Solway_SVT_Zug

Besuch in Zug: Ein schwedischer Journalist klingelt bei Solway. © Sveriges Television

Zuger Firma wegen Korruption und Geldwäsche unter Verdacht

Pascal Sigg /  Ein Datenleck und Nachrecherchen verschiedener Medien zeigen grobe Missstände bei einem Zuger Unternehmen in russischem Besitz.

Die Zuger Rohstofffirma Solway sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Dem Recherchenetzwerk «Forbidden Stories», das die Arbeit bedrohter Journalisten weiterführt, wurden interne Dokumente einer Tochterfirma zugespielt. Sie belegen, dass Abfälle der grössten Nickelmine Mittelamerikas den nahegelegenen Izabal-See verunreinigt hatten. Im März 2017 hatte sich das Wasser des guatemaltekischen Gewässers stellenweise rot gefärbt. Bei Protesten der Lokalbevölkerung erschoss die Polizei einen Fischer. Gefilmt wurde die Szene von einem Lokaljournalisten, der deswegen bedroht wurde.

JournalistInnen springen für den bedrohten Kollegen ein: Der Trailer zur Mining Secrets-Recherche

Die mittlerweile frei verfügbaren Dokumente enthalten auch Daten über interne Messungen, welche stark erhöhten Nickelgehalt in Luft und Wasser belegen. Anwohner am Izabal-See klagen über Symptome von Nickelvergiftungen. Zudem zeigen die internen Dokumente, dass der Minenbetreiber versucht haben soll, die Lokalbevölkerung und die Polizei systematisch zu bestechen, um den Widerstand gegen den Nickelerz-Abbau zu brechen. Internationale Medien wie die «Süddeutsche Zeitung» (mit einem ausführlichen Dossier, teils hinter Paywall), «Le Monde» oder «El Pais » haben in den vergangenen Tagen über die Recherche mit dem Titel «Mining Secrets» berichtet.

Solway weist gegenüber der «Süddeutschen» alle Vorwürfe zurück: «Diese Informationen entsprechen nicht der Realität.» Man stehe im fortlaufenden Dialog mit den lokalen Gemeinden und pflege «gutnachbarschaftliche Beziehungen», teilte Solways Pressebüro mit. CEO Dan Bronstein schrieb per Mail: «Wir widersprechen allen Anschuldigungen, die ohne Faktenbasis vorgebracht werden.» Die Firma arbeite «in vollem Einklang mit geltendem nationalem Recht sowie internationalen Regeln».

«Unsere Arbeit wird sorgfältig von nationalen Aufsichtsbehörden und internationalen Wirtschaftsprüfungs- und Zertifizierungsstellen überwacht sowie vom Schweizer Departement für auswärtige Angelegenheiten, dem Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und der Schweizer Botschaft», heisst es weiter. Die «Süddeutsche Zeitung» kommentierte: «In der Schweiz gelten bislang allerdings keine besonders strikten Regeln für international tätige Konzerne, was die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz angeht.»

Ein Korruptionsskandal im Hintergrund

Sehr umfangreiche Nachrecherchen stellte ein Investigativformat des schwedischen Fernsehens «SVT» an. Für die einstündige Reportage mit dem Titel «Smutsigt Stål» (schmutziger Stahl), welche am vergangenen Sonntag ausgestrahlt wurde (auch in der Schweiz frei zugänglich), besuchten die Journalisten die Mine, sprachen mit AnwohnerInnen, reisten nach Zug und klingelten bei Solway-CEO Dan Bronsteins Villa in Chêne-Bougeries bei Genf. Sie verfolgten auch eine Nickellieferung von Guatemala nach Schweden und konfrontierten die finnische Firma Outokumpu, welche auch für IKEA-Küchen rostfreien Stahl herstellt und sich als umweltfreundlichstes Stahlunternehmen der Welt bezeichnet. Outokumpu gab darauf unter anderem an, die Bestellungen bei Solway eingestellt zu haben.

Fürs schwedische Journalisten-Team besonders interessant war der Fall des ehemaligen guatemaltekischen Korruptionsanklägers Juan Francisco Sandoval. Im vergangenen Juni hatte ihm ein Zeuge berichtet, dass er dem Präsidenten Alejandro Giammatei persönlichen einen Teppich übergeben hatte, in dem Bargeld eingerollt war. Im Juli wurde er entlassen und floh mit Hilfe des schwedischen Botschafters ins Nachbarland El Salvador. Gemäss Sandovals Zeuge stammte das Geld von russischen Geschäftsleuten der Firma Mayaniquel, die mit einer Tochterfirma von Solway Geschäftsbeziehungen unterhält. Solway selber streitet jegliche Verbindung zum Korruptionsskandal ab.

Recherchen zum Schweizer Bezug der Firma Solway lieferte bisher das Zürcher Online-Magazin «das Lamm». Bereits im November 2021 hatte es mit einem guatemaltekischen Radiojournalisten gesprochen. Dieser sagte: «Das Unternehmen hat zwar seinen Hauptsitz in Zug, hier in Guatemala sehen wir allerdings nur russische Mitarbeiter:innen. In El Estor gibt es eine Gated Community für die Arbeiter:innen und Familien, die aus Russland nach Guatemala gebracht werden. Deswegen reden in Guatemala die meisten von einem russischen Unternehmen.»

Multiple Nationalitäten und verschleierte Geldflüsse

«Das Lamm» fragte diese Woche auch beim SECO nach. Dort hiess es, es lägen keine Unterlagen vor, welche Verbindungen zum russischen Regime bestätigten. «Die im Handelsregister des Kantons Zug eingetragenen Führungskräfte und Eigentümer sind weder russische Staatsbürger noch in Russland ansässig.» Tatsächlich hat Besitzer Aleksandr Bronstein auch den estnischen Pass. Und sein Sohn, CEO Dan Bronstein, den deutschen. Doch gemäss dem Recherchekollektiv Bellingcat pflegt das Unternehmen enge Beziehungen zum Kreml.

Abgesehen vom Umweltskandal in Guatemala nähren die Mining-Secrets-Daten auch einen erheblichen Geldwäschereiverdacht. In einer separaten Recherche identifizierten Journalisten 23 Unternehmen mit Verbindung zum Rohstoffunternehmen Solway, welche zwischen 2007 und 2015 insgesamt fast 2 Milliarden in grossen runden US-Dollar-Beträgen ohne klare Geschäftsgründe verschoben. Bereits 2019 hatte der Guardian berichtet, dass Solways Besitzstruktur durch ein Offshore-Geflecht verschleiert sei. Auch diese Vorwürfe streitet das Unternehmen ab.


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Pascal Sigg

Pascal Sigg ist Redaktor beim Infosperber und freier Reporter.

2 Meinungen

  • am 12.03.2022 um 13:31 Uhr
    Permalink

    Hat denn schon irgendwann irgend eine Firma oder politische Instanz einer journalistischen Anschuldigung nicht wiedersprochen ?

  • am 14.03.2022 um 18:28 Uhr
    Permalink

    Und wieder ist Zug mittendrin. Und die Vorsteherin der Volkswirtschaftsdirektion, Silvia Thalmann-Gut, will keine Ahnung haben.

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