Kommentar

Bei SRF arbeiten Angsthasen

Rainer Stadler © zvg

Rainer Stadler /  Eine Sendung des Schweizer Fernsehens über staatliche Medienhilfe ist ausgeartet. Das ist kein Zufall.

Die «Club»-Sendung über das Mediengesetz hat heftige Reaktionen ausgelöst. Die Kritiker waren verärgert darüber, dass nicht diskutiert, sondern «gebrüllt» worden sei; die Aussagen der Teilnehmer seien kaum noch verständlich gewesen. Nach der Ausstrahlung schrieb die Moderatorin, Barbara Lüthi, auf Twitter, dass die Sendung nicht so verlaufen sei, wie sie sich das gewünscht hätte. Und: «Im Sinne einer konstruktiven Diskussion hätte ich härter durchgreifen müssen.»

Selbstkritik macht sich immer gut. Aber war es bloss ein kleines handwerkliches redaktionelles Missgeschick in der Hitze eines Gefechts? Nein. Es lag an der Auswahl der Gäste. Im Vorfeld kündigte Lüthi an, man veranstalte eine Diskussion unter «Vertreterinnen und Vertreter der Medienbranche». Da stellt sich die Frage, warum der Freiburger Medienprofessor Manuel Puppis eine Einladung bekam. Seine Kompetenzen sind unbestritten, aber er zählt nicht zur Medienbranche, sondern ist einer ihrer professionellen Beobachter.

Ferner: Im Studio sassen «Nebelspalter»-Chefredaktor Markus Somm und Philipp Gut, der als Geschäftsführer eines Referendumskomitees gegen das Mediengesetz kämpft. Gut kommentiert und referiert das Thema im «Nebelspalter», in der Rolle eines Autors. Seine politische Funktion wird dort nicht transparent gemacht, was ziemlich kurios ist. Ebenso seltsam ist es, wenn SRF den Chefredaktor einer Redaktion und einen ihrer «Mitarbeiter» in dieselbe Sendung einlädt. Das widerspricht jedem redaktionellen Usus und verstösst auch gegen die Pflicht, einen Themenbereich mit einer Vielfalt von Stimmen darzustellen.

Kommt hinzu, dass die beiden Personen bekanntermassen dazu neigen, die Phonstärke eines Gesprächs erheblich in die Höhe zu treiben und sich festzubeissen. Es gehört nicht zur Aufgabe eines öffentlichen Senders, im Stil des Privatfernsehens Lärmkommunikation zu betreiben. In der Medienbranche arbeiten genügend reflektierte Stimmen, die etwas Produktives zur Diskussion hätten beitragen können. Da man keine Sendung im engeren politischen Sinn machte, gab es zudem keinen zwingenden Grund, einen Vertreter des politischen Pro- oder Contra-Lagers einzuladen.

Kurz, das war eine redaktionelle Fehlleistung des Schweizer Fernsehens. So überraschend kommt das nicht. Die politischen Diskussionen um Sinn und Zweck der SRG hinterlassen im Programmangebot offensichtlich Spuren. Aus Angst vor Kritik aus dem rechten Lager übt man sich in Demutsgesten und gewährt lautstarken Kritikern gleichsam ein Abonnement für Auftritte bei SRF. Die Schweiz hat diverse institutionelle Barrieren errichtet, damit eine öffentlich finanzierte Sendergruppe redaktionell unabhängig operieren kann. Die Praxis zeigt, dass der informelle politische Druck dennoch nicht zu unterschätzen ist. Um diesem zu widerstehen, müsste SRF etwas mehr Mut zeigen.

PS: Philipp Gut ist auch als Gast in der kommenden «Arena»-Ausgabe über das Mediengesetz angekündigt. Die Leistung des «Clubs» ist umso peinlicher.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

SRG_Dossier

Medien: Service public oder Kommerz

Argumente zur Rolle und zur Aufgabe der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG.

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13 Meinungen

  • am 20.01.2022 um 11:44 Uhr
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    Etwas ist am Kommentar von Rainer Stadler sehr deutlich: Er ist sowohl für Billag/Serafe als auch für das neue Madienpaket. Entsprechend kritisiert er – vorgeschoben via SRF – die Gegner.

    Grund dafür war anscheinend ein Streitgespräch (welches ich nicht gesehen habe). Aber in Einem bin ich felsenfest sicher: Weder Gut noch Somm haben «gebrüllt», das wäre ein Novum. Aber eventuell war die Wahl der Befürworter schlecht. Anscheinend war da Hansi Voigt mit in der Runde. Das würde dann alles erklären.

    In der Sache Medienförderung ist ein Paradigmenwechsel fällig: In einem ersten Schritt muss SRF auf Werbung verzichten. Diese fast eine Milliarde käme, in marktwirtschaftlicher Form, direkt den Privaten zugute, was wiederum die Medienpaket-Millionen obsolet machen würde. Win-win für Medien, Verlage und Konsument/innen.

    In einem zweiten Schritt gilt es, SRF pro Sprachregion bei TV und Radio nur noch 2 Sender zu erlauben. Das würde im Programm-Mix nicht nur mehr «idée suisse» hervorbringen, sondern auch das SRF-Budget stark entlasten.

    Ich nehme nicht an, dass Barbara Lüthi auf solche Modelle, eine Gesamtsicht also, eingegangen ist.

    Vielen Dank und freundliche Grüsse
    jak

    • PortraitRainerStadler
      am 20.01.2022 um 11:56 Uhr
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      Die Mediensteuer für Radio und TV steht hier nicht zur Diskussion. Entsprechend habe ich mich dazu nicht geäussert. Ferner habe ich weder ein Ja noch ein Nein zum Medienpaket ausgesprochen. Ein Ja oder Nein meinerseits spielt hier keine Rolle. Ich habe nur versucht, in mehreren Artikeln darzulegen, was für und was gegen das Medienpaket spricht und was die weiteren Folgen dieser Abstimmung sein könnten. Leider dominieren in der Diskussion die politischen Leerformeln, zulasten der sachlichen, genaueren Diskussion. Die Medienkonzentration in der Schweiz erleichtert die politisiche Diskussion auch nicht.

      • am 20.01.2022 um 12:11 Uhr
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        Sie kritisieren explizit Gegner des Medienpakets. Das ist aufschlussreich.
        Aber wenn wir schon dabei sind und zur Ausgewogenheit: Haben Gut oder Somm «gebrüllt», und wie war das Verhalten von Hansi Voigt? Er ist ja nicht für eine vobildliche Kommunikationskultur bekannt.
        Ihre Antworten würden den Leser/innen in der Beurteilung helfen.
        Danke

      • PortraitRainerStadler
        am 20.01.2022 um 12:23 Uhr
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        Das «gebrüllt» bezieht sich auf den Vorwurf der Gegner.

    • am 20.01.2022 um 13:57 Uhr
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      Sie haben, wie Sie zugeben, das Streitgespräch nicht gesehen; trotzdem erlauben sie sich zu behaupten, es sei nicht gebrüllt worden. Tatsächlich kann man das Wort «Brüllen» in diesem Fall relativieren. Für meine eigene Meinungsbildung war ich gespannt und wollte mir dieses Streitgespräch ansehen und anhören. Als neutraler Beobachter konnte ich mir diese Diskussion nicht bis zum Ende ansehen. Wie Herr Gut seinen Gesprächspartnern oder -gegnern, sagen wir einmal in recht lauter Sprache, ständig ins Wort fiel, sie kaum ausprechen liess war für dieses Gespräch gar nicht dienlich. Ist er tatsächlich ein Kommunikationsprofi? Ob Herr Somm gebrüllt hatte, kann ich nicht beurteilen; es wäre tatsächlich ein Novum. Entnervt habe ich nach einer gewissen Zeit den Sender gewechselt.

    • ToniKoller
      am 21.01.2022 um 01:25 Uhr
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      Dass die Werbeeinnahmen der SRG bei einem SRG-Werbeverzicht «direkt den Privaten zugute käme», ist eine Illusion, lieber Lahor. Vielmehr würden diese Millionen grossenteils in die CH-Werbefenster von TV-Stationen im Ausland sowie zu Google & Co. fliessen. Die Privatmedien-Unterstützung mit dem aktuellen Mediengesetz würde damit in keiner Weise «obsolet».
      Natürlich wäre eine werbefreie SRG schön. Aber finanziert werden müsste das – wenn schon – mit einer Erhöhung der Mediensteuer. Grundsätzlich gilt: Am Schluss zahlt sowieso der Konsument – egal ob via Steuer oder via Werbung, Bei der Werbefinanzierung zahlen wir halt via die Produktepreise der werbetreibenden Firmen.

  • Portrait_Felix_Schneider
    am 20.01.2022 um 13:48 Uhr
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    Wenn eine Einladung gerechtfertigt war, dann die an Puppis. Nach der Sendung ist er der einzige, von dem im Gedächtnis blieb, was er sagte. Von Somm und Gut kam nur die übliche, dumme Pauschalverurteilung «des» Staates. Von Voigt war immerhin ein stichhaltiges Argument zu hören: Auf die Transparenz kommt es an. Wer wen finanziert, muss öffentlich sein. Und da schneidet «der» Staat dann doch besser ab als die Fianciers von Somm, die nicht genannt sein wollen.

  • am 20.01.2022 um 17:21 Uhr
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    a wer ist jak ??
    so oder so. es war -leider-einmal mehr eine ungenuegende,unerfreuliche «Club»sendung.
    Ungenuegend weil wie schon oefters , die Auswahl der Teilnehmenden nicht sonderlich ausgewogen war (was immer wieder vorkommt) und die Moderatorin offensichtlich ueberfordert war.
    Unerfreulich, weil ein Teil der Teilnehmenden wenig dialog/konsensfähig war und- schon gar nicht oder fast nicht! den andern zuhoerte.
    Aber – SRF hat nicht nur durch den «Club» sondern auch in andern Bereichen an Profil verloren. Bedauerlich

  • am 20.01.2022 um 18:55 Uhr
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    Frau Sciarra wirkte im «Club» als excellentes Beispiel, wie man sich Zuhörer verschafft. Ich glaube, es klappt auch so beim Lesen.

  • am 21.01.2022 um 11:18 Uhr
    Permalink

    Der vom Autor gewünschte Mut vom SRF, verstehe ich als Aufforderung zur Zensur und Ausgrenzung anderer Meinungen und deren Exponenten. Entgegen dem Autor waren auf beide Seiten adäquat vertreten. Es wäre zu wünschen, dass in Zukunft weiter kontrovers diskutiert wird auch unter Beteiligung von Personen die anecken und nicht allen genehm sind.

    • PortraitRainerStadler
      am 21.01.2022 um 12:21 Uhr
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      Nein, ich plädiere für eine Vielfalt der Stimmen. Diese Vielfalt gibt es auch im rechten Lager.

  • am 21.01.2022 um 18:45 Uhr
    Permalink

    Ich verstehe nicht wie angesichts der Zusammensetzung der Diskussionssendung von Ausgewogenheit gesprochen werden kann. Da sassen sich drei rechtslastige GegnerInnen der zur Abstimmung stehenden Vorlage, allesamt der Giftküche von Blocher Co. nahestehend, drei BefürworterInnen gegenüber. Letztere bestehend aus Frau Lebrument von der gleichnamigen, millionenschweren Verlegerdynastie, dem gerne etwas vorlauten Hansi Voigt vom Onlinemedium Republik und einem Professor Puppin, der eigentlich der einzige war, der in vernünftigem Ton und mit sachlichen Argumenten auftrat. Das musste ja bei einer derart überforderten Moderatorin in einem Desaster enden.
    Ja, es ist ziemlich einerlei ob zu dieser Vorlage Ja oder Nein gestimmt wird. Die meisten Medienerzeugnisse hängen entweder am Tropf von interessegesteuerten, kapitalkräftigen Kreisen oder leben von, von den politischen Mehrheiten bewilligten Geldern. Einzige Alternative für wirkliche Unabhängigkeit ist die Kombination von Ehrenamt und genossenschaftlicher Finanzierung.
    Ich habe vor Kurzem, aus reiner Neugierde und für günstige 75 Euro, ein 75-tägiges Probeabonnement der linken deutschen Tageszeitung Junge Welt abgeschlossen. Da regt man sich auch immer wieder über gedruckten Unsinn auf, aber man erfährt doch eine Menge über Internationales was in bürgerlichen Medien nie zu finden ist.

  • am 27.01.2022 um 21:18 Uhr
    Permalink

    Marshall Rosenberg, Schulz von Thun, und Erich Fromm hätten die hellste Freude gehabt an dieser Sendung, welche ein Beispiel von Inkompetenz, von gewalttätiger Kommunikation, von jeglichem Fehlen deeskalativem Verhaltens ein Beispiel war, welches man an den Universitäten vorführen sollte, um den Psychologie Studenten zu zeigen, wie es nicht funktioniert. Sowie als Uebungsplattform für Analysen, wo wer über welche Stolpersteine gefallen ist und oft wohl unbewusst durch «Selbstoffenbarung» gezeigt hatte, wessen Interessen er wirklich in sich trägt. Ich würde dem Qualitätsmanagement für die Zukunft als Co-Moderator der Diskussionsleitung einen gut geschulten Mediator zur Seite stellen, und vorher klare Kommunikationsregeln definieren (Z.B. die Regeln von M.Rosenberg, System gewaltfreie, bedürfnisorientierte Kommunikation) Wer sich nicht an diese Regeln halten kann, muss raus aus dem Dialog für einige Minuten, um sich selber wieder zu finden. Menschen welche ausser sich sind, können keine konstruktiven lösungsorienterte Dialoge führen. Für das zahlen wir mit Steuergeldern? Wenn man so im Infosperber kommunizieren würde, würde man mit Recht aus dem Leserbriefdialog rausfallen. Somit kann ich sagen, dass das Kommunikationsniveau im Infosperber besser ist als es in dieser Sendung war. Einige Moderatoren sollten nochmals in die Schule gehen, zum Wohle aller beteiligten.

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