Schwein_Wiese

Eines der wenigen glücklichen Schweine auf einer Wiese: Es kann wühlen und suhlen. © KAGfreiland

Fleisch von der Weide statt von der Industrie: die Fakten

Chiara Augsburger /  Das Tierwohl, bessere Fleischqualität und das Schweizer Grasland sind Argumente für die Weidemast von Rindern, Schafen und Ziegen.

Red. Die Autorin leitet den Fachbereich «Artgerechte Tierhaltung» bei KAG-freiland. Ein Gastbeitrag.


Die Schweiz ist ein Grasland und dieses Gras gilt es zu nutzen. Insbesondere Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen sind im Gegensatz zu Menschen in der Lage Gras zu verdauen und zu verwerten. Selbst Schweine und Mast-Geflügel kann man auf der Weide halten, nur sind sie selten auf den Wiesen zu sehen. 

Als Weidemast bezeichnet man die Fleischproduktion auf Basis von Weidehaltung und Grasfütterung. Die Tiere halten sich entweder dauernd auf der Weide auf oder verbringen die Nacht im Stall und nur den Tag auf der Weide. 

Die Haltung auf der Weide bietet zahlreiche Vorteile sowohl für die Betriebsleitenden als auch für die Nutztiere selbst. 

Die Weide bietet gerade im Sommer eine besonders günstige Form der Fütterung. Die Tiere fressen das Gras direkt draussen und es fällt daher keine Arbeit an. Hingegen muss für die Winterfütterung Gras gemäht, konserviert und gelagert werden. Grosszügige Platzverhältnisse bieten genug Möglichkeiten für die Tiere, sich frei zu bewegen und artgerechte Verhaltensweisen zu zeigen, die im Stall oft nicht möglich sind. 

Als Kontrast dazu will die intensive Stallmast möglichst viel Fleisch in möglichst kurzer Zeit produzieren. Dabei befinden sich die Tiere dauerhaft im Stall. Gefüttert werden sie mit energie- und proteinreichem Futter wie Getreide, Mais und Soja, um täglich möglichst viel an Gewicht zuzulegen und damit das Schlachtgewicht in möglichst kurzer Zeit zu erreichen. 

Sowohl die eingeschränkten Platzverhältnisse als auch das oftmals nicht artgerechte Futter wirken sich auf das Tierwohl negativ aus. Zudem werden Futtermittel verwendet, die der menschlichen Ernährung dienen könnten. 

Teurer, aber besser für Tiere und Menschen

Das Gras auf der Weide hat tiefere Nährstoffgehalte als Getreide oder Mais. Deshalb dauert es in der Weidemast länger, bis ein Tier das Schlachtgewicht erreicht hat. Die längere Mastdauer erhöht die Kosten und damit die Verkaufspreise. Demeter- und KAGfreiland-Betriebsleiter und Weidebeefproduzent Dani Böhler aus dem aargauischen Mellikon bringt die Vermarktungssituation auf den Punkt: «Die höheren Preise von Fleisch aus Weidemast sind eine grosse Herausforderung in der Vermarktung. Konsumentinnen und Konsumenten können eine nachhaltige Landwirtschaft täglich unterstützen, indem sie beim Einkauf die entsprechenden Produkte in ihren Einkaufskorb legen.»

Dafür erhalten die Konsumentinnen und Konsumenten dank der grasbasierten Fütterung eine bessere Fleischqualität. Fleisch (wie auch Milch) von Tieren, die mit Gras gefüttert wurden, enthält mehr Omega-3-Fettsäuren, weniger gesättigte Fettsäuren, tiefere Cholesterinwerte und ist geschmackvoller als Fleisch aus intensiver Stallmast. 

Weidemast ist also nicht nur für die Tiere selbst gesünder, sondern auch für die Konsumentinnen und Konsumenten.

Eine Fleischproduktion, die das Tierwohl in den Vordergrund stellt, ist nur mittels Weidemast möglich. Deshalb ist der Auslauf auf eine Weide für alle Nutztiere oberste Priorität von KAGfreiland.

Mutterkuhhaltung

Für Rindfleisch auf der Grasweide gibt es zwei verschiedene Produktionssysteme: Die Mutterkuhhaltung und die Weiderinderhaltung. Beides sind extensive Produktionsweisen und unterscheiden sich stark von den intensiven Stallmastsystemen Grossviehmast und Kälbermast.

In der Mutterkuhhaltung werden Kälber von ihrer Mutter in der Herde grossgezogen und leben bis zur Schlachtung mit der Mutter zusammen. Sie leben in Laufställen und auf Weiden und ernähren sich nach der Muttermilch hauptsächlich von Gras. Geeignet sind Fleischrassen oder Zweinutzungsrassen. Viele Betriebe lassen einen eigenen Stier in der Herde mitlaufen.

Auf dem KAGfreiland-Betrieb von Julian und Liliane Künzle-Kesseli im sankt-gallischen Algetshausen lebt eine Mutterkuhherde, die hauptsächlich aus Tieren der Rasse Hinterwälder besteht. «Weil es sich um eine kleine und leichte Rasse handelt, die sich gut für die Weideflächen auf unserem Betrieb eignet, haben wir uns für Hinterwälder entschieden. Zudem ist die Fleischqualität solcher Tiere überragend», erklärt Julian Künzle.

Die Schlachttiere aus der Mutterkuhhaltung werden im Alter von rund zehn Monaten geschlachtet. Fleisch aus Mutterkuhhaltung wird zum grössten Teil unter dem Label «NaturaBeef» verkauft.

Rinderhaltung auf der Weide

Weiderinder auf einer Alp
Weiderinder auf einer Alp.

In der Weiderinderhaltung werden Kälber, ohne Mutter, aber mit gleichaltrigen Jungtieren ebenfalls auf der Weide gemästet. Im Alter von bis zu zwei Jahren werden sie dann geschlachtet. Die Rindfleischproduktion ist stark an die Milchproduktion gekoppelt, da man nicht alle Kälber zu Milchkühen aufziehen kann. Kälber von Milchkühen haben zwar nicht die optimalen genetischen Voraussetzungen für die Mast, jedoch kann man aus solchen Tieren vorzügliches Fleisch produzieren. 

Man kann die Milchkuh mit einem Fleischrassestier kreuzen. Diese Kreuzungskälber eignen sich sehr gut für die Weidemast. Für das Produktionssystem Weiderindermast sprechen die nachhaltige Nutzung von Grasland, die Verwertung des «Nebenprodukts» Kalb aus der Milchwirtschaft und die tierfreundliche Haltung. 

Das meiste Rindfleisch aus Weidemast wird unter den Labeln «Weidebeef» oder «Weiderind» (oft in Bio-Qualität) verkauft. 

Weidemast von Schafen und Ziegen

Weide-Lammfleisch
Weide-Lammfleisch aus der Schweiz ist tierfreundlich und schmeckt besser.

Für die Produktion von Lammfleisch kann man sowohl Lämmer von Milchschafen als auch von Fleischrassentieren nutzen. 2023 stammten nur 42 Prozent des Lammfleisches aus Schweizer Produktion. Je nach Betrieb werden die Lämmer vom Mutterschaf getrennt aufgezogen oder mit der Mutter in der Herde. Auch beim Lammfleisch wirkt sich die Grasfütterung auf die Fleischqualität aus, denn je mehr Getreide anstatt Gras verfüttert wird, desto stärker ist der «Schafgeschmack». 

Der grösste Teil des in der Schweiz verkauften Lammfleisches wird heute importiert und aus Neuseeland und Australien um die halbe Welt transportiert.

Gitzifleisch, also Fleisch von jungen Ziegen, ist ein saisonal konsumiertes Fleischprodukt. Fast nur zu Ostern ist der Verkauf für Produzenten kostendeckend. Je nach Betrieb kommen jedoch ganzjährig Gitzi zur Welt. Die meisten von ihnen stammen von Milchziegen, die gemolken werden wollen. Deshalb zieht man die Jungtiere meist von der Mutter getrennt auf. 

Die Mast für ein Ostergitzi dauert lediglich etwa zwei Monate. Es gibt jedoch mittlerweile immer mehr Betriebe, die Gitzifleisch in Weidemast produzieren. Die Gitzi werden dabei etwas älter und wachsen nicht so schnell.  

Freiland-Schweinemast

Schweinefleisch wird mehrheitlich hinter verschlossenen Türen im Stall produziert. Fast ein Drittel der Schweine hat immerhin die Möglichkeit in einen Auslaufbereich unter freiem Himmel zu gehen. Dieser besteht jedoch fast vollständig aus Betonboden und Betonwänden. 

Das Wühlen in einer Wiese und Suhlen im Schlamm ist nur wenigen Schweinen in Freilandhaltung möglich. Auch Schweine muss man in der Weidemast länger mästen als im Stall und die Tiere werden älter. Die Weidehaltung von Schweinen ist aufwändig, weil die Weideflächen regelmässig gewechselt werden müssen, um Bodenschäden und Überdüngung zu vermeiden. 

Die Schweine hingegen lieben die Weidehaltung. Sie können ihre natürlichen Bedürfnisse wie wühlen, suhlen und inspizieren, befriedigen, haben deutlich mehr Platz als im Stall und sind oft gesünder. 

Geflügelfleisch aus Weidemast

Die Schweizer Geflügelfleischproduktion hat sich in den letzten zwanzig Jahren verdoppelt. Von den über 9,3 Millionen Mastpoulets in der Schweiz hat im Rahmen des RAUS-Programms nur jedes zwölfte Huhn Zugang zu einer Weide. Die Weidemast ist eine extensive Form der Fleischproduktion und leider fast nur im Bio-Sektor anzutreffen. 

Eine besondere Herausforderung der Hühnerhaltung im Freiland sind Raubtiere wie Füchse oder Greifvögel. Lösungen dazu sind beispielsweise genügend und gut verteilte Strukturen auf der Weide. Die Mast von Freilandhühnern dauert mindestens 63 Tage und damit doppelt so lange, wie jene von intensiven im Stall gehaltenen Masthühnern. 

Pouletfleisch aus Weidemast weist eine besseres Fettsäurenverhältnis auf. Das Fleisch ist zarter und saftiger. 

Das KAGfreiland-Label garantiert, dass Rinder, Schweine oder Masthühner hinaus ins Freie durften. Heute hat weniger als ein Drittel der Mastrinder Zugang zu einer Weide und artgerechtem Futter. Und nur ein einstelliger Prozentanteil aller Schweine und allen Mastgeflügels wächst auf der Weide auf. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Die Autorin leitet den Fachbereich «Artgerechte Tierhaltung» bei KAG-Freiland.
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Landwirtschaft

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4 Meinungen

  • am 24.09.2024 um 17:22 Uhr
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    Seltsam, solche „Artikel“… das ist ja mal vorwiegend eine Publireportage. Eine, die einmal mehr und zum Leidwesen aufgeklärter Menschen den Mythos Grasland propagiert.
    Wissen denn die meisten Menschen nicht, dass Getreide „Gräser“ sind…? Es wächst mitnichten einfach nur „Gras“ auf diesen Feldern, das ist einfach die pure, blosse Propaganda der Tieragrar-Lobby.

  • am 25.09.2024 um 00:12 Uhr
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    Leider ein nutzloser Artikel. Wir alle kaufen meistens Fleisch im Coop, in der Migros/Denner, im Lidl oder im Aldi. Ein unglaublicher Labelsalat empfängt uns da. Beispiel Coop, dort ist es am schlimmsten: Naturafarm, Naturaplan, Naturabeef, IP, Oekoplan, Knospe etc, etc. Wenn man versucht, sich schlau zu machen , stösst man auf RAUS oder BTS. Beides eine pdf-Datei des Bundes mit gegen 100 Seiten. Dabei realisiert man, dass die Tiere je nach Gattung im Vergleich zu den Mindestanforderungen nur minim mehr Platz haben und an gewissen Tagen etwas öfter draussen sein dürfen. Was aber mit unzähligen Ausnahmen wieder zunichte gemacht werden kann. Bei BIO weiss man nicht ob sich das aufs Futter bezieht oder aufsTierwohl. Lidl hat immerhin ein einfaches Ampelsystem . Die von uns finanzierte Proviande-Reklame behauptet, CH-Tiere seien besser behandelt, obwohl logischerweise dank günstigerer Bodenpreise Tiere im Ausland mehr Auslauf haben.
    Ich hätte mir von der KAG-Dame mehr Klarheit erhofft.

  • am 25.09.2024 um 12:22 Uhr
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    Sehr wahr. Abgesehen davon sorgt Weidefleisch für eine ausgewogene Stickstoffbilanz und die Klimabilanz kann auch viel besser ausfallen als bei Tieren, die hauptsächlich mit importiertem Kraftfutter ernährt werden.

  • am 26.09.2024 um 10:36 Uhr
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    Noch einige Jahre nach dem 2. WK wurden in den westlichen Industrieländern Schweine, Ziegen, Schafe, Hühner, Hasen und Kaninchen auch im städtischen Bereich zur Selbstversorgung mit damals knappen Fleisch, Fett, Eiern und Milchprodukten gehalten. Gefüttert wurden diese natürlich nicht mit importierten Kraftfuttern oder für den menschlichen Verzehr geeigneten Getreiden sondern mit Rauhfutter, Molke, Presskuchen, Maische, Trester, Speiseabfällen und für den Menschen nicht verwertbarem Gemüse. Verwertet wurde alles an diesen Tieren. Jedermann war froh, von Zeit zu Zeit gutes selbstgeschlachtetes Fleisch auf den Tisch zu kriegen. Noch heute gibt es diese Tradition in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens, Ungarn, Bulgarien und Rumänien: hier wird in Hofschlachtung ein großer Teil des Fleischbedarfs verwurstet, geselcht, fürs Jahr haltbar gemacht, alte Legehennen als Suppenhuhn verwertet, bei Bedarf Kleinvieh geschlachtet.

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