Sperberauge

Covid-Kehrtwende beim «Blick»

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

Urs P. Gasche /  «Beibehaltung der Corona-Massnahmen könnte gefährlich sein», titelte der «Blick» am 31. Januar. Vorbei der Ruf des Scharfmachers.

«Beibehaltung der Corona-Massnahmen könnte gefährlich sein»: Ein solcher oder ähnlicher Titel war bis Ende letzten Jahres im «Blick» nie zu lesen. Unter diesem Titel informierte die Zeitung am 31. Januar 2022 über Experten des norwegischen Instituts für Volksgesundheit FHI, welche die Aufhebung aller Schutzmassnahmen fordern, solange die Impfungen noch wirksam sind. So lange nämlich gehe fast niemand das Risiko einer schweren Erkrankung ein. Für doppelt oder dreifach geimpfte Personen sei es das Beste, sich möglichst rasch von Omikron anstecken zu lassen. Denn der Schutz durch die Impfung nehme mit jeder Woche wieder etwas ab.

Bis zu drei Viertel aller Einwohner würden sich in diesem Winter ohnehin mit dem Coronavirus infizieren. Mit harten Massnahmen könne man den Prozess zwar verlangsamen, aber nicht stoppen. Die Massnahmen aufrechtzuerhalten, sagen die FHI-Experten, könnte sogar gefährlich sein. Die Restriktionen machten die Situation für bestimmte gefährdete Personengruppen sogar «wahrscheinlich schlimmer», als wenn man der Pandemie ihren natürlichen Lauf liesse. 

Es ist ungewohnt und kommt einer Kehrtwende gleich, dass «Blick» über diese Aussagen der norwegischen FHI-Experten informiert. Denn bis Ende letzten Jahres unterstützte «Blick» auffällig häufig die Politik des Bundesrates. Und wenn er sie kritisierte, was ebenfalls häufig vorkam, dann immer im Sinn, dass die Massnahmen zu spät kämen und viel zu wenig weit gingen. Mit Reportagen über Einzelschicksale und aus Spitälern schürte «Blick» bei der Leserschaft eine Stimmung der Angst.

Zum Jahreswechsel wurde bekannt, dass Ringier-CEO Marc Walder am 21. Februar 2021 erklärt hatte: «Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung, [so] dass wir alle gut durch die Krise kommen.» Diesen Leitsatz habe er allen Redaktionen in seinem internationalen Reich mitgeteilt.

Just seit Anfang 2022 bekamen einige Titel im «Blick» eine andere Schlagseite:

«Corona-Spitaleinweisungen sind tiefer als gemeldet» (7. Januar)
«Omikron ist doch nicht gefährlich für Kinder» (7. Januar)
«Omikron-Welle zieht an Intensivstationen vorbei» (22. Januar)
«Lockere Corona-Politik zahlt sich aus» (22. Januar)

Natürlich informierte «Blick» auch über Probleme:

«Jeder Fünfte leidet unter Long-Covid» (5. Januar)
«14 Millionen müssen zum Massentest» (10. Januar)
«Infizierte müssen ihre Kontakte selber alarmieren» (13. Januar)

(Quelle: Mediendatenbank)


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Keine
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7 Meinungen

  • am 2.02.2022 um 11:22 Uhr
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    Nana, was ist denn bloss mit unserem willigen Blick los? Wagen wir einen kühnen Blick in die Zukunft: der Chefredaktor dieser Zeitung wird in Bälde sein Bedauern äussern über die unverhältnismässige Bundesratstreue seiner Zeitung und im gleichen Atemzug eine amtliche Untersuchung fordern, wie der gute Herr Walder sich so sehr ins Zeug legen und jede Zurückhaltung betreffend seines Intimfreundes im Bundesrat fahren lassen konnte.
    Dann können wir sicher in allen bisherigen Mainstream-Zeitungen lesen, dass ab sofort wieder kritische Leserbriefe – auch gegenüber der eigenen Zeitung – veröffentlicht würden.
    Und eben dieser ganze Geschichtsmythos betreffend der kühnen Behauptung der «wissenschaftlichen Beweise» der Taskforce, mit denen sie den Bundesrat zum Bruch der Verfassung und der Aufhebung der Freiheitsrechte von vielen Schweizerinnen und Schweizern muss sorgfältig von echten Wissenschaftern geprüft werden. Wenn es sich zeigt, dass unter diesem Deckmäntelchen einfach Bestimmungen der Pharmaindustrie übernommen und als eigene Forschungsergebnisse getarnt wurden, muss aufgeräumt werden. Da diese Untersuchungen zeit- und personalintensiv sein werden, bezahlt das Militärdepartement alles, denn schliesslich geht es hier um die Verteidigung unseres Landes gegenüber fremden – blind aus dem Ausland übernommenen Behauptungen und perfiden Angriffen gegen «Impfverweigerer» und Wiedergutmachungszahlungen für die Geschädigten.

  • am 2.02.2022 um 11:42 Uhr
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    Das Wesen des Boulevard-«Journalismus» war immer schon opportunistisch. So gesehen lag der Walder-Gerneralmobilmachung eher ein Kalkül bezüglich der Verkaufs- und Klickzahlen zugrunde als das Wohl der Bevölkerung. Wäre letzteres der Fall, müssten beispielsweise Schlagzeilen wie etwa «Auftauender Permafrost: Berggebiete unbewohnbar» oder «Wegen Immobilienblase: Tausende auf der Strasse» oder «Klima: Bundesrat muss Besondere Lage ausrufen» schon längst die Titelseiten beherrschen. Eine – konstruktive – Variante könnte auch sein: «Autofahren verboten: GA für alle gratis». Träumen darf man doch, oder?

  • am 2.02.2022 um 14:35 Uhr
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    In den sechzigern und siebzigern des letzten Jahrhunderts war für die Schweizer Bevölkerung klar, dass der Blick eine sensationslüsterne Boulevard Zeitung ist. Man hätte sich damals nicht vorstellen können dass eines Tages Interviews mit Bundesräten und Chefinnen des Gesundheitsministeriums darin zu finden wären. Es ist nicht so, dass sich inzwischen der Inhalt grundlegend verändert hat, Ausnahme sind besagte Interviews, die man als verantwortungsvoller Schweizer ja ernst nehmen MUSS. Der Blick erfährt dadurch vielleicht eine gewisse Aufwertung, vor allem als mögliches Instrument zur Manipulation der Volksmeinung, inhaltlich geht es aber immer noch um Sensationen, und dazu ist Linientreue unnötig, ja geradezu hinderlich. Ob pro oder contra, ein Sensationsblatt ist eine denkbar schlechte Quelle für Informationen und durch die Torheit unserer Behörden sich im Blick zu Wort zu melden erhält das Blatt einen irreführenden Anstrich von Seriosität.

  • am 3.02.2022 um 10:58 Uhr
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    Der Artikel ist in doppelter Hinsicht sehr interessant:
    1. Es scheint tatsächlich so, dass langsam der Wind dreht. Der Blick ist gewissermassen das Fähnlein, welches dies anzeigt.
    2. Die These aus dem norwegischen Institut für Volksgesundheit muss unbedingt ernst genommen werden. Bisher galt es immer als ausgemacht, dass harte Massnahmen Menschenleben retten, während die Forderung nach mehr Selbstverantwortung Menschenleben koste. «Pro Life» gegen «Pro Choice», gewissermassen. Es ist überfällig, diese zu einfache Sichtweise aufzugeben und sich zu fragen, wie der Übergang in den endemischen Zustand am besten gelingt.

  • am 3.02.2022 um 22:04 Uhr
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    Zur Zensur bei den zu mit zusätzlichen Subventionen zu entschädigenden Medienkonzernen: bei der Finanz und Wirtschaft wurde Peter Morf entfernt und ihm nicht mehr erlaubt kritisch über Coronamassnahmen zu kommentieren. Dies wurde mir sowohl von der FuW Redaktion wie auch von Peter Morf per mails direkt bestätigt.

  • am 4.02.2022 um 07:18 Uhr
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    Das Schockierende an dieser Situation ist ja nicht, dass einzelne Zeitungen wie der «Blick» sich zum Megaphon einer bestimmten Propagandamaschine macht. Es ist der Gleichschritt, in dem Print, Online-Medien und die öffentlich-rechtlichen Medien marschieren. Hier in Deutschland extrem krass zu beobachten, eine regelrechte Gehirnwäsche:
    Fakten, die der Einheitsmeinung widersprechen, werden unterdrückt. Kritische Fachleute kommen nicht mehr zu Wort. Selbst Youtube, das ja jeden Mist verbreitet, löscht Beiträge wie die Filme von Haditsch. Sie werden stattdessen als «Fake Facts» denunziert, ohne sich damit kritisch auseinander zu setzen. Ärzte, die nicht impfen, verlieren ihre Zulassung! Kritischen Professoren (z.B. Alexander Kekulé, wiewohl der nur sanft kritisiert) die Habilitation entzogen.
    In die Talk-Shows werden nur noch Regierungstreue eingeladen, kritische Leserkommentare werden sowieso wegzensiert.
    Selbst der deutsche Bundeskanzler erdreistet sich, auf die Sachfrage eines (AfD-)Abgeordneten (kommt auch vor) mit wüsten Beschimpfungen zu antworten – im Plenum des Bundestags!!!
    Und in der Russland/Ukraine-Angelegenheit machen die Medien den Scharfmacher. Waffen müsse man an die Ukraine liefern, Drohungen an Russland schicken. RT wird gesperrt (sehe das zwar selbst fast nie).

    Einer der wenigen Lichtblicke ist der Infosperber. Wie könnte Ihr Euch das leisten?

  • am 7.02.2022 um 08:58 Uhr
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    Meiner Meinung nach haben beinahe alle grossen Medienportale während dieser «Pandemie» vollkommen versagt. Die Berichterstattung war oberflächlich, unkritisch, einseitig bis «sinnbefreit» .. und der Vertrauensverlust wohl erheblich. Dass nun die ersten Medienhäuser sich in Schadenbegrenzung versuchen macht die Sache nicht besser.

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