Verwandte eines Opfers, das Nahrung

Verwandte eines Opfers, das Essen von der «Gaza Humanitarian Foundation» ergattern wollte © Hani Alshaer/Anadolu

Israel vertreibt Palästinenser in ein «Warschauer Ghetto»

Chris Hedges /  Zusammengepfercht und interniert im Süden Gazas harren hungernde Palästinenser und Palästinenserinnen noch verzweifelt aus.

upg. Der Angriffskrieg Israels gegen Iran hat das Drama in Gaza aus den Schlagzeilen verdrängt. Chris Hedges beschreibt das letzte Kapitel des dortigen Völkermords. Wer heute zuschaut, will später nichts gewusst haben – wie die Deutschen nach 1945 oder die Amerikaner nach der Rassentrennung. 
Auslöser waren der grausame Überfall der Hamas auf israelische Zivilisten und die Geiselnahmen. Doch die Reaktion des Netanjahu-Regimes spottet unterdessen jeder Verhältnismässigkeit.
Hedges war von 1990 bis 2005 Redaktor der «New York Times», namentlich auch Büroleiter für den Nahen Osten. Er publiziert heute auf Substack. Wir übernehmen seinen Kommentar von Scheerpost. Zwischentitel von der Redaktion.


Die letzten Tage von Gaza

Es ist das Ende. Das letzte blutgetränkte Kapitel des Völkermords. Bald wird es vorbei sein. In wenigen Wochen. Zwei Millionen Menschen vegetieren in den Trümmern oder unter freiem Himmel. Täglich sterben Dutzende unter israelischem Beschuss: Granaten, Raketen, Drohnen, Bomben, Kugeln. Es fehlt an allem: sauberem Wasser, Medizin, Nahrung. 

Die Menschen stehen vor dem Ende: 

Auf sadistische Art lockt Israel hungernde Palästinenser mit Versprechen von Wasser und Nahrung in den 14 Kilometer langen, schmalen und überfüllten Landstreifen an der Grenze zu Ägypten – eine letzte Falle. 

Israel und seine zynisch benannte Gaza Humanitarian Foundation (GHF), welche laut Grayzone vom israelischen Verteidigungsministerium und vom Mossad finanziert sein soll, instrumentalisiert den Hunger als Waffe. Palästinenser werden in den Süden Gazas gedrängt, so wie einst die Nazis hungernde Juden mit Zügen ins Warschauer Ghetto deportierten, um sie nachher in Vernichtungslager zu verlegen. 


Ziel ist die Deportation

Das Ziel Israels ist nicht, die Palästinenser zu ernähren, sondern sie zu entwurzeln und zu internieren. Niemand behauptet ernsthaft, dass es im Süden Gazas genug Lebensmittel oder Hilfszentren gibt. Israel will die Palästinenser in streng bewachte Lager pferchen, um sie nachher deportieren zu können.

Ich wage keine Prognosen mehr. Aber ein letzter humanitärer Kollaps steht bevor – ein Inferno. Palästinenser kämpfen um Nahrungsmittelpakete, unter Beschuss von Söldnern Israels und der USA. Innerhalb von acht Tagen töteten diese über 130 Menschen und verwundeten über 700. 

In Gaza rüstet Netanjahu mit dem IS verbündete Milizen aus, lässt Lebensmittelplünderungen zu. Die Zivilgesellschaft ist zusammengebrochen – systematisch zerschlagen durch gezielte Tötungen von Ärzten, Journalisten, UN-Mitarbeitern, Beamten, Polizisten.


Das Mantra «nie wieder» wird zum Hohn

Ich vermute, dass Israel die Grenze zu Ägypten durchbrechen wird. Verzweifelte Palästinenser werden in den ägyptischen Sinai strömen. 

Vielleicht wird es anders enden. Aber es wird bald enden. Die Palästinenser können nicht mehr viel ertragen.

Und wir? Wir sind vollwertige Teilnehmer und Teilnehmerinnen an diesem Völkermord – und am wahnsinnigen Ziel, den Gazastreifen zu leeren und den Grossraum Israel vom Jordan bis zum Mittelmeer auszuweiten. Der Vorhang über den live übertragenen Völkermord wird fallen. 

Die vielen Universitätsprogramme zum Holocaust werden zur Farce. Sie sollten nicht dazu gedient haben, uns an das Schreckliche zu erinnern, sondern Israel als ewiges Opfer zu vergöttern, welches das Recht hat, Massenmorde zu begehen. 

Das Mantra «Nie wieder» wird zum Hohn. Völkermord ist zur Staatspolitik geworden – abgesegnet von Regierungen und getragen von Parlamenten. 


Wer fühlt sich nicht ohnmächtig?

Was bleibt zu sagen? Vielleicht gar nichts mehr. Vielleicht ist genau das die Absicht – uns stumm, gelähmt, machtlos zu machen. Wer fühlt sich nicht ohnmächtig? Traumatisiert? Gefesselt durch das Spektakel des Schreckens.

Ich habe aufgehört, mir die Bilder anzusehen. Die Reihen kleiner, verhüllter Leichen. Die enthaupteten Männer und Frauen. Familien, die in ihren Zelten lebendig verbrannt wurden. Die Kinder, die Gliedmassen verloren haben oder gelähmt sind. Die kreideweissen Totenmasken derer, die unter den Trümmern hervorgezogen wurden. Die Klagelaute. Die ausgemergelten Gesichter. Ich kann nicht.

Dieser Völkermord wird uns verfolgen – wie ein Echo in der Geschichte, wie ein Riss in unserer kollektiven Moral. Und wir werden wieder alles verdrängen.

Wenn es vorbei ist, wird niemand eine Schuld tragen wollen. Die Unterstützer werden sich tarnen, die Gleichgültigen schweigen, die Untätigen ihre Biografie neu schreiben. 

Wie nach dem Dritten Reich. 

Wie nach der Rassentrennung in den USA. 

Ein Volk von angeblich Unschuldigen. Jeder wird behaupten, er hätte Anne Frank gerettet. Die Wahrheit ist: Die meisten haben nur sich selbst gerettet – auf Kosten anderer.

In seinem Buch «One Day, Everyone Will Have Always Been Against This» schreibt Omar El Akkad:

«Sollte eine Drohne einen namenlosen Menschen auf der anderen Seite des Planeten vaporisieren, wer von uns würde sich darüber aufregen? Was, wenn sich herausstellt, dass es tatsächlich ein Terrorist war? Was, wenn sich die stets automatische Anschuldigung als wahr herausstellt und wir damit implizit als Terroristen-Sympathisanten abgestempelt, geächtet und beschimpft werden? 
Ihre Familien wurden durch einen Raketenangriff ausgelöscht. Ihr ganzes Leben wird in Schutt und Asche gelegt – all das wird präventiv mit dem Kampf gegen Terroristen gerechtfertigt.» 

Mein Interview mit El Akkad finden Sie hier.


Die Gewalt wird zurückkehren

Und was glauben wir, was nachher kommt? Dass niemand reagiert? Man kann ein Volk nicht auslöschen, seine Städte in Schutt legen, Zehntausende ermorden, es zur Flucht zwingen – und glauben, das bleibe ohne Echo. Die Gewalt wird zurückkehren. Die Ermordung zweier israelischer Diplomaten in Washington und der Angriff auf Israel-Sympathisanten bei einer Demonstration in Boulder, Colorado, sind nur der Anfang.

Chaim Engel, der am Aufstand im Nazi-Vernichtungslager Sobibor in Polen teilnahm, beschreibt, wie er einen Wachmann im Lager mit einem Messer angegriffen hat:

«Das ist keine Entscheidung. Man reagiert einfach instinktiv. Mit jedem Stich sagte ich: ‹Dieser ist für meinen Vater, dieser für meine Mutter und dieser für all diese Menschen, für alle Juden, die ihr getötet habt.›»

Glaubt irgendjemand, Palästinenser würden anders handeln? Wie sollen sie reagieren, wenn Europa und die USA, die sich als Vorreiter der Zivilisation darstellen, einen Völkermord unterstützt haben, bei dem ihre Eltern, ihre Kinder, ihre Gemeinden abgeschlachtet, ihr Land besetzt und ihre Städte und Häuser in Schutt und Asche gelegt wurden? Wie können sie diejenigen nicht hassen, die ihnen das angetan haben?

Welche Botschaft hat dieser Völkermord nicht nur den Palästinensern, sondern allen Menschen im Globalen Süden vermittelt?

Die Botschaft ist klar: Ihr seid unwichtig. Das humanitäre Recht gilt nicht für euch. Euer Leiden und das Ermorden eurer Kinder sind uns egal. Ihr seid Ungeziefer. Ihr seid wertlos. Ihr verdient es, getötet, ausgehungert und enteignet zu werden. Ihr solltet von der Erde getilgt werden.

El Akkad bringt es auf den Punkt:

«Um die Werte der zivilisierten Welt zu bewahren, muss man Bibliotheken anzünden, Moscheen in die Luft sprengen. Olivenbäume verbrennen, Schmuck, Kunstwerke und Lebensmittel rauben und Banken plündern, Kinder einsperren, weil sie Gemüse pflückten, Kinder erschiessen, weil sie Steine warfen, Gefangene in Unterwäsche vorführen, einem Mann die Zähne ausschlagen und ihm eine Toilettenbürste in den Mund stecken, Kampfhunde auf einen Mann mit Down-Syndrom loslassen und ihn dann sterben lassen – sonst könnte die unzivilisierte Welt gewinnen.»

Es gibt Menschen, die ich seit Jahren kenne und mit denen ich nie wieder reden werde. Sie wissen wie alle, was vor sich geht. Doch sie riskieren es nicht, ihre Kollegen zu verprellen, als Antisemiten diffamiert zu werden, ihren Status zu gefährden, gerügt zu werden oder ihren Arbeitsplatz zu verlieren. 

Sie schweigen aus Angst um ihre Karrieren, ihren Ruf, ihren Status. Sie riskieren nichts – während Palästinenser ihr Leben verlieren. Sie beten ihre Götzen an: Wohlstand. Ruf. Zugehörigkeit. 

Zu Füssen dieser Götzen liegen zehntausende Leichen.

_______________________
Übersetzung von Infosperber. Den englische Originalbeitrag auf Youtube hören.


Israels Regierung ist eine Gefahr für alle Juden

Von Thomas L. Friedman, Kolumnist «New York Times»

Thomas L. Friedman ABC News
Thomas L. Friedman

Eines Tages werden ausländische Fotografen und Reporter ohne Begleitung der israelischen Armee nach Gaza einreisen dürfen. Wenn dies geschieht und das ganze Ausmass der Zerstörung für alle sichtbar wird, könnte die Gegenreaktion gegen Israel und Juden überall enorm sein.

Die Hamas verdient es, vernichtet zu werden. Die Hamas ist und war schon immer ein Krebsgeschwür für das palästinensische Volk, ganz zu schweigen von den Israelis.

Aber als Jude, der an das Recht des jüdischen Volkes glaubt, in einem sicheren Staat in seiner biblischen Heimat zu leben – neben einem sicheren palästinensischen Staat –, konzentriere ich mich derzeit auf mein eigenes Volk. Und wenn mein eigenes Volk sich nicht gegen die völlige Gleichgültigkeit der israelischen Regierung gegenüber der Zahl der heute in Gaza getöteten Zivilisten wehrt – ebenso wie gegen ihren Versuch, Israel durch die Entlassung seines unabhängigen Generalstaatsanwalts in den Autoritarismus zu treiben –, werden Juden überall einen hohen Preis zahlen.

(Zitate aus der «New York Times» vom 13. Juni 2025)


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17 Meinungen

  • am 18.06.2025 um 10:34 Uhr
    Permalink

    zit.(«…Auf sadistische Art lockt Israel hungernde Palästinenser mit Versprechen von Wasser und Nahrung in den 14 Kilometer langen, schmalen und überfüllten Landstreifen an der Grenze zu Ägypten – eine letzte Falle. ..»).
    Wie viele andere Menschen habe ich mich seit Monaten gefragt, was Israel in Gaza wirklich vor hat – und dabei bereits die zehntausende Opfer der dortigen Bewohner «inkauf nimmt». Chris Hedges hat hat wahrscheinlich die richtige Interpretation gegeben. Die Prophezeiung von Thomas L. Friedman wird eintreten.

  • am 18.06.2025 um 11:25 Uhr
    Permalink

    ….und die arabische Welt schaut paralysiert zu….

  • am 18.06.2025 um 19:17 Uhr
    Permalink

    WDR Nachrichten 18.06.2025, 15:40″ Laut Bundeskanzler Merz ..Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht – für uns alle.»

    euronews Estelle Nilsson-Julien11/02/2025 – 16:50: «US-Präsident Donald Trump löste eine weltweite Kontroverse aus, als er letzte Woche ankündigte, die USA würden den Gazastreifen „übernehmen“ und das Gebiet in eine „Riviera des Nahen Ostens“ verwandeln.»

    Es ist an der Zeit die Realitäten zu beleuchten. Die Regierung Netanjahu vertritt nicht das gesamte Judentum und die Juden sind auch nicht verantwortlich für die «Drecksarbeiten» die Netanjahu wohl machen muss, weil im Januar 1979 an der Konferenz von Guadeloupe beschlossen wurde den iranischen Schah in die Wüste zu schicken und Chomeini und seine Mullahs an die Macht zu verhelfen. Und die Juden sind auch nicht verantwortlich, weil ein Immobilienhändler und Präsident den Gaza-Streifen in eine Riviera verwandeln möchte und die Bevölkerung leidvoll in Schutt und Trümmern leben muss.
    Gunther Kropp, Basel

  • am 18.06.2025 um 19:56 Uhr
    Permalink

    Wann immer Menschen durch Gewalt sterben, ist der kritische Blick darauf nicht Option sondern Pflicht, so auch in Gaza. Bis dahin kann man den Artikel nachvollziehen, aber leider kein Stück weiter. Die geradezu obsessive Gleichsetzung des Gazakrieges mit den beispiellosen Verbrechen des Naziregimes ist unerträglich. Kein Wort davon, dass Israel im Jahr 2005 den Gazastreifen auf eigene Initiative und teilw. Anwendung von Gewalt gegen jüdische Einwohner geräumt hat. Nichts über den jahrelangen Raketenbeschuss aus Gaza, beredtes Schweigen zum Angebot des Außenministers Lieberman 2016, im Gegenzug zu Gewaltverzicht beim Aufbau von Infrastruktur wie Flughafen, Seehafen usw. zu helfen (die Rede war von einem Singapur des Nahen Ostens), sowie der brüsken Ablehnung der Hamas, weil man keine «Normalisierung mit dem Feind» wolle.
    Völkermord ist eine schwere Anschuldigung, die im Falle Gaza bisher niemand belegen konnte. Aber oft genug wiederholt, denkt niemand mehr darüber nach.

    • am 19.06.2025 um 10:50 Uhr
      Permalink

      Am 27. Januar 2002 gab es einen Bombenanschlag in Jerusalem. Die palästinensische Selbstmordattentäterin hiess Wafa Idris. Ihr Beruf war Rettungssanitäterin.
      Wie viel Gewalt und Unterdrückung muss diese junge Frau bereits erlebt haben. Was muss Wafa Idris alles als Rettungssanitäterin erlebt haben. Sie war 28. Ihre Berufung war Menschen zu retten.
      Trotzdem wurde sie zur ersten Selbstmordattentäterin der Palästinenser.
      4 Frauen folgten ihr. Die jüngste, Ayat al-Akhras, war 17.
      Die israelische Besatzung ist eine der längsten in der jüngeren Geschichte.
      Keiner soll mir da irgendwas von Selbstverteidigung erzählen oder Liebermans zynische Forderung auf Gewaltverzicht.
      Leider sind die Verbrechen der Deutschen, Herr Händel, schon lange nicht mehr Beispiellos.

      • am 20.06.2025 um 09:47 Uhr
        Permalink

        Wafa Idris hat tatsächlich viel Unterdrückung und Erniedrigung erfahren müssen – von ihrer eigenen Familie. Perfide, wie die Islamisten aus dem organisierten, assistierten Suizid politisch Kapital schlagen und dabei unschuldige Andersgläubige in den Tod reissen.

        Die Verhältnismässigkeit von Netanjahus Vorgehen im Gazastreifen kann man bezweifeln. Die Taten Israels auf eine Stufe mit denjenigen der Islamisten und Faschisten zu stellen, ist hingegen geschichtsblind.

        Israel warnt die Zivilisten vor Bombenangriffen – Nazis und Islamisten hingegen zielen gezielt auf Zivilisten. Israel duldet intern Widerspruch – Nazis und Islamisten hingegen schlagen jedem Widerspruch wortwörtlich den Kopf ab. Israel versorgt verwundete Zivilisten und Gegner. Nazis und Islamisten quälen sie.

  • am 19.06.2025 um 01:06 Uhr
    Permalink

    Danke für diesen aufwühlenden Beitrag. Es bleibt nur noch zu ergänzen, dass die Hamas von Netanjahu mitgegründet, gehegt und gepflegt wurde, um die Palästinenser zwischen Gaza und dem Westjordanland zu spalten.

  • am 19.06.2025 um 08:26 Uhr
    Permalink

    =>Markus Händel, Halle am 18.06.2025 um 19:56 :
    Sie lenken den Blick auf die Vorgeschichte. Richtig. Aber Sie setzen den Beginn dort,wo es Ihrer Überzeugung dienlich ist. Unehrlich. Das Drama beginnt aber 1948,seine geistigen Fundamente aber schon vor 5000 Jahren.
    Das Wort «Ghetto» ist nicht reserviert für Warschau, sondern beschreibt eine Methode – und eben die wendet Israel jetzt in Gaza an. Ich sehe den Südkorridor aber eher nicht als Ghetto, sondern buchstäblich als Konzentrationslager
    an – auch dies kein reserviertes Wort für deutsche Verfahren 1933 – 1945, sondern eine Methodik wie sie auch andere Staaten benutzt haben.Wenn Sie in den Darstellungen des Autors eine «…obsessive Gleichsetzung des Gazakrieges mit den beispiellosen Verbrechen des Naziregimes…» zu erkennen glauben, dann ist das eine Ansicht, über die aber nicht im 1000-Zeichenumfang diskutiert werden kann.In der Beanspruchung eine ideologisch-ethnischen Sonderstellung gibt es allerdings Parallelen.

    • am 19.06.2025 um 22:18 Uhr
      Permalink

      => Gunther Bosse, Brauschweigam 19.06.2025 um 08:26
      Unehrlich sind vor allem Ihre Begriffsverallgemeinerungen, denn es ist unmissverständlich vom «Warschauer Ghetto» die Rede.
      Ich habe den Blick nicht auf die Vorgeschichte gelenkt, sondern auf vertane Chancen. Man hätte aus dem Gazastreifen in den letzten 20 Jahren etwas anderes machen können als einen Schweizer Käse voller Waffen. Fördergelder waren genug da, und Besatzer gab es dort auch nicht. Doch ein Blick auf das Logo von Hamas und PLO genügt, um zu sehen, wohin die Reise gehen soll: ein Palästina ganz ohne Israel. Jeder mag sich selber prüfen, ob er dieses Ziel mit allen seinen zu erwartenden Konsequenzen gutheißt.

      • am 20.06.2025 um 14:49 Uhr
        Permalink

        Entweder es fehlt ihnen, Herr Händel, jegliche Empathie oder sie verkennen total die Situation der Palästinenser. Wenn Israel nicht Besatzer wäre, warum gibt es dann Checkpoints, Siedlungen und Militärverwaltung im Westjordanland? Seit Jahren schaue ich Nachrichten auf Al Jazeera und es gab keine Woche, in der Israelische Soldaten nicht Palästinenser erschossen. Sei es in Gaza oder Westjordanland.
        Ich wette sie haben noch nie von B`Tselem gehört.
        B’Tselem ist eine der seriösesten Quellen, um israelische Besatzungspolitik zu verstehen. Ihre Arbeit beweist, dass die Unterdrückung der Palästinenser systematisch und dokumentiert ist.

        Das sind Israelis die ganz klar von Apartheit sprechen!

  • Heinrich Frei
    am 20.06.2025 um 06:51 Uhr
    Permalink

    Wie wäre es wenn die Schweiz Kriegsmaterialexporte einstellen würde nach Staaten die Israel mit Waffen beliefern? Durch ihre Waffenlieferungen sind diese Staaten auch im Gazakrieg Kriegsparteien. Ohne die Rüstungsgüter aus den USA, Deutschland, Italien und weiteren Staaten könnte Israel keinen Tag lang Krieg führen, im Gazastreifen und im Iran.

    Nach den Vorschriften des Bundesgesetzes über das Kriegsmaterial durften Rüstungsgüter bisher nicht in Länder exportiert werden, «die in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt sind, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden, in dem das Kriegsmaterial gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wird oder die Rüstungsgüter an einen unerwünschten Empfänger weitergegeben werden.»

    Für die Rüstungsindustrie sind die Kriege, im Gazastreifen, in der Ukraine, im Sudan, im Iran und die vielen anderen Konflikte, ein Segen. Krieg ist ein Geschäft für die einen, und für die anderen bedeuten sie Krieg Tod und Elend.

  • am 20.06.2025 um 09:59 Uhr
    Permalink

    Das Vorgehen Israels gegen die Hamas kann man als brutal und unverhältnismässig bezeichnen.

    Es als «Völkermord» zu bezeichnen, ist hingegen skandalös. Man stellt den jüdischen Staat auf eine Stufe mit dem Nationalsozialismus.

    Zur Erinnerung: Die Nazis haben Millionen von Juden industriell liquidiert. Die Nazis haben Ihre Opfer mit härtester Zwangsarbeit gequält und dann gezielt umgebracht. Die Israelis haben nie etwas getan, was nur annähernd an solche Verbrechen reicht.

    Was hingegen die Islamisten mit Juden und anderen Ungläubigen tun würden, wenn sie denn nur könnten, das ist bekannt. Und wird ignoriert.

    • Favorit Daumen X
      am 20.06.2025 um 10:31 Uhr
      Permalink

      Der Nationalsozialismus hat längst nicht den einzigen Völkermord verübt, aber den wohl mit Abstand grössten und scheusslichsten. Wenn dies der Massstab für einen Völkermord wäre, hätte es vorher und nachher nie einen Völkermord gegeben. Weder den deutschen Völkermord an den Herero und Nama (1915-1908) noch den osmanischen Völkermord an den Armeniern (1915-1916) noch den Völkermord in Kambodscha (1975.1979) noch den Hutu-Völkermord in Ruanda (1994).

      • am 20.06.2025 um 11:04 Uhr
        Permalink

        Das ist wahr. Doch ich habe noch nirgends gelesen, dass Israels Vorgehen mit einem dieser Völkermorde ins Verhältnis gesetzt wurde. Wann immer Parallelen gesucht werden, bedient man sich zielsicher bei den Nazis. Obenstehender Artikel ist da bei weitem kein Einzelfall.
        Und noch etwas unterscheidet all die Beispiele von Israel: In keinem einzigen Fall waren die Täter tatsächlich bedroht. Wenn man einen Blick in die Präambel der Hamas-Charta wirft, bleiben eigentlich keine Fragen offen: „Israel wird entstehen und weiterexistieren, bis der Islam es auslöscht, so wie er ausgelöscht hat, was davor bestand.“

      • am 20.06.2025 um 13:24 Uhr
        Permalink

        =>Verfolgt man die Kommentare zu dem Thema «Israel – Palästina»- dann wird schnell klar, daß die Fragen nach Ursache-Wirkung,Schuld-Sühne kaum befriedigend gelöst werden können,jedenfalls nicht mit dem Effekt einer akuten Vermeidung immer weiterer Opfer.Wem soll man den ersten Schritt abverlangen mit welchem Argument? Das,was mich immer am meisten beschäftigt hat, war dieses : Wie konnte ein organistorisch und technisch-wissenschaftlich hoch entwickeltes Volk wie das Staatsvolk Israels sich bereitfinden,ein vergleichsweise rückständiges, stammesorganisierte Hirtenvolk derart rücksichtslos » an den Rand» zu drängen, milde formuliert?. Will Israel damit einen sozio-evoltionären Weg in die Zukunft propagieren? «Was schwankt,was schwach ist – das soll man stürzen»? Vielleicht erweist es sich dereinst als als unvermeidbar, steht aber im Widerspruch zur europäischen Wertekonvention nach 1945.

  • am 20.06.2025 um 11:47 Uhr
    Permalink

    ;Markus Händel, Halle am 19.06.2025 um 22:18 Uhr
    Ich kann nicht verlangen, daß Sie die Gesamtheit meiner Ansichten zum politischen Verhalten der Palästinenser nach 1945 kennen (1000 Zeichen-Limit).Daher hier in 1 Satz: Den Palästinensern hat es damals an politisch klugen, weitsichtigen, realistischen Führern gefehlt (den wir mit Willy Brandt hatten!).Sie hätten den UN-Teilungsplan akzeptieren sollen – mit den – von Ihnen genannten – Möglichkeiten auch für Gaza. Heute, angsichts der skrupellosen Israelisch-amerikanischen Miltärstrategie, bzweifele ich allerding,daß es genutzt hätte. Israel hätte schon einen Vorwand gefunden – siehe das US-Israelische Kriegskonstrukt für den Angriff auf den Iran.Auf eine erweiterte
    Sprachanalyse des Wortes «Ghetto» und Ihre Assoziationen gehe ich nicht mehr ein, bleibe aber bei der genannten Auslegung.

  • am 21.06.2025 um 11:18 Uhr
    Permalink

    Hat sich hier jemand gefragt, warum kein Arabisches Land die Palästinenser aufnimmt?

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