Roger-Blum

Klare Worte vom früheren SRG-Ombudsmann Roger Blum © SRF

«Das ‘Tal des Schweigens’ bleibt sich treu»

Kurt Marti /  Zwei Walliser Ausstellungen blendeten 10 Jahre investigativer Arbeit der «Roten Anneliese» aus. Die Reaktionen sind harsch.

Infosperber hat vor drei Wochen über zwei Presseaustellungen im Wallis berichtet, welche zehn Jahre investigativer Recherchen der Walliser Zeitung «Rote Anneliese» ausblendeten. Eine der beiden Presseaustellungen fand in der Fondation Gianadda in Martingny statt, und zwar in Zusammenarbeit mit dem Walliser Presseverband und den Schweizer FotojournalistInnen. Die zweite Ausstellung wurde von der Mediathek Wallis und dem Walliser Staatsarchiv in Sitten und Brig veranstaltet.

Mit den blinden Flecken der Ausstellung in Martigny konfrontiert, nahmen die Kuratorin Sophia Cantinotti und der Kurator Jean-Henry Papilloud Anfang November gegenüber Infosperber deutlich Stellung: «Wie Sie bedauern auch wir dies.» Und sie bemängelten die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Walliser Presseverbandes mit klaren Worten. Der Walliser Presseverband habe seine Mitglieder mehrmals gebeten, Dokumente und Artikel zur Illustration zu liefern, unter anderem zu den Themen Mattmark, Autobahn und Leukerbad. Vergeblich.

FotojournalistInnen bedauern das «Vergessen»

Jetzt kritisiert auch Philippe Maeder, der Präsident der mitorganisierenden Schweizer FotojournalistInnen, das Fehlen der «Roten Anneliese» in der Ausstellung in Martigny. Er sei «traurig und verärgert», dass die Recherchen der «Roten Anneliese» von 2000 bis 2010 in der Ausstellung «nicht erwähnt wurden». Maeder gehörte der Fotokommission der Ausstellung in Martigny an und schreibt in einer Mail an Infosperber, «dass wir zusammen mit den 40 teilnehmenden Fotojournalisten dieses ‘Vergessen’ nur bedauern können».

Zudem hält Maeder fest: «Die Journalisten des Walliser Presseverbandes arbeiteten auf eigene Faust und wählten (oder vergassen) die Presseartikel, die sie für wichtig hielten.»

Roger Blum: «Es ist in der Tat ein Skandal»

«Mit Entrüstung» hat auch der frühere SRG-Ombudsmann Roger Blum den Infosperber-Artikel über die Walliser Presseaustellung gelesen. Der Journalismus sei zur «Suche nach der Wahrheit» verpflichtet. Dabei verweist Blum auf Ziffer 1 des berufsethischen Kodex: «Sie (die Journalistinnen und Journalisten) halten sich an die Wahrheit ohne Rücksicht auf die sich daraus für sie ergebenden Folgen und lassen sich vom Recht der Öffentlichkeit leiten, die Wahrheit zu erfahren.»

Laut Blum ist es «in der Tat ein Skandal», dass die Recherchen der «Roten Anneliese» von 2000 bis 2010 und das Buch «Tal des Schweigens» in den beiden Ausstellungen totgeschwiegen worden seien. Umgekehrt bestätige das die Analyse des Buches: «Das ‘Tal des Schweigens bleibt sich treu.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Kurt Marti war von 2000 bis 2010 Chefredaktor der Oberwalliser Zeitung «Rote Anneliese» und er ist Autor des Buches «Tal des Schweigens: Walliser Geschichten über Parteifilz, Kirche, Medien und Justiz» (2012), das im Rotpunkt-Verlag erschienen ist.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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