Sperberauge

SRF vs. ARD: Tagesschau-Berichte zum Nawalny-Urteil

Sperber © Bénédicte Sambo

David Huber /  Eine wichtige Information fiel beim SRF unter den Tisch. Die ARD berichtete ausführlicher.

Am 22. März berichteten sowohl das Schweizer (ab 15:25) als auch das ARD-Fernsehen (ab 07:36) in ihren Hauptnachrichten-Sendungen über die Urteilsverkündung im Fall Alexei Nawalny. Obwohl die deutsche ARD-Tagesschau um 20:00 Uhr nur fast halb so lange dauert wie die SRF-Tagesschau um 19:30 Uhr, informierte die ARD über das Nawalny-Urteil während 141 Sekunden, SRF nur während 43 Sekunden. 

In der SRF-Tagesschau fehlte die wichtige Information, dass Nawalnys Anwältin Berufung eingelegt hat und das Urteil somit noch nicht rechtskräftig ist. Die Information, ob ein Urteil rechtskräftig ist oder nicht, gehört zwingend zu jedem Bericht über ein Gerichtsurteil.

In beiden Sendungen erfuhren die Zuschauerinnen und Zuschauer, dass Alexei Nawalny zu neun Jahren Haft mit besonders strengen Haftbedingungen verurteilt wurde.

220322 SRF TS Nawalny
Die SRF-Tagesschau berichtete am 22. März über die erneute Verurteilung von Nawalny.

Zusatz-Infos beim SRF

Die folgenden beiden Informationen erwähnte nur das SRF, die ARD jedoch nicht:

1. Bei dem Schuldspruch geht es unter anderem um Gelder einer «inzwischen verbotenen Anti-Korruptions-Stiftung». Die ARD erwähnte keine Organisation.

2. Nebst dem Schuldspruch bezüglich der oben genannten Gelder gab es noch einen zusätzlichen Schuldspruch wegen Missachtung des Gerichts in einem früheren Prozess.

Zusatz-Infos bei der ARD

Folgende Informationen erfuhren nur Zuschauerinnen und Zuschauer der ARD-Tagesschau, nicht aber diejenigen von SRF: 

1. Das Urteil ist noch nicht rechtsgültig, denn Nawalnys Anwältin hat Berufung angekündet. 

2. Nebst der Haftstrafe wurde auch eine hohe Geld-Strafe gesprochen. 

3. Das Urteil ist milder als von der Staatsanwaltschaft gefordert.

4. Es wurden unterdessen noch zwei weitere Verfahren gegen Nawalny eröffnet, u.a. wegen Gründung einer extremistischen Organisation.

5. Die improvisierte Pressekonferenz von Nawalnys Anwältin vor dem Ort, wo das Urteil verkündet wurde, hat die Polizei aufgelöst und die Anwältin und ihr Kollege wurden vorübergehend festgenommen.

6. Die ARD nannte konkrete Details zu den «strengen» Haftbedingungen, z.B. die nur sechs erlaubten Familien-Besuche pro Jahr.

7. Der Ort der Urteilsverkündung wird genannt, ein Straflager in einer Kleinstadt drei Stunden von Moskau entfernt.

8. Die Russland-Korrespondentin der ARD nahm eine Interpretation des Urteils vor: «Hier im Land wird es auch als Botschaft der Abschreckung verstanden – niemand soll es mehr wagen, Präsident Putin herauszufordern.»

Unterschiedliches Wording

SRF und ARD benutzten teilweise auch eine unterschiedliche Wortwahl: 

1. Als Delikt nannte das Schweizer Fernsehen «Betrug», die ARD «Veruntreuung».

2. Während SRF Nawalnys Gerichtsverfahren einen «Schauprozess» nannte, sprach die ARD von einem «umstrittenen Prozess». 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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SRF Tagesschau in der Kritik

Die Informationssendung mit den meisten Zuschauenden muss sich von kommerziellen Sendern klar abheben.

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13 Meinungen

  • am 25.03.2022 um 12:10 Uhr
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    Muss man solche Willkürjustiz auseinander fieseln?
    Es sind Pseudo-Prozesse, die eine Show von vorgeblicher Rechtsstaatlichkeit vorspielen sollen.
    Faktisch sind es Repressalien und Vernichtungsmassnahmen gegen einen Regimekritiker.
    Man sollte auch nicht von «Urteil» und «Strafe» reden, sonder von der Verkündung einer Repressalie. Denn mit Recht hat das nichts zu tun!

  • am 25.03.2022 um 23:31 Uhr
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    Da haben wir nun den Salat resp. die Reaktion: Um ja nicht wieder als Linkes Medium verschriehen zu werden, gibts halt seit neustem solche Softmeldungen. Wo bleibt denn da die Ehre und die Verantwortung der SRF? Eigentlich verständlich diese Reaktion, wenn man das Theater um diesen Herrn Aeschi an der letzten Arenasendung sich vor Augen führt. Hoffentlich bekommt man solche Einschüchterungen von rechter Seite bald in den Griff. Sonst werden unsere Medien in der Schweiz bald bedeutungslos.

  • am 26.03.2022 um 08:48 Uhr
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    Warum hat der Westen die Wahl Putins nicht aberkannte und Nawalny als Interimspräsidenten eingesetzte, so wie in Venezuela, Weissrussland usw.

  • am 26.03.2022 um 10:43 Uhr
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    In allen Meldungen zu Prozess und Urteil vermisse ich den Hinweis, worum es eigentlich ging: Nawalny Organisation hatte auf einem Konto über 21 Mio. $ an «Spenden» meistens unklarer Herkunft = von westlichen NGOs wie dem NED, das seit Jahrzehnten die Arbeit macht, die früher die CIA gemacht hat (so ihr Gründungsdirektor). Ein Teil davon in Bitcoin. Das gesamte Geld wurde schlagartig verschoben, d.h. im Grunde veruntreut. Wohin, kann man sich denken, wenn man Nawalnys luxuriösen Lebensstil kennt (was man im Westen entweder nicht weiss oder nicht meldet): mehrere Luxus-Fernreisen jährlich, Kinder auf Elite-Unis in den USA … und das aus seinem «Gehalt» als Stiftungsvorsitzender? (Thomas Röper hat dazu 2021 einen Artikel «Die Finanzen von Nawalny» geschrieben, den ich vorsichtshalber nicht verlinke, der aber leicht zu finden ist.) – Neben Nawalnys Rassismus, der den Einsatz des Westens für diesen «Freiheitskämpfer» desavouiert, gibt’s auch interessante Neuigkeiten zu seiner «Vergiftung».

    • am 26.03.2022 um 21:29 Uhr
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      Beim Namen Thomas Röper wurde ich hellhörig mein lieber Herr Kulawik. Er ist ein deutscher Staatsbürger, gebürtiger Bremer, der schon einige Jahre in Sankt Petersburg in Russland wohnt. Er schreibt dort «Sachbücher», ist Bloger und betreibt eine Online Information mit übelster Hetzartikel gegen alles Westliche. Er betreibt Propaganda für den russischen Staat. Und man lässt ihn natürlich gewähren, da er praktisch unkritisch gegenüber dem Kreml ist.

      • am 27.03.2022 um 09:40 Uhr
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        Herr Heuberger, die Wahrheit über die EU-Nato-Politik muss nicht immer «übelste Hetzartikel gegen alles Westliche» sein. Könnte es nicht sein, dass es einfach die Wahrheit ist? Was SRF und die Schweizer Leitmedien verbreiten ist oft weit von der Wahrheit entfernt.

    • am 27.03.2022 um 10:03 Uhr
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      Nun, Herr Kulawik: Sie dürfen Ihre abweichende Meinung an dieser Stelle äussern und sie wird sogar veröffentlicht. In Russland dürften Sie für vergleichbare Äusserungen jetzt 14 Jahre «Straf»lager kassieren.
      Das ist der Unterschied!

      Wenn Sie also belastbare Beweise haben, dann bringen Sie diese herbei.
      Andernfalls: Pixel sind noch viel geduldiger als Papier.

      • am 27.03.2022 um 21:42 Uhr
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        Ach, Sie wissen ganz genau, dass auf «abweichende Meinung» (abweichend wovon?) in RU 14 Jahre Straflager stehen? Erstaunlich. Woher? Wann waren Sie zuletzt dort? Was N. angeht (und NUR darum geht’s hier!), hab ich auf die Beschuldigungen hingewiesen, die gegen ihn erhoben werden und die m.E. auch in jedem anderen Land – sogar oder gerade einem «Rechtsstaat» – ausgereicht hätten, einen mehrfach einschlägig vorbestraften Täter für mehrere Jahre einzusperren. Sie scheinen dem von den westlichen Medien verbreiteten Vorurteil zu unterliegen, Nawalny spielte außer in einer kleinen, zumeist von außen finanzierten «Community» von ein paar Hundert sich selbst bereichernden «Kritikern» irgend eine politische Rolle in Russland? Und werde dafür «bestraft»? Das ist einfach falsch. Und selbst wenn es so wäre, liegen gegen ihn harte Anschuldigungen kriminellen Verhaltens vor, die ja nicht einmal von ihm oder seinen Verteidigern im Westen widerlegt, ja deshalb nicht einmal erwähnt werden!

  • am 26.03.2022 um 10:50 Uhr
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    Doch nicht mehr ganz so neu (Artikel von John Helmer vom Oktober 2021): In der Charité wurden Nawalny Blut-, Urin- und Haarproben entnommen. In keinen fanden seine Ärzte Gifte. Aber massenhaft Medikamente bzw. deren Zersetzungsprodukte. Aber nur die Werte im Blut und Urin wurden in ihrem Artikel veröffentlicht. Sie weisen auf einen starken Medikamentenkonsum in den letzten Tagen hin. Anhand der Haarproben könnte man erkennen, ob dieser schon länger angedauert hat, N. also medikamentenabhängig war. Die Art der Medikamente würde in ihrer Kombination, ggf. Überdosierung und evtl. noch in Verbindung mit einer eigenen Erkrankung die Symptome der «Vergiftung» völlig erklären. Diese wurde dann ja auch erst von der Bundeswehr festgestellt, weil Deutschlands berühmteste Klinik (wie ihre russischen Kollegen in Tomsk) zu unfähig sind, richtig? Aber diese Ergebnisse der BW sind bis heute geheim … Das könnte also der teuerste «kalte Entzug» gewesen sein, den deutsche Steuerzahler je bezahlt haben …

  • am 26.03.2022 um 10:59 Uhr
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    PS zu Nawalnys Vergiftung: N. hatte ja in einem Telefongespräch mit einem Unbekannten, der zu den Attentätern gehörte, erfahren, dass dieser den Giftstoff – laut Bundeswehr (aber nicht Charité-Ärzten) bekanntlich das in Sekunden wirkende Nowitschok – im Hotel heimlich auf die Innenseite von N.s Unterhose aufgetragen hatte, mit der N. dann am nächsten Tag gereist ist.
    Laut seinen Charité-Ärzten wurde ihm der Giftstoff jedoch ORAL verabreicht!
    Möchte man sich vorstellen, wie das genau vonstatten gegangen sein soll…?
    Und zurück zum Artikelthema: Wenn in der Schweiz ein Stiftungspräsident das gesamte Vermögen der von ihm geleiteten, angeblich gemeinnützigen Stiftung in Höhe von über 20 Mio. $ oder CHF «verschwinden» lässt UND eine Richterin als Schergin des Regimes bezeichnet: Mit welcher Strafe hätte der zu rechnen, wenn er schon mehrfach wegen Betrugs, Beleidigung und anderen Gesetzesverstössen (Aufruf zu nicht genehmigten weil nicht beantragten Demonstrationen!) verurteilt wurde?

    • am 26.03.2022 um 21:39 Uhr
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      Herr Kulawik, wenn ich ihre Artikel so lese, habe ich das Gefühl, dass sie der Bruder von diesem in Russland wohnende Thomas Röper sein könnte. Genau der gleiche Stil, alles unbewiesene Vermutungen.

      • am 27.03.2022 um 12:22 Uhr
        Permalink

        Herr Heuberger, Sie verwechseln denjenigen, der die Position der Gegenseite für uns übersetzt, damit sie hier zur Kenntnis genommen wird – vor allem, weil die Realität «da drüben» ziemlich anders aussieht als in «unseren» Medien dargestellt –, mit jemandem, der «Propaganda»-Macht. Kann man als Propaganda-Opfer gern tun … aber dann sollte man doch mit mehr kommen als ad-hominem-Attacken auf den Überbringer der unerwünschten Nachricht. Versuchen Sie’s doch mal. Können Sie z.B. nachweisen, dass ein Nawalny in der Schweiz oder DE bei ähnlichem «Kerbholz» NICHT für Jahre im Knast landen würde? Ich bin gespannt und freue mich auf eine Diskussion. Aber unterlassen Sie doch bitte einfach Ihre vollkommen unseriösen, kurzsichtigen und ehrverletzenden Beschimpfungen. Leute wie Sie würden Leute wie mich vermutlich auch wegen «Abhören von Feindsendern» beim «Wahrheitsministerium» melden, oder? Kommen Sie mal runter von ihrem Erregungslevel und versuchen Sie, sich ein REALES Bild zu verschaffen!

    • am 27.03.2022 um 21:31 Uhr
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      Die Wiederholung macht die haltlosen Vorwürfe nicht besser, Her Kulawik.
      Wobei: einer simplen Logik folgend gehe ich davon aus, dass Herr Nawalny , hätte er die Unterschlagungen tatsächlich begangen, keinesfalls aus dem schönen Schwarzwald zurück nach Russland in die Hände von Putin’s Schergen gereist wäre.
      Er konnte und musste davon ausgehen, dass ihm aus der kleinsten Unregelmässigkeit ein Strick gedreht würde. Was ja auch tatsächlich geschehen ist: Die Tatsache, dass er zur Krankheitsbehandlung in Deutschland war, wurde ihm als Gesetzesverstoss angelastet.
      Wie gesagt: freuen Sie sich, dass Sie in der Schweiz in einem Land leben dürfen, wo Sie ihre Meinung frei äussern dürfen. In Russland hätte unsereins dieses Recht nicht.

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