Tagesschau Werbung Florian Inhauser Töff Motorrad Miete Sharing

Tagesschau-Sprecher Florian Inhauser wirbt für eine Firma, die Motorräder vermittelt. © SRF

Reklame in der Tagesschau

Marco Diener /  Wer gerne Werbespots schaut, ist bei der SRF-Tagesschau gut aufgehoben. Infosperber präsentiert drei Beispiele von letzter Woche.

«Jetzt, wo es endlich schön und warm ist, zieht es Sonnenhungrige wieder an die Gewässer. In der Sonne liegen, faulenzen, schwimmen – das reicht ja vielen schon. Wenn Sie aber zu denjenigen gehören, die es gerne etwas sportlicher mögen, dann hätten wir da vielleicht etwas für Sie: Wasserbike.» Mit diesen Worten sagt Tagesschau-Sprecherin Andrea Vetsch am Freitag einen Fernsehbeitrag an.

«So wird das Angebot noch vielfältiger!»

Was sie ankündigt, klingt nicht nur nach einem Werbebeitrag – es ist ein regelrechter Werbebeitrag (ab 22:00). Die Zuschauer erfahren, dass das Wasserbike «halb Surfbrett, halb Rennvelo» sei. «Ein neues Wassersportgerät, das immer beliebter wird.»

Was die Tagesschau-Leute offenbar nicht wissen: Wasservelos gibt es schon seit über 100 Jahren. Aber Infosperber will ja nicht kleinlich sein, sondern sich lieber mit den Tagesschau-Machern freuen: «So abenteuerlich es aussieht – ausprobieren können es alle.» Und wahnsinnig teuer ist es auch nicht: «Eine Stunde auf dem Wasserbike kostet rund 40 Franken.»

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Wasservelo: Das «neue Wassersportgerät» gibt es schon seit über 100 Jahren.

Die Vermieterfirma Water-Riders darf ihr Angebot und die Expansionspläne ausführlich erklären. Und der Tagesschau-Sprecher wird am Ende des Beitrags sogar leicht euphorisch: «So wird das Wassersportangebot am Genfersee noch vielfältiger!»

Offenbar hat der Tagesschau-Beitrag auch der Vermieterfirma gut gefallen. Jedenfalls hat sie ihn gleich zuvorderst auf ihrer Website aufgeschaltet.

«Bei Prachtwetter boomt das Geschäft»

Wer meint, die Reklame fürs Wasservelo sei ein einmaliger Ausrutscher gewesen, der täuscht sich. Schon am Montag weist Tagesschau-Sprecher Florian Inhauser die Motorradfahrer darauf hin, dass sie ihre Maschinen über die Sharing-Plattform Ribe vermieten (ab 19:38) können. Denn: «Was für Wohnungen, Kettensägen, Klamotten oder Autos geht, geht auch bei Töffs. Und bei dem schon erwähnten Pfingst-Prachtwetter boomt das Geschäft.»

Allfällige Vermieter erfahren in der Tagesschau, dass sie keine Angst vor Kratzern haben müssen: «Dank Vollkasko-Versicherung über die Plattform.» Potentielle Mieter ihrerseits müssen wissen: «Den über 6600 Usern stehen 2000 Motorräder zur Verfügung.» Und die Tagesschau informiert auch gleich noch darüber, dass der Preis «je nach Modell zwischen 30 und 300 Franken pro Tag» schwankt.

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Das nennt die Tagesschau «Boom» auf der Sharing-Plattform: Gerade einmal 63 Buchungen über Pfingsten…

Interessant auch: «Über Pfingsten gab es insgesamt 63 Buchungen.» So viel zum «Boom», den Florian Inhauser in der Einleitung herbeigeredet hatte. Aber vielleicht setzt der Boom ja jetzt ein – wo die Tagesschau doch so wunderbare Werbung gemacht hat.

«Zug fahren ist sooo schön»

Ausführlich berichtet die Tagesschau am Mittwoch über die gemeinsame Werbekampagne (ab 19:14) von SBB und Schweiz-Tourismus. Was genau der Grund dafür ist, dass SRF ein ganzes Journalisten-Team auf das Thema ansetzt, bleibt vorerst im Dunkeln. Im Beitrag treten sich Journalisten und Schaulustige auf dem Perron des Zürcher HB auf die Füsse – das Handy zum Fotografieren bereit. Eine grüne Lokomotive fährt ein. Der Sprecher bereitet uns auf den grossen Moment vor: «Ein prominenter Gast fährt mit.» Und wer steigt aus? Michelle Hunziker!!!

Die schweizerisch-italienische Fernsehmoderatorin schüttet Wasser aus einer Flasche an die Seitenwand der Lokomotive und tauft sie auf den Namen «Swisstainable» – eine Mischung aus «swiss» und «sustainable», also schweizerisch und nachhaltig. Michelle Hunziker teilt uns anschliessend viel Wissenswertes mit: «Zug fahren ist sooo entspannend. Es ist sooo schön. Man kann mit der ganzen Familie reisen. Man kann auch ein bisschen plaudern.»

Tagesschau Swisstainable Michelle Hunziker SBB Schweiz-Tourismus
Michelle Hunziker wirft sich für die SBB und Schweiz-Tourismus in Pose. Die SRF-Tagesschau berichtet darüber.

Immerhin erklärt uns die Tagesschau abschliessend, worum es in der Werbekampagne überhaupt geht: «Die SBB wollen nun mit finanziellen Anreizen zum Umsteigen bewegen. Wer diese Sommerferien in einem ausgewählten Hotel verbringt, erhält die Bahnreise stark vergünstigt oder sogar gratis.»

Die Tagesschau-Leute machen sich zum Sprachrohr von SBB und Schweiz-Tourismus. Wirkliche Informationen liefern sie nicht. Was sie uns verschweigen: Es gibt nur 37 «ausgewählte Hotels». Von der Gratis-Anreise profitieren lediglich die ersten 2400 Bucher und Bucherinnen. Für die restlichen beträgt der Rabatt bloss 40 Prozent.

Weiterführende Informationen


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Zum Infosperber-Dossier:

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SRF Tagesschau in der Kritik

Die Informationssendung mit den meisten Zuschauenden muss sich von kommerziellen Sendern klar abheben.

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2 Meinungen

  • am 6.06.2023 um 12:29 Uhr
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    Dazu kommen noch bis zu drei Eigenwerbungen in der Abend-Haupausgabe für Apps und andere Sendungen. Dafür häufen sich die Pannen und Beiträge mit Simultanübersetzungen oder AussenintervIews sind (auch in anderen Sendungen) sehr häufig absolut unverständlich weil die Iriginalsprache bzw. die Umgebungsgeräusche viel zu laut sind.
    Als vehementem Gegner der No-Billag Initiative vor fünf Jahren werde ich bei einer ähnlichen Abstimmung gegen die Gebühren stimmen, weil für mich die Qualität zu massiv verloren hat.

  • am 6.06.2023 um 16:26 Uhr
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    Ich weis nicht so recht: Werbung ist immer auch Information (hoffentlich nicht fake), und Information über neue Möglichkeiten des Arbeitens, der Freizeitgestaltung, der Gesundheitspflege ist auf eine Art immer auch Werbung. Als die Tagesschau über die Einweihung des Basis-Gotthardtunnels berichtete, war es in diesem Sinn ja auch Werbung, und niemand hat sich daran gestört. Aber zugegeben: Preisangaben sind z. B. grenzwertig. Und die Aussagen von Michelle Hunziker waren simples Blabla.

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