90 Prozent neuer Energiequellen weltweit sind Erneuerbare

Die Anzahl der Wind- und Solarkraftanlagen wuchs 2020 kräftig. © public-domain pxhere

90 Prozent neuer Energiequellen weltweit sind Erneuerbare

Daniela Gschweng /  Der Zuwachs bei Wind- und Solarkraft übersteigt die Prognosen der internationalen Energie-Behörde IEA bei weitem.

«Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen», ein Bonmot, das wahlweise Karl Valentin, Mark Twain oder dem Physiker Nils Bohr zugeschrieben wird. Soll heissen: Nachher ist manchmal alles anders, als es Experten vorher ausgerechnet hatten. Ein Faktor fehlte, eine Entwicklung wurde übersehen.

Die Internationale Energieagentur IEA macht gerade die Erfahrung, wie es ist, wenn man sich auf der richtigen Seite irrt. Die Kapazitäten für Strom aus erneuerbaren Energien sind 2020 so sehr gewachsen, dass sie auch die höchsten Prognose-Rechnungen übertroffen haben, gab die Agentur in ihrem jüngsten Bericht bekannt.

Prognosen zum zweiten Mal in einem Jahr erhöht

Trotz Pandemie wuchs die Kapazität um 280 Gigawatt gegenüber dem Vorjahr. Die Nachfrage nach anderen Energiequellen nahm ab. Biokraftstoffe waren pandemiebedingt allerdings weniger nachgefragt.

Die IEA erhöhte ihre Wachstumsprognosen für erneuerbare Energien vom November 2020 um 25 Prozent und gegenüber Mai 2020 um 40 Prozent.  

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Jährliches globales Wachstum der Wind- und Solarkapazität 2000-2025 in Gigawatt. Schwarz: tatsächliches Wachstum, blau: IEA Prognosen vom Mai 2020 (ganz unten), und November 2020 (durchschnittlich und optimistisch), rot: Mai 2021 bis Mai 2022.

Der Zuwachs der Erneuerbaren von 45 Prozent gegenüber 2019 ist der grösste seit 1999. Von den im vergangenen Jahr insgesamt neu erstellten Energiequellen waren 90 Prozent erneuerbar, was vor allem auf Wind- und Solarkraft zurückzuführen ist. Solche extrem hohen Zuwächse könnte das «neue normal» werden, berichtet «Carbon Brief».

IEA rechnet mit anhaltendem Solar-Boom

Der Zubau an Windkraftanlagen hat sich auf 114 GW weltweit fast verdoppelt. Den grössten Zuwachs in den nächsten Jahren sagt die IEA der Photovoltaik voraus. Der überwiegende Teil 2020 ist auf den rasanten Aufbau von Solarkraftwerken in China zurückzuführen.

China ist in Folge auch das einzige Land, in dem sich das Wachstum im Solarbereich verlangsamen wird. Gleichzeitig ist das Land grösster Hersteller von Solartechnik und den dazu benötigten Rohstoffen. Die IEA sieht diese Konzentration auf längere Sicht denn auch als Risiko.

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Zuwachs (Increase) und Abnahme (Decrease) erneuerbarer Energieträger 2019 bis 2020 nach Land und Energiequelle.

Andere Länder werden die Normalisierung in China auffangen. Der Solarausbau in Europa hat dank günstiger Preise und guter Bedingungen zugenommen. Angeführt von Deutschland, Frankreich und den Niederlanden wird Europa damit zweitgrösster Markt für erneuerbare Energien. Die USA sind optimistisch, dass Steuervergünstigungen das Tempo steigern werden.

Plus 160 Gigawatt 2022

Nicht vergessen sollte man dabei, dass China zuletzt mehr Treibhausgase ausstiess, als alle entwickelten Länder zusammen, und Deutschland fast einen Viertel seines Energiemixes aus Braunkohle erzeugt. Die Schweiz steht mit einem hohen Anteil an Wasserkraft diesbezüglich besser da, hat aber ebenfalls Aufholbedarf. Der Knackpunkt dabei sind vor allem Heizungen, die mit fossilen Energieträgern laufen. Auch bei der Sonnenenergie ist Luft nach oben, eine Folge von zu vielen Regulierungen, sagt ein Solar-Unternehmer im Gespräch mit «Watson».

In Indien, das zuletzt wenig Zuwachs im Solarbereich verzeichnen konnte, erwartet die IEA wiederkehrendes Wachstum. Die Prognosen sind wegen des in den letzten Wochen starken Anstiegs der Covid-19-Fälle im Land aber noch unsicher. Insgesamt wird das Wachstum der Solarkapazitäten 2022 160 Gigawatt oder mehr betragen und der Energiezuwachs aus Windkraft 80 Gigawatt, sagt die Agentur voraus.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

SolaranlageBauernhof-1

Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke

Erstes, zweites und drittes Gebot: Der Stromverbrauch darf nicht weiter zunehmen.

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10 Meinungen

  • am 3.06.2021 um 11:11 Uhr
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    1. Traue keiner Prognose die du nicht selber konstruiert hast.
    2. Von Erneuerbaren zu reden und dafür problematische Rohstoffe (erneuerbar?) abzubauen????
    3. Denn 1. kommt es andders und 2. als man denkt.

  • Portrait_Benno_Beler
    am 3.06.2021 um 11:33 Uhr
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    Mhh, im Artikel fehlt mir ein wenig die Präzision bei den Aussagen und den Vergleichen. Hier nur ein paar beispielhafte Aspekte:
    a) «90 Prozent neuer Energiequellen weltweit sind Erneuerbare»: Das ist eine Aussage über die Anzahl der Quellen. Gemeint ist aber die zusammengezählte Peak-Leistung — oder?
    b) Die Erneuerbaren haben grosse Schwankungen und Stillstandzeiten (Nacht, Winter, Windstille, usw.). Ergo ist nicht die Peak-Leistung relevant, sondern die durchschnittliche Leistung. Oder in Energie gemessen zählt eigentlich nur die durchschnittliche Energie über ein Jahr. Wenn konventionelle E-Werke mit erneuerbaren Elektrizitätsquellen verglichen werden, kann ein sinnvoller Vergleich nur über diese Durchschnittswerte erfolgen. Peak-Leistungen sind unsinnig resp. sagen nichts aus.
    c) Um den Zuwachs quantitativ tatsächlich einordnen zu können, müssten folgende Vergleiche gemacht werden: (i) wie gross ist die globale Elektro-Energieerzeugung im betrachteten Jahr, (ii) wie gross wird die jährliche Elektro-Energie aus den neu gebauten erneuerbaren Quellen sein, und (iii) wie gross ist insgesamt der globale Energiekonsum (also mit fossilen Brennstoffen usw.). Denn genau dieser Teil, der rund dreiviertel des Energiekonsums ausmacht, will man ja elektrifizieren und dekarbonisieren.

  • am 3.06.2021 um 12:17 Uhr
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    Risiken und notwendiger Wandel bei «Energieen» -in Steno-Form «angedacht» wegen Zeichen-Beschränkung:

    Die täglich wachsende, extreme Gefährdung durch Atomkraftwerke
    aus «Versagen» des Dreiecks Mensch/Natur/Technik – trotzdem Neubauten weltweit ?!

    Der brutale Macht-Missbrauch dominierender «Energie-Lieferanten»,
    wie in der weltweiten Katastrophe 1973

    Minimierung der StaatsMacht an der Steuerschraube durch viele dezentrale KleinErzeuger

    xxxx

    Heizung / Klimatisierung/Energieen

    Wenn (wenigstens) in allen Neubauten einfache Belüftungs-Systeme integriert würden,
    die -nach Bedarf- sanfte LuftStröme zwischen von SonnenSeite und SchattenSeite bewegen würden, könnte mit minimaler Investition mindest 10% der Heiz- und Kühl-Energie eingespart werden. ES müsste als Start-Anschub subventioniert werden – ähnlich E-Autos.

    In MittelEuropa liesse sich viel Energie sparen, wenn man mehr «intelligent zwischen- speichert, wie durch Kombination Wärmepumpen / (Erd)-Speicher.

    ? Gute? Wasserstoff -Technologieen ? Mit Energie, die erst verlustreich umgewandelt – und in schweren, teuren Tanks gepeichert wird – anstatt «Elektro» ohne Umweg über Wasserstoff einzusetzen ? Wirtschaftlich, umwelt-technisch, energie-technisch nicht nachvollziehbar !

    Rein politisches Abwürgen der Windenergie in DE letztes Jahrzehnt ?

    Ob die, die als Politiker ihren AmtsEid geschworen haben,
    mit zig-tausenden «Zu-Arbeitern» beglückt sind,
    wirklich nicht wissen, was und warum sie tun ?

    Wolf Gerlach, Ingenieur

  • am 3.06.2021 um 12:52 Uhr
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    Der globale Solar- & Windenergieboom lässt sich nicht so leicht auf die Schweiz übertragen. Die Möglichkeiten sind an verschiedene Bedingungen gebunden wie Topografie, geografische Lage, Bevölkerungsdichte, Fachpersonal, politische Stabilität, Kapital etc. Laut Strommix Schweiz https://www.strom.ch/de/energiewissen/produktion-und-handel/produktion-strommix betrug der Anteil von Erneuerbaren 2018 gerade einmal 5.7% Mittelfristig gilt es 36% Kernenergie zu ersetzen, dazu gilt es eine 6 monatige Stromlücke zu schliessen, die gegenwärtig mit Stromimporten kompensiert wird. – Die Schweiz ist definitiv kein Solar- und Windparadies, unsere Stromversorgung können wir kurzfristig nur noch mit fossilen Energieträgern, z.B. mit Gaskraftwerken sicherstellen. Das CO2 Gesetz würde diese Option verhindern. Deshalb Nein zum CO2 Gesetz am 13. Juni.

  • am 3.06.2021 um 13:50 Uhr
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    Na ja, schön wäre es ja. Nur: Es sind weltweit über 1’200 Kohlekraftwerke in Planung oder im Bau. Da werden die grossen Mengen der Energie der nächsten Jahrzehnte erzeugt. Und gemäss dem Energie-Jahresbericht von BP waren es «nur» gerade 40 % der neuen Energiequellen die aus erneuerbaren Quellen stammen. Man muss sich aber eben auch vor Augen halten, dass bis vor einigen Jahren Strom ein knappes Gut war. Stromsparen war angesagt. Und nun möchten uns einige Politiker erklären, dass Strom quasi über Nacht kein knappes Gut mehr ist und wir die Energiewende inklusive Elektroautos locker meistern können. Natürlich ist dem nicht so. Die nicht erneuerbaren Energiequellen werden noch Jahrzehnte eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung spielen. Aber auch da gibt es erfreuliche Entwicklungen. So ist in Indien bereits das erste CO2-neutrale Kohlekraftwerk am Netz. Mit etwas Vernunft würde man die verschiedenen Arten der Energieerzeugung kombinieren und könnte genug Strom für eine umweltfreundliche Zukunft produzieren.

  • am 3.06.2021 um 13:56 Uhr
    Permalink

    Einmal mehr werden Zahlen und Graphiken veröffentlich, die nicht nachkontrollierbar sind. Bekanntlich kann die Energie der Windräder aus der Nordsee nicht dorthin geliefert werden, wo sie gebraucht wird, nämlich in den Süden – nur ein Beispiel. Die Mähr von der Sonnenenergie wird weiterhin verbreitet, obwohl bekannt ist, dass die Sonne nicht 24h pro Tag scheint.
    Das Elektroauto wird gefördert und als Klimaneutral verkauft, obwohl bekannt ist, dass durch die Gewinnung des Lithiums ganze Landstrich in Chile verdorren, weil das Grundwasser zur Gewinnung in riesigen Mengen benötigt wird. Was uns nützt, schadet andern Orts! Glücklich ist, wer diese Tasachen ausblenden kann! Auch der Abbau anderer, seltener Erden zerstört ganze Landstrich.
    Nach und nach werden in gewissen europäischen Ländern die AKW abgeschaltet. Diese Ausfälle können nie und nimmer durch Sonnen und Windenergie ersetzt werden.

  • am 5.06.2021 um 16:23 Uhr
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    «Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen», schreiben Sie! Das ist weiter nicht schlimm, schlimm ist, wenn man Gewissheiten bei den möglichen Einsichten einfach ignoriert. Aus Unkenntnis oder wider besseres Wissen. Beides geschieht, leider:
    1. Einsicht
    Die Sonne sendet 8000 mahl mehr Energie zur Erde, als wir benötigen. (Hanspeter Dürr)
    2. Einsicht
    Unsere Biosphäre wird am Energieüberschuss zu Grunde gehen, nicht an Energiemangel. Das kommt so wenn man über Jahrmilliarden von der Natur gespeicherte fossile Energien in nur 100 Jahren frevelhaft verheizt und damit den Treibhauseffekt provoziert, tödlich!
    3.Einsicht
    Die erneuerbare Energie heisst Fotovoltaik. Wir müssen nur noch deren Speicherung beherrschen lernen. Das können wir zwar schon (Elektrolyse, z.B.), aber wir tun es nicht, weil Kohle verbrennen immer noch besser rentiert, welche Krämerrechnung.
    4. Einsicht
    Frei nach Werner Vogel: Anders als man denkt kommt es nur, wenn man nach den besten Einsichten handelt.

  • am 7.06.2021 um 14:20 Uhr
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    Die IEA verschätzt sich gewohnheitsmässig, wenn es um Erneuerbare Energieträger geht. Immerhin hat sie jetzt eine Einschätzung publiziert: Die Energieexperten der IEA fordern, keine weiteren Vorkommen mehr zu erschliessen. Und das macht auch Sinn. Der Ausverkauf der fossilen Energieträger hat längst begonnen.
    Daran können auch die Versuche einer Exhumierung der nuklearen Energieerzeugung nichts mehr ändern. So teuer, zu langsam, nicht versicherbar, kein Personal mehr, nicht mehr der Bevölkerung vermittelbar, keine Investoren.

  • am 7.06.2021 um 16:51 Uhr
    Permalink

    Einmal mehr ein Artikel, der trotz vielen Worten und einigen Grafiken herzlich wenig aussagt. Ausser, dass sich die IEA getäuscht hat bei ihren Prognosen. Ich zitiere zur Abwechslung mal Erich Kästner: «Es gibt nichts Gutes – ausser man tut es.» Nämlich neue Erneuerbare zubauen, in Netzleittechnik (nicht in Speicherseen!) investieren, aus fossilen und atomaren Energieträgern zügig aussteigen, jegliche Form von Energieverlust minimieren bzw. den Wirkungsgrad steigern, Suffizienz Ernst nehmen! Punkt! (Und sich nicht in nutzlosen Diskussionen über falsche und weniger falsche Prognosen verstricken.)

  • am 11.06.2021 um 00:07 Uhr
    Permalink

    Wie kaum ein Land Europas, vielleicht abgesehen von Norwegen, hat die Schweiz durch ihr grosses Potential bereits erschlossener Wasserkraft die Möglichkeit, grosse Mengen erneuerbaren Stroms in ihr Netz zu integrieren. Vor allem kann der Photovoltaikstrom, der tagsüber erzeugt wird, schlicht Speicherwasser sparen. Er tritt ja weitgehend synchron mit der Lastkurve auf.
    (Die AKW-Betreiber berücksichtigen dies bereits und legen die gro0en Revisionen in die Sommermonate).
    Bei einer Installation der Solarmodule auf bereits versiegelten Flächen (Dächer, Fassaden, Parkplätze…) wird auch kein Umweltfrevel begangen.
    Festzuhalten ist auch, dass gerade die Schweiz um die Jahrtausendwende einen krassen Stop hingelegt hat, und zwar sowohl beim Ausbau der Wind- und Solarstromerzeugung wie bei der Verpflichtung zur Energieeinsparung im Bauwesen.
    Zwischenzeitlich hat man die Bremsen zwar wieder gelockert, dennoch ist es kein Ruhmesblatt für die reiche Schweiz, die Nachbarn die Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen.

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