Kommentar

Eine Solidaritätssteuer ist notwendig

Beat Allenbach © zvg

Beat Allenbach /  Die Pandemie-Schulden der öffentlichen Hand betragen bis Ende Jahr 60 bis 70 Milliarden Franken. Nun braucht es mehr Solidarität.

Die heimtückische Pandemie hat seit über einem Jahr die wirtschaftlichen Tätigkeiten behindert und einige Branchen zum Stillstand gebracht. Zudem sind das soziale und individuelle Leben sowie die Ausbildung der Jugendlichen um der Gesundheit willen, vor allem jener der älteren Menschen, stark eingeschränkt. Um zahlreiche Unternehmen, viele Menschen, notleidende Branchen und Institutionen zu unterstützen, wird das für die Jahre 2020 und 2021 Bund und Kantone gesamthaft zwischen 60 und 70 Milliarden Franken kosten, sagte Bundesrat Ueli Maurer an einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Zürcher Regierung in Zürich.

In diese Summe sind zusätzliche, von der Pandemie verursachte Kosten, etwa die Arbeitslosengelder, inbegriffen. Die Schulden namentlich der Eidgenossenschaft schnellen deshalb in die Höhe. Noch vor wenigen Jahrzehnten war eine Million ein grosser Betrag, doch heute spricht man mit Nonchalance von Milliarden: 60 Milliarden sind immerhin eine Zahl mit zehn Nullen – für uns Normalbürger eine unvorstellbare Summe.

Der Finanzminister will keine Steuererhöhung

Mich schockiert, dass praktisch niemand von einer Steuererhöhung spricht, auch Finanzminister Ueli Maurer nicht, der sich gleichwohl über die starke Belastung des Bundeshaushalts Sorgen macht. Wo versteckt sich – so frage ich – die Solidarität, die in unserer geschätzten Bundesverfassung wiederholt genannt wird? In der Präambel heisst es: „Gewiss (…) dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen“. Die Schwachen in unserer Gesellschaft, aber auch die Jugend sowie viele Kinder getrennter Familien ebenso wie die Beschäftigten in schwächeren Branchen leiden überdurchschnittlich unter der Pandemie.

Das ist ein überzeugender Grund, dass Menschen mit einem gewissen Vermögen, ohne in Schwierigkeiten zu geraten, dazu beitragen könnten und müssten, die immensen Kosten der Pandemie zu decken. So könnte man gegenüber den am stärksten betroffenen Menschen etwas grosszügiger sein, und die kommende Generation würde nicht durch die immensen Schulden infolge der Epidemie zusätzlich belastet. Möglich wäre – für eine Frist von beispielsweise fünf Jahren –, auf dem steuerbaren Vermögen ab dem Betrag von einer oder zwei Millionen eine „Krisensteuer“ von etwa einem halben Promille zu erheben; das wären 1’000 Franken pro Jahr bei 2 Millionen Vermögen. Ab einem steuerbaren Vermögen von 10 Millionen wäre ein Promille wohl angemessen.

Möglichst viele sollten solidarisch sein

Ich bin überzeugt, dass man einen tiefen Steuersatz wählen sollte. Gleichzeitig wären jedoch auch bescheidene Vermögen zu erfassen, damit ein beachtlicher Teil Menschen, darunter auch viele, die links oder grün wählen, ihre Solidarität mit den weniger erfolgreichen Menschen zum Ausdruck bringen können. Diese „Krisensteuer“ ist umso notwendiger, da der Graben zwischen reich und arm infolge der Epidemie sich weiter vertieft hat, obschon er schon zuvor unerträglich tief war.

Es ist selbstverständlich Aufgabe der Politiker, die Kriterien für die Erhebung der Steuern sowie den Steuersatz festzulegen. Ich bin jedoch fest überzeugt, dass ein Akt der Solidarität mit den Menschen in Bedrängnis notwendig ist in dieser Zeit einer wirtschaftlichen, sozialen und individuellen Krise, wie sie sich seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht ereignet hat. Zu den Privilegierten sind auch wir Alten zu zählen, die bei guter Gesundheit sind und ausser der AHV jeden Monat eine angemessene Pension erhalten. Wir haben wie andere Schweizerinnen und Schweizer keine Sorgen, die Arbeit zu verlieren und können es uns leisten, solidarisch zu sein.


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13 Meinungen

  • am 18.04.2021 um 11:35 Uhr
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    Nicht die Pandemie, sondern die Massnahmen kosteten so viel Geld und Lebensqualität.
    Die Medizin ist schlimmer als die Krankheit.

  • am 18.04.2021 um 12:09 Uhr
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    Beat Allenbach spricht mit treffenden Argumenten ein wichtiges und bisher leider stark vernachlässigtes Thema an. Insbesondere bin ich einverstanden, dass eine „Pandemie-Steuer“ auch einigermassen gut positionierte Linke und sonst wie gesellschaftlich engagierte Steuerzahler eine Chance geben soll, sich an der Bewältigung der Kristen-Kosten zu beteiligen.

  • am 18.04.2021 um 12:13 Uhr
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    «Die heimtückische Pandemie» hat vor allem politische Ursachen. Hier sollte vor allem das Verursacher-Prinzip zur Anwendung kommen. Beispielsweise eine Kollateralsteuer für alle Parteimitglieder jener Parteien, die das Covid-Regime unterstützen und dulden. Alle Verantwortungsträger sollten persönlich mithaften. – Auch auf den freiwilligen Tests, denen wir die Fallzahlen und damit die Pandemie zu verdanken haben, wäre eine «Solidaritätssteuer» zu erheben. Mit diesen Lenkungsabgaben könnten wir das Virus vielleicht sogar besiegen.

  • ToniKoller
    am 18.04.2021 um 12:46 Uhr
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    Eine vorübergehende Steuererhöhung wäre auch deshalb richtig, weil sich seit der Pandemie – wo man weniger ausgeben konnte – enorme Summen auf den Konten stauen: Die Sparquote in der Schweiz ist auf Rekordwerte gestiegen. Davon etwas abzuschöpfen, wäre auch für kleinere Vermögen gut verkraftbar.

  • am 18.04.2021 um 16:10 Uhr
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    Mani Matter (1972!!):
    Dene wos guet geit, giengs besser, giengs dene besser, wos weniger guet geit.
    Was aber nid geit, ohni dass’s dene weniger guet geit, wos guet geit.

    Drum geit weni für dass’s dene besser geit, wos weniger guet geit.
    Un drum geits o dene nid besser, wos guet geit.

  • am 18.04.2021 um 17:14 Uhr
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    Auch ich bin der Meinung, dass die Vermögensteuern zu gering sind; unabhängig von Corona.
    Eine Erhöhung im Promillebereich erlaubt es sämtliche Sozialversicherungen zu sanieren und das ohne weiteren Druck auf das Rentenalter auszuüben.

    Es darf nicht vergessen werden, dass die Milliarden von Heute die Millionen von Gestern sind.
    Alle Staaten ringsherum haben sich mit Hilfspaketen in einem ähnlichen Ausmass wie die Schweiz verschuldet. Man braucht nicht Wirtschaft studiert zu haben um zu wissen, dass höhere Schulden zu einer kleineren Bonität führen. Das drückt auf die Währung. Würde die Schweiz eine Ausnahme machen, stiege der Wechselkurs; daran hat die Wirtschaft nun wirklich kein Interesse.

    Wie eingangs erwähnt habe ich nichts gegen eine Erhöhung der Vermögensteuer denke aber, dass wir eher wachsam sein sollten wenn mit dem Argument ‹Corona-Solidarität› die Sozialleistungen weiter abgebaut werden sollen.

    Ob die Links-Grünen Wähler eher als andere bereit sind einen Obolus an eine Solidarität zu leisten wage ich zu bezweifeln.

  • am 18.04.2021 um 18:13 Uhr
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    Ich bin dankbar für diesen konstruktiven Vorschlag, denn es ist eine stossende Ungerechtigkeit, dass einige Berufszweige unverschuldet das grösste Opfer bringen sollen. Das dürften die Entscheidungsträger niemals zulassen. Die Entschädigungen sind ungenügend und deshalb nicht gerecht. Alle Politiker, Viro – Epidemio – und andere – logen haben kein bisschen finanzielle Einbussen, genausowenig wie die Rentner. Ich habe mich oft gefragt, ob diese auch so laut nach Massnahmen rufen würden wenn ihr Einkommen dabei sinken würde. Dieser Vorschlag der Extrasteuer steht schon lange im Raum und wäre ein echter, wirksamer Akt der Solidarität, der niemanden schmerzt. Soviel, eigentlich ist es wenig, muss uns die Gerechtigkeit, der soziale Frieden und die finanzielle Zukunft der nächsten Generation wert sein.

  • am 19.04.2021 um 13:06 Uhr
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    Der Bund wird schon ausreichend alimentiert mit strukturellen Ueberschüssen und seit neustem auch mit wachsenden Beiträgen der Nationalbank. Steuererhöhungen sind unnötig. Senkungen wären angezeigt, um die Erholung zu unterstützen.
    Steuererhöhungen sind auch deshalb unnötig, weil die Beiträge schon heute höchst ungleich sind, und zwar nicht, weil die einen relativ zu den anderen immer reicher würden (das ist bei uns seit über 100 Jahren stabil), sondern weil die einen im Vergleich zu den anderen einen immer höheren Prozentsatz abliefern müssen, und parallel dazu einkommensabhängig zunehmend gestützt wird. Damit werden immer grössere Schichten zu Nettobezügern.
    Vermögen werden übrigens in der Schweiz schon viel stärker als in praktisch allen anderen Ländern besteuert, in einigen Kantonen bis gegen 1% (und das bei Nullzinsen).
    De facto haben wir in der Schweiz eine Uebersolidarität, wo 1/4 der Leute 3/4 der Lasten trägt, aber weit unterdurchschnittlich Leistungen des Staats erhält.

  • am 19.04.2021 um 13:34 Uhr
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    Der Artikel blendet aus, dass die Mehrausgaben in Folge der Corona Massnahmen von 60 bis 70 Milliarden für 2020 eher noch kleine Beträge sind zu den jährlich wiederkehrenden höheren Ausgaben für die AHV im Verhältnis zu den AHV Beiträgen. Alleine für die AHV werden wir ab 2045 37 bis 39 Milliarden pro Jahr mehr Einnahmen benötigen. Es genügt bei weitem nicht weiterhin nur auf veraltete Steuersysteme zu setzen, die auf höhere Kapital- und Lohnsteuern basieren. Wenn man noch berücksichtigt, dass diese Kapital- und Lohnsteuern auf einem möglichst hohen globalen Raubbau der natürliche Ressourcen beruhen, helfen solche postsozialistische und postkapitalistische Modelle wenig weiter. Was wir brauchen sind Ressourcen-Lenkungsabgaben in der Höhe von etwa 50 Milliarden pro Jahr und Finanztransaktions-Lenkungsabgaben (Mikrosteuer) in der Höhe von 100 Milliarden pro Jahr. Alles andere ist reines politisches basteln. Wie sagte Einstein: Die reinste Form des Wahnsinns ist nichts zu ändern und zu glauben, dass sich etwas ändere.

  • am 19.04.2021 um 15:06 Uhr
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    Es passiert mir selten, dass ich sagen muss: Das Wichtigste ist bereits gesagt, es braucht meinen weisen Beitrag nicht mehr. Ich bin mit euch, Rolf Geiser, Toni Koller, Christoph Speiser und Ursula Aye voll und ganz einverstanden., Danke für eure Beiträge.

  • am 19.04.2021 um 20:03 Uhr
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    «Das ist ein überzeugender Grund, dass Menschen mit einem gewissen Vermögen, ohne in Schwierigkeiten zu geraten, dazu beitragen könnten und müssten, die immensen Kosten der Pandemie zu decken.» – Der Ansatz klingt gut: wenn die Reichen die Kosten tragen, gehen die finanziellen Folgen dieser Pandemie schmerzlos vorüber. Die Übertragung der Steuerlast auf zukünftige Generationen zielt in die gleiche Richtung. Damit wird aber nur ein kleiner Teil der Kollateralschäden abgefedert. – Unsere Grundrechte können nur durch politische Veränderungen wiederhergestellt werden. Dazu braucht es einen massiven Leidensdruck auf die gesamte Wählerschaft. Das heißt im Klartext: Die finanziellen Folgen müssen unmittelbar in voller Härte durchschlagen. Wer Lockdowns einfordert, soll die Folgen tragen. Irrationale Gesundheitsforderungen sind sofort in Rechnung zu stellen.

  • am 20.04.2021 um 10:52 Uhr
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    Zitat von «Zeit-Fragen»: «Das New Yorker Bankenviertel ist zwar leergefegt, das Handelsparkett schon seit 23. März geschlossen, aber im Internet pulsiert es kräftig weiter: Unsere Märkte sind voll und ganz in der Lage, vollelektronisch zu arbeiten“, verkündete die Leiterin der Börse die frohe Botschaft des Finanzkapitals.»
    Offiziell Herzlose haben den Finanzmarkt im Griff, das Zeitalter der Manager wurde gerade ge- Man-Aged.
    Wer braucht schon ein «Skynet»(«Terminators» künstliche Intelligenz) wenn «Wallbet.net» bestimmt, ob Sie heute Geld verdienen, oder nicht.

  • am 22.04.2021 um 10:44 Uhr
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    Die Ausgaben welche die Staaten heute leisten sind alle auf Kredit zukünftiger Steuerzahlungen. Wem das nicht klar ist, sollte mal ein klein wenig nachdenken. Ob die imensen Ausgaben jedoch gerechtfertigt und zielführend waren, wird die Zeit zeigen. Ich hoffe für uns alle das sich nicht herausstzellt, das die Milliarden im Prinzip nix bewirkt haben.

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