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Regula Rytz und Horst-Michael Prasser: Pro und contra Atomenergie © regula rytz/eth life

Grüne Nationalrätin gegen den Atom-Professor

Urs Fitze /  Energiewende ohne AKW? Darüber diskutieren die grüne Politikerin Regula Rytz und der Nuklear-Professor Horst-Michael Prasser.

(Red.) Das Gespräch zwischen der grünen Nationalrätin Regula Rytz, Historikerin und Co-Präsidentin der Grünen Schweiz, und Horst-Michael Prasser, Professor für Kernenergiesysteme an der ETH Zürich, fand im Rahmen eines Podiums am Filmfestival «Halbwertszeit» und vor dem Hintergrund der Volksabstimmung zum Atomausstieg vom 27. November 2016 statt. Das Podiumsgespräch wurde von Urs Fitze geleitet.

Bei einem Thema sind Sie sich einig: Die alten Atommeiler in der Schweiz gehören abgeschaltet.

Horst-Michael Prasser: Sie gehören nicht abgeschaltet, sie gehören ersetzt. Aber ich wäre da noch etwas differenzierter. Jede einzelne Anlage muss die vorgeschriebenen Prüfungen bestehen, dafür gibt es Gesetze und Genehmigungs-Behörden. Aber ich möchte natürlich, dass neue Anlagen gebaut werden, die die alten ersetzen. Das erhöht auch die Sicherheit. Und vielleicht auch die Wirtschaftlichkeit.

Das Schweizer Parlament sieht dies etwa anders. Man hält zwar am Grundsatz eines Atomausstieges fest, will aber von einer Laufzeitbeschränkung nichts wissen. Ihre Partei, Frau Rytz, verlangt gerade eine maximale Laufzeit von 45 Jahren in einem Volksbegehren, über das am 27. November abgestimmt wird. Mit welcher Begründung?

Regula Rytz: Ich habe als Tiefbaudirektorin der Stadt Bern eng mit Ingenieuren, einer sehr wichtigen und wertvollen Berufsgattung, zusammengearbeitet. Da ging es oft um die Lebensdauer der Infrastrukturen: 80 bis 90 Jahre für die Kanalisation und die grossen Leitungen, 30 bis 40 Jahre für eine Tramschiene, 20 Jahre für eine Tramweiche. Die letzten beiden mussten wir am Bahnhofplatz auf Geheiss der Sicherheitsbehörde ersetzen, sonst wäre die Betriebsbewilligung verweigert worden. Da schockiert es mich schon, wenn jetzt bei diesem heiklen Thema diese Bewilligungen einfach immer weiter erstreckt werden. Früher sprach man von einer Laufzeit von 20 Jahren, dann 30, und jetzt heisst es im Parlament: 60 Jahre, oder solange sie sicher sind, obwohl sie ein grosses Risiko für die Bevölkerung darstellen. Dazu kommen die gigantischen finanziellen Risiken, die de facto schon an die nächste Generation überwälzt worden sind. Man denke nur an die Endlagerung.

Herr Prasser, ist die Nachrüstungspolitik der Schweiz in Sachen AKW sinnvoll?

Prasser: Da muss ich zurückfragen: Vertrauen Sie der Schweizer Aufsichtsbehörde Ensi oder nicht?

Tun Sie’s?

Prasser: Ja.

Frau Rytz?

Rytz: Nein. Wir brauchen natürlich die Nuklearingenieure, die uns helfen, die Atomkraftwerke abzubauen und zu entsorgen. Das Ensi ist aber in einer sehr schwierigen Lage. In den Debatten hat die Aufsichtsbehörde immer gefordert, die Sicherheitsmargen zu erhöhen und Langzeitbetriebskonzepte zu verlangen, um die Betreiberfirmen auch unter Druck setzen zu können. Doch das wurde alles abgelehnt, und das Ensi hat nicht die Mittel in der Hand, um das Abschalten eines AKW’s auch wirklich durchsetzen zu können. Ich erinnere nur an Fukushima. Die Katastrophe geschah, weil man in den letzten Betriebsjahren nicht genügend in die Sicherheit investiert hatte, vor allem aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Dazu kommen personelle Verwicklungen mit der Industrie, die es auch beim Ensi gibt. Ich wünsche mir eine zweite, wirklich unabhängige Instanz.

Stichwort Energiewende: Wie beeinflusst die Laufzeitverlängerung für die Schweizer AKW’s auf unbestimmte Zeit die Schweizer Energiewende, die ja vom Szenario eines Atomausstieges ausgeht?

Rytz: Das Problem ist wirtschaftlicher Art. Wir haben ja die Technologien für den Aus- und Umstieg mit den erneuerbaren Energien, die hierzulande leider nicht so stark gefördert werden wie in den meisten anderen Ländern Europas. Die Schweiz ist hier, von der Wasserkraft abgesehen, das Schlusslicht. Und wenn wir von Energiewende und Zukunft sprechen, dann ist klar, dass es hier eine Planbarkeit braucht. Mit der faktisch unbefristeten Laufzeitverlängerung, wenn also niemand weiss, wann dieser Blinddarm platzt, bremsen wir die Energiewende. Und es gibt sehr glaubwürdige Szenarien, die aufzeigen, dass wir es bis 2035 schaffen können, auf die Atomenergie zu verzichten, unter der Voraussetzung der Planbarkeit. Und dafür brauchen wir einen geordneten Ausstieg.

Herr Prasser, Sie sagen, alternative Energien werden nicht genügen, wir brauchen die Atomkraft.

Prasser: Ich möchte eine Gegenfrage stellen. Sie, Frau Rytz, sagen ja, die Atomenergie rechne sich nicht. Die Wasserkraft, die 50 Prozent des Stroms liefert, müsste da ja prosperieren, dabei steht sie unter enormem Druck. Erklären Sie mir doch mal diesen Zusammenhang.

Rytz: Beim früheren Geschäftsmodell hat man mit den Pumpspeicherwerken mit billigem Strom Wasser raufgepumpt, um es, wenn die Preise, etwa um die Mittagszeit, hoch waren, wieder abzulassen. Das funktioniert heute nicht mehr. Es ist viel passiert in Europa. Wind- und Sonnenkraft sind zu einem Faktor geworden, dazu kommt der viel zu billige Kohlenstrom, der nur deshalb so billig ist, weil die CO2-Zertifikate im Preis viel zu niedrig angesetzt worden sind, und weil Kohle aus den Vereinigten Staaten Europa überschwemmt. Es ist Kohle, die dort nicht mehr gefragt ist, weil die USA auf das schreckliche Fracking von Gas setzen, das dann verstromt wird. Das sind komplexe Zusammenhänge auf einem Markt, der immer globaler wird, auf dem Grenzen keine Rolle mehr spielen. Das macht aktuell die Wasserkraft unrentabel. Aber das wird sich wieder ändern, vor allem, wenn wir die Atomkraft nicht mehr haben und die Kohle endlich mit höheren CO2-Zertifikaten verteuert wird.

Prasser: Sie haben die Kohle als klimaschädlich anerkannt. Aber wenn Sie sagen, die Atomkraft sei unökonomisch und ziehe die Wasserkraft damit runter, bin ich nicht mehr bei Ihnen. Es sind doch alle Wasserkraftanlagen unter Druck. Ich glaube vielmehr, die Ursache liegt in Deutschland, wo die Stromkonsumenten pro Kilowattstunde 6 bis 7 Eurocents drauflegen, um die erneuerbaren Energien zu subventionieren, und so kommt dieser verbilligte Strom auch hier rein. Ich wundere mich schon, dass die Schweiz hier nicht profitieren kann und die Speicherseen dann füllt, wenn die Deutschen den Strom verschenken. Warum funktioniert das nicht? Das ist nicht die Wirtschaftlichkeit der Erneuerbaren, sondern schlicht ein missratenes Umlagern in Deutschland. Aber ich bin auch wie Sie der Meinung, dass zu viel Liberalisierung, vor allem global, bei strategischen Gütern wie der Elektrizität keine gute Sache ist.

Was ist missraten in Deutschland?

Prasser: Es funktioniert nicht. Wir haben einen sehr schönen Anteil an Erneuerbaren, aber wir werden die Kohle nicht los. Der ganze Ausstieg, der ganze Einsatz von viel Geld, wird dazu benutzt, um die Kernenergie abzuschaffen, und nach zwei Jahrzehnten Förderung der Erneuerbaren hat man unter dem Strich keine einzige Tonne CO2 eingespart.

Rytz: Nun gut, wir warten auf die Umsetzungsvorschläge zum Klimaabkommen von Paris, nicht nur aus Deutschland, sondern aus allen Staaten. Der Umstieg geht nicht von heute auf morgen, und wir brauchen auch kluge Technologien, aber vor allem müssen wir auf die Erneuerbaren setzen, es darf keine Technologie mehr geben, die ihre Folgekosten auf die nächsten Generationen abwälzt. Wir haben aktuelle Studien zur Entsorgung, die heute mit zehnmal höheren Kosten rechnen als man beim Bau der AKW’s noch angenommen hatte. Die Betreiber werden Konkurs gehen, wenn sie diese Kosten tragen müssen. Das ist doch keine Technologie der Zukunft mehr.

Prasser: Von welchem Betrag gehen Sie denn aus? 50 Milliarden? Nun gut. Die Atomanlagen haben bisher 1500 Milliarden Kilowattstunden erzeugt. Wenn ich jetzt diese Leistung den 50 Milliarden Franken Entsorgungskosten gegenüberstelle, krieg‘ ich so um die drei Cents pro Kilowattstunde an Kosten für die Entsorgung. Die Zuschüsse für die Erneuerbaren machen doch sieben Cents aus. Und ich gehe keineswegs von 50 Milliarden aus, die Wahrheit liegt eher bei der Hälfte.

Rytz: Die Kostenexplosion um den Faktor zehn in dreissig Jahren spricht doch schon Bände. Wenn ich nur daran denke, dass allein das Rausholen von Atommüll-Fässern aus einem Salzstock sechs Milliarden kosten wird, ohne dass deshalb das Endlagerproblem gelöst wäre, dann sehen wir doch, was wir uns da aufgebürdet haben. Aber wir brauchen Ihre Ingenieurskunst für den Aufbau einer neuen, erneuerbaren Energieversorgung, nicht für das Alte, dessen Untauglichkeit längst erwiesen ist. Das wäre schlicht unverantwortlich.

Herr Prasser, warum brauchen wir den Atomstrom weiter?

Prasser: Die Erneuerbaren haben kein kontinuierliches Angebot, die brauchen Speicher. Und die Dimension der Speicher wird einfach nicht richtig wahrgenommen. Die Schweizer Pumpspeicherwerke haben eine Kapazität von etwa 1,4 Terrawattstunden. Wenn Sie nur diese Energiemenge mit Lithium-Batterien speichern wollen, brauchen Sie dafür sechs Welt-Jahresproduktionen an Lithium. Man kann natürlich sagen, das wird in den künftigen Autobatterien gespeichert. Aber dennoch brauchen Sie, nur um diese Kapazität zu speichern, diese sechs Welt-Jahres-Produktionen. Das ist doch beängstigend. Photovoltaik-Zellen müssen fünf bis sieben Jahre laufen, bis der Strom, der für ihre Produktion benötigt wurde, amortisiert wurde. Wenn Sie nun davon ausgehen, dass dafür auch der viel teurere Photovoltaik-Strom verwendet wird, ist das Ganze schon kaum mehr finanzierbar. Und die ganzen Zellen sind nur so billig geworden, weil die Produktion nach China ausgelagert worden ist. Das ist doch keine Strategie. Auch in China werden hoffentlich künftig bessere Löhne gezahlt, es wird mehr Rücksicht auf die Umwelt genommen. Das wird kosten. Und diese Kosten werden auch die Photovoltaik wieder verteuern.

Rytz: Sie haben es vorgerechnet. Wenn wir nun aber die Baukosten für ein neues AKW nehmen, scheint es da ja kein Ende nach oben mehr zu geben. In Grossbritannien soll ein AKW gebaut werden, das den teuersten Strom, den es je gegeben hat, produzieren wird. Und selbst die grössten Atomfreunde in der Schweiz sagen es ja selber: Es wird sich nie mehr lohnen, ein neues AKW zu bauen, aus wirtschaftlichen und aus ethischen Gründen. Wir dürfen das schon aus Rücksicht auf die künftigen Generationen nicht mehr machen.

Prasser: Reden wir von den Hinterlassenschaften. In Deutschland gibt es zwei Lager für chemisch-toxische Abfälle. Jährlich kommen da 300‘000 Kubikmeter dazu, auch aus der Schweiz. Bei radioaktiven Abfällen sprechen wir von etwa 3‘000 Kubikmeter, die hoch-radioaktiv sind. Auch Photovoltaik hat chemisch-toxische Abfälle, und zwar in gewaltigen Mengen von vielen Tausend Tonnen. Das sind einfach Probleme, die Sie als Ingenieur genauso lösen müssen, und das Problem ist ähnlich: Beide Abfälle sind nur dann schädlich, wenn sie in den Körper gelangen. Sie müssen sich bei jeder Technologie kümmern, es wird keinen Freipass geben.

Der Philosoph Robert Spaemann schreibt: «Alle bekannten Zivilisationen sind nur wenige Tausend Jahre alt. Wir haben erlebt, dass Wissen in Vergessenheit gerät. Wie können wir erwarten, dass Menschen in 10 000 oder noch mehr Jahren wissen, was wir ihnen mitteilen wollen, wenn wir ein Endlager kennzeichnen? Ich staune über die Naivität, daran zu glauben, dass dies möglich ist.» Herr Prasser, sind Sie naiv?

Prasser: Das Endlager braucht kein Kennzeichen. Die Auswirkung eines Fehlers, der in 1000 Jahren passieren könnte, wäre lokal begrenzt, keineswegs global. Es gibt relativ viele Untersuchungen, die zeigen, dass, wenn man einen Behälter im Endlager nach einigen Jahrzehnten anbohrt, beispielsweise für eine geothermische Nutzung, die darin enthaltenen flüchtigen Stoffe bereits abgebaut wären, es käme fast nichts an die Oberfläche. Nach meiner Ansicht wird die Giftigkeit eines atomaren Endlagers auf die lange Sicht nicht richtig gesehen und emotional überschätzt. Es ist gefährlich, brennend gefährlich, aber es lässt sich eine Technologie entwickeln, bei der keine Kennzeichnung notwendig ist, und bei der übrigens auch keine Kosten mehr auftreten, wenn das Endlager dann einmal geschlossen ist. Technisch ist das machbar. Man muss es nur wollen.

Ein emotional überschätztes Problem, Frau Rytz?

Rytz: Das ist ein zu positivistisches, technisches Denken. Denken wir nur an die Risiken einer neuen Eiszeit, von Erdbeben und anderen Naturgefahren. Und es geht ja nicht nur um die Schweiz. Es gibt zurzeit kein einziges Endlager, und jedes Land sollte eine Lösung für sich finden. Wenn ich mit Geologen spreche, dann sieht keiner eine Möglichkeit für eine so lange, sichere Lagerung. Man hat die AKW’s in Gang gesetzt, bevor man eine Ahnung davon hatte, wie man die Altlasten endlagern soll. Und schon heute ist klar: Der Staat wird am Schluss dafür haften müssen.

Spaemann schreibt weiter: «Auch wenn ich der Meinung bin, dass es besser gewesen wäre, nie mit der Kernenergie zu beginnen, nun haben wir das Problem mit dem Abfall. Es gibt das Interesse der Gesellschaft, das Endlager im geologisch am besten geeigneten Boden unterzubringen, und es gibt Menschen an diesem Ort, die es möglicherweise nicht wollen, aber gegen ihren Willen akzeptieren müssen. Das Beispiel zeigt, dass die Schere zwischen der technologischen Entwicklung und der Demokratie immer weiter auseinandergeht.» Frau Rytz, wie kann diese Schere geschlossen werden?

Rytz: Wir müssen diese Abfälle lagern, es wird Menschen geben, die das dulden müssen. Da braucht es eine gesellschaftliche Solidarität, aber ich denke, alle vernünftigen Menschen werden nur zustimmen, wenn klar ist, dass dann Schluss ist mit diesen Technologien.

Prasser: Man muss abwägen zwischen verschiedenen Technologien und einen funktionierenden Mix zusammenkriegen. Ich zweifle, ob die Menschheit in der Lage ist, fossile Energien wirksam zurückzudrängen ohne Atomenergie. Die Speichermöglichkeiten werden ebenso überbewertet wie das Problem der atomaren Abfälle – was keineswegs heisst, sich nicht gründlich darum zu kümmern. Die Abfallmengen sind klein, und sie sind beherrschbar, wir können uns also darum kümmern. Ich denke, wenn wir das Für und Wider abwägen, und wenn wir dies ohne Scheuklappen tun, dann hat die Atomenergie einen sinnvollen Platz, und damit schafft sie auch Raum für den Ausbau erneuerbarer Energien.

Rytz: Sie haben ein Thema weggelassen: die Erneuerbarkeit. Sonne und Wind sind praktisch unendlich verfügbar. Uran verursacht auch beim Abbau enorme Schäden, und es ist ebenso endlich wie die fossile Energie. Diese schädlichen Formen der Energiegewinnung müssen einfach zurückgedrängt werden zugunsten von Energien, die möglichst geringe Schäden verursachen, und dahin sollte auch die technische Entwicklung gehen. Darauf sollte sich auch die Wissenschaft spezialisieren.

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Das ist die gekürzte Fassung eines Interviews, das erstmals auf «Mensch und Atom» erschienen ist.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

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Zum Infosperber-Dossier:

SolaranlageBauernhof-1

Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke

Erstes, zweites und drittes Gebot: Der Stromverbrauch darf nicht weiter zunehmen.

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8 Meinungen

  • am 18.07.2016 um 11:58 Uhr
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    Atomenergie ist Planwirtschaft – und das in der ach so geliebten freien Marktwirtschaft.

  • am 18.07.2016 um 14:42 Uhr
    Permalink

    Eigentlich muss man nur den letzten Abschnitt lesen. Selbst wenn das Sicherheitsproblem nicht existierte, sind die Probleme bei der Gewinnung, Verarbeitung und Entsorgung einfach zu gross.

    Aber das Sicherheitsproblem existiert, weil alle Menschen wiederholt Fehler machen und alles, was passieren kann, irgendwann passieren wird.

    Atomenergie kann nur «rentieren», wenn der Steuerzahler und die Allgemeinheit die Mehrkosten über dem Strompreis subventionieren. Deshalb verstehe ich nicht, weshalb ausgerechnet marktgläubige Freisinnige sich für die Atomenergie einsetzen; eigentlich ist das etwas für kommunistische Diktaturen.

  • am 18.07.2016 um 22:40 Uhr
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    Prasser’s Wissenschaftlichkeit:
    Er bezweifelt, dass ohne Atomenergie die fossilen Energieträger überhaupt reduziert werden können.
    Der Anteil der Atomkraft am globalen Energievertrauch macht etwa 2,5 bis 5% aus, das war vor dem Gau in Fukushima, dort produzieren nur noch ca 4 der 54 AKW Strom. Also dürfte der aktuelle Anteil der Atomkraft am Gesamtverbrauch nochmals deutlich gefallen sein.
    Der Atomstrom spielt an der globalen Energieversorgung keine wichtige Rolle!
    Bei den Problemen prominent, bei der Versorgung zu vernachlässigen.

  • am 8.08.2016 um 16:56 Uhr
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    Herr Prasser sollte aufhören über Themen zu sprechen von denen er offensichtlich zu wenig versteht. Es ist eine alte Mär, dass die Energie für die Produktion von Solarzellen erst nach Jahren amortisiert sein soll, inzwischen sind es noch wenige Monate. Die Wirtschaftlichkeit von Atomenergie ist eine Illusion und diese Energieform ist ebenfalls hoch subventioniert und auch zum Überangebot von Strom auf dem europäischen Markt beigetragen!

  • am 9.08.2016 um 11:49 Uhr
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    @Reusser: Dass eine Photovoltaikzelle viele Jahre lang bei ihrer maximalen Leistung produzieren muss, um die Energie zu ihrer Herstellung zurückzuliefern, das war tatsächlich so, vor 25 Jahren. Mittlerweile sind die PV-Zellen dünner und deren Herstellung verbraucht sehr viel weniger Energie. Zudem sind die PV-Zellen effizienter geworden und man spricht von Monaten und wenigen Jahren der Energieamortisation.

    Allerdings wird bei solchen Amortisationsstudien an PV-Zellen immer nur die PV-Zelle isoliert betrachtet. In der Praxis aber besteht eine PV-Anlage aus sehr viel mehr: Trägerkonstruktionen für die Module, Gehäuse und Verglasung der PV-Zellen-Module, dazu noch die Inverteranlagen (sie machen den Strom netztauglich), die Motorik zur Ausrichtung nach der Sonne, Elektrizitätszwischenspeicher, Gebäude für die Aggregate, Zufahrtswege zur Anlage und zu den Modulen. Die Anlage hat eine mehrere tausendfach höhere Masse aus Stahl, Glas und Beton, als es die nackten PV-Zellen haben. Deren Produktion verbraucht tausende Male mehr Energie, als die nackten PV-Zellen. Betrachtet man das Gesamtsystem der Photovoltaikanlage, dann sieht es eben für die Amortisation der Herstellenergie der Gesamtanlage wieder zappenduster aus. Aus Monaten werden so ganz schnell Jahrzehnte.

  • am 13.08.2016 um 10:26 Uhr
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    Die Überlegung von Sonja Reber ist richtig aber viel zu pessimistisch: «Tausende Male» und «Jahrzehnte» stimmt in der Regel sicher nicht. Meine erste Anlage auf einem existierendem Flachdach hatte Solarpanels in leichten Alurahmen, die (heute nach Jahrzehnten immer noch in Betrieb) sehr gut rezykliert werden können. Die Trägerkonstruktion ist aus Holz, und es hat noch wenige «ewig wiederverwendbare» Gartenplatten aus Beton. Das Kupfer der Leitungen ist auch sehr gut rezyklierbar. Die Wechselrichter hatten früher tatsächlich eine eher kurze Lebensdauer, sind aber heute viel langlebiger.

    Bei meiner zweiten Anlage bilden die Solarpanels die Dachbedeckung und sparen also Ziegel oder anderes. Ein bisschen Stahl und Glas benötigt das Dach ohnehin, aber kein Beton; dank Erdschrauben ist dies auch bei Freianlagen nicht nötig. Dank hoher Spannung wird wenig Kupfer verwendet und die neuen Wechselrichter brauchen auch keinen schweren Transformatoren mehr.

    Bei der derzeitigen Menge Solarstrom in der Schweiz ist noch keine Rede von der Notwendigkeit zu speichern. Wenn das der Fall sein wird, werden Akkus aus unproblematischen Materialien verfügbar sein und auch die heutigen Bleiakkus sind rezyklierbar. Wenn Leute heute Solarstrom speichern, geschieht dies wegen Preispolitik (Eigenverbrauch ist günstiger) oder pychologischen Gründen (Unabhängigkeit).

    Auch wenn es lokal verstärkte Leitungen brauchen kann, sparen dezentrale Solaranlagen insgesamt viel Material bei den Fernleitungen.

  • am 13.08.2016 um 10:59 Uhr
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    ein «zappendusterer» Schluss nach einer sehr schwammigen «Analyse»….
    Es wäre wirklich interessant, einmal eine objektive Analyse der Energiebilanzen lesen zu können.
    Würden die gleiche «zappendusteren» Rechenmodelle(???) für die Atomenergie angewendet, müsste die Gewinnung des Yellowcake, die Zerstörung der Landschaften, die Kriege um die Uranminen etc alles eingerechnet werden, nicht nur die Zufahrtswege (hohoho).
    Und dann die Entsorgung für den Fall ohne GAU und dann aber auch für die Fälle mit GAU. Kein Wunder will und kann niemand die Verantwortung für diese mörderische Technik übernehmen, Versicherungskonsortien winken ab, nicht versicherbar.
    … und dann kommen Atomenthusiastinnen und rechnen uns vor, dass PV niemals eine positive Energiebilanz haben könne, im Gegensatz zur gefährlichsten aller Technikanwendungen – ein waghalsiger und despotischer Pseudo-Vergleich!
    Nach Herstellerangabe hat meine PV-Anlage nach 2,5 Jahren die Energiebilanz bereits ausgeglichen. Ob das stimmt weiss ich auch nicht, ist aber glaubwürdiger als die Angaben der Atompropaganda.

  • am 13.08.2016 um 15:51 Uhr
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    @Lachenmeier: Atomstrom ist der falsche Weg, gerade aus den von Ihnen genannten Gründen. Atomstrom war eigentlich immer ein hochsubventioniertes Prestigeobjekt der Industrienationen, vorallem subventioniert durch die Entlastung der Betreiber vom Risiko eines GAU. Das halte ich politisch betrachtet für Betrug am am Bürger.
    Für mich ist die Betrachtung der Energieamortisation ein Hinweis darauf, ob wir nicht mehr Elektrizität gewinnen könnten, wenn wir, statt mit der gegebenen Herstellenergie Solaranlagen zu bauen, nicht gescheiter Kohle- und Gaskraftwerke betreiben.
    Es wäre ja wirklich absurd, Energie zu verschwenden, nur damit man sagen kann: «Aber mein Strom ist emmisionsfreier Solarstrom». Was aber nicht wirklich stimmt, denn die Herstellung der Anlage hat sehr wohl und reichlich CO2-Emissionen verursacht. Je nach dem ist die Herstellenergie grösser als die Produktionsmenge. Dabei kommt sehr auf die konkreten Umstände ab. Eine PV-Modul auf dem eigenen Dach und eine Grossanlage im Jura sind zwei paar Schuhe, da hat Herr T. Schmidt ganz Recht.
    Wir kommen nicht so leicht aus dem Dilemma heraus. Jede Umgestaltung der Infrastruktur (Energiewende, Steigerung des Wirkungsgrades aller Stromverbraucher, u.a.) ist mit grossem Energieverbrauch verbunden. Ich glaube, am besten nutzt man generell bestehende Anlagen, bzw. Geräte bis sie kaputt sind, rezykliert sie dann bestmöglich und ersetzt sie schliesslich mit effizienteren und umweltfreundlicheren Anlage, bzw. Geräten.

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