Warum die Schweizer Flagge quadratisch sein muss

«Die Schweizer Flagge ist ein grosses Plus», lautet ein bekannter Spruch. Doch was die Schweizer Flagge weltweit so einzigartig macht, ist vor allem ihre quadratische Form. Weltweit gibt es nur zwei quadratische Nationalflaggen: jene der Schweiz und jene des Vatikans. Diese Besonderheit macht die Schweizer Flagge buchstäblich vielseitig: Egal, wie man sie aufhängt, sie ist immer korrekt ausgerichtet.
Das weisse Kreuz auf rotem Grund (technisch gesehen ist es ein griechisches Kreuz) ist ein markantes und minimalistisches Symbol. Oft hört man, die Schweizerfahne repräsentiere die Werte Neutralität, Frieden, Demokratie und Freiheit, und die vier Arme des Kreuzes symbolisierten die vier unterschiedlichen, aber vereinten Landesteile. Diese Deutungen, so suggestiv sie für eine Nation mit vier Landessprachen auch sein mögen, haben jedoch keine historische Grundlage, wie wir noch sehen werden.
Die erste offizielle Flagge war eine Trikolore

Es hätte auch ganz anders kommen können. Als im Jahr 1798 die Schweiz unter französischem Druck zur Helvetischen Republik wurde, verordnete Napoleon Bonaparte der Schweiz eine Trikolore in den Farben grün, rot und gelb und führte den Schweizer Franken als Landeswährung ein. Doch das Experiment, die Schweiz in einen Einheitsstaat umzuwandeln, war nur von kurzer Dauer. Napoleon selbst sagte dazu: «Die Natur hat euren föderativen Staat geschaffen. Wer ihn überwinden will, kann kein kluger Mann sein.»
Nur fünf Jahre nach ihrer Gründung ging die Helvetische Republik zu Ende. Mit ihr verschwand auch die Trikolore – im Gegensatz zum Franken, der eine Erfolgsgeschichte blieb.
Ein Symbol, entstanden auf dem Schlachtfeld
Nachdem die Trikolore abgeschafft wurde, brauchte man nicht lange nach einer neuen nationalen Flagge zu suchen. Schliesslich gab es schon seit Jahrhunderten ein weisses Kreuz auf rotem Grund – wenn auch in anderen Proportionen und nie offiziell.
Die erste belegte Verwendung des Kreuzes, das sich zum heutigen Symbol der Schweiz entwickeln sollte, geht auf das Jahr 1339 zurück.
Während der Schlacht von Laupen nähten die bernischen und eidgenössischen Truppen, die gegen Freiburg und die Feudalherren der burgundischen und habsburgischen Territorien kämpften, ein weisses Kreuz auf ihre Kettenhemden, um sich gegenseitig zu erkennen und nicht versehentlich einen Verbündeten zu erstechen – und vor allem nicht von einem solchen abgestochen zu werden.
Wie das Historische Lexikon der Schweiz erläutert, gibt es drei Hypothesen zur Herkunft dieses Kreuzes. Demnach stammt es möglicherweise:
- von der thebäischen Legion und dem Kult ihres Feldherrn, des heiligen Mauritius.
- von der Reichssturmfahne des Heiligen Römischen Reichs.
- von den Leidenswerkzeugen der Passion Christi, die vor allem in der Zentralschweiz verehrt wurden.
Tatsache ist, dass das Kreuz – oft auf rotem Grund, möglicherweise als Hinweis auf das Blut Christi – mehr als ein Jahrhundert lang in verschiedenen Formen auf den Rüstungen und Bannern der helvetischen Soldaten zu finden war. Diese stammten aus gemischten Truppen verschiedener Kantone und Söldnertruppen.
Das weisse Kreuz auf rotem Grund blieb das europaweit anerkannte Symbol des kuriosen und komplexen Bündnissystems der «Alten Eidgenossenschaft», das aus 13 Kantonen bestand.
Bachmann und Dufour, «Väter» der modernen Schweizer Flagge

Mehrere Historikerinnen und Historiker führen die Wiederbelebung der Flagge im 19. Jahrhundert auf Niklaus Franz von Bachmann zurück. Dieser stand während des Zweiten Koalitionskriegs an der Spitze von Schweizer Emigrantenregimentern, die im Dienst Österreichs und Grossbritanniens kämpften. Im Jahr 1800 wies er seinen Truppen ein Feldzeichen zu, das der heutigen Flagge sehr ähnlich war. 1802 war er Oberbefehlshaber der Föderalisten, die im Stecklikrieg die Armee der Helvetischen Republik besiegten.
1814 beschloss der Bundesrat, dass das Schweizerkreuz zum offiziellen Emblem der Eidgenossenschaft werden sollte – ein Symbol, das stolz auf dem Bundesvertrag von 1815 abgebildet ist. Von diesem Moment an begannen die fortschrittlichen und nationalistischen Kräfte der Bevölkerung (vor allem Turnvereine, Schützenvereine und Chöre), das Kreuz zu übernehmen.
Die erste einheitliche Militärflagge wurde im Jahr 1840 auf Initiative des späteren Generals Guillaume-Henri Dufour eingeführt. Das kantonale Infanteriekontingent wurde durch ein aus fünf gleichen Quadraten bestehendes Kreuz auf rotem Grund dargestellt, auf dem in goldenen Buchstaben der Name des Kantons stand. Die Bundesverfassung von 1848, welche die Entstehung der heutigen Schweiz besiegelte, schrieb deren Verwendung für alle Truppen vor.
Lange Zeit nur aus Tradition quadratisch
Dass die heutige Schweizer Flagge quadratisch ist, geht auf ihren Ursprung als Feldzeichen zurück: Die damaligen Militärflaggen waren quadratisch. Die Form des Kreuzes ist seit 1889 gemäss Beschluss des Bundesrats gesetzlich festgelegt: «Das Wappen der Eidgenossenschaft ist im roten Felde ein aufrechtes, freistehendes weisses Kreuz, dessen unter sich gleiche Arme je einen Sechstel länger als breit sind».
Damit unterscheidet es sich von der Militärflagge Dufours, die von vielen als unansehnlich empfunden wurde und über die in den 1880er-Jahren Presse und Politiker heftig debattierten. Ein ausführlicher Artikel über die Schweizer Flagge in «Flags of the World» erinnert daran.

Mit dem Beschluss von 1889 wurde nur die Form des Kreuzes im offiziellen Wappen festgelegt. Allerdings gab es damals keine Angaben zu den Proportionen im Verhältnis zu den Rändern, zur Art des Rots oder zur quadratischen Form der Flagge. Lange Zeit war dies lediglich eine Frage der Tradition.
Erst 2017 traten klare Richtlinien in Kraft, als eine Änderung des Bundesgesetzes über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen verabschiedet wurde. Darin heisst es:
1. Die Schweizerfahne zeigt ein Schweizerkreuz in einem quadratischen Feld.
2. Für Form, Farbe und Grössenverhältnisse ist das in Anhang 2 abgebildete Muster massgebend (Bild rechts).
Zwei bemerkenswerte Ausnahmen
Zwei Ausnahmen gibt es jedoch: Wenn Sie auf hoher See einem Schiff mit Schweizer Flagge begegnen, werden Sie feststellen, dass der Wimpel rechteckig ist. Dies ist kein Versehen. Es handelt sich um die Schweizer Seeflagge, die der Bundesrat am 9. April 1941 eingeführt hat, um Angriffe in Kriegszeiten zu verhindern. In Übereinstimmung mit den internationalen Normen ist sie seit jeher rechteckig, und ihre genauen Proportionen sind im Bundesgesetz über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge festgelegt.
Die zweite Ausnahme betrifft die Olympischen Spiele: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit Sitz in Lausanne hat beschlossen, dass seit den Spielen 2004 in Athen alle Flaggen der teilnehmenden Länder das gleiche rechteckige Format aufweisen müssen. Damit soll sichergestellt werden, dass keine Flagge besonders auffällt, was dem olympischen Geist widersprechen würde, der Gleichheit und Respekt zwischen den Nationen anstrebt.
Wir wollen nicht polemisch sein, aber es soll nicht unerwähnt bleiben, dass das IOC für Nepal eine Ausnahme macht, für die Schweiz jedoch nicht. Lassen wir es aber dabei bewenden. Schliesslich sind wir nicht spiessig.
Dieser Beitrag ist zuerst auf Swissinfo.ch erschienen.
Übertragung aus dem Italienischen mithilfe von Deepl: Christian Raaflaub
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.
An sich ein interessanter Beitrag im INFOsperber. Aber zu Handen des Verfasser sind doch zwei Anmerkungen nötig:
– «1814 beschloss der Bundesrat» ist schllicht und einfach falsch, denn einen Bundesrat gibt es erst mit der Bundesverfassung von 1848.
– Ein Quadrat ist auch ein Rechteck, halt eines mit der Besonderheit von vier gleich langen Seiten!
Bei solchen Schwachstellen entstehen halt Zweifel, wieviel im ganzen Artikel ähnlich unbrauchbar ist.
Die Gleichsetzung von französischer Invasion / Gründung der Helvetischen Republik 1798 mit Napoleon ist wohl unausrottbar, aber chronologisch trotzdem falsch.