Lachgas

Lachgaszylinder auf einer Strasse in den Niederlanden im August 2017. © cc-by Sebastiaan ter Burg

Lachgas – Droge, Anästhetikum und Klimahammer

Daniela Gschweng /  Das altehrwürdige Lachgas ist 270 Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid. Dennoch hört man davon wenig.

Lachgas oder Distickstoffmonoxid (N2O) ist bekannt als Narkosemittel, Treibgas für Lebensmittel und Partydroge. Das Gas ist ausserdem ein Klimahammer, von dem man selten hört.

In die Medien gelangte das farblose, süsslich riechende Gas in letzter Zeit vor allem wegen Unfällen im Lachgasrausch. Was dabei völlig unterging: Seine Klimaschädlichkeit.

Partydroge ist eines der gefährlichsten Klimagase

Lachgas trägt laut dem Helmholtz-Zentrum derzeit rund sechs Prozent zur Klimaerhitzung bei. Das Klimagas ist über 100 Jahre ungefähr 270-mal so klimawirksam wie Kohlendioxid, baut sich aber schneller ab. In der Atmosphäre hat N2O laut dem WWF eine Lebensdauer von rund 120 Jahren. Lachgas schädigt zudem die Ozonschicht.

Spärliche Informationen über Lachgas

Wie umweltschädlich Lachgas ist, darüber wird nur spärlich informiert. Auf Info-Seiten wie denen des deutschen Umweltbundesamts und des Schweizer Bundesamts für Umwelt (BAFU) wird Lachgas meist in kurzen Absätzen abgehandelt oder gleich mit dem ebenfalls klimaschädlichen Methan zusammengefasst. Daran ändert sich nur langsam etwas.

Woher kommt das potente Klimagas?

Lachgas entsteht vor allem bei der Verbrennung und bei biologischen Abbauprozessen, also zum Beispiel

  • wenn Mikroorganismen stickstoffhaltige Verbindungen in Wasser und Boden zersetzen.
  • bei der Verbrennung von Biomasse (Waldbrände, Brandrodung, Abfallmanagement).
  • beim Verbrennen fossiler Energieträger wie Gas, Kohle und Öl.
  • in Kläranlagen bei der Abwasserreinigung.
  • In stickstoffhaltigen Gewässern, besonders bei Algenblüten.
  • Lachgas wird ausserdem in der chemischen Industrie verwendet.

Lachgas oder N2O wird auch chemisch hergestellt. Die Zersetzung im Boden ist aber die Hauptquelle.

Wachstums-Turbo Stickstoff schadet dem Klima

Stickstoffhaltige Verbindungen, die in Wasser und Boden zu Lachgas abgebaut werden, sind dabei natürliche Quellen, aber auch organische und chemische Düngemittel, die viel Stickstoff enthalten. Dadurch sollen Pflanzen besser und schneller wachsen. Stickstoff ist ein wesentlicher Bestandteil von Protein (Eiweiss).

Nicht aller Stickstoff im Dünger wird zum angestrebten Pflanzen- oder Tierprotein. Der Stickstoffüberschuss gelangt als Nitrat (NO3) ins Wasser. Oder er wird weiter umgesetzt, unter anderem zu Lachgas.

Das Resultat kann man an Messungen sehen. Der Lachgasanteil in der Atmosphäre war mehrere tausend Jahre lang relativ konstant, zeigen Analysen von Eisbohrkernen. Seit Beginn der Industrialisierung, als Kunstdünger in grossen Mengen verfügbar wurde, hat die N2O-Konzentration in der Atmosphäre um 23 Prozent zugenommen. In Europa sind die Emissionen in den letzten Jahren leicht gesunken.

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Für Jahrtausende war die Lachgasmenge in der Atmosphäre relativ konstant. Mit der Industrialisierung stieg sie steil an.

Stickstoffmanagement in der Landwirtschaft zahlt sich aus

Rund sechs Prozent der Schweizer Treibhausgasemissionen bestehen aus Lachgas. Mit leicht sinkender Tendenz. Das starke Klimagas stammt zu fast zwei Dritteln aus der Landwirtschaft. Quelle sind vor allem stickstoffhaltiger Mineraldünger, Gülle und Mist sowie zu einem kleineren Teil die Tierhaltung.

Lachgas entsteht auch im Bio-Landbau. Etwa ein Prozent des Düngers im Biogemüsebau werden zu Lachgas umgesetzt, analysierte das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) 2020. Immerhin, fand Agroscope vor zwei Jahren, sind die Lachgasemissionen auf Kuhweiden in trockenen Jahren geringer. Trockene Jahre oder Sommer dürfte es durch die Klimakrise zukünftig öfter geben. Die Universität Innsbruck fand vor drei Jahren allerdings, dass der Lachgasausstoss nach der Wiederbefeuchtung am höchsten ist.

Gegen die Lachgasemissionen in der Landwirtschaft helfen können die aus der Nitrat- und Methanproblematik bekannten Gegenmittel:

  • kontrollierte und möglichst sparsame Verwendung von Dünger.
  • effiziente Fütterung, damit möglichst wenig Stickstoff in Wasser und Boden gelangt.  
  • Verkleinerung der Nutztierbestände.
  • sorgsame Behandlung von Lachgasquellen wie Gülle und Mist.

Dank solcher Massnahmen sinken die Lachgasemissionen in Europa. Um die Klimaziele zu erreichen, sinken sie jedoch zu langsam. Weltweit steigen sie weiter an, vor allem in Ländern mit umfangreicher Landwirtschaft wie Brasilien, China und Indien.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

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Die Klimapolitik kritisch hinterfragt

Die Menschen beschleunigen die Erwärmung der Erde. Doch kurzfristige Interessen verhindern griffige Massnahmen.

Kuh

Landwirtschaft

Massentierhaltung? Bio? Gentechnisch? Zu teuer? Verarbeitende Industrie? Verbände? Lobbys?

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Eine Meinung zu

  • am 15.05.2024 um 09:36 Uhr
    Permalink

    Niemand kann genau quantifizieren, wie sehr «menschengemachtes» CO2 und N20 an der Erderwärmung beteiligt sind, bei der viele, viele andere Faktoren ebenfalls eine Rolle spielen. Niemand kann genau voraussagen oder nur annäherungsweise bestimmen, wie sich das Klima in den einzelnen Klimazonen entwickeln wird. Dazu sind die Dinge zu komplex, auch wenn computererzeugte Modelle hier als Wahrheit verkauft werden. «Klimagas», «Klimahammer», «Klimakiller», «Klimakrise» sind mediale Schlagworte, die Panik verbreiten und einer sachlichen Lagebeurteilung nur im Wege stehen; so ist die Temperatur in Städten bspw. sehr stark von Kaltluftschneisen, Begrünung und Art der Bodenversiegelung abhängig und hat vorrangig erst einmal nichts mit Gülle und CO2-Ausstoß zu tun.

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