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Doris Leuthard, Energieministerin von 2010 bis 2018 ©

Doris Leuthards Ausstieg aus dem Ausstieg

Rudolf Rechsteiner /  Die Atomlobby strebt einen «Langzeitbetrieb» bis 2050 an und denkt über neue Atomkraftwerke nach. Dank Atomaufsicht und Bundesrat.

Red. Rudolf Rechsteiner war SP-Nationalrat (1995-2010) und ist Vize-Präsident der TRAS (Trinationaler Atomschutzverband mit Sitz in Basel), der mittels Rechtsverfahren die Stilllegung der Kernkraftwerke Fessenheim und Beznau anstrebt. Dieser Gastbeitrag erschien im Februar 2019 in der Zeitschrift «Das Solarzeitalter» unter dem Titel «Schweizer Atomaufsicht spielt Blinde Kuh: Weckruf an unsere deutschen Nachbarn» und wurde redaktionell leicht aktualisiert.

Offiziell befindet sich die Schweiz auf dem Weg zum Atomausstieg. Im Mai 2017 befürwortete eine Ja-Mehrheit von 58 Prozent in einer historischen Volksabstimmung ein gesetzliches Verbot des Baus neuer Atomkraftwerke. Energieministerin Doris Leuthard (2010-2018), einst selber für den Atomkonzern Axpo tätig, blockierte nach Fukushima den Bau dreier neuer Atomkraftwerke und setzte auf erneuerbare Energien.

Der Ausstieg aus dem Ausstieg
Nach der Volksabstimmung machte Leuthard erneut eine Kehrtwende. Sie lockerte eine Vielzahl exekutiver Ausführungsbestimmungen und machte sich den Rechtsrutsch in der Landesregierung zunutze: Das Schutzniveau der Bevölkerung und die Zahlungspflichten der AKW-Betreiber wurden innert kürzester Zeit stark herabgesetzt, ohne dass die Öffentlichkeit gross Notiz nahm. Zugunsten der klammen Betreiber wurden so die Laufzeiten der Kernkraftwerke durch die Hintertür faktisch erneut verlängert. Gefährdet wird dadurch auch die Bevölkerung im süddeutschen Raum, je nach Windrichtung bis Stuttgart oder München, denn die Schweizer Atommeiler stehen nur wenige Kilometer hinter der deutschen Grenze.

Eine AKW-Schliessung macht keinen Frühling
Als einziger von fünf Schweizer Atomreaktoren wird der Meiler in Mühleberg bei Bern (365 Megawatt Leistung) Ende 2019 nach fast 50 Jahren Betrieb stillgelegt. Er lieferte fünf Prozent des Schweizer Stromverbrauchs und verfügte über keine unabhängige Notkühlung (!), was nur dank den internationalen ENSREG-Stresstests im Nachgang von «Fukushima» an den Tag kam. Zuvor verweigerte das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) Einsicht in die Sicherheitsberichte des Werks und verheimlichte jahrzehntelang, dass die gesetzlichen Sicherheiten gar nie erfüllt waren.
Das Schweizer Kernenergiegesetz schreibt eine «mehrfache Ausführung von Sicherheitssystemen» vor, also auch eine funktionierende Notkühlung (Artikel 5). «One of the sites (KKM) has no alternate cooling source», hielt 2012 das ENSREG-Team fest. Trotzdem segnete die Aufsichtsbehörde den Weiterbetrieb ab, nachdem die Betreiber eine Schliessung Ende 2019 «aus wirtschaftlichen Gründen» zusicherten.

Wertloser «Ausstieg»
Mit der Volksabstimmung über eine neue «Energiestrategie» inklusive AKW-Neubauverbot bekämpfte die rechte Mehrheit in Bern indirekt die Atom-Ausstiegs-Initiative mit verbindlichen AKW-Schliessungsterminen. 54 % der Bevölkerung lehnten das (inzwischen fünfte) Volksbegehren für einen Atom-Stopp im November 2016 ab.
Die vom Volk genehmigte Gesetzgebung verhindert nun einzig neue Atomkraftwerke, die wegen der gesunkenen Kosten von Wind- und Solarstrom sowieso niemand mehr bauen würde.
Die alten Reaktoren – sie gehören zu den ältesten der Welt – stehen ohne Laufzeitbegrenzung im Weiterbetrieb. Die Atomlobby ist in Jubelstimmung. Energieministerin Leuthard habe die Kernenergie «gerettet», schreibt der ehemalige Präsident des Schweizer Nuklearforums, Bruno Pellaud: «Es gibt keine Frist. Es ist nicht die Politik, die über die Laufzeiten entscheidet, sondern das Sicherheitsniveau. Die Schweizer Kernkraftwerke werden so lange in Betrieb bleiben, wie sie den geltenden Sicherheitsstandards entsprechen, hielt der Bundesrat 2011 fest.»
Diese «geltenden Sicherheitsstandards» gelten nun aber gar nicht mehr. Sie wurden auf Verordnungsebene laufend gelockert, um Rechtskonformität vorzutäuschen. Statt die Atomkraftwerke abzuschalten, wurden die harten Grenzwerte abgeschafft und die Messmethoden verwässert. Die «neue Energiestrategie» wird so zum fatalen Wortbruch des Bundesrates und der Sicherheitsbehörden. Ausgerechnet das Ensi, dessen Aufgabe es wäre, die Bevölkerung zu schützen, initiiert die schlimmsten Verschlechterungen beim Strahlenschutz gleich selber und macht aus der Unfallprävention ein Täterschutzprogramm für AKW-Betreiber:

  • Um eine Abschaltung von Beznau zu vermeiden, wurde als Erstes die Methodik für die Bemessung der Sprödheit des Reaktordruckbehälters abgeändert. Daraus resultierte eine tiefere Temperatur, die die bestehenden Grenzwerte wieder einhält.
  • In Beznau wurden Blasen im Reaktordruckbehälter festgestellt. Eigenmächtig setzte sich das Ensi über die internationalen Experten hinweg und verlängerte den Betrieb auf unbestimmte Zeit.
  • Beznau erfüllte auch die Vorschriften bei Erdbeben nicht. Statt abzuschalten, beantragte das Ensi, die Strahlenschutzbestimmungen für Erdbeben vom Strahlenschutzgesetz zu «entkoppeln» und so zu ändern, dass Beznau weiterlaufen kann, ohne die Grenzwerte zu erfüllen.
  • Hinreichende Notfallschutzpläne gibt es in der Schweiz keine. Ereignisse wie Tschernobyl oder Fukushima finden laut den Ensi-Experten in der Schweiz «niemals» statt. Deshalb werden sie weder beplant noch beübt. Stattdessen verteilt man Jodtabletten.

Freipass für die Atomkatastrophe
Die per Gesetz «unabhängige» Aufsichtsbehörde operiert wie der verlängerte Arm der Atomfirmen Axpo und Alpiq. Bei den Gerichtsbeschwerden gegen den Weiterbetrieb des AKW Beznau verwendete das Ensi häufig gleich auch den Wortlaut der beklagten Betreibergesellschaft Axpo.
Um die «Überwinterungsstrategie» der Betreiber zu unterstützen, äussern sich Ensi-Exponenten zur Sicherheit stets optimistisch: «Die Schweizer Kernkraftwerke sind sicher», sagte Ensi-Chef Hans Wanner sechs Monate nach Fukushima. Er hat damit die Öffentlichkeit forsch angelogen, denn das Fehlen einer unabhängigen Notkühlung in Mühleberg muss ihm bekannt gewesen sein.
Der Abbau von Sicherheitsbestimmungen wurde bei der jüngsten Revision der Kernenergieverordnung dynamisiert. Vom Ensi stammte der Antrag, die Vorschriften zur zwingenden Ausserbetriebnahme bei Sicherheitsmängeln von Atomkraftwerken weitestgehend abzuschaffen. Das Ensi hat sich so die Hände zum Einschreiten bei fehlender Sicherheit gleich selber gebunden.
Im Februar 2019 genehmigte die Landesregierung die vom Ensi angestrebten Änderungen ohne Rücksicht auf Proteste von Fachexperten und von Kantonen. Um der gerichtlichen Schliessung des AKW Beznau zuvorzukommen, wurde die zulässige radioaktive Maximaldosis bei Erdbeben, wie sie alle 1000 bis alle 10’000 Jahre zu erwarten sind, von 1 Millisievert auf 100 Millisievert erhöht («Lex Beznau»).
Dank der Hilfe der Aufsichtsbehörde Ensi haben die Betreiber heute eine nahezu unbeschränkte Handlungsfreiheit. Selbst bei schweren Sicherheitsdefiziten kann die Aufsichtsbehörde höchstens noch Ermahnungen aussprechen; die Anordnung einer vorläufigen Ausserbetriebnahme ist nun vom Tisch und bleibt nur noch möglich bei drohendem Versagen des Primärkreislaufs, nicht aber bei Verletzung der Sicherheit bei den peripheren Anlagen wie Notkühlung oder Brenn-Elemente-Becken.
Noch im Jahre 2007 schrieb das Bundesamt für Energie im Erläuternden Bericht zur Ausserbetriebnahmeverordnung: «[D]er Inhaber einer Betriebsbewilligung [hat] seine Anlage ständig soweit nachzurüsten, als dies nach der Erfahrung und dem Stand von Wissenschaft und Technik notwendig ist, und darüber hinaus, soweit dies zu einer weiteren Verminderung der Gefährdung beiträgt und angemessen ist.»
Allein schon aus Kostengründen sind echte Nachrüstungen heute nicht mehr angesagt. Vor allem aber beweist die Branche stets von Neuem, dass Massnahmen, die von den Aufsichtsbehörden angeordnet werden, von den Betreibern gar nie umgesetzt werden. In «Fessenheim», dem französischen AKW im Elsass nahe der Schweizer Grenze, erliess die Aufsichtsbehörde kurz nach Fukushima (2011) eine lange Liste von Auflagen. Eine Überprüfung im Jahre 2018 durch den ehemaligen Präsidenten der Schweizer Strahlenschutzkommission, André Herrmann, ergab, dass in Wirklichkeit keine einzige der angesagten baulichen Massnahmen umgesetzt worden war. Und im Winter 2018 liess sich der Betreiber von der Aufsichtsbehörde noch offiziell von der Pflicht befreien, neue Notstrom-Diesel-Aggregate zu beschaffen.
Ein ähnliches Vorgehen lässt sich in der Schweiz beobachten. Die Aktualisierung des Erdbebenschutzes verzögert das Ensi seit über 20 Jahren höchst erfolgreich. Schon 2004 warnten Experten vor Sicherheitslücken bei Erdbeben. Immer wieder wurden die Massnahmen verzögert und gipfelten dann darin, dass man nicht die Atomkraftwerke erdbebentauglich machte, sondern die Schutzbestimmungen verwässerte, weil die Betreiber sie nicht erfüllen konnten.
Die unausgesprochene Strategie heute lautet «Laufenlassen bis zum Unfall». Und um die Folgen zu verharmlosen, schreckt das Bundesamt für Energie (BFE) auch vor unmenschlichen Falschbehauptungen nicht zurück: In seinem «Faktenblatt» vom 7. Dezember 2018 rechtfertigte es die neuen Grenzwerte mit dem Satz, dass «bei Strahlendosen unter 100 Millisievert keine Gesundheitseffekte nachweisbar» seien. Dies widerspricht allen medizinischen Erkenntnissen.
Noch im März 2018 schrieb der Bundesrat im Bericht über «Risiken ionisierender Strahlung im Niedrigdosisbereich», dass es «keinen Schwellenwert gibt, unter dem eine Exposition keine Wirkung hat». Das interessiert die für die Atomaufsicht Verantwortlichen aber keineswegs. Die Aufsichtsbehörde missbraucht ihre gesetzliche Unabhängigkeit, um eine Parallelwelt eigener Vorschriften und Methoden aufzubauen, die alle Bestimmungen und Erkenntnisse über den medizinisch gebotenen Strahlenschutz aushebeln.
In Japan wurden alle Gemeinden ab einer Dosis von 20 Millisievert umgesiedelt. Selbst die (überaus atomfreundliche) Internationale Strahlenschutzkommission ICRP verlangt bei 100 Millisievert eine «dauerhafte Umsiedlung» der Bevölkerung.
André Herrmann, Präsident der Eidgenössischen Strahlenschutzkommission von 2005 bis 2012, weist darauf hin, «dass Strahlendosen im Millisievert-Bereich» bisher «nur für beruflich exponierte Personen (20 mSv pro Jahr) und in der Medizin (10 mSv für einen Scanner, nach Abwägung der Nutzen/Risiken)» in Kauf genommen wurden. Weil die Kontamination nach einem Unfall über längere Zeit erfolgt, «nimmt die Dosis der Personen stetig zu, also auch ihr Risiko zu erkranken.»
«Die neue Verordnung missachtet die Grundsätze des Strahlenschutzes (Rechtfertigung, Dosisbegrenzung, Optimierung) und des Vorsorgeprinzips. Bei einem nicht einmal seltenen Störfall wären die Konsequenzen dramatisch», warnt Herrmann.
Damit aber nicht genug. Der Schutz vor der Langzeitwirkung der Radioaktivität wird durch perfide Messmethoden des Ensi bei der Bemessung der gesetzlich zulässigen Dosis weiter ausgehöhlt. Die Ensi-Richtlinie G-14 misst bei Unfall nur die erwartete Strahlung der ersten 12 Monate, als ob Isotope wie Cäsium und Strontium mit Halbwertszeiten von 30 Jahren nach einem Jahr aufhörten, gesundheitsschädigend zu wirken.

Unkontrollierte Handlungsfreiheit
Niemand beaufsichtigt in der Schweiz die Atomaufsicht. Der Bundesrat (Exekutive) stellte sich loyal hinter die blind pro-nukleare Politik des Ensi und trägt so auf seine Weise zur künstlichen Verlängerung der Laufzeiten durch Aushebelung der Sicherheit bei.
Für die Entsorgungskosten gilt das gesetzliche Verursacherprinzip nur auf dem Papier. Die zuständige Behörde (die Verwaltungskommission des Stilllegungs- und Entsorgungsfonds) wird von Vertretern der Atomlobby kontrolliert. Sie senkte eigenmächtig die Entsorgungsgebühren der Betreiber um zwei Drittel, um den gesunkenen Stromerlösen entgegenzuwirken. Zur Kostendeckung fehlen 10 bis 15 Milliarden Franken (8 bis 13 Mrd. Euro), die eines Tages mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Steuerzahler anheimfallen werden. Weil die Entsorgungskosten schneller steigen als die Ersparnisse dafür, wird die Lücke zudem immer grösser.
Zur Unterstützung der Atomkraftwerke erhalten die Betreiber inzwischen auch direkte Subventionen. Beiträge an die notleidenden Wasserkraftwerke dürfen seit 2018 kurzerhand zur Atomhilfe umfunktioniert werden. Die Marktprämie von max. 1 Rp/kWh (ca. 100 Mio.€/Jahr) wird in die unterfinanzierten Kernkraftwerke umgeleitet. Eine Zweckbindung für die Wasserkraft besteht nicht.

Was kann die Atomlobby noch stoppen?
Die Schweizer Atom-Aufsicht wurde von der Atomlobby gleichgeschaltet. Weil es keinen geordneten Ausstieg gibt, werden Betriebsstörungen und Unfälle die Werke ungeplant stilllegen – mit unbekannten Folgen und hohen Risiken für die Bevölkerung. Drei Szenarien könnten diese gefährliche Entwicklung noch stoppen:

  • Das Schweizer Bundesgericht könnte die laufenden Beschwerden gegen das Ensi gutheissen und dem Sinn und Geist der Gesetzgebung Nachachtung verschaffen. Die Chancen dieses Szenarios sind bescheiden. In erster Instanz wurden die Klagen mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt. Und mit der Abschaffung der bisherigen Ausserbetriebnahme-Bestimmungen hat die Schweizer Regierung verdeutlicht, dass sie sich keine gerichtlichen Schliessungen von Kernkraftwerken gefallen lassen will. Das Bundesgericht müsste sich, um dem Gesetz Nachachtung zu verschaffen, die geltenden, ungesetzlichen Ausführungsbestimmungen des Bundesrates aktiv korrigieren. Ob es diesen Mut aufbringt, wird sich zeigen.
  • Ein zweiter (riskanter) Weg zum Atomausstieg eröffnet sich, wenn sich die Betriebstauglichkeit der alten Atomkraftwerke weiter verschlechtert. Das Kernkraftwerk Beznau 1 (1969) ist das älteste Atomkraftwerk der Welt. Auch in Leibstadt (Inbetriebnahme 1984) kommt es immer wieder zu Pannen, deren Ursachen nicht geklärt sind, zum Beispiel zur Überhitzung der Brennstäbe.
  • Drittens – und dies ist die wahrscheinlichste Variante – könnte den Atomkraftwerken zum Verhängnis werden, was ihnen derzeit noch hilft: der Emissionshandel und die steigenden Strompreise. Letztere beschleunigen den Ausbau der erneuerbaren Energien in bisher nie gesehenem Ausmass und entziehen sich – dank Regulierung in Brüssel – den Bremsmanövern nationaler Regierungen. Unternehmen und Netzbetreiber schliessen, um Beschaffungskosten zu sparen, immer häufiger direkte Langzeit-Bezugsverträge mit neuen Wind- und Solarfarmen ab (Corporate Power-Purchase-Agreements), was mittelfristig bei sonnigem oder windstarkem Wetter nicht nur dem Kohlestrom, sondern auch der vergleichsweise teuren Bandenergie aus Atomkraftwerken zu schaffen machen könnte. Wenn Wind- und Sonnenstrom das Netz füllen, wird der teurere Atomstrom unverkäuflich und die Zahl der rentablen Betriebsstunden pro Jahr sinkt dann wieder ab. Dies könnte ab ca. 2025 eintreten, bedingt aber auch, dass in Deutschland die Netze nach Süden noch weiter verstärkt werden.

Bis dahin ist noch ein weiter Weg. Inzwischen bestehen die Gefahren durch Atomenergie weiter, denn die Anlagen werden immer älter und niemand schaut genau hin.
Die Regierung von Baden-Württemberg hat zwar klar gegen die Verschlechterung der Sicherheitsbestimmungen Stellung genommen. Doch die deutschen Behörden sollten angesichts der Parteilichkeit der Schweizer Atomaufsicht deutlich weiter gehende Forderungen stellen, zum Schutz der eigenen Bevölkerung:

  • Einsitz im Ensi-Rat, mindestens mit beratender Stimme
  • Beobachtung, Auswertung, Publikation und Kommentierung der Sicherheitsberichte des Ensi, also jener Berichte, die die Aufsichtsbehörde so gerne geheim hält
  • Anwendung und Durchsetzung deutscher Sicherheitsnormen und direkte Interventionen in Bern zum Schutz der Bevölkerung in Süddeutschland

In der Schweiz regiert die Atomlobby dank millionenschweren Zuwendungen an die Rechts-Parteien und dank der Möglichkeit, Medien und Volksabstimmungen mit Geld zu beeinflussen.
Diese Konstellation dürfte noch für Jahrzehnte weiter bestehen. Nicht-Regierungs-Organisationen in der Schweiz haben zwar das Ende der Kernenergie errungen. Diese Entwicklung ist irreversibel, auch wenn heute schon wieder von der Beseitigung des Bauverbots für neue Atomkraftwerke die Rede ist. Denn die hohen Kosten neuer Kernkraftwerke wird niemand mehr bezahlen wollen, wenn Wind- und Solarstrom in ausreichenden Mengen billiger zur Verfügung steht.
Der Ausstiegstermin für die bestehenden Atomkraftwerke ist noch immer ungeklärt. Dies erschwert die Planung, und die Risiken steigen weiter an angesichts des Alters der alten Meiler. Die alten Atomkraftwerke blockieren so indirekt den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Schweiz. Die Ausbauziele bis 2035 ersetzen den Atomstrom nur zur Hälfte. Für die Umstellung des Wärme- und Verkehrssektors auf sauberen Strom fehlt ein solides Gerüst mit ausreichender Stromerzeugung.
Aktiver Klimaschutz wurde bisher vom Bundesparlament und von der Erdgas- und Öl-Lobby in Volksabstimmungen stets von Neuem ausgebremst. Der Verbrauch an fossiler Energie ist seit 1990 um weniger als 5 Prozent gesunken. Die Schweiz hat das Abkommen von Paris zwar ratifiziert. Aber der Tatbeweis steht aus.
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DOSSIER: Energiepolitik ohne neue Atomkraftwerke
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

siehe oben

Zum Infosperber-Dossier:

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Die Sicherheit Schweizer AKWs

Nach einer Katastrophe drohen Krankheiten oder Tod. Und Gebäude- und Hausratversicherungen zahlen keinen Rappen.

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7 Meinungen

  • am 28.03.2019 um 12:57 Uhr
    Permalink

    Erinnerungen werden wach an den Film «Das China-Syndrom». Es ist bedauerlich, dass die Schweiz, die sich selbst gönnerhaft und gerne als Krone aller Völker und Staaten sieht, durchwegs dieselbe abgrundtiefe Korruption und Menschenverachtung pflegt wie die ach so schlimmen anderen Bananenrepubliken.

  • am 28.03.2019 um 21:00 Uhr
    Permalink

    Ich bin mit der Darstellung �berhaupt nicht einverstanden. Zwei Beispiele:
    1) Notk�hlung. Rechsteiner: zu ENSREG-Bericht: �One of the sites (KKM) has no alternate cooling source�. Original: �Provisions against loss of UHS are an outstanding strength in the Swiss NPPs. Three NPPs have three alternate cooling source possibilities (two water intakes and special wells in KKG; one water intake per unit, emergency well, and special emergency well in KKB; one water intake, emergency wells and special emergency wells in KKL). KKM has two water intakes, which cannot be considered as completely alternate cooling sources.� Fazit: unehrlich zitiert. Noch schlimmer: Dass dies nicht mehr stimmt (mobile Pumpen Reservoir Runtigenrain), verschweigt er v�llig.

    2) Ein anderer eklatanter Beispiel ist der angebliche �100 mSv-Skandal�. Die Klarstellung der ENSI:
    http://www.ensi.ch/de/2018/10/12/die-gefahr-bei-einem-10000-jaehrlichen-stoerfall-eines-schweizer-kernkraftwerks-wird-ueberschaetzt/
    Also w�ren in diesem Fall rechnerisch etwa 3 zus�tzliche Krebskranken zu erwarten, also statistisch 0.0003 pro Jahr. Vgl. mit den horrenden Konsequenzen Rechsteiners Propaganda:
    http://env-health.org/IMG/pdf/dark_cloud-full_report_final.pdf
    (Siehe besonders s.8 & 9)
    Frage an Herr Rechsteiner: Finden Sie richtig, dass (u.a.) wegen Ihres Tuns tausende pro Jar fr�hzeitig sterben m�ssen?

  • am 28.03.2019 um 21:07 Uhr
    Permalink

    Übel was in der Schweiz so alles gedreht wird. Allerdings frage ich mich, ob die übermässige Ängstlichkeit des Bevölkerung einerseits und der tatsächliche Energieverbrauch andererseits, zu so einer Politik geführt haben? Gewiss, hier wurde «Geld» durch Gesetze, Verordnungen und Stillschweigen gemacht. Demokratische Defizite sind also ebenfalls ein Grund.

    Einige Aussagen wie:
    -die Kernenergie ist unwirtschaftlich und liesse sich so oder so durch erneuerbare Energie ersetzen

    und

    -Fukushima war ganz, ganz entsetzlich schlimm (tatsächlich war der Tsunami wesentlich schlimmer!)

    stimmen vielleicht nur in unserer kulturellen Filterblase oder Echokammer. In der grossen, weiten Welt vernimmt man ganz andere Entwicklungen! Und ja, die grosse, weite Welt ist wirklich nicht Deutschland!

    bitte Englisch verstehen:

    Kernenergie in China
    https://youtu.be/1oYNUFcxN2E

    warum diese Angst vor Kernenergie
    https://www.youtube.com/watch?v=ciStnd9Y2ak

    Manchmal sollte man den eigenen Kulturkreis verlassen!

  • RudolfRechsteiner
    am 30.03.2019 um 07:17 Uhr
    Permalink

    sehr geehrter Herr Mäder,

    Ich habe von der fehlenden Notkühlung in Mühleberg geschrieben. Sie hingegen zitieren Passagen zu KKL (Leibstadt) und KKB (Beznau). Zu Mühleberg heisst es ei Ihnen: «KKM has two water intakes, which cannot be considered as completely alternate cooling sources». Eben. Die zwei Wassereinlässe in der Aare liegen so nahe, dass bei Hochwasser mit Geschwemmsel wahrscheinlich beide Öffnungen gleichzeitig verstopft werden. Die zitierten «mobilen Pumpen» sind Feuerwehrschläuche. Das soll ein gesetzliches Notkühlsystem sein, im Ernst? Sie repetieren bloss Ensi-Atom-Propaganda statt Fakten.

    Die übrigen Ensi-Zitate belegen erneut die Irreführungen der Behörde Ensi. 100 Millisievert Strahlendosis erfordern nach Handbuch ICRP die flächendeckende Aussiedlung. Tausende vorzeitige Todesfälle als unwichtig darzustellen, zeigt die Verirrung dieser Behörde.
    Gestatten Sie, dass ich dem Präsidenten der Eidgenössischen Strahlenschutzkommission mehr Vertrauen schenke als den Atom-Propagandisten in Brugg, Beamte, die ihre Pflichten jeden Tag verletzen.

    Dr. André Herrmann war jahrzehntelang Kantonschemiker in Basel, hat nach dem Unfall in Tschernobyl ein Messsystem für Radioaktivität aufgebaut und vor vollen Sälen referiert. Er bezeichnet sich im Übrigen nicht als AKW-Gegner.

    Darf ich Sie zudem bitten, Herr Maeder, offenzulegen, für wen Sie arbeiten (evtl. Swissnuclear oder AKW-Betreiber?) und was Ihre wahre Identität ist, wenn Sie hier Qualifikationen austeilen?

  • am 1.04.2019 um 19:31 Uhr
    Permalink

    Guten Tag Herr Rechsteiner, vielen Dank für den interessanten Artikel. Mir scheint, als ob aktuell wieder stark an der Rehabilitierung der Kernenergie gearbeitet wird. Die Atomindustrie scheint die Klimadebatte geschickt zu nutzen. In den sozialen Medien lese ich vermehrt Sprüche wie: Besser Atomenergie als Klimawandel. Für mich klingt das mitunter wie: Besser Lungenkrebs als Darmkrebs.

    Aktuell wurden gerade zwei Bücher zum Thema in der Schweiz veröffentlicht: «Wohin mit dem Atommüll» von Marcos Buser und «Atomfieber» von Michael Fischer.

    https://kosmos.ch/programm/veranstaltungen/buchvernissage-marcos-buser/120128/nach-datum?date=2019-04-11

    https://www.infoclio.ch/en/buchvernissage-atomfieber

  • am 3.04.2019 um 21:09 Uhr
    Permalink

    Guten Abend Herr Rechsteiner,

    Diesmal schreiben Sie es etwas genauer für Mühleberg – die zwei Wassereinlässe könnten zusammen beeinträchtigt werden, deshalb die Nachrüstungen. Dass mobilen Pumpen mit entsprechenden Anlagen-Anpassungen die Kühlung nicht schaffen würden, ist aber eine reine Erfindung von Ihnen. Und das Reservoir Runtigenrain (4. Kühlung!!) haben Sie gar nicht erwähnt…

    Beim 100 mSv Thema liegen Sie ebenfalls völlig daneben: Nach Klarstellung der ENSI gelten 100 mSv für «ein Kleinkind am Zaun» (der Anlage), der dort während eines Unfalls und ein Jahr danach bleibt (und dazu sich aus dem Boden ernährt). Aus realistischen Berechnungen werden 3 frühzeitige Krebse erwartet, was einer Gesamtdosis um 60 Sv / 10’000 Jahre entspricht, vgl. mit Gesamtdosis CH > 40’000 Sv jedes Jahr! Ich zweifle stark, dass Sie Ihre «Tausende Opfer» belegen können.

    Keine Angst – ich (Th. M.) arbeite gar nicht in diesem Bereich. Als Wissenschaftler bin ich einfach entsetzt, wenn Sie den wissenschaftlichen Konsens (siehe u.a. UNSCEAR-Berichte) einfach negieren, aber sich gleichzeitig auf ihn beim Thema Klima (IPCC*) stützen wollen.

    Die Konsequenzen Ihrer Politik für Mensch und Klima können Sie selbst berechnen: Nehmen Sie den klassischen Artikel von Markandya & Wilkinson (Electricity generation & health, the Lancet, 2007) und vergleichen Sie damit Deutschland und Frankreich. Die Fluch des Gutmenschen…

    * Ausser den CO2-Daten für Kernkraft, die Sie wieder negieren

  • am 9.04.2019 um 10:11 Uhr
    Permalink

    Einfach skandalös. Die Einwände des Herrn Mäder ändern doch daran nichts. Am übelsten finde ich, wie die Bevölkerung belogen wird. Wir haben bisher einfach nur Glück gehabt – nicht auszudenken, wenn dieses sich einmal wendet. Aber auch dieser Artikel wird ja wohl die Mainstream-Medien gar nicht erreichen, oder?
    Und ja, unsere Aufgabe wäre, unsern bedingungslosen Stromverbrauch zu überdenken…

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