Abstimmungsbuechlein_AHV13

Direkt wiedergegeben: Argumente für Bundesrat und Regierung erscheinen als Tatsachen. © Pascal Sigg

Bundesrat wertet Inhalte des Abstimmungsbüchleins

Pascal Sigg /  Die Regierungsempfehlungen erscheinen als Tatsachen. Initiativkomitees kommen mit «Argumenten» zu Wort.

Über zwei Initiativen stimmt die Schweiz am 3. März ab. Viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, welche sich über sie eine Meinung bilden möchten, informieren sich im Abstimmungsbüchlein. Es kommt mit dem Couvert der Stimmunterlagen per Post.

Doch Abstimmende sollten wissen, dass sein Inhalt politisch gefärbt ist. Dies wird besonders deutlich bei Vorlagen, welche Bundesrat und Parlament ablehnen. Die Positionen von Bundesrat und Parlament erscheinen nämlich tatsachenbasierter als jene der Komitees von Volksinitiativen. Dies ist bei beiden Vorlagen der Fall.

Eher Tatsache oder eher Meinung?

Ein Beispiel: Im Büchlein sind die Abstimmungsempfehlungen von Bundesrat und Parlament in direkter Rede verfasst. Das tönt bei der Initiative für eine 13. AHV-Rente so: «Die meisten Pensionierten sind nicht auf eine 13. AHV-Rente angewiesen. Für Personen mit geringen Mitteln gibt es gezielt Ergänzungsleistungen.» Die Aussagen der Regierung erscheinen so als entscheidende Tatsachen. Der Absender ist weniger wichtig.

Die Empfehlung des Intitiativkomitees hingegen wird in indirekter Rede wiedergegeben. So werden sie eher ins Reich der Meinungen gerückt: «Immer mehr Rentnerinnen und Rentner hätten Mühe, über die Runden zu kommen.»

Leicht anders sieht es bei der ausführlichen Auflistung der Argumente aus. Diese dürfen die Initiativkomitees in direkter Rede publizieren. Dafür heisst es dazu: «Der Text dieser Doppelseite stammt vom Initiativkomitee. Es ist für den Inhalt und die Wortwahl verantwortlich.» Bei den Argumenten von Bundesrat und Parlament fehlt dieser zusätzliche Hinweis.

Absender über indirekte Rede markieren

Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sollten deshalb wissen: Für den Inhalt des Büchleins ist der Bundesrat verantwortlich. Darauf weist auch ein Sprecher der Bundeskanzlei auf Infosperber-Anfrage hin. «Die Abstimmungserläuterungen sind im Namen des Bundesrates verfasst und heissen daher ‹Erläuterungen des Bundesrates›». Der Bundesrat gebe deshalb in den Erläuterungen die Abstimmungsempfehlungen von Bundesrat und Parlament unmittelbar ab.

Von den Komitees übernehme der Bundesrat die Empfehlung. Sie kämen deshalb nicht unmittelbar zu Wort, sondern in indirekter Rede. Damit könnten die Stimmberechtigten unterscheiden zwischen den Aussagen von Bundesrat und Komitees.


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Pascal Sigg

Pascal Sigg ist Redaktor beim Infosperber und freier Reporter.

6 Meinungen

  • am 15.02.2024 um 11:17 Uhr
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    Bundesrat und Parlement sind auf 3 Augen blind. So lässt sich die Aussage leicht erklären: Heute hat die AHV Reserven, die MWSt ist in vielen umliegenden Ländern höher und die Beitragssätze können erhöht werden. Korrekt würde es heissen: Bundesrat und Parlament wollen ihre Verantwortung für den sozialen Ausgleich nicht wirklich wahrnehmen, weil sie auch kaum davon betroffen sind. Ergänzungsleistungen sind immer wieder Kürzungen, Willkür sprich ‹persönlichen› Handhabungen unterworfen! Ergänzungsleistungen brauchen und vergrössern beim Ausbau den Verwaltungsapparat im Gegensatz zur 13ten AHV.

  • am 15.02.2024 um 11:36 Uhr
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    Ich finde es richtig, dass Bundesrat/Parlament nicht auf die gleiche Stufe gestellt werden wie Initiativkomitees. Immerhin ist das Parlament (und indirekt der Bundesrat) von uns allen gewählt und damit unser aller Vertretung, dies im Gegensatz zu einzelnen Parteien oder Gruppierungen.

  • am 15.02.2024 um 11:58 Uhr
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    Das Vorgehen ist eindeutig manipulative Kommunikation. Eigentlich nichts Neues, nur schade, dass nach wie vor so viele Wähler alles blind schlucken. In unserer Gemeinde ist es seit Jahren so, dass immer, wenn ein Baukredit oder eine Umzonung beantragt wird, erhalten wir eine dicke farbige Hochglanzbroschüre. Früher mit Parkplätzen, heute mit schönen grossen Bäumen. Zu denen wird es jedoch nie kommen, weil kaum genügend Sonnenlicht übrig bleibt und sowieso zu wenig Erde für die Wurzeln. Der Bundesrat und seine Sponsoren haben also noch verfügbaren Spielraum.

  • am 15.02.2024 um 23:40 Uhr
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    Tatsachen? In 2020 wurde BR Keller-Suter von der GPK-N gerügt, weil sie bei der Konzernverantwortungsinitiative sich vor den Karren der Gegner (Grosskonzerne) spannen liess. Kompetenzüberschreitung und unverhältnismässige Kommunikation wurde ihr vorgeworfen. NB: Der vom Stimmvolk angenommene Gegenvorschlag zog der Initiative die Zähne.
    Meiner Meinung nach, wiederholt sich das Vorgehen bei der Initiative für eine 13. AHV-Rente, für die kein Gegenvorschlag vorliegt. KKS argumentiert wie die „Allianz“ der Gegnerschaft. Sie behauptet u.a. kurzgefasst, dass die Initiative Arbeit und Konsum verteuern werde. Dabei ist die Finanzierung in der Initiative gar nicht geregelt. Angstmacherei und Panik schüren? Obschon die Initiative aus dem linken Flügel des Parlaments stammt, sagt KKS, dass BR und Parlament (Kollektiv) die Vorlage ablehnen. Ein krasser Widerspruch in der Kommunikation. Wird schliesslich der „brandgefährliche“ Brief von Alt-BR an die Rentner/innen zum Rohrkrepierer?

  • am 16.02.2024 um 17:59 Uhr
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    Möchte ich eine 13. AHV-Rente? Ja gerne. Auch eine14., wenn möglich. Möchte ich sie bezahlen? Nein danke. Eine so teure Vorlage ohne zugehörige Finanzierung ist für mich absolut dilettantisch. Als Entscheidungsgrundlage für die Abstimmung sollten zwingend Einnahmen- und Ausgabenseite aufgezeigt werden.

  • am 17.02.2024 um 20:37 Uhr
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    Diese unterschiedliche sprachliche Gestaltung hat mich auch schon gestört und ist hier besonders deutlich. Der erste Satz ist zwar richtig mit dem Verb ’sehen›, bei den folgenden bleibt aber offen, was Tatsachen und was Sichtweisen sind.
    Bei der Abstimmung geht es nur darum, ob die AHV gegenüber den Pensionskassen ein bisschen mehr Gewicht erhält. Weil mit den Pensionskassen sehr viel Geld verdient wird, sind die Gegner so vehement gegen auch nur den kleinsten Ausbau der AHV. Infosperber hat darüber mehrfach berichtet.

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