Boris Beuret

Boris Beuret, Präsident der Schweizer Milchproduzenten in der Tagesschau vom 17.4.2024: «Die Milchproduktion muss attraktiver werden.» © srf

Trotz Milchschwemme fordern die Milchproduzenten mehr Geld

Urs P. Gasche /  Es gibt zu viele Kühe in der Schweiz, die mehr Milch geben als getrunken oder in Form von Käse, Joghurt oder Butter gegessen wird.

An der Delegiertenversammlung der Schweizer Milchproduzenten vom 17. April 2024 verlangte Verbandspräsident Boris Beuret einen noch höheren Milchpreis. Ab 1. Juli erhalten die Produzenten mit 82 Rappen pro Liter drei Rappen mehr als bisher – in Europa redordverdächtig. Doch dies sei nicht genug, meinte Beuret. Er forderte noch zwei Rappen mehr und meinte:

«Die Milchproduktion muss attraktiver werden.»

Gegenüber der SRF-Tagesschau begründete er:

«Sonst können wir die Milchmenge langfristig nicht halten.»

Die Tagesschau konfrontierte den Verbandpräsidenten nicht mit der Tatsache, dass es gar nicht erwünscht sein könnte, die heutige Milchmenge aufrechtzuerhalten. Denn seit längerem herrscht eine Milchschwemme, die in der Schweiz gar nicht abgesetzt werden kann. Und dies trotz viel Werbung für den Milchabsatz der Genossenschaft Schweizer Milchproduzenten, zu deren Ausgaben der Bund mit mehr als einem Fünftel beiträgt. 

Wegen des Überschusses exportieren die Milchproduzenten die Milch in Form von Käse ins Ausland. Für die Produktion dieses Käses wurden die Milchproduzenten vom Bund unterstützt*. Der Export ist also kein gutes Geschäft für die Steuerzahlenden. 

Statt subventionierten Käse zu exportieren, könnten die Milchproduzenten mehr Butter herstellen, weil die Schweizer Produktion die Nachfrage nicht mehr deckt. Aber es ist lukrativer, die fehlende Butter billig aus dem Ausland zu importieren und in der Schweiz zum hohen Schweizer Preis zu verkaufen. Also ein gutes Geschäft für die Importeure und Detailhändler.

Eine Alternative wäre das Halten von Kühen, die nicht auf maximale Leistung gezüchtet sind. Die Hochleistungskühe fressen mehr Kraftfutter wie Sojaschrot oder Getreide. Darunter leidet die Qualität der Milch, weil die Milch von Hochleistungskühen weniger gesunde gesättigte Fettsäuren enthält als Milch von Kühen, die Gras fressen. Das zeigten Untersuchungen der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux. Der langjährige frühere Geschäftsführer des Schweizer Tierschutzes, Hansuli Huber, kritisierte schon lange: «Das Rind, ein ideales Weidetier und ein optimaler Grasverwerter, wird fütterungsmässig zur Sau gemacht.»

Damit nicht genug: Das Kraftfutter ist auch verantwortlich dafür, dass Kühe beim Verdauen noch mehr Methan ausstossen als früher. Das farb- und geruchlose Methangas ist etwa zwanzigmal klimaschädlicher als CO2.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Siehe Infosperber:
26. Januar 2024 USA: Geheimsache Kuhrülpser
5. Juli 2023 Auf der Weide ist das Rindvieh ein Klimaschützer und dient der Artenvielfalt
5. Dezember 2022 Neuseelands Forscher sind Kuhrülpser-Experten
14. Februar 2020 Die Schweizer Landwirtschaft existiert nicht
9. Juli 2017 Das saubere Image der Milch bröckelt
15. Mai 2016 Die EU-Milchschwemme schadet den Bauern in Afrika

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* Hier stand zuerst: «Um ihn im Ausland absetzen zu können, subventioniert der Bund die Exporte mit zusätzlichen Dutzenden Millionen Franken.» Diese Exportsubventionen hat der Bund eingestellt. Er subventioniert die Bauern in erster Linie direkt für ihre Produktion.

Zum Infosperber-Dossier:

Frderung_Subventionen

Konzerne kassieren Subventionen

Freier Markt? Milliarden an Steuergeldern für Grossbanken, Industrie- und Landwirtschaftskonzerne.

Kuh

Landwirtschaft

Massentierhaltung? Bio? Gentechnisch? Zu teuer? Verarbeitende Industrie? Verbände? Lobbys?

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10 Meinungen

  • am 19.04.2024 um 12:03 Uhr
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    Danke! Herr Gasche. Diese Einordnungen, die Meinungsbildungen ermöglichen, finde ich sonst nirgends! Sachlich, ausgewogen! …Damit bin ich in der Lage, die ‹üblichen News› einzuordnen. – Grundsätzlich zeigt dieser Beitrag wie untauglich Subventionen sind, weil sie einen Markt vergrössern, der auch Schäden verursacht (einfach hoffentlich weniger Grosse) und Steuern und Schulden des Staates vergrössern. Es ist meiner Meinung nach viel tauglicher externe Kosten (Umweltschäden) zu internalisieren, weil dies den Markt und somit die Schäden verkleinert und die Chancen für Alternativen verbessert und Steuern und Schulden des Staates eher verkleinert! Schäden würden für jeden Konsumenten spürbarer (teurer) und damit transparenter und vermeidbarer.

  • billo
    am 19.04.2024 um 17:53 Uhr
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    Die Schweizer Bauern spannen den Bogen, bis er bricht.
    Dieser arrogante Obermilchproduzent macht es vor, und hoffentlich machen noch ein paar andere nimmersatte Oberbauernritter ebenfalls auf Subventionsextremismus, damit die von Preiserhöhungen geplagten Konsumentinnen und Steuerzahler endlich erwachen und dem Spuk ein Ende setzen.
    Die Tierhaltung in der Schweizer Landwirtschaft ist schon viel zu lange viel zu intensiv – dass diese Tierquälerei vom Bund trotz Sparhysterie in anderen Bereichen immer noch subventioniert wird, mit Milchrappen und Fleischwerbung und Direktzahlungen für Pseudoökoleistungen, ist ein Skandal (der leider wohl erst aufhört, wenn die Stimmberechtigten endlich die Reissleine ziehen…)

  • am 19.04.2024 um 20:19 Uhr
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    Wir müssen sparen sagt BR KKS, also weniger Futtermittel importieren, weniger Subventionen, weniger Milch produzieren, gesündere Kühe halten, weniger Methan — und vor allem weniger Lobbyisten im Bundeshaus! SPAREN ist angesagt.

  • am 19.04.2024 um 21:13 Uhr
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    Das bezeichne Ich Planwirtschaft à la SVP.

  • am 20.04.2024 um 17:51 Uhr
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    Vom total oberflächlichen Artikel mit völlig absurden Behauptungen bin ich enttäuscht. Auch die Kommentare enttäuschen (insbesondere als gebürtiger Freiämter und Gründungsmitglied der damaligen Solargenossenschaft Muri). Diese strotzen so was von Unwissenheit oder Bösartigkeit. Dieser Artikel wie auch die Kommentare sind für den ganzen bäuerlichen Berufstand der Milchwirtschaft, von denen die Mehrzahl fernab von einem Mindestlohn in einem Existenzkampfmodus arbeitet, so was von verletzend und somit höchst diskriminierend. Bitte versuchen Sie sich zum Beispiel, unter new.faire-milch.ch ein realeres Bild zu machen. Wer heute nicht einmal zwischen Direktzahlungen und Subventionen unterscheiden kann, soll doch bitte nichts mehr über Landwirtschaft schreiben.
    Felix Lang, Altkantonsrat, Grüne, Lostorf (SO)

    • Favorit Daumen X
      am 21.04.2024 um 08:42 Uhr
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      «Subvention» ist der Oberbegriff. Direktzahlungen sind eine Form von Subventionen. Direktzahlungen werden erst noch nach dem Giesskannenprinzip sowohl an reiche wie auch arme Bauern ausbezahlt – wie die AHV. Auch der Grenzschutz für Agrarprodukte ist eine Subvention an die hiesige Landwirtschaft.
      Wenn Biobauern für ihre Milch zu wenig erhalten, sollte man dieses Problem nicht lösen, indem man den Milchpreis für alle Milchproduzenten um weitere zwei Rappen erhöht, und indem man die Zahl der Hochleistungskühe, die mit ausländischem Kraftfutter gefüttert werden, unverändert hoch lässt.

  • am 20.04.2024 um 19:36 Uhr
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    Leider strotzt dieser Artikel nur so von Unwahrheiten.
    1.Der ausbezahlte Milchpreis ist ca 20 Rp tiefer als der erwähnte Richtpreis, der Stundenlohn vom Milchproduzent beträgt ca 12.- Dass wir Milchproduzenten damit nicht leben können sollte ja auch Herr Gasche verstehen.
    2.Wir haben in der Schweiz schon lange keine Milchschwemme mehr, die Produktion nimmt stetig ab, wir haben aktuell noch einen Selbstversorgungsgrad von rund 103 %.Der Milchkuhbestand sinkt jährlich um ca. 10000 Tiere.
    3.Wir importieren mehr Käse als wir exportieren, als Gras und Milchland sind wir auf Exporte angewiesen.
    4. Bei der Produktion von Käse wird aus der restlichen Milch Butter produziert. Wir produzieren aktuell genügend Butter und brauchen keine zusätzlichen Importe.
    5. Der Einsatz von Kraftfutter senkt den Methan Ausstoss.
    Sehr geehrter Herr Gasche, wenn sie uns Bauern schon schlecht reden wollen, dann bitte mit korrekten Argumenten und nicht mit erfundenen Sensationsmärchen.

    • Favorit Daumen X
      am 21.04.2024 um 16:31 Uhr
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      Wenn wir nur auf Grasland Kühe halten würden, wo es sehr sinnvoll ist, bräuchten wir kaum Kraftfutter. Sie selber verfüttern neben Gras und Silage seit vielen Jahren auch Kraftfutter. Schon vor Jahren räumten Sie ein: «Dank dem Kraftfuttereinsatz sind meine Kühe in der Lage, rund 25 Prozent mehr Milch zu geben». Sie hielten damals und halten wahrscheinlich immer noch Hochleistungskühe, die auf Kraftfutter angewiesen sind.
      Professor Peter Thomet wurde von der OGG, die den Schweizer Bauer herausgibtm für seine Arbeit zugunsten einer ressourceneffizienten Grünlandbewirtschaftung und Milchproduktion mit der Silbernen OGG-Verdienstmedalle ausgezeichnet. Er klärte schon vor 13 Jahren auf: «Neue Forschungsergebnisse zeigen, wie der Verzicht auf Kraftfutter dazu führt, dass die Milch mehr ungesättigte Omega-3-Fettsäuren aufweist – sozusagen das Nonplusultra der modernen, gesundheitsorientierten Ernährungslehre.»

  • am 21.04.2024 um 14:10 Uhr
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    Zu diesem Artikel ist es sehr aufschlussreich, wenn man in Google sucht.
    Ergebnis:
    * Suizid: Immer mehr Schweizer Landwirte wählen den Freitod
    * Selbstmorde von Landwirten – eine betroffene Bäuerin berichtet
    * Suizid-Rate in der Landwirtschaft nimmt zu – bauernzeitung.ch
    * Suizid: 30 Anrufe bei der Landwirte-Krisenhotline – pro Woche
    * Bauern sind besonders Suizidgefährdet – Blick
    Dass vielleicht zur Zeit eine der Höfe durch Grosskonzerne und Antroposophen stattfindet ist belanglos.

  • am 22.04.2024 um 08:45 Uhr
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    Direktzahlungen sind keine Form von Subventionen! Direktzahlungen sind Zahlungen resultierend aus Leistungsverträgen zwischen der Landwirtschaft und der Allgemeinheit. Leistungen die der Markt leider nicht oder nur ungenügend bereit ist zu berücksichtigen.
    Ihre Traumlandwirtschaft (die auch meine ist) Herr Gasche ist «ganz einfach» zu verwirklichen. Da die Bäuerinnen und Bauern die Produktion (wie und was) dem Markt anpassen, müssen Sie «nur» den Konsum in Ihre Richtung lenken. Auch dies funktioniert aber nur mit einem gleichzeitigen rigorosem Grenzschutz. Übrigens, wenn Sie behaupten, Grenzschutz sei eine Art Subvention, dann behaupten Sie, dass in der Schweiz jeder einzelne Lohn subventioniert ist. Subventioniert durch den Lohnschutz im Personenfreizügigkeitsabkommen. Ist das eine reale Diskussionsgrundlage?
    Felix Lang, Altkantonsrat, Grüne, Lostorf

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