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Flugzeuge könnten in Zukunft mit einem wesentlich kleineren CO2-Fussabdruck unterwegs sein. © public-domain Krzysztof Kamil/Pixabay

Flugzeugtreibstoff könnte in Zukunft aus Essensresten bestehen

Daniela Gschweng /  US-Wissenschaftler haben eine Methode gefunden, Abfälle in Düsentreibstoff zu verwandeln, was die Klimabelastung senken könnte.

Verkehr sorgt für einen guten Anteil der Klimabelastung. Grob ein Viertel  des weltweiten Kohlendioxidausstosses verursacht dabei der Transportverkehr. Beim Individualverkehr fallen besonders PS-starke Fahrzeuge und Flugreisen ins Gewicht.

Forschende der University of California in Berkeley haben nun eine Methode gefunden, um Essensreste und anderen Biomüll zu Flugzeugtreibstoff zu verarbeiten, berichtet unter anderen die «BBC». Das «Bio-Kerosin» könnte die Klimabelastung von Flugreisen deutlich reduzieren. Essensreste wiederum gibt es reichlich, ein Drittel bis ein Viertel aller weltweit produzierten Nahrungsmittel landet im Müll.

Akkus sind für Flugzeuge bisher zu schwer

Was auf dem Boden hoffnungsvoll stimmt, klappt in der Luft bisher eher wenig: E-Mobilität ist bisher nur mit kleinen und leichten Sportflugzeugen möglich. Die Reichweite grösserer Maschinen würde zu kurz. Die Batterien sind einfach zu schwer, oder anders gesagt: ihre Energiedichte ist zu gering. Flugbenzin aber muss hohe Ansprüche erfüllen. 

Aus Foodwaste wird bisher unter anderem Biodiesel hergestellt, der diese Anforderungen nicht erfüllt. Eine andere Möglichkeit, mit organischem Müll umzugehen, ist die Vergärung mit Hilfe von Mikroorganismen. Diese machen aus langkettigen organischen Molekülen Methangas (CH4).

Die Gruppe um den Biochemiker Derek Vardon hat den dazu verwendeten Gärungsprozess kontrolliert unterbrochen. So entsteht kein Gas mehr, sondern kurzkettige oder flüchtige Fettsäuren (Volatile Fatty Acids, VFA). Durch Katalyse werden diese dann in Paraffine umgewandelt, legen die Forschenden im Magazin «Proceedings of the National Academy of Sciences» (PNAS) dar. Als Rohstoff in Frage kommen nicht nur Essensreste, sondern auch Abfälle wie Laub, Schlachtabfälle, Gülle, Mist und Abwasser.

Paraffine statt Kerosin

Paraffine sind brennbare Kohlenwasserstoffe. Sie sind je nach Kettenlänge flüssig bis wachsartig fest und ungiftig. Eine Kombination von zwei verschiedenen Paraffinen, die die Forschenden produzieren können, erfüllt die Anforderungen für Düsentreibstoff. Der von den Berkeley-Forschern erfundene Treibstoff kann in einer Mischung 70 Prozent des herkömmlichen Flugbenzins ersetzen.

Das ursprüngliche Produkt Methan ist ein Klimagas, das kurzfristig um ein Vielfaches klimaschädlicher ist als CO2. Entsteht das Gas unkontrolliert, etwa auf Mülldeponien, erhöht es die Klimabelastung. In den USA ist das vielfach der Fall.

Für Derek Vardon, den Hauptautor der Studie, ist die Paraffinproduktion deshalb ein grosser Fortschritt. «Das hier funktioniert tatsächlich für Abfälle, die einen hohen Wassergehalt haben, die wir [in den USA] normalerweise auf Deponien entsorgen», erklärt der leitende Forschungsingenieur am US National Renewable Energy Laboratory gegenüber der «BBC».

165 Prozent CO2-«Ersparnis» und ein Drittel weniger Russ

Weil sie damit die unkontrollierte Methanproduktion aus Abfällen verhindern, geben die Forschenden die CO2-«Ersparnis» des nachhaltigen Paraffin-Treibstoffs mit 165 Prozent an – also Einsparung plus positiver Nebeneffekt bei der Produktion. Ein weiterer Pluspunkt: Das Paraffingemisch verursacht 34 Prozent weniger Russ als herkömmliche Flugzeugtreibstoffe.

Umweltorganisationen kritisieren die Idee teilweise als Greenwashing. Wenn die Menschheit die Klimaziele einhalten wolle, helfe einfach nur weniger fliegen, sagen sie. Danach sieht es aber trotz Flugscham und CO2-Kompensation nicht aus: In den nächsten Jahren sollen die Fluggastzahlen nach Prognosen der IATA weiter steigen. Mehrere Länder haben deshalb Programme aufgelegt, um umweltfreundliche Treibstoffe zu fördern.

Bis der erste Jet mit dem neuen Bio-Treibstoff fliegt, wird es ohnehin noch dauern. Derzeit plant die Universität von Kalifornien, die Produktion des Treibstoffs auszuweiten und hofft, dass er im Jahr 2023 von Southwest Airlines getestet werden kann.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

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5 Meinungen

  • am 9.04.2021 um 11:53 Uhr
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    Vielleicht wäre es von Vorteil, bei den Flugkonzepten nochmals von vorne an zu fangen. Erinnern wir uns an die Zeit der Zeppeline. Mit der heutigen Technologie könnte man diese mit billigem Wasserstoff betreiben, ohne die Gefahr dass sie in Brand geraten. 1 m2 Wasserstoff trägt 1,2 Kilo Masse. (Eine tragende Wasserstoffzelle befindet sich in einer Sauerstoff verdrängenden grösseren Zelle, mit z.B. Halon gefüllt, ohne Sauerstoff keine Brandgefahr) Besonders im Luftfracht-Bereich könnte man so günstig fliegen. Der Wasserstoff könnte auch die Motoren betreiben nebst dem befüllen der Auftriebszellen. Die Aussenhaut des Zeppelins wäre mit den neuen Dünnschicht Solarzellen belegt, welche erneut mit ihrer elektrischen Leistung Wasserstoff erzeugen, das Wasser dafür wird der Luftfeuchtigkeit entzogen. Aufgrund der Grösse könnte man mit den bekannten konstanten Windströmungen fliegen. Mit der heutigen Technologie könnte ein Luftschiff mit der Grösse der Zeppelin LZ 130 (240 Meter lang, 200’000 m3 Gas) nicht nur 11 Tonnen zu den 200 Tonnen Eigengewicht zuladen, sondern mit dem Eigengewicht (Kohlefaser ca. 40 Tonnen) noch 170 Tonnen tragen. (Container Lifting, man braucht nicht zu landen) Ich nehme an das es kein Interesse gibt an solchen Projekten, solange es noch genug subventionierten Flugtreibstoff gibt. Wenn wir Hobbymodellbauer sowas machen können, heisst dies nicht, das es jemanden der «Grossen» interessiert. Heute ist leider nur das schnelle Geld gefragt.

  • am 9.04.2021 um 12:01 Uhr
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    Ich glaube schon, dass die Methode technisch funktioniert, aber ob die Mengen verfügbarer «Abfälle» reichen? Eine ähnliche Problematik besteht bei Wasserstoff als Treibstoff, mit Wind oder solar hergestellt.

    Zuerst sollte der Preis des Fliegens dessen sämtliche Kosten abdecken, alles andere ist Beilage!

  • am 9.04.2021 um 14:31 Uhr
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    Na ja, im Beitrag wird unterschlagen, dass der Flugverkehr weltweit nur gerade 2 % der menschgemachten CO2-Emmissionen verursacht. Wir könnten also heute den ganzen Flugverkehr einstellen und würden keinen wesentlichen Beitrag zur CO2-Reduktion beitragen. Und die Flugverkehrsbranche hat sich verpflichtet, ab diesem Jahr CO2-neutral zu wachsen. Der Anteil insgesamt an den menschgemachten CO2-Emmissionen durch den Flugverkehr nimmt also so oder so ab. Das gute am Beitrag ist, dass aufgezeigt wird, dass es im Flugverkehr mehr und mehr Alternativen gibt. So fliegen bereits Prototypen von Flugzeugen mit Hanf. Und man muss sich immer auch vor Augen halten, dass vom Flugverkehr Millionen von Arbeitsplätzen abhängen. In der Coronakrise hat sich ja gezeigt, dass die Reduktion von Flugbewegungen in den Tourismusdestinationen direkt zu einer massiven Zunahmen der Arbeitslosigkeit und damit zu Hunger und Armut führte. Wenn der Flugverkehr mit weniger Immissionen auskommt und trotzdem weiter wächst haben wir eine klassische Win-Win-Situation.

  • am 10.04.2021 um 23:06 Uhr
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    In 10 Km Flughöhe beträgt die Aussentemperatur -60° Celsius.
    Die meisten Kerosene (Kerosine) sind da noch flüssig, Paraffine kaum noch.
    EADS, private Luftverkehrskonzerne, wie auch die US-Konzerne haben Kerosin aus Mikroalgen gewonnen längst getestet und als geeignet befunden..
    Die Minerölkonzerne wissen das zu verhindern. Banken u, Staaten geben keine Kredite oder Anschubfinanzierungen für die Massenproduktion von ökolgischen Brenn- u. Treibstoffen aus Mikroalgen-Reaktoren. Massenproduktion im/mit CO2-haltigen Meerwasser gehört die Zukunft. Wer aber durchschnittlich 400 Mrd.$ jährlich in die Förderung von Fossilen Energieträgern investiert, möchte, dass das hohe Kapitalrenditen abwirft.
    Erstens sollten Essensreste möglichst vermieden werden.
    Zweitens sollten Essensreste wie früher eher für die Schweinefleischproduktion verwendet werden.
    Heute aufbereitet zu Futtermitteln. Futtermittel, wie Soja, sind viel zu billig, weil die externen Kosten, z.B. für die Bodenzerstörung durch die nötigen Pestizide bei dem hybriden gentechnisch veränderten Saatgut. Der nötige Dünger für die ausgelaugten Böden produziert viel Stickoxide.

  • am 11.04.2021 um 15:21 Uhr
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    Es ist eben doch vor allem Greenwashing!
    Die Technik an sich ist natürlich sinnvoll. Abfälle sollte man keinesfalls auf Halden vor sich hin gären lassen. Man sollte die darin enthaltene Energie nutzen. Je nach Art der Abfälle sind unterschiedliche Methoden vorteilhaft, und natürlich sollte man nach noch besseren Techniken suchen.
    Das alles ändert aber nichts daran, dass das Potential relativ klein ist. Und wichtig: Es ist nicht ausbaufähig, denn es wäre ja widersinnig, absichtlich mehr Müll zu produzieren, nur um nachher mehr Energie daraus zu gewinnen.
    Es gibt zweifellos Möglichkeiten, klimaneutralen Treibstoff zu gewinnen. Aber nicht in der Menge, die von der heutigen Flugindustrie verbraucht wird! Ausserdem neigen die Fluglobbyisten dazu, ihre eigenen Probleme als die weltweit einzigen anzusehen. Die Sache mit dem Flugbenzin ist jedoch nur ein Teil eines grösseren Problems namens «umweltverträgliche Energieversorgung der Menschheit». Dieses Problem lässt sich nur lösen, wenn auch eine Reduktion des Verbrauches (vom Industriestaaten-Niveau) erreicht wird. Auch die Fliegerei muss da ihren Beitrag leisten.

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