Am meisten Mikroplastik atmen wir im Auto und zu Hause ein
«Die tatsächliche Belastung durch eingeatmetes Mikroplastik wurde bisher massiv unterschätzt», heisst es in der Studie des geowissenschaftlichen Umweltinstituts der Universität Toulouse, die das Fachmagazin «Plos One» am 30. Juli 2025 veröffentlichte. Gesundheitliche Folgen können sich nach Jahren bemerkbar machen: Die Forscher nennen Entzündungen, Zellschäden oder andere Gesundheitsprobleme.
Kunststoffe bestehen aus Polymeren, die aus fossilen Rohstoffen hergestellt werden. Meistens werden ihnen Zusatzstoffe (Additive) zugesetzt.
Problematische Kombination mit Chemikalien
Lungengängig sind kleinste unsichtbare Mikroplastik-Partikel mit einer Länge von 1 bis 10 Mikrometern. Das entspricht Staubpartikeln. Das meiste Mikroplastik enthält Schwermetalle oder persistente organische Schadstoffe, die den Kunststoffen als Zusatzstoffe beigefügt wurden. Dazu heisst es in der Studie: «Diese Chemikalien können im Körper freigesetzt werden und dort möglicherweise endokrine Funktionen stören (Red. Hormonhaushalt), Zellprozesse beeinträchtigen oder das Krebsrisiko erhöhen.»
Das Fazit der Forscher: «Die Kombination aus physikalischen und chemischen Stressfaktoren macht das Einatmen von Mikroplastik aus Sicht der öffentlichen Gesundheit besonders besorgniserregend.»
Kinder atmen rund 47’000 Fasern pro Tag
Die Forscher haben die Menge der eingeatmeten Fasern hochgerechnet. Kinder atmen in Innenräumen täglich etwa 47’000 lungengängige Kunststoffpartikel ein, Erwachsene 68’000. Kommentar der Studienautoren: «Inhalierter Mikroplastik mit einer Länge von 1 bis 10 Mikrometern kann Zellbarrieren überwinden, in den Blutkreislauf gelangen und möglicherweise systemische Auswirkungen haben, darunter Stress, Immunreaktionen und im Laufe der Zeit sogar Schäden an lebenswichtigen Organen.»
Konzentration in Autos besonders hoch
In der Innenluft von Autos massen die Forscher eine viermal höhere Konzentration von Mikrofasern als in der Luft von Wohnungen. Ein Grund könne die aktive Belüftung in Autos sein. In Innenräumen von Wohnungen war die Konzentration ebenfalls um ein Vielfaches höher, als zwei Personen in der Wohnung sehr aktiv waren.
Allerdings halten sich die meisten Menschen in Wohnungen länger auf als in Autos. Die Innenluft-Belastung von Büros haben die Forscher nicht gemessen.
Beim Mikroplastik, das in der Luft von Wohnungen schwebt, handelt es sich laut Studie zu drei Vierteln um Polyethylen (PE). Dieses wird vor allem für Verpackungen, Haushaltwaren und Spielsachen verwendet.
In der Innenluft von Autos dagegen machen PE nur 19 Prozent aus. Mit 25 Prozent am meisten vertreten war das robuste, widerstandsfähige und fettabweisende Polyamid (PA), mit 19 Prozent das steife, harte und kratzfeste Styrol ABS sowie mit weiteren 14 Prozent das mechanisch belastbare und formstabile PET.
In der Studie heisst es: «PA und PE sind gängige Textilien für Autopolster, während ABS und PET häufig für Armaturenbretter und Innenverkleidungen verwendet werden.» (Quelle: MDPI)
Beim Risiko für Menschen kommt es mehr auf Grösse und Form des Mikroplastiks an als auf die Art des Kunststoffs.
Internationale Kunststoff-Konferenz
Vom 5. Bis 14. August werden Vertreter aus über hundert Ländern in Genf zur Abschlusskonferenz der Vereinten Nationen zusammenkommen, um Massnahmen gegen die weltweite Plastikverschmutzung zu erörtern.
Grössere Partikel gelangen in den Verdauungstrakt
Etwas grössere Mikroplastikpartikel (10 bis 300 Mikrometer) schaffen es zwar kaum bis in die Lunge, jedoch über die Schleimhäute in den Rachen. Von dort kann Mikroplastik durch Schlucken den Magen-Darm-Trakt erreichen. Die Forscher vermuten, dass auf diesem Weg noch mehr Mikroplastik den Magen-Darm-Trakt erreicht als über die Nahrung aus Lebensmitteln und Getränken.
Der grösste Teil der Mikropartikel wird über den Stuhl ausgeschieden – aber nicht alles. Einige Partikel gelangen vom Darm ins Blut – und von dort in Leber und andere Organe, sogar ins Gehirn.
Infosperber hat regelmässig über das Mikroplastik-Risiko informiert
Plastik hat im Gehirn nichts verloren – die Politik schaut weg. Schuld sind Reifenabrieb, Dünger aus Klärschlamm, Zigarettenfilter und andere Plastikabfälle.
Infosperber vom 23. Juni 2025
Plastik in Hoden, Plazentas und Gehirnen.
Infosperber vom 16. Juli 2025
Die grosse Welle des Mikroplastik kommt erst noch.
Infosperber vom 17. Juli 2024
Erschreckend viel Plastik in Wasser aus PET-Flaschen.
Infosperber vom 31. Januar 2024
Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Keine
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