig.»

Der Meinung der NZZ kann man in guten Treuen durchaus sein – dass Hilfswerke ihre politischen Kampagnen weder mit Bundesgeldern noch mit Spenden finanzieren sollten. Es sei denn, die Spendengelder seien genau dafür gesammelt worden.

Und die Bauern?

Aber warum kritisiert die NZZ nicht andere Interessengruppen? Dafür böten sich zum Beispiel die Lobbyorganisationen der Bauern an. Der Bund steckt jährlich 3,6 Milliarden Franken in die Landwirtschaft. Oder nach der Rechnungsmethode der NZZ: fast 15 Milliarden Franken in vier Jahren.

Jährlich gehen über 60 Millionen Franken an Verbände und Organisationen zwecks «Absatzförderung Inland, Exportförderung und ergänzende Kommunikationsprojekte». Einer der Nutzniesser ist der Bauernverband.

Kantone treiben Mitgliederbeiträge ein

Der Bauernverband profitiert auch sonst von Bund und Kantonen. Viele Kantone treiben die Mitgliederbeiträge für den Bauernverband ein, indem sie diese den Bauern gleich von den Direktzahlungen abziehen. Der Kanton Thurgau lässt sich diese Dienstleistung neuerdings immerhin mit 6500 Franken abgelten.

Mitgliederbeiträge entrichten die Landwirte dem Bauernverband nicht nur pro Hof, sondern auch pro Nutztier. Das Inkasso übernimmt praktischerweise die Firma Identitas, die mehrheitlich dem Bund gehört. Sie leitet einen Teil der Gebühr für die obligatorischen Ohrmarken an den Bauernverband weiter. Sogar von Bauern, die gar nicht Mitglied des Bauernverbandes sind.

«Verlängerter Arm der Rechtsparteien»

Nun könnte man ja, wenn man sich der Ausdrucksweise der NZZ bedienen will, durchaus auch finden,

  • dass der Bauernverband «politischen Aktivismus» entwickle,
  • dass er «zu einem Machtfaktor» geworden sei,
  • dass er Teil «einer hervorragend vernetzten Lobby» sei,
  • dass er «im Bundeshaus über enormen Einfluss» verfüge
  • dass er «Eigeninteressen» verfolge
  • und dass er «der verlängerte Arm der» – hier ist eine kleine Korrektur nötig – «Rechtsparteien» sei.

NZZ spielt auf den Mann

Die NZZ lässt es sich in ihrem Rundumschlag auch nicht nehmen, auf den Mann zu spielen. Der Mann heisst Carlo Sommaruga. Er ist SP-Ständerat aus dem Kanton Genf und zittert gegenwärtig um seine Wiederwahl. Sommaruga ist auch Präsident von Solidar-Suisse. Die NZZ schreibt: «Sein bezahltes Mandat als Präsident von Solidar-Suisse bekommt Sommaruga (zumindest indirekt) auch von den Steuerzahlern.»

Steuergelder seien – wie bereits erwähnt – auch in die Kampagne für die Konzernverantwortungsinitiative geflossen. Und nun trumpft die NZZ mit einer regelrechten Enthüllung auf: «Sommarugas Vater sass im Initiativkomitee. Damit schliessen sich mehrere Kreise gleichzeitig.» Welche Kreise das sind, schreibt die NZZ nicht.

20 Bauern und Bäuerinnen im neuen Nationalrat

Infosperber schreibt im Gegenzug, in welchem Bereich die NZZ auch auf den Mann spielen könnte. Oder sogar auf eine ganze Reihe von Männern und Frauen. Im Nationalrat sassen bisher 12 Bauern und Bäuerinnen. Im neuen Nationalrat werden es deren 20 sein. Und hinzu kommen noch 30 Nationalräte und Nationalrätinnen, die den Bauern nahestehen, wie die Tagesschau von SRF berichtete. Das ist ein Viertel der Grossen Kammer.

Nun ist es so, dass der Bund den Bauern Direktzahlungen ausrichtet. Ein durchschnittlicher Bauernbetrieb erhält auf diesem Weg etwa 80’000 Franken pro Jahr. Einen schönen Teil ihres Lohns bekommen die Bauern also vom Staat. Und trotzdem politisieren sie. Genau wie Carlo Sommaruga. Aber das scheint die NZZ nicht zu stören.

Und die Pharma?

Die NZZ hätte auch nicht zwingend auf den Bauern herumhacken müssen. Sie hätte auch darüber berichten können, dass die Pharmaindustrie von staatlich bezahlter Grundlagenforschung profitiert und von staatlich festgelegten Medikamentenpreisen. Wochenzeitung und «Public Eye» taten das. Obwohl sie vom Staat profitiert, hält sich auch die Pharmabranche in politischen Fragen nicht zurück. Kürzlich hat sie die «Initiative für eine medizinische Versorgung ohne Sorgen» lanciert. Auch aus dem von der NZZ eigentlich kritisierten «Eigeninteresse».


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
_____________________
Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

Frderung_Subventionen

Konzerne kassieren Subventionen

Freier Markt? Milliarden an Steuergeldern für Grossbanken, Industrie- und Landwirtschaftskonzerne.

Zeitungen_1

Kritik von Zeitungsartikeln

Printmedien üben sich kaum mehr in gegenseitiger Blattkritik. Infosperber holt dies ab und zu nach.

Kuh

Landwirtschaft

Massentierhaltung? Bio? Gentechnisch? Zu teuer? Verarbeitende Industrie? Verbände? Lobbys?

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

3 Meinungen

  • Portrait_Felix_Schneider
    am 25.10.2023 um 11:28 Uhr
    Permalink

    Diese «Gifteleien» sind Teil einer umfangreichen und wichtigen Kampagne. Die NZZ artikuliert regelmässig den Schrecken, der den Bürgerlichen in die Glieder gefahren ist, weil die Konzernverantwortungsinitiative fast angenommen wurde. Eine der vielen vorgeschlagenen Massnahmen zur Wiederherstellung der offenbar als bedroht empfundenen bürgerlichen Vorherrschaft vor allem in wirtschaftlichen Dingen ist die Kastration der NGOs. Da eine wesentliche Ursache für die Ausbeutung der armen Länder hierzulande zu finden ist, in unserem Wirtschaftssystem und unseren Mentalitäten, bedroht die Forderung nach Politikabstinenz der NGOs Aufklärung und Fortschritt entscheidend.

  • am 25.10.2023 um 12:59 Uhr
    Permalink

    – – Wohl etwa die Hälfte des jährlichen Landwirtschaftsbudgets kommt nicht den Bauern zugute, sondern wird vom Parasit Verwaltungsmoloch abserviert.
    – Die Bauern würden gerne auf einen Teil der Direktzahlungen verzichten, wenn sie für ihre Produkte faire und kostendeckende Preise erhalten würden. Die Direktzahlungen sollten – wie ursprünglich angedacht – ausschliesslich gemeinwirtschaftliche Leistungen der Landwirtschaft abgelten.
    – Dass die Agrarlobby der verlängerte Arm der Rechtsparteien ist, kann seit der Allianz des SBV mit den Wirtschaftsverbänden definitiv nicht mehr geleugnet werden. Auch, dass die kt. Landwirtschaftskammern dem SBV einen Beitrag pro ha landw. Nutzfläche abliefern, ist kein Geheimnis. Was an diesem System stört, ist, dass eine unabhängige bäuerliche Organisation wie Uniterre, die sich nicht weniger für die produzierenden Bauern einsetzt, keinen Rappen sieht von all diesen Millionen, die da fliessen.
    – Auch die NZZ kassiert via Presseförderung Bundesgelder.

  • am 25.10.2023 um 18:47 Uhr
    Permalink

    Die Milliarden-Subventiosnjäger werden mit der noch massiveren Vertretung im Parlament noch einfacher zu ihren stolzen Direktzahlungen gelangen. Die armen Bauern!

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...