Solothurn

Solothurn legalisiert die Diskriminierung der Ausländer © Solothurn

Solothurn legalisiert Ausländer-Diskriminierung

Christian Müller /  In der Schweiz nimmt die Fremdenfeindlichkeit zu – ganz so, wie es die SVP propagiert. Zum Beispiel im Kanton Solothurn.

Sechs Abstimmungsvorlagen auf Bundesebene, dazu einige Wahlen für kantonale Parlamente: wer hätte da Zeit und Lust gehabt, sich noch um andere kantonale und kommunale Abstimmungen zu kümmern. Doch einfach alles zu übergehen oder gar zu übersehen, wäre ein Fehler. Im Kanton Solothurn nämlich wurde ein Gesetz angenommen, das eigentlich schon vor der Abstimmung zum Aufleuchten aller Warnsignale hätte führen müssen.

Eine teuflische Idee

Es war wieder einmal die SVP*, die einen Weg fand, den Ruf unserer ausländischen Miteinwohner schlecht zu machen. Sie regte an, dass bei allen Informationen von Justiz und Polizei die Nationalität der Involvierten zu vermelden sei: eine wahrhaft geniale Idee, um Ausländer immer dann zu erwähnen, wenn die Polizei oder ganz allgemein die Justiz bemüht werden muss.

Kann in dieser Massnahme ein anderer Sinn entdeckt werden, als Ausländer negativ ins Gespräch zu bringen? Wird ein junger Macho-Typ aus Kosovo, der mit seinem ersten eigenen Auto unverantwortlich schnell durch die Lande fährt und dabei eine Karambolage oder einen schweren Unfall verursacht, durch die Nennung seiner Nationalität in der Polizei-Meldung vernünftiger?

Nein. Aber die Zeitung-lesenden Schweizer Kleinbürger bekommen dann die von der SVP immer wieder propagierte Aussage bestätigt, dass alles Übel von den Ausländern kommt. Und der Graben zwischen Einheimischen und Ausländern wird noch tiefer, die Integration der Zuwanderer noch schwieriger.

Die Regierung wollte nicht

Der Vorschlag der obligatorischen Nennung der Nationalität in Justiz und Polizei wollte dem Solothurner Regierungsrat begreiflicherweise nicht gefallen; er lehnte das ab. Aber die SVP wollte das einfach so haben, und so kam es schliesslich zur Volksabstimmung. Und jetzt wissen wir es: 70.2 Prozent der Solothurnerinnen und Solothurner stimmten dem neuen Gesetz zu! In keiner einzigen Gemeinde des Kantons gab es eine Mehrheit gegen das fremdenfeindliche Gesetz! – Anständigen Menschen verschlägt es die Sprache.

Billige Ausrede

Fragt man irgendwelche Solothurner oder Solothurnerinnen, warum sie denn solche Auswüchse der Fremdenfeindlichkeit unterstützten, so hört man immer das gleiche Argument: es gehe ja nicht gegen die Ausländer generell, es gehe «nur» gegen die kriminellen Ausländer. Und im übrigen sei das neue Gesetz nur die Legalisierung einer bereits seit längerer Zeit geübten Usanz. Das allerdings ist kein Trost, im Gegenteil: eine fremdenfeindliche Usanz in den Stein eines Gesetzes zu meisseln, ist erst richtig gravierend. Auch der Nationalsozialismus begann im Kleinen und wurde immer mehr «legalisiert». Doch wer mag sich schon gerne an vergangene Zeiten erinnern?

»… mit Migrationshintergrund»

Der nächste Schritt ist programmiert. Der Riesenerfolg der fremdenfeindlichen Initiative ruft geradezu nach der nächsten Stufe. Denn immer öfter liest man in den Medien auch die Formulierung «beim fehlbaren Lenker handelt es sich um einen Schweizer mit Migrationshintergrund», was konkret heisst: eigentlich war es ein Ausländer, aber er ist zwischenzeitlich eingebürgert. Auf der Website www.kriminelle-auslaender.ch werden schon jetzt ausdrücklich «Zwischenfälle mit Migrationshintergrund» gesucht: Stoff für die Website. Die Differenzierung «einheimische Schweizer» und «eingebürgerte Schweizer» ist bereits traurige Realität.

Gastfreundliche Schweiz?

Die oft gehörte Aussage, die Schweiz sei gastfreundlich, ist eine PR-Lüge. Die Schweizer Tourismus-Industrie verdient sich zwar an den ausländischen Feriengästen gerne eine goldene Nase, aber echte Gastfreundschaft sieht anders aus. Die gegenwärtig rückläufigen Übernachtungszahlen werden ausschliesslich als Folge des hohen Franken-Kurses ausgegeben. Aber es gibt vielleicht auch andere Gründe. Warum soll ein Deutscher in die Schweiz in die Ferien fahren, wenn er zunehmende Fremdenfeindlichkeit feststellen muss, und wenn er künftig riskiert, dass er bei einem möglichen Unfall sogar ausdrücklich als Ausländer «demaskiert» wird? Die Schweizerinnen und Schweizer sind daran, ihren bisher einigermassen guten Ruf irreversibel zu ruinieren.

Solothurn, die «Ambassadoren-Stadt»

Ironie des Schicksals, könnte man sagen. Im Leibblatt der SVP-Wähler, in der «Weltwoche», konnte man vor nicht allzulanger Zeit folgendes über Solothurn lesen: «Bereits 1552, siebzig Jahre nach seinem Beitritt zur Eidgenossenschaft, etablierte der Stand Solothurn seine Grenzen, so wie sie heute noch bestehen. In Anbetracht seiner strategischen Lage entlang der Verkehrsachsen wäre Solothurn an sich für den Handel prädestiniert gewesen. Aufgeblüht ist der Stand aber erst mit der Reisläuferei. Ab 1530 liessen sich die französischen Ambassadoren, deren wichtigste Tätigkeit das Anwerben von Söldnern war, in Solothurn nieder. Bis ins 19. Jahrhundert hinein bescherte der Handel mit Kriegern dem friedlichen Städtchen einen Wohlstand, der in der barocken Architektur des Hauptortes seinen Niederschlag fand.»

Im Wappen die gleichen Farben: Rot und Weiss

Merke: Der Wohlstand Solothurns, der Ambassadorenstadt, wie sie auch genannt wird, basiert auf der Vermittlung von eidgenössischen Söldnern an ausländische Potentaten. Blackwater Business. Auch hier gilt also die bewährte Schweizer Regel: Den Ausländern Geld abnehmen, ja gerne. Sie um sich haben, nein danke. «Solothurn ist Provinz», um nochmals die Weltwoche zu zitieren.

Warum kommt kein Solothurner, keine Solothurnerin auf die Idee, eine Website www.helfendeauslaender.ch zu eröffnen? Geschichten von ausländischen Krankenschwestern, Krankenpflegern und Ärzten etwa, die zu jeder Tages- und Nachtzeit Kranken und Verunfallten zu helfen bereit sind, müssten nicht weitherum gesucht werden. Von all den Scheiss-Jobs, die nur noch Ausländer anzunehmen bereit sind, gar nicht erst zu reden. Aber Menschen, die eine solche Website eröffnen würden, werden hierzulande eben als «Gutmenschen» abqualifiziert. Gutmenschen sind – so will es der Zeitgeist – «linke Idioten».

* für unsere Leser im Ausland: Die SVP ist die Schweizerische Volkspartei. Sie operiert am Gängelband des nationalkonservativen Populisten Christoph Blocher.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Der Autor ist Schweizer Bürger mit Migrationshintergrund. (Die Vorfahren mütterlicherseits waren französische Hugenotten und flüchteten im 17. Jahrhundert in die Schweiz.) Er lebte von 2001 bis 2009 im Kanton Solothurn.

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2 Meinungen

  • am 17.03.2012 um 15:53 Uhr
    Permalink

    Soll ich den Teilzeit-Solothurner Christian Müller einmal nach Basel einladen? Da, in der weltoffen-liberalen Weltstadt, plaudert doch ein grüner Stadtentwickler – unterstützt von einem grünen Stadt- oder was auch immer Präsidenten – ebenso scham- wie hemmungslos längst nicht mehr von «Migrationshintergrund". Für ihn sind die «fremden Fötzel» sind für ihn schlicht und einfach «Abenteuermigranten» (oder so). Zu uns kämen sie nur zum Überwintern: für Sex und fun und booze und nothing to do. Wie harmlos ist doch da die Solothurner SVP…

  • am 18.03.2012 um 17:29 Uhr
    Permalink

    Das nimmt allmählich gespenstische Formen an, und es gibt kaum Widerstand dagegen. Im Kanton St.Gallen wurde vor einer Woche ein 19jähriger SVP-Mann mit Glanzresultat in den Kantonsrat gewählt. Sein einzige politische Aktivität war ein Online-Aufruf, ihm anonym Hinweise auf «ausländische Sozialschmarotzer» zu senden. Es wurde rege Gabrauch davon gemacht. Die SVP bleibt die grösste Fraktion im Kantonsrat.

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