«Der Bund kann Forschungsbeiträge nicht einfach streichen»
Die Universitäten sind besorgt. Mit seinem «Entlastungspaket 27» will der Bundesrat in den kommenden Jahren deutlich weniger Geld für Forschung ausgeben. Doch das dürfte er eigentlich gar nicht, sagt nun ein Verwaltungsrechtler.
Bis zu drei Milliarden Franken will der Bundesrat in den Jahren 2027 und 2028 weniger ausgeben – pro Jahr. Doch gerade im Forschungsbereich sind die Kürzungen im Rahmen des «Entlastungspakets 27» höchst umstritten. «Ich halte das Vorgehen des Bundesrats aus rechtlicher Sicht für problematisch», sagt Felix Uhlmann, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Rechtssetzungslehre an der Uni Zürich. Die vorgeschlagenen Kürzungen hat er sich genau angeschaut. Für die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren erstellte er ein entsprechendes Gutachten.
Projektbezogene Beiträge sollen fast ganz weg – trotz klarem Beschluss
Uhlmanns Prüfung hat es in sich. Gemäss jetzigem Stand will der Bundesrat die Grundbeiträge an die Universitäten und die projektbezogenen Forschungsbeiträge für die Jahre 2027 und 2028 kürzen. Bei den Grundbeiträgen würden jährlich 120 Millionen Franken gestrichen – neun Prozent der geplanten Ausgaben. Die projektbezogenen Beiträge würden gar fast ganz eingestellt. Jährlich um die 29 Millionen Franken würden wegfallen – über 80 Prozent der gesprochenen Gelder.
Uhlmann begründet seinen Einwand folgendermassen: Es handle sich um einen gesetzlich klar definierten und abgeschlossenen Entscheidungsprozess zwischen Bund und Kantonen. Dieser wurde mit der Annahme der BFI-Botschaft für die Jahre 2025 bis 2028 durchs Parlament abgeschlossen. Gemäss Gutachten könnten die Kantone den Bund mit einer staatsrechtlichen Klage vors Bundesgericht ziehen, sollte dieser die beschlossenen Zahlungen aussetzen.
Die Grundbeiträge seien daher klar als gebunden zu betrachten. Dasselbe gelte für die projektbezogenen Beiträge an die Forschung. Die Verantwortung über diese Beiträge liege vor und nach der Genehmigung durch das Parlament beim Hochschulrat.
«Der Bund kann auf diese Beschlüsse nicht mehr zurückkommen, da die Voraussetzungen für einen einseitigen Widerruf nicht gegeben sind», so Uhlmann.
Hochschulen wollen lieber nicht über ihre Rechte sprechen
Für die Hochschulen ist offenbar delikat, dass der Bundesrat sie rechtlich umgehen könnte. Auf Anfrage wollte sich ihr Dachverband «Swissuniversities» nicht dazu äussern – trotz des vor Monaten erstellten Gutachtens. In der Vernehmlassung habe man insbesondere die negativen Auswirkungen der geplanten Kürzungen auf die Hochschulen sowie auf deren zentrale Rolle für die Gesellschaft und die zukünftige Prosperität der Schweiz hervorgehoben. «Swissuniversities und ihre Partnerinstitutionen analysieren die aktuelle Lage unter Einbezug verschiedener Perspektiven. Der konstruktive Dialog mit Politik und Gesellschaft ist für uns von zentraler Bedeutung.»
Für den Bundesrat äusserte sich nach einer Infosperber-Anfrage das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Es meldet: Die rechtlichen Einwände zu den beantragten Massnahmen im Hochschulbereich würden derzeit im Rahmen der Erarbeitung der Botschaft des Bundesrates geprüft. Der Bund werde sich spätestens im Rahmen der Botschaft dazu äussern. Diese dürfte er im Rahmen der kommenden Wintersession dem Parlament vorlegen.
Die Frage, ob bei der Prüfung der Kürzungsmassnahmen auch rechtliche Fragen berücksichtigt wurden, beantwortete der Bundesrat nicht.
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
Weitere Streichung von Fördergeldern wäre strategisch ein maximaler Fehler. Die massive Streichung von öffentl. F&E Mitteln in den 90ern warf die Grundlagenforschung schon auf die Notwendigkeit der Drittmittel (Industrie) Acquise zurück. Diese Mittel fließen nur bei kommerzieller (exklusiver) Verwertbarkeit durch den Sponsor! Welche Industrie bezahlt echte «strategische» Grundlagenforschung – der deutschen Forschung & Wissenschaft zugänglich?
Kann er somit die Beiträge ab 2029 kürzen resp. streichen? Wenn er 2 Jahre 10% sparen will, dann kann er ja 2 Jahre später 20% kürzen und dann ist in 4 Jahren wieder Gleichstand…oder?
Ich vermute ja, dies müsste aber wiederum im Rahmen der entsprechenden Botschaft und zusammen mit den Kantonen geschehen.