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Block I des AKW Beznau steht seit zweieinhalb Jahren still © axpo

Schweizer AKW brachten Axpo 400 Millionen Verlust

Hanspeter Guggenbühl /  Die Profite des Stromkonzerns Axpo im Ausland überwogen die Produktionsverluste im Inland. Resultat: 310 Millionen Jahresgewinn.

Das Kerngeschäft der staatseigenen Axpo bestand einst darin, Strom in inländischen Wasser- und Atomkraftwerken zu produzieren und mit Gewinn an die Kantonswerke im Nordostschweizer Versorgungsmonopol zu liefern; daneben betrieb die Axpo Handel im geschlossenen europäischen Strommarkt. Das änderte sich ab 2009, als der Bund den Schweizer Strommarkt für Grossverbraucher und Verteilwerke öffnete: Die Marktpreise fielen in den Keller, weil die Kapazitäten der Stromproduktion in Europa zu gross blieben und der Absatz seit der Wirtschaftskrise abnahm oder stagnierte. Die zuvor lukrative Produktion von Elektrizität wurde teilweise zum Verlustgeschäft.

Verluste in der Produktion

Diese Situation traf die Axpo in ihrer Funktion als Stromproduzentin im Geschäftsjahr 2016/17 (per Ende September) besonders ausgeprägt. Grund: Ihr eigenes Atomkraftwerk Beznau I liegt seit zweieinhalb Jahren brach, weil das Ensi die Risse im Reaktormantel als Sicherheitsrisiko beurteilt. Der grössere Atommeiler in Leibstadt, an dem die Axpo einen Anteil von 53 Prozent besitzt, stand während der Hälfte des letzten Geschäftsjahrs (September bis Februar) ebenfalls still, weil Brennstäbe aus ungeklärten Gründen oxydierten. Und auch jene Atomkraftwerke (AKW), die am Netz waren, produzierten mit Verlust, weil deren Produktionskosten höher sind als die aktuellen Marktpreise.

Resultat: Allein ihre inländischen AKW und AKW-Beteiligungen bescherten der Axpo im letzten Geschäftsjahr einen Verlust von rund 400 Millionen Franken. Diese Überschlagsrechnung des Schreibenden bestätigte Axpo-Chef Andrew Walo an der gestrigen Bilanz-Medienkonferenz in Zürich. Einen zusätzlichen Verlust von rund 200 Millionen verbuchte die Axpo laut eigenen Angaben aus der Produktion ihrer Wasserkraftwerke und Wasserkraft-Beteiligungen im Inland. Etwas geschönt wird diese negative Produktionsbilanz durch einen Gewinn von schätzungsweise 20 bis 30 Millionen Franken, den die subventionierten inländischen Biomasse- und Kleinwasser-Kraftwerke in die Axpo-Kasse spülten.

Profit im Auslandgeschäft

Obwohl sich der Produktionsverlust im Inland auf annähernd 600 Millionen summierte, weist die Axpo für ihr jüngstes Geschäftsjahr einen Jahresgewinn von 310 Millionen Franken aus; dies bei einem Konzernumsatz von 5,6 Milliarden. Nachdem die Axpo in den drei Vorjahren Verluste von zusammen drei Milliarden Franken verbucht hatte, signalisiert das neuste Ergebnis eine Trendwende. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Erklärungen:

  • Weniger Investitionen und Abschreibungen Die Verluste in den Vorjahren resultierten primär aus «Wertberichtigungen» für in den Sand gesetzte Investitionen (Gaskraftwerke im Ausland, Pumpspeicher-Kraftwerke im Inland) im Umfang von insgesamt über vier Milliarden Franken. Auf solche Sonderabschreibungen konnte die Axpo im jüngsten Geschäftsjahr weitgehend verzichten, weil sie ihre Kraftwerke schon früher genügend abgewertet hatte. Zudem verminderte die Axpo ihre Investitionen um zwei Drittel, nachdem sie den zwei Milliarden Franken verschlingenden Bau des Pumpspeicher-Werks Linth-Limmern vollendet hatte.
  • Profitables Geschäft im Ausland Die Profite, welche die Axpo in ihrem – immer umfangreicheren – Geschäft im Ausland erzielte, konnten die Verluste im Inland mehr als kompensieren. Dazu gehören insbesondere die subventionierte Windkraft sowie der Handel mit Strom und Gas.

Beispiele für die wachsendeTätigkeit im Ausland: Die Axpo produziert heute beträchtliche Mengen an Elektrizität in eigenen Windkraftwerk-Beteiligungen – von der Nordsee bis nach Südeuropa; diesen Strom subventionieren die europäischen Staaten mit grosszügigen Einspeisevergütungen. Zusätzlich bewirtschaftet die Axpo im Ausland Wind- und weitere Kraftwerke von Drittfirmen mit einer Gesamtleistung von 14 Millionen Kilowatt. Diese Kraftwerke produzieren zusammen 40 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom pro Jahr aus erneuerbarer Energie (zum Vergleich: Alle Atom- und Wasserkraftwerke in der Schweiz bringen es auf eine mittlere Jahresproduktion von 60 Mrd. kWh). Zudem erhöhte die Axpo den Handel mit Elektrizität und Erdgas sowie die Lieferung an marktzutrittsberechtigte Endverbraucher im Ausland in den letzten Jahren massiv, und sie tat das offenbar mit Erfolg: Bereits zum dritten Mal, so verkündete Andrew Walo stolz, sei die Axpo als «beste Stromhändlerin Europas» ausgezeichnet worden.

Steigende Marktpreise wirken, aber mit Verzögerung

In der Stromproduktion, dem einstigen Kerngeschäft der Axpo, gibt es künftig ebenfalls Lichtblicke. So steigen die Marktpreise für Elektrizität seit Herbst 2016 wieder, nachdem sie ab 2009 stark eingebrochen waren. Aus diesem Grund verzichtet die Axpo vorerst auf die Fremdfinanzierung ihrer rentablen Geschäftsbereiche, die sie in eine separate Tochterfirma namens «Axpo-Solutions» ausgliederte. Doch weil die Axpo wie die meisten grossen Stromunternehmen ihren rund um die Uhr erzeugten Bandstrom (aus Atom- und Flusskraftwerken) zum Grossteil auf Termin verkauft, kann sie von diesen höheren Marktpreise erst in zwei bis drei Jahren profitieren. Vorher bleibt nochmals eine Durststrecke.

Insbesondere die Verluste aus der Atomkraft dürften sich im angelaufenen Geschäftsjahr 2017/18 erneut in dreistelliger Millionenhöhe bewegen. Denn das AKW Beznau I geht, wenn das ENSI will, frühestens im Februar 2018 wieder ins Netz. Und das Atomkraftwerk in Leibstadt stand in den Monaten Oktober, November und bis zum 18. Dezember 2017 erneut ungeplant still und wird auf absehbarer Zeit das Uran mit herabgesetzter Leistung verstromen (siehe Infosperber: Mit der Atomkraft geht’s schon jetzt bergab).

Das neue Axpo Pumpspeicher-Kraftwerk (PSW) Linth-Limmern im Kanton Glarus, das jetzt endlich mit voller Last produzieren kann, wird auf absehbare Zeit hinaus ebenfalls rote Zahlen schreiben. Denn in Europa gibt es nicht nur überschüssige Bandenergie aus Atom-, Wind- und Kohlekraft, sondern auch zu hohe Kapazitäten an Spitzen- und Regelenergie, die das PSW beisteuert. Darum erschweren das fehlende Stromabkommen mit der EU und nationale Protektion – insbesondere in Süddeutschland – den Schweizer Pumpspeicher-Werken den Zugang zum europäischen Markt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

Zum Infosperber-Dossier:

Stromleitungd

Die Politik der Stromkonzerne

Elektrizitätsgesellschaften verdienen am Verkaufen von möglichst viel Strom. Es braucht endlich andere Anreize.

SolaranlageBauernhof-1

Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke

Erstes, zweites und drittes Gebot: Der Stromverbrauch darf nicht weiter zunehmen.

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Eine Meinung zu

  • am 21.12.2017 um 13:30 Uhr
    Permalink

    Laut Wikipedia sind das die grossen Elektrizitätsversorgungsunternehmen der Schweiz: Axpo Holding, Alpiq Holding, BKW, EWZ, SBB und Repower. Vor allem Axpo und Alpiq sind immer wieder in den Schlagzeilen wegen grossen Verlusten etc. In den Boomjahren haben alle, auch die öffentliche Hand von diesen Unternehmen profitiert. Als Wolken am Himmel erschienen, haben sich nach meinen Kenntnissen einige der hochbezahlten Kaderleute mit riesigen Abfindungen in den vorzeitigen Ruhestand verabschiedet oder sich einen anderen lukrativen «Schoggijob» angelacht. Es wäre doch sehr interessant, zu wissen, welche Abfindungssummen bezahlt wurden. Weil diese dubiosen Entschädigungen fehlen heute in der Kassen dieser Unternehmen. Und die Profiteure sind zum Grossteil verantwortlich, für das Debakel, in dem ihre früheren Milchkühe heute stehen. Aber auch hier ist wohl keine Transparenz erwünscht. Und das Inlandbankgeheimnis schützt einmal mehr die Falschen.

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