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Die Lebensmittelpreise in Deutschland steigen schnell. Das bereitet vielen Menschen Kopfzerbrechen. © Depositphotos

Deutschland: Konzernmonopole treiben Lebensmittelpreise hoch

Daniela Gschweng /  Lebensmittelpreise in Deutschland sind so stark gestiegen wie nirgends in Europa. Bei den Produzenten kommt davon wenig an.

Die Weihnachtszeit ist für viele Einzelhandelsunternehmen die umsatzstärkste im Jahr. Dieses Jahr nicht. Zumindest nicht in Deutschland. «Eher schwach», sei das Weihnachtsgeschäft bisher, schrieb der deutsche Einzelhandelsverband am 21. Dezember in einer Mitteilung. Dem bisher «enttäuschenden» Weihnachtsgeschäft «fehlt es an Schwung», fand er schon am 14. Dezember. Man hoffe auf die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr.

So kann man es auch ausdrücken. Das Konsumklima in Deutschland ist so schlecht wie seit April 2024 nicht mehr. Die «Sparneigung» der Deutschen sei zuletzt in der Finanzkrise so hoch gewesen, beklagte das Marktforschungsinstitut GfK am 19. Dezember. Der Experte Rolf Bürkl vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen auf die Angst der Deutschen vor Inflation sowie aktuelle politische Gegebenheiten zurück. Die deutsche Regierung hat unter anderem angekündigt, das Rentensystem umbauen zu wollen.

Die naheliegenderen Gründe: Wer nach dem Wocheneinkauf nicht genügend im Portemonnaie hat, der hält sich bei anderen Ausgaben zurück. Lebensmittel in Deutschland werden seit Jahren überdurchschnittlich schnell teuerer. Zwischen Januar 2020 und Juli 2025 sind die Preise um durchschnittlich 37 Prozent gestiegen. Nach dem Ernährungsreport 2025 nimmt der Anteil derer, die beim Einkaufen auf den Preis achten, weiter zu.

Foodwatch: Weihnachtliche Lebensmittel um 20 Prozent teurer als zum letzten Jahresende

Lebensmittel, die um Weihnachten besonders nachgefragt sind, sind im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich 21 Prozent teurer geworden. Das hat die Konsumentenorganisation Foodwatch anhand eines «Winterwarenkorbs» bei Aldi Nord ermittelt. Nur zwei der 25 Produkte sind günstiger geworden: Rotkohl und Rosenkohl. Früchte- und Kräutertee, Gänsebrust und Schoggi-Weihnachtsmänner sind dagegen um bis zu 70 Prozent teurer geworden. «Trotz sinkender Importkosten für Kakao, Orangen und Getreide», sagt Foodwatch-Geschäftsführer Chris Methman zu «Öko-Test».

Zu Anfang des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine war der Preisanstieg nachvollziehbar, weil die Waren aus der Ukraine plötzlich fehlten. Dafür hat sich aber grösstenteils längst Abhilfe gefunden. Die Lebensmittelhersteller griffen dafür häufiger zu Tricks, die aus Lebensmitteln mehr Gewinn herausholen sollten, wie Shrinkflation oder Skimpflation (Infosperber berichtete regelmässig).

Am Preisanstieg verdienen hauptsächlich die Grossen Vier

Die Preise in Deutschland stiegen dennoch weiter, schneller als fast überall anders in Europa. «Bei Milcherzeugnissen sind sie um 75 Prozentpunkte gestiegen», sagt Tomaso Duso, Vorsitzender der deutschen Monopolkommission. Hauptgrund sei die wachsende Marktmacht der Lebensmittelkonzerne, stellte die Kommission in einem Sondergutachten fest.

Die vier grossen Einzelhandelsketten Aldi, Edeka, Rewe und Schwarz (Lidl, Kaufland) kontrollieren je nach Einschätzung zwischen 80 und 90 Prozent des Marktes. Deren Margen stiegen, zitiert die «Tagesschau», während bei den Konsumentinnen und Konsumenten das Geld knapp wird. Die vier Supermarktketten streiten das ab. Besonders kritisch sieht Duso dabei, dass Lebensmittelverkäufer zunehmend selbst Lebensmittel herstellen. Die Eigenmarken erhöhen die Marktmacht der Konzerne weiter.

«Mineralwasser hat sich teilweise innerhalb eines Monats um fast 30 Prozent verteuert», sagt Steffen Vogel von Oxfam. Das könne man nicht mehr mit dem Ukrainekrieg erklären. Besonders gestiegen seien die Preise der Eigenmarken. Lieferanten würden «Ausgequetscht wie eine Zitrone», so der Titel eines Oxfam-Berichts vom November 2025.

Die Produzenten haben das Nachsehen

Bei den eigentlichen Produzenten bleibt immer weniger hängen. Einzelne «Super-Angebote» der Discounter, die das allgemeine Preisniveau nicht abbilden, machen Schlagzeilen. Butter, meldeten deutsche Medien unlängst, koste teilweise nur noch 99 Cent. Die Milchbauern bekommen für ihre Milch dabei nur wenig mehr als die Produktionskosten. Wenn der Preis weiter sinke, liege er unter den Herstellungskosten, sagt der Milchbauer Elmar Hannen gegenüber «Plusminus», das die Konsumentenstimmung im Video zusammengefasst hat. In Spanien und Frankreich ist das verboten.

Foodwatch fordert, die Mehrwertsteuer für gesunde Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte abzuschaffen und richtete dafür einen Apell an den deutschen Landwirtschafts- und Ernährungsminiser Alois Rainer. Davon, Einzelhandelskonzernen Produzentenpreise unter den Herstellungskosten zu verbieten, wie es in anderen Ländern Gesetz ist, hält schon einmal nichts. Einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommision lehnte er ab.

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