Prag_Präsidialamt_Flagge_Israel

Uniformiertes Personal der tschechischen Präsidentenkanzlei hissen die israelische Fahne auf der Prager Burg. © CZ Präsidentenkanzlei

So wird der Nahostkonflikt nach Europa importiert

Christian Müller /  Österreich und Tschechien hissen auf ihren Regierungssitzen die israelische Fahne. Das heizt die Stimmung auch in Europa an.

Während international und nicht zuletzt auch im UNO-Sicherheitsrat diskutiert wird, wie die Eskalation der Gewalt zwischen den israelischen Polizeikräften und der Armee auf der einen Seite und der palästinensischen Hamas auf der anderen Seite mit bereits hohen Todeszahlen gestoppt werden könnte, und während in vielen europäischen Städten vor allem pro-palästinensische Demonstrationen stattfanden und stattfinden, haben Österreich und Tschechien auf ihren Regierungspalästen die israelische Fahne gehisst – aus Solidarität mit Israel, wie sie sagen.

Auf dem Bundeskanzleramt in Wien flattert jetzt die Flagge von Israel an Stelle der EU-Flagge.

Seit der damalige US-Präsident Donald Trump im Dezember 2019 bekannt gab, die USA würden die ungeteilte (!) Stadt Jerusalem – also inklusive Ostjerusalem, das im Sechs-Tage-Krieg von den Israelis erobert worden war – als Hauptstadt Israels anerkennen, haben die Spannungen zwischen Israel und der palästinensischen bzw. arabischen Bevölkerung wieder stark zugenommen. Auch neue Gesetze haben in den letzten Jahren die Situation der Araber in Israel spürbar verschlechtert.

Durch unnötige Provokationen durch die israelischen Behörden in Ostjerusalem (die ganze Geschichte muss hier nicht wiederholt werden), kam es vor einigen Tagen zu heftigen Zusammenstössen und erster Gewalt. Mittlerweile gibt es auf israelischer Seite zehn zivile Tote, auf Seite der Palästinenser in Gaza aber bereits über 200, darunter viele Kinder und Frauen.

Fast alle europäischen Instanzen rufen bewusst beide Seiten zur Zurückhaltung auf. Auch vierzehn von fünfzehn Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrates möchten beide Seiten zur Mässigung aufrufen. Nur noch die USA weigern sich, mit ihrer Stimme eine entsprechende Resolution zu ermöglichen. Und jetzt helfen also auch Österreich und Tschechien, die Stimmung noch mehr anzuheizen.

Österreich ist ein neutraler Staat. Warum ausgerechnet diese einseitige Stellungnahme? Zurzeit finden in Wien auf höchster Ebene Gespräche zur Lösung des Konflikts um das von den USA gekündigte Nuklear-Abkommen zwischen den USA und dem Iran statt. Aufgrund der israelischen Flagge auf dem Gebäude des Bundeskanzlers hat der iranische Aussenminister seinen unmittelbar bevorstehenden Besuch in Wien nun kurzfristig abgesagt. Und die gegen die israelische Besatzungspolitik gerichteten Demonstrationen werden auch in Europa jetzt erst recht aufflammen.


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Zum Autor Christian Müller deutsch und englisch.
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6 Meinungen

  • am 19.05.2021 um 11:14 Uhr
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    Palästina und Syrien: Die Stacheln im Fleisch der selbstgerechten Westeuropäer.

    Die Palästinenser kämpfen ganz bewusst für Menschenrechte und aus der Schwäche heraus. Nicht für geopolitische und wirtschaftliche Eigeninteressen wie unsere Regierungen und Gesellschaften. Nicht für korrupte Eliten. Sie sind weit besser informiert als unsere Propagandisten, angeblichen Nahostspezialisten.

    Jenen, die in ihrer Unkenntnis propagieren, dass Dialog und Verhandlungen immer mögliche Lösungen seien, sei gesagt, dass dies für die Schwachen (wie Palästinenser) selbstzerstörerisch ist, wenn die Zielsetzungen: Gleiche Ebene (Gleichwertigkeit) und gleiches Ziel (Allgemeinwohl) nicht gegeben sind. Kein geringerer als der weltbekannte christliche Palästinenser Edward Said («Orientalismus») hatte sich deshalb Zeit seines Lebens mit ganzer Kraft GEGEN Verhandlungen mit Israel eingesetzt (leider erfolglos) da er sah, dass Verhandlungen dem, weitgehend nationalsozialistischen Deutschland gleichenden, europäischen Unrechtsstaat Israel NUR der Vernichtung Palästinas, der Palästinenser dienen und NIE Gleichwertigkeit und Allgemeinwohl.

    Die Schweiz, seine Bildungsgesellschaft, der Westen rechtfertigt, unter üblicher Missachtung jeglicher Verhältnismässigkeit, mit sattsam bekannten selbstgerechten, akademischen Argumenten sein (pro israelisches) Verhalten im Nahost-Konflikt. Mit dem Hamas hat man den willkommenen Schuldigen, das Feindbild auf den das eigene schlechte Gewissen abgewälzt werden kann.

  • am 19.05.2021 um 13:09 Uhr
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    Die aktuelle Eskalation ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass Netanjahu sich – entgegen dem Wählerwillen – mit allen Mitteln an der Macht halten will. Politik scheint im Westen nichts mit „Staatskunst“ oder Recht zu tun zu haben. Sie maßen sich in ihrer Einseitigkeit und Selbstgerechtigkeit an, nach Provokationen aller Art , die sie zumeist der anderen Seite zuschreiben, auch zum Einsatz von Gewalt „berechtigt“ zu sein. Dass sie in Afganistan, Irak, Libyen, Somalia und vielen anderen Ländern erkennbar gescheitert sind und sich nachhaltig Feinde geschaffen haben, hält sie nicht davon ab, diesen Weg immer weiterzugehen. Das Leid der Menschen in den zerstörten Ländern stört sie nicht im Geringsten, solange ihnen ihre Macht und Mittel die Verfügung über die Ressourcen dieser Länder sichern, womit sie das Leid noch erhöhen. Die westliche Politik widerspricht der Charta der Vereinten Nationen. Es ist 1990 nach Ende des kalten Kriegs leider nicht gelungen, das Ziel, die UNO dahingehend aufzuwerten, dass sie diesen zynischen Machenschaften zugunsten des Weltfriedens ein für alle Mal ein Ende setzen kann, da die USA mit der von ihr dominierten NATO kein Interesse daran haben, solange ihnen nicht klar ist, dass ihre Kurzsichtigkeit Selbstzerstörung bedeutet.

  • am 19.05.2021 um 20:33 Uhr
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    «Österreich ist ein neutraler Staat. Warum ausgerechnet diese einseitige Stellungnahme?»
    Es sollte ja kein Geheimnis sein, dass Kanzler Kurz und der israelische Premier Netanjahu dicke Freunde sind. So hat Netanjahu Kanzler Kurz bei den Corona Massnahmen «beraten»:

    https://www.profil.at/oesterreich/ziemlich-beste-freunde-kanzler-kurz-auf-besuch-bei-netanjahu/401211694

    Israel war «führend» bei der Einführung der fragwürdigen Massnahmen:

    https://zackzack.at/2020/05/12/kurz-freund-netanjahu-fantasiert-von-microchips-fuer-kinder/

    https://kurier.at/politik/ausland/coronavirus-infizierte-in-israel-werden-digital-ueberwacht/400784300

    Nichts schönes las man vor rund 10 Jahren über den Premier Netanjahu.
    So soll er gemäss seinem Psychiater an schweren, nicht therapierbaren Wahnvorstellungen leiden:

    http://legalienate.blogspot.com/2010/06/psychiatrist-of-israeli-prime-minister.html

    Benjamin Netanjahu: Kein Platz für die Schwachen

    https://www.dw.com/de/nach-der-anklage-gegen-israels-staatschef-benjamin-netanjahu-kein-platz-für-die-schwachen/a-51367782

    Möglicherweise zielt er darauf ab, andere Länder in seinen Konflikt hineinzuziehen.
    Es gab gar vor 10 Jahren in einem Blog Behauptungen , wonach Netanjahu mit dem Iran den 3. Weltkrieg herbeiführen will.

  • am 20.05.2021 um 19:48 Uhr
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    Es war einmal:

    «… Heute folgt Gewalttat auf Gewalttat; behelfsmäßige Raketen kreuzen den Weg von hoch entwickelten Raketen. Letztere finden ihr Ziel üblicherweise dort, wo die enterbten und zusammengepferchten Armen leben und auf etwas warten, das man einst Gerechtigkeit nannte. Beide Arten von Raketen zerreißen auf schreckliche Weise Körper – wer außer Feldkommandanten könnte das auch nur für einen Moment vergessen?

    Über jede Provokation und Gegenprovokation wird gestritten und gepredigt. Aber alle darauf folgenden Argumente, Beschuldigungen und Schwüre dienen nur dazu, die Aufmerksamkeit der Welt von einer lange währenden militärischen, ökonomischen und geografischen Praxis abzulenken, deren politisches Ziel in nicht weniger als der Auflösung der palästinensischen Nation besteht.

    Dies muss laut und deutlich gesagt werden, da diese Praxis – nur halb angekündigt und oft geheim – in diesen Tagen schnell voran schreitet. Nach unserer Meinung muss sie unaufhörlich und ewig als das, was sie ist, erkannt und bekämpft werden.

    19. Juli, 2006

    Tariq Ali,
    Russell Banks,
    John Berger,
    Noam Chomsky,
    Richard Falk,
    Eduardo Galeano,
    Charles Glass,
    Naomi Klein,
    W.J.T. Mitchell,
    Harold Pinter,
    Arundhati Roy,
    Jose Saramago,
    Giuliana Sgrena,
    Gore Vidal,
    Howard Zinn.»

    (Ganzer Text: http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Libanon/intellektuelle.html)

  • am 23.05.2021 um 11:56 Uhr
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    Netanyahu könnte (wenn er denn wollte, es macht zwar etwas Aufwand aber die Mittel dazu hat er zweifelsohne) der Hamas den militärischen Arm amputieren, oder gar die Hamas ganz einstampfen (sprich: Gaza annektieren). Stattdessen bietet er Waffenstillstand an. Warum?
    Damit er das was er im Gaza-Streifen zerschossen hat, nicht selber wiederaufbauen muss. Viel zu teuer das wäre, und der Israelische Pass in einem Wespennest namens Gaza-Stadt verteilen will er wohl auch nicht. Die Hamas wird folglich weiter Raketli basteln, und wenn die Lager wieder gefüllt sind, dann geht es von vorne los – ein Grund ist jeweils schnell gefunden. Soooo blöd.
    Mit seiner Flagge auf dem Dach zeigt Kanzler Kurz nur, dass er nicht verstanden hat was in Nahost abgeht. Man strebt dort allseits nach religiöser Dominanz. Diese ist aber nur Vorwand für Raffgier (nicht anders wie mit den Mittelalterlichen Kreuzzügen, man will sich so die Kontrolle über Wasser und Bodenschätze sichern). Soooo blöd.

    Leute, lasst euch endlich mal was Schlaues einfallen… wie wär’s mit richtig aufhören zu rauchen?
    Anstatt immer nur Rauchpause zwischen zwei Cigaretten?

  • am 24.05.2021 um 16:48 Uhr
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    Gerade hier in Europa sollten die Regierungen (insbesondere Regierungen von neutralen Staaten) strikte neutral verhalten.
    Selbstverständlich hat Israel ein Recht auf Verteidigung gegen Angriffe aus dem Gazastreifen. Israel hat auch geantwortet mit Bombenangriffen auf Hammas-Stellungen. Zu Recht.
    Es gibt aber auch ein Recht der Palästinenser, dass es im Westjordanland endlich zu einer vernünftigen Lösung kommt. Israel versucht, eine Lösung auf den Stankt Nimmerleinstag zu verschieben; nicht zum Wohle für den Frieden in Nahost.

    Wir hier in Europa sollten uns möglichst nicht einmischen, da der Artikelschreiber zu Recht warnt, dass dieser Konflickt so auf europäischen Boden getragen wird.
    Das kann nicht in unserem Interesse sein.

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