Versorgungsatlas Schweiz CT-Untersuchungen 2023

In den Kantonen Genf, Waadt und Neuenburg wurden 2023 pro 1000 Einwohner auffallend viele CT-Untersuchungen durchgeführt. Je dunkler das Blau, desto mehr Computertomografien. © Schweizerisches Gesundheitsobservatorium

Krebsrisiko wegen unnötigen CT-Untersuchungen

Martina Frei /  Problemzone Westschweiz: Dort gibt es pro Kopf viel mehr CT-Untersuchungen als andernorts. Medizinisch ist das nicht zu erklären.

Die Strahlenbelastung durch CT-Untersuchungen könnte in den USA für etwa fünf Prozent der Krebserkrankungen verantwortlich sein.* Zu diesem Schluss kommt eine Studie der amerikanischen Medizinprofessorin Rebecca Smith-Bindman, die kürzlich in der Fachzeitschrift «Jama Internal Medicine» veröffentlicht wurde (Infosperber berichtete). 

Falls die US-Ergebnisse auf die Schweiz übertragbar wären, bedeutete dies, dass jedes Jahr etwa 2300 Menschen wegen einer früheren CT-Untersuchung Krebs bekommen. 2023 wurden hier zu Lande rund zwei Millionen CT-Untersuchungen durchgeführt.

Allerdings ist die CT-Strahlenbelastung in der Schweiz tiefer als in den USA. Und häufig ist der Nutzen von CTs grösser als das Risiko. Trotzdem wird die Röhre an manchen Orten zu häufig genutzt und dem Strahlenschutz zu wenig Beachtung geschenkt.

Folgende Faktoren spielen eine Rolle: 

1. Die Anzahl der CT-Geräte

Was Computertomografen betrifft, zählt die Schweiz europaweit zu den «bestausgestatteten Ländern». In der Schweiz sind laut dem Bundesamt für Gesundheit derzeit 366 CT-Geräte bewilligt, etwa 235 davon stehen in Spitälern. «Statista» zufolge kommen auf eine Million Einwohner in den USA rund 43 CT-Scanner, in der Schweiz sind es 40. «CT-Scanner sind die meistgenutzten medizinischen Grossgeräte», berichtete «Medinside». Eine Computertomografie kostet zwischen 300 und 1200 Franken.

Die ambulanten KVG-Kosten für CT-Untersuchungen stiegen in der Schweiz von 2019 bis 2023 jährlich um 7,1 Prozent. Im Jahr 2023 beliefen sie sich auf 330 Millionen Franken.

Radiologie-Institute mit CT-Angebot in der Schweiz
Je grösser der Durchmesser des Kreises, desto mehr CT-Geräte gibt es am betreffenden Ort.

2. Kantonale Unterschiede

Radiologische Praxen und Spitäler wollen diese Geräte auslasten. Im Jahr 2023 wurden in den USA schätzungsweise rund 278 CT-Untersuchungen pro 1000 Einwohner gemacht, in der Schweiz waren es durchschnittlich 225. Internationale Vergleiche sind jedoch schwierig, weil nicht einheitlich gezählt wird.

Innerhalb der Schweiz gibt es erhebliche kantonale Unterschiede. Waadt, Neuenburg und Genf gehören zu den «Spitzenreitern». Das geht aus dem Schweizer Versorgungsatlas hervor. 

Demnach wurden im Kanton Waadt letztes Jahr über 280 von 1000 Einwohnerinnen und Einwohnern in einem Computertomografen untersucht. In den Kantonen Genf und Neuenburg waren es sogar über 360 — mehr als im Durchschnitt der USA. Zum Vergleich: Von den Bewohnern des Kantons Appenzell-Innerrhoden kamen rund 150 von 1000 Personen in einen Computertomografen. Massgebend ist dabei jeweils der Wohnsitz der Personen, nicht der Untersuchungsort.

Bei den Gründen für diese Unterschiede tappen Fachleute im Dunkeln. Der Zufall ist wohl keine Erklärung, denn Neuenburg, Genf und Waadt zählen schon über Jahre hinweg zu den Spitzenreitern.

«Wir haben keine Hinweise, dass eine kantonal unterschiedliche Datenerhebung der Grund für die Unterschiede sein könnte. Es gibt auch keinen Beleg, dass die Patienten in manchen Kantonen so viel mehr CT-Untersuchungen benötigen würden als in anderen», sagt Reto Jörg, Wissenschaftlicher Projektleiter beim Schweizerischen Gesundheitsobservatorium, das den Versorgungsatlas veröffentlicht. 2021 seien die Kodierrichtlinien schweizweit vereinheitlicht worden, um eine einheitliche Datenerfassung sicherzustellen.

Bleibt als mögliche Erklärung das medizinische «CT-Angebot». Im Kanton Genf steht ein CT-Gerät pro 16’500 Einwohner, im Wallis eines pro 19’000, im Kanton Waadt eines auf rund 20’000 Personen und in Neuenburg eines pro 25’000. Zum Vergleich: Uri hat einen CT-Scanner für rund 38’000 Menschen, der Kanton Luzern einen für 31’000.

«Jede Untersuchung sollte begründet werden»

Schon 2018 verursachten CT-Untersuchungen mit über 60 Prozent den grössten Anteil an der Strahlenbelastung der Schweizer Bevölkerung. Die durchschnittliche Strahlendosis beim CT war damals in Universitätsspitälern rund 40 Prozent niedriger als in privaten oder regionalen Spitälern. Das ergab eine vom Bundesamt für Gesundheit finanzierte Studie, die aufgrund von Datenlücken aber nur ein unvollständiges Bild liefern konnte.

Seither stieg die Anzahl der CT-Untersuchungen in der Schweiz. «Gleichzeitig wurde in den letzten Jahren aber auch viel getan, um die Strahlendosis zu reduzieren und so die Patientensicherheit deutlich zu erhöhen», sagt Sebastian Schindera, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Radiologie und Chefarzt Radiologie am Kantonsspital Aarau.

Medizinische Strahlendosen Schweiz
Die linke Grafik zeigt die häufigsten medizinischen Untersuchungen und Eingriffe, bei denen die Patienten Röntgenstrahlen ausgesetzt sind. CT-Untersuchungen (grün) machten nur elf Prozent aus (Stand 2018). Die meisten Untersuchungen fanden in Zahnarztpraxen (pink) statt. Die rechte Grafik zeigt den Anteil an der gesamten Strahlenbelastung durch Untersuchungen und Eingriffe. Auf die CTs entfielen über 60 Prozent.

Behörde erfährt nicht, ob die Empfehlungen auch umgesetzt werden

Im Sinne des Strahlenschutzes sollte jede Untersuchung begründet werden, insbesondere beim CT, forderten die Studienautoren in der Fachzeitschrift «Radiation Protection Dosimetry». Sie rieten zu klinischen Audits «mit Schwerpunkt auf der Begründung» für das CT. Laut der Eidgenössischen Strahlenschutzkommission konnte in Finnland mit Audits «eine deutliche Reduktion der Untersuchungszahlen erreicht werden».

Solche Audits werden seit 2021 auch in der Schweiz gemacht. Der Betreiber des Computertomografen wird drei Monate vorher informiert, dass eine solche Prüfung stattfinden wird. An einer Stichprobe von 25 Patientendossiers prüfen Fachleute dann unter anderem, ob ein CT medizinisch gerechtfertigt war und ob die Bildqualität gut war. Laut einem aktuellen Bericht der Eidgenössischen Finanzkommission (EFK) ist dies «das einzige Aufsichtsinstrument in der Schweiz», das sich damit befasst, ob CT-Untersuchungen gerechtfertigt sind.

Bis Ende 2022 wurden von den rund 250 Zentren in der Schweiz 60 Standorte einem Audit unterzogen, bis Ende 2025 sollen gemäss dem Bundesamt für Gesundheit etwa 40 Prozent der radiologischen Betriebe auditiert sein. Ob die Betreiber den dabei erteilten Empfehlungen folgten, sei aber bisher «nicht weiter nachverfolgt» worden, kritisiert die EFK. Weigere sich ein Betreiber, würden die Behörden dies nicht erfahren.

Die EFK rügt auch die Versicherer: Sie sollten ihre Kontrollen «insbesondere auf die Verschreibungspraxis ausweiten und im Falle von Exzessen die Situation mit den betroffenen Ärztinnen und Ärzten klären sowie gegebenenfalls Rückerstattungen verlangen». Was den Strahlenschutz betreffe, bestehe in der Schweiz ein Risiko, stellt die EFK fest: «Bei rund 30 Prozent der Personen, die im letzten Quartal 2022 eine CT-Untersuchung hatten, wurde in den drei vorangegangenen Quartalen bereits mindestens eine CT-Untersuchung durchgeführt. Zudem werden die Patientinnen und Patienten in fast der Hälfte der Sitzungen mehrfach untersucht und somit mehreren Belastungsphasen ausgesetzt», so die EFK.

Zeitdruck führt zu mehr CT

Auch der Medizinprofessor Daniel Scheidegger hat den Eindruck, dass immer öfter unnötige CTs gemacht würden. Scheidegger war am Relaunch des Schweizer Versorgungsatlas beteiligt. «Früher hat man zum Beispiel Patienten mit Bauchschmerzen in engen Abständen klinisch untersucht. Ein CT wurde erst gemacht, wenn sich die Beschwerden nicht besserten oder schlimmer wurden. Heute dagegen wird sofort ein CT angeordnet, oft noch bevor überhaupt ein Arzt den Patienten untersucht hat», sagt der frühere Chefarzt für Anästhesie am Universitätsspital Basel. Er kenne weitere Fälle, in denen ohne hinreichenden medizinischen Grund ein CT gemacht worden sei.

Die Eidgenössische Strahlenschutzkommission dagegen hat «generell den Eindruck, dass die Anzahl nicht gerechtfertigter Untersuchungen in der Schweiz recht tief liegt».

Sowohl die zuweisenden Ärzte als auch die Radiologen seien in der Pflicht, nur Computertomografien durchzuführen, die medizinisch sinnvoll sind, sagt Sebastian Schindera, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Radiologie. Insgesamt stellt er eine Entwicklung fest: «Es wird immer weniger von Hand untersucht. Stattdessen verlässt man sich immer mehr auf bildgebende Verfahren wie das CT.»

Druck auch von den Patienten

Auf Notfallstationen etwa müssten die Untersuchungskojen oft schnell wieder freigemacht werden für den nächsten Kranken. «Unter Zeitdruck kann es vorkommen, dass ein Patient dann direkt in den Computertomografen kommt. Aber das sollte nicht sein.» Ärztekollegen berichteten ihm auch immer wieder vom Druck, den manche Patienten ausüben würden.

Hohe Krankenkassenprämien, übersteigerte Ängste und irreführende Informationen im Internet tragen dazu bei, dass manche Kranke mehr Untersuchungen fordern. Dass dies auch nachteilig für sie sein kann, ist den Patienten nicht bewusst.

3. Das Alter bei der Untersuchung

Wie viele CT-Untersuchungen später zu Krebs führen werden, hängt nicht allein von der Anzahl der CT pro Person ab, sondern auch vom Alter bei der Untersuchung. Denn ein CT im sehr hohen Alter wird kaum noch zu einer Krebserkrankung führen. In jungen Jahren dagegen ist das Risiko vielfach höher. Die meisten Betroffenen, schätzen Smith-Bindman und ihre Kollegen, erkranken im Alter von 40 bis 59 Jahren an Krebs, gefolgt von den 18- bis 39-Jährigen und den 60- bis 79-Jährigen. Laut dem Schweizer Versorgungsatlas dürfte das durchschnittliche Untersuchungsalter hier zu Lande dem in den USA in etwa vergleichbar sein. 

4. Die CT-Strahlendosis

Ein sehr wichtiger Punkt ist die CT-Strahlendosis. Sie hängt zum Beispiel davon ab, ob die Ärzte nach einem winzigen Tumor suchen oder nach einem Nierenstein. Letzterer ist mit einer viel kleineren Dosis erkennbar. «Da sind die Anwender in der Pflicht», sagt Sebastian Schindera, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Radiologie. «Die vom Hersteller vorgenommenen Einstellungen lassen sich zusammen mit einem Medizinphysiker optimieren. Indem wir die Einstellungen nachjustierten, konnten wir zum Beispiel die Dosis bei der Suche nach Nierensteinen um 30 bis 40 Prozent reduzieren, ohne die Aussagekraft der Untersuchung negativ zu beeinflussen.»

Die neuesten CT-Geräte würden den Körper zuerst mit einer Kamera scannen und dann – je nach Körperform – eine Dosis vorschlagen, erläutert Schindera. Auch Künstliche Intelligenz helfe inzwischen mit, um die Strahlendosis zu reduzieren. Auswirken werde sich das aber erst im Lauf der kommenden Jahre, wenn alte Geräte durch neue ersetzt würden. Die durchschnittliche Laufzeit eines CT-Scanners in der Schweiz beträgt Schindera zufolge acht bis zehn Jahre.

Auch der Bauchumfang des Patienten spielt bei der Strahlendosis eine Rolle – allerdings eine kleine, ermittelte Rebecca Smith-Bindman. Sie fand heraus: Die Strahlendosis im CT hängt vor allem von der Expertise und vom Willen des Personals ab, das die CT-Geräte bedient. Und da haperte es teilweise gewaltig, wie weitere Studien der US-Radiologin in den letzten Jahren zeigen. Smith-Bindman griff dabei auf anonymisierte Untersuchungsdaten zurück, welche die Geräte bei jedem CT automatisch an ein Register übermitteln – vorausgesetzt, ein medizinisches Zentrum beteiligt sich daran.

In einer Studie mit 151 medizinischen Zentren in sieben Ländern – darunter zwei in Basel – betrug die Strahlendosis beim CT des Bauchs zwischen 5 und 32 Millisievert (mSv), je nachdem, wo der Patient untersucht wurde. CT-Untersuchungen des Bauchs zählen zu den häufigsten und den strahlenintensivsten CT-Untersuchungen.

Es habe da «enorme Variationen» zwischen den Zentren gegeben, resümierte Smith-Bindman in einer letztes Jahr in «European Radiology» veröffentlichten Studie. Ein wichtiges Mass für die CT-Strahlendosis (das Produkt aus Dosis mal geröngter Körperfläche, englisch abgekürzt DLP) variierte zwischen verschiedenen Zentren um mehr als 500 Prozent. 

Grosse Unterschiede auch bei Hoch-Dosis-Untersuchungen

Bestimmte Einstellungen am CT-Gerät, die zu einer niedrigeren Strahlendosis für die Patienten geführt hätten, seien nur selten vorgenommen worden, kritisierten die Epidemiologin und ihre Kollegen, darunter Sebastian Schindera. In mehr als der Hälfte der Fälle hätten die CT-Betreiber auch darauf verzichtet, die Strahlendosis dem Body-Mass-Index des Patienten anzupassen und stattdessen eine Standardmethode gewählt. Dies führt dazu, dass schlanke Personen unnötig hohe Strahlendosen erhalten.

Patienten, die wegen des Verdachts auf eine Lungenembolie ins CT kamen, erhielten Dosen zwischen 2,2 und 33,2 mSv – also rund 15-mal mehr, je nachdem, in welchem medizinischen Zentrum sie in den Computertomografen geschoben wurden. Das geht aus einer 2019 im «British Medical Journal» veröffentlichten Studie hervor.

Der Anteil an «Hoch-Dosis-CT-Untersuchungen» unterschied sich ebenfalls markant: Er betrug ja nach Zentrum bloss 4 oder sogar 69 Prozent. Bei den CTs, die wegen des Verdachts auf Lungenembolie gemacht wurden, gab es Zentren, die komplett ohne Hoch-Dosis-CT auskamen, und solche, bei denen bei neun von zehn Patienten eine Hochdosis erhielten. 

Zu niedrige Dosis schadet dem Patienten ebenfalls

Diese Variationen «hingen fast gänzlich damit zusammen, wie die jeweiligen Institutionen die Geräte bedienten», fasste Smith-Bindman zusammen. In vielen Fällen könne die CT- Strahlendosis um die Hälfte oder mehr reduziert werden, ohne dass die diagnostische Genauigkeit leiden würde, schrieb sie im «British Medical Journal».

Die Krux beim Untersuchen: Wenn die Strahlendosis zu hoch ist, werden die Patienten einem unnötigen Krebsrisiko ausgesetzt. Ist sie zu niedrig, leidet die Bildqualität. «Man darf nicht zu tief gehen, sonst tut man den Patienten nichts Gutes», gibt Schindera zu bedenken. Die Software, um die Strahlendosis zu erfassen und zu analysieren, sei in der Schweiz heutzutage Standard, so Schindera. Allerdings darf das sogenannte DLP, das der CT-Scanner anzeigt, 30 Prozent höher oder tiefer ausfallen als der wahre Wert. Die Schätzung dieses wichtigen Masses für die CT-Strahlendosis ist also mit einer grossen Unsicherheit behaftet.

«Der beste Strahlenschutz wäre, auf eine Untersuchung mit Röntgenstrahlen zu verzichten. Aber das CT hat halt auch einen enormen Nutzen. Es ist aus der Medizin heute nicht mehr wegzudenken», sagt der Radiologe. Bei Patienten mit Kopf- oder Rückenschmerzen werde seiner Erfahrung nach aber eher «zu grosszügig» ein CT veranlasst, ebenso beim Verdacht auf Lungenembolie. Dort könnten die Ärzte beispielsweise zuerst mit Hilfe des sogenannten «Wells-Score» abschätzen, wie wahrscheinlich eine Lungenembolie sei.

«Die Europäische Gesellschaft für Radiologie hat Richtlinien herausgegeben, welche Untersuchung bei welcher Verdachtsdiagnose am sinnvollsten ist. In Zukunft könnte man es so einrichten, dass bereits beim Anmelden eines Patienten für ein CT ein Hinweis erscheint, falls eine andere Untersuchungsmethode besser geeignet wäre», schlägt Schindera vor.

«Ich war sehr beeindruckt»

Die beiden Basler Zentren (Universitätsspital und Felix-Platter-Spital) schnitten in Smith-Bindmans Ländervergleich ausgesprochen gut ab. Auch das niederländische und die vier deutschen Zentren schnitten gut ab. Die beteiligten Zentren in Israel (5), Japan (3) und den USA (133) dagegen setzten ihre Patienten höheren CT-Dosen aus. «In den USA sind die CT-Strahlendosen deutlich höher als hier», sagt Sebastian Schindera.

Laut der Studie erhielten zum Beispiel Schweizer Patienten, deren Bauch untersucht wurde, eine durchschnittliche CT-Dosis von rund 8 Millisievert (mSv). An den fünf israelischen Zentren waren es fast 20 mSv, an den 133 US-Zentren durchschnittlich 13.

«Ich war sehr beeindruckt, wie niedrig die Strahlendosen in den Schweizer Zentren waren, mit denen wir zusammenarbeiten», schreibt Rebecca Smith-Bindman auf Anfrage. Sie sei sogar nach Basel gereist, wo Schindera damals arbeitete, um besser zu verstehen, wie dies gelinge. «Man kümmerte sich wirklich darum und konzentrierte sich darauf, die Dosis zu optimieren», stellte sie fest. 

Auch beim Vergleich von zehn häufig durchgeführten CT-Untersuchungen – zum Beispiel die Suche nach Verkalkungen an den Herzarterien oder nach Lungenkrebs – schnitten die wenigen an der Studie beteiligten europäischen Zentren bezüglich der Strahlendosen besser ab als die US-Zentren.

Es sei jedoch unmöglich zu sagen, ob dies die europäische Praxis widerspiegelte oder bloss die Praxis einiger weniger Zentren, die freiwillig mitmachten, hielten Smith-Bindman und ihre Kollegen 2022 in «European Radiology» fest. 

In der Schweiz gibt es Vorgaben

Anders als in den USA (mit Ausnahme von Texas und Kalifornien) gibt es in Europa und der Schweiz Vorgaben, was die Strahlendosen bei CT-Untersuchungen betrifft. Die europäischen Länder sind angehalten, Referenz-Dosen für jede Art von CT-Untersuchung festzulegen. Diese sollen die Untersuchungszentren möglichst einhalten.

Die Referenz-Werte werden in Abständen überprüft und tiefer angesetzt. «Dies korreliert mit dem technischen Fortschritt der Geräte, die mit immer weniger Dosis für dieselbe Bildqualität auskommen», schreibt die Eidgenössische Kommission für Strahlenschutz.

Eine Schweizer Studie in «European Radiology» bestätigte 2019, dass die Strahlendosen hier zu Lande von 2014 bis 2017 reduziert werden konnten. Bei dieser Studie variierten die Strahlendosen zwischen verschiedenen Geräten ebenfalls, allerdings nicht so stark wie in Smith-Bindmans Ländervergleich.

Allerdings: In dieser Schweizer Studie wurden nur die Daten von 14 Zentren mit insgesamt 50 CT-Geräten ausgewertet. Mittlerweile gibt es in der ganzen Schweiz 366 CT-Scanner.

Es wäre an Politikern und Aufsichtsbehörden, für mehr Transparenz zu sorgen, ob hier zu Lande Patienten unnötig gefährdet werden, weil in manchen Kantonen übermässig viele CT-Untersuchungen durchgeführt werden. Dabei könnte es um hunderte von Krebserkrankungen gehen, die vermeidbar (gewesen) wären. Doch systematische Untersuchungen über allfällige Über- oder Unterversorgungen gibt es nicht.

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2 Meinungen

  • am 3.05.2025 um 21:48 Uhr
    Permalink

    Gute Analyse, aber der einleitende Abschnitt greift deutlich zu weit: «Die Strahlenbelastung durch CT-Untersuchungen ist in den USA für etwa fünf Prozent der Krebserkrankungen verantwortlich. Zu diesem Schluss kommt eine Studie…».

    Es handelte sich um eine reine Modellierungsstudie, die eine solche Aussage nicht treffen kann. Es war keine Beobachtungsstudie, die tatsächliche Krebsfälle nach CTs langfristig auswertete. Der Titel Ihres ursprünglichen Artikels war richtiger: «CT-Aufnahmen könnten fünf Prozent der Krebsfälle verursachen»

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