Sperberauge

Frankreichs Armee soll nicht mehr nur verteidigen …

Rudolf Walther © zvg

Rudolf Walther /  Emmanuel Macron macht aus dem «Ministère de la Défense» ein «Ministère des Armées». Ein Zeichen neuer Grossmacht-Allüren?

Namen und Titulatur von Ministerien und Ministern sind weder harmlos noch zufällig. In der Bonner Republik zum Bespiel gab es ein «Ministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte» bis zu dessen Auflösung im Jahr 1969. Der relativ harmlose Name verschleierte Ziel und Zweck des Ministeriums: Es ging immer nur darum, die Folgen und Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs nach rückwärts zu revidieren und den Anspruch Deutschlands «auf die Grenzen von 1937» aufrecht zu erhalten. Erst mit Willy Brandts Ostpolitik verabschiedete man sich vom hybriden national-chauvinistischen Programm, die Folgen und die Verantwortung für den verbrecherischen Angriffskrieg gegen den Osten auf diesen abzuwälzen.

Als in der Politik noch vergleichsweise frontal und offen agiert wurde wie unter der absolutistischen Dynastie der Bourbonen in Frankreich, ernannte König Heinrich IV. im Jahr 1589 einen «Secrétaire d‘État de la Guerre» («Staatsminister für Krieg»). Als sich das monarchische Europa 1791 zum Krieg gegen das republikanische Frankreich verbündete, bekamen die Franzosen unter verschiedenen Regierungen bis zum Kaiser Napoleon I. (1804) ein «Kriegsministerium» («Ministère de la Guerre»), dessen Minister schnell wechselten. Die markantesten Kriegsminister waren Charles-François Dumouriez und Lazare Carnot.

1893 entstand neben dem Kriegs- ein Marineministerium. 1947 wurden beide zusammengelegt zum «Ministerium der nationalen Verteidigung und der Streitkräfte» (Forces Armées). Unter General de Gaulle wurde aus diesem Ministerium das «Ministerium der Streitkräfte» («Armées»), das der ehrgeizigen (Grossmacht-)Strategie «à tous azimuts» verpflichtet blieb, obwohl sich französische Truppen nach schweren Niederlagen gegen Befreiungsbewegungen aus Indochina, Madagaskar und Algerien zurückziehen mussten.

Verbale Abrüstung, territoriale Begrenzung und Verzicht auf Grossmachtvisionen gab es erst nach dem Abgang des Generals. Ab 1969 hiess das Ministerium «Ministerium der nationalen Verteidigung» («Ministère de la Défense»), ab 1974 und bis 2017 «Verteidigungsministerium», zeitweise mit dem Zusatz «und der Veteranen» («anciens Combattants»). Der Zusatz war das Trostpflaster für die ausgeträumten Träume vom «Kolonialreich». Von diesem blieben eh nur Witwen, Kriegsverletzte und Rentner übrig.

Unter Macron nun setzte die Rückkehr zu den absolutistischen Anfängen ein: Nach dem Krieg ist vor dem Krieg, also eine Daueraufgabe für den Chef. Macron, der vermeintlich neue Mann und «Retter Europas», machte aus dem Ministerium mit klarem Verteidigungsauftrag wieder ein schon dem Namen nach höchst unklar begrenztes «Ministère des Armées», deren Chef Jupiter höchst selbst ist.
Jupiter nennen kritische Medien den neuen Staatspräsidenten. Dessen quasi-monarchistisches Gehabe tritt seit der Inszenierung bei der Amtseinführung im Hof des Louvre immer deutlicher hervor. Die Umbenennung ist auf jeden Fall Teil einer Blankovollmacht für französische Interventionen «à tous azimuts» – aus «Schutzverantwortung», «Vorwärtsverteidigung», «Terrorismus- und Schlepperbekämpfung» oder auch schlicht für natürliche Ressourcen, vom Erdöl bis zu den seltenen Erden, und für das Phantom der «Francophonie». «Le président est le chef de l’armée», Art. 15 der Französischen Staatsverfassung …


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Eine Meinung zu

  • am 7.08.2018 um 13:47 Uhr
    Permalink

    Ach, das ist ja eine relativ kleine Sache, diese Umbenennung. Aber mit dem nicht gerechtfertigten Angriff auf Syrien war ja die Stossrichtung Macrons eh schon klar.

    In Amerika wird von vielen Leuten aus der alternativen Szene gefordert, das DOD (Department of Defense) in DOA (Department of Agression) umzutaufen, was seinem Rollenverständnis und Verhalten tatsächlich sehr viel näher käme.

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