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Big Tech besteht aus wenigen Unternehmen in nur zwei Ländern. © dgs

Sieben Plattformen dominieren die digitale Welt

D. Gschweng /  Angebot und Gewinne in der Digitalwirtschaft konzentrieren sich weiter. Aussen vor bleiben dabei die digital schwachen Länder.

Wo in Digitalien die Musik spielt, dürfte den meisten Leuten auch ohne langes Überlegen klar sein. Dazu, wie ausgeprägt die Dominanz nur weniger Unternehmen und Länder tatsächlich ist, gibt es jetzt Zahlen: 90 Prozent der Digitalwirtschaft werden von zwei Ländern beherrscht, etwa 70 Prozent entfallen dabei auf die USA und 20 Prozent auf China.

Das stelle eine bedenkliche Konzentration in der Digitalwirtschaft dar, schreiben die Autoren des «Digital Economy Reports 2019» der Vereinten Nationen, der Anfang September in Bangkok vorgestellt wurde. Die Konzentration bezieht sich sowohl generell auf die Digitalwirtschaft als auch im Besonderen auf die grössten Unternehmen. Von den sieben Plattformen Microsoft, Apple, Amazon, Google und Facebook sowie Tencent und Alibaba, auf die zwei Drittel der Marktanteile in der Digitalwirtschaft entfallen, sind fünf in den USA und zwei in China beheimatet. Von 2017 auf 2018 hat der Anteil der US-Unternehmen am Weltmarkt sogar noch zugenommen.


Wenige Unternehmen dominieren die globale Digitalwirtschaft. Sie sitzen hauptsächlich in den USA und China. (Digital Economy Report 2019, UN) Bild in grösserer Auflösung

Europa verdankt seinen Anteil von vier Prozent am digitalen Kuchen hauptsächlich dem deutschen Unternehmen SAP, das Business-Software herstellt. Daher auch wenig überraschend: Mehr als die Hälfte der 100 weltweit meistgenutzten Websites werden in den USA gehostet, wo sich auch die meisten Rechenzentren befinden. Selbst in Westeuropa, stellt der Report fest, sind die meistgenutzten Websites US-basiert.

Wer die Daten hat, hat die Macht

Die starke digitale Konzentration in zwei Ländern hat weitreichende Folgen, da das Wachstum im ICT-Sektor hauptsächlich datengebunden ist. Die Daten wiederum sind da, wo Big Tech ist. Bei den neueren Digitaltechnologien wie Cloud Computing, dem sich gerade entwickelnden «Internet of Things» (IoT) oder Blockchain-Technologien führen dieselben Länder. Dieser Vorsprung dürfte sich noch ausbauen. Oder kurz gesagt: Wer jetzt die Daten hat, hat auch zukünftig die besseren Karten.


In einigen Bereichen der Digital Services ist ein einziges Unternehmen vorherrschend. (Digital Economy Report 2019, UN)

Sehr deutlich ist das in der Werbung. 2010 betrug der Anteil der Internetwerbung am globalen Werbeumsatz noch 15 Prozent, bis 2023 könnte er auf 60 Prozent steigen. Ganze 65 Prozent des Werbebudgets im Internet gingen dabei 2017 an nur zwei Unternehmen: Google und Facebook.


Der Markt für Internetwerbung wird weiter wachsen, der Grossteil der Werbegelder ging 2017 an Facebook und Google. (Digital Economy Report 2019, UN)

Der digitale Graben wird breiter

Das bedeutet nicht nur schlechte Nachrichten für traditionelle Werbeanbieter, sondern vor allem auch für die wirtschaftliche Entwicklung im «Rest der Welt», besonders in Lateinamerika und Afrika. Während in den Industrienationen vier Fünftel der Bevölkerung Internetzugang haben, ist es in den am wenigsten entwickelten Staaten nur ein Fünftel. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung hat gar keinen Internetzugang. Vier Milliarden Menschen sind so von der technologischen Entwicklung abgekoppelt. Die Vereinten Nationen fordern gemeinsame Anstrengungen, um das zu ändern.

Das Netz in Entwicklungsländern: kaum Anschluss, zu teuer, zu wenig nützlich

Die häufigste Ursache für Internetabstinenz sind fehlende Infrastruktur und zu hohe Kosten, was sich teilweise gegenseitig bedingt. Wo es teuer ist, Kabel zu verlegen und Masten zu bauen, kostet der Internetzugang entsprechend viel oder viele Nutzer müssen sich die knappe Bandbreite teilen. Dazu kommen kulturelle, politische, religiöse oder soziale Gründe wie Zensur oder eingeschränkter Internetzugang für Frauen. Die Anzahl der Internetnutzer nimmt seit Jahren dennoch stetig zu. Die schlechte Nachricht daran: Die Kurve flacht ab. Vergleichsweise einfache Lösungen wie etwa die Internet-Anbindung von Städten wurden inzwischen oft implementiert. Nun sind Massnahmen gefragt, die teurer und komplexer sind.

Eine davon ist Bildung. Viele Menschen in Entwicklungsländern, listet «strategy+business» in einer Analyse auf, wissen nicht, was sie mit dem Internet überhaupt anfangen sollen. Speziell in armen Ländern sehen sie kaum einen wirtschaftlichen Nutzen darin. Oder sie verstehen keine der im Netz dominierenden Sprachen, vor allem kein Englisch, und assoziieren das Internet von vorneherein mit teurer Technologie, die sie sich nicht leisten können.

Nischen besetzen, die «Big Tech» nicht abdeckt

Dabei könnten auch Unternehmen in Entwicklungsländern mit vergleichsweise geringen Mitteln erfolgreich sein, wenn es ihnen gelänge, Nischen zu besetzen, die von den grossen Plattformen nicht abgedeckt werden, analysiert der Digitalreport der UN.

Dort, wo der Internetzugang einigermassen ungehindert funktioniert, entwickeln sich schnell lokale Inhalte und Geschäftsmodelle, sofern Rahmenbedingungen wie zum Beispiel fehlende Gesetze sie nicht einschränken. Gibt es erst ein Angebot, das Nutzen verspricht, verbreitet sich die Nutzung des Internets schnell.

Ein Beispiel dafür ist ein soziales Projekt in Sambia, über das der «Guardian» berichtet. In erster Linie geht es dabei um die Produktion von Bienenhonig, mit dem die Imkerinnen und Imker ihr Einkommen aufbessern können. Derzeit wird der Honig noch an Grosshändler verkauft. Mittels Blockchain-Technologie wäre es möglich, jedes Glas Honig bis zum Bienenstock zurückzuverfolgen. Das gäbe dem Produkt zugleich eine Art Zertifizierung und einen Herkunftsnachweis, was den Preis und damit den Verdienst der Züchter erhöhen würde.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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