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Wenn sie das falsche Geschlecht haben, leben viele frischgeschlüpfte Küken nicht lange. © public-domain Petr Kratochvil

Bruderhähne töten verboten – nun sterben sie im Ausland

Daniela Gschweng /  In Deutschland ist es seit 2022 verboten, Küken zu schreddern. Die Industrie umgeht das Verbot.

Seit Anfang 2022 dürfen männliche Küken von Legehennen in Deutschland nicht mehr geschreddert oder vergast werden. Die sogenannten Bruderhähne müssen vor dem Schlüpfen getötet oder aufgezogen werden. Als Fleischlieferanten für die Industrie sind sie unrentabel, weil sie wenig und langsam Gewicht ansetzen.

Konsumentinnen und Konsumenten können das auf Eierpackungen sehen, auf denen «ohne Kükentöten» steht – was seit einem Jahr aber für alle in Deutschland geschlüpften Hühner gilt. Deutschland war damit das erste Land, das die grausame Praxis beendete. Die Schweiz plant ein Verbot ab 2026.

Was statt Schreddern mit den Bruderhähnen passiert, bleibt unklar

So vorbildlich, wie Deutschland es darstellt, ist das Schredderverbot in seinen Auswirkungen aber nicht, fand «Foodwatch». Die Konsumentenorganisation zählte nach, wie viele Bruderhähne im Jahr 2022 schlüpften und was aus ihnen geworden ist. Von den 9 Millionen männlichen Küken fehlt so gut wie jede Spur. «Niemand weiss oder will wissen, was aus ihnen geworden ist», sagt Foodwatch-Geschäftsführer Chris Methmann.

Fragen beim Zentralverband der Geflügelindustrie und den zuständigen Behörden gingen ins Leere. Man wisse es nicht, bekam Foodwatch zu hören. Kontrollen gab es offenbar keine. Wenigstens 300’000 Küken transportierten die Zuchtbetriebe vermutlich ins Ausland, fand der Verein heraus. In mindestens einem Fall wurden die Küken dort getötet.

Mindestens ein Betrieb schickt Küken in den Tod

Der Zentralverband der Geflügelindustrie erinnerte sich gegenüber der deutschen «Tagesschau» dann doch und bestätigte Exporte ins Ausland, vor allem nach Polen. Von dort «werde das Fleisch dann weiterverkauft – in der Regel auf den afrikanischen Kontinent». Genau habe der Verband den Verbleib der Hähne aber nicht verfolgt.

Das Landwirtschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen bestätigte, dass drei Brütereien Küken ins Ausland exportieren. Einer der Betriebe gab an, dass die Küken dort getötet werden.

Tierschützer warnten schon länger vor Augenwischerei

Die «Tagesschau» weist darauf hin, dass die Methode, mit der noch nicht geschlüpfte Bruderhähne derzeit aussortiert werden, ebenfalls umstritten ist. Bis zum siebten Tag nach der Eiablage müssten die Eier nach Geschlecht getrennt werden. Danach können die noch nicht geschlüpften Küken Schmerz empfinden, sagen Tierschützer. Diese Regel wird in Deutschland aber erst ab 2024 gelten. Es spricht auch nichts dagegen, Eier im Ausland auszubrüten und nur die Legehennen nach Deutschland zu importieren.

Die Geflügelindustrie warnte schon vor dem Inkrafttreten, dass die Regel umgangen werden könne, und forderte eine europaweit einheitliche Gesetzgebung. Auch Foodwatch hat grundsätzliche Kritik. Das Bruderhahn-Gesetz sei unwirtschaftlich, nicht tierfreundlich und nicht nachhaltig, sagt die Organisation schon länger.

An den schlechten Bedingungen in der Hühnerhaltung ändere das Gesetz nichts. Würden Bruderhähne aufgezogen, ginge es ihnen bis zur Schlachtung nicht besser als ihren Schwestern, den Legehennen.

Peta teilt diese Meinung. Das Gesetz besage nur, dass für eine bestimmte Anzahl Eier eine bestimmte Anzahl Hähne aufgezogen werden müssen, gibt die Tierrechtsorganisation zu bedenken. Die Aufzucht müsse nicht einmal in Deutschland geschehen. Ein Züchter könne das Gesetz umgehen, die Bruderhähne noch immer nach dem Schlüpfen töten und dafür Masthähne in anderen Ländern aufziehen. Der Export des Bruderhahn-Fleisches, für das es in Europa kaum einen Markt gebe, zerstöre zudem die Wirtschaft in Westafrika.

Andere Lösungen: Gentechnik und Zweinutzungshuhn

Foodwatch und viele Tierschutzorganisationen setzen sich stattdessen für die Züchtung von Zweinutzungshühnern ein. Das sind Hühnerrassen, die sowohl Eier legen wie auch genügend zunehmen, um in der Mast rentabel zu sein. Eine dieser Rassen ist übrigens das Schweizerhuhn, das Anfang des Jahrtausends fast ausgestorben wäre.  

Andere Hoffnungen ruhen auf Entwicklungen in Israel, die noch nicht marktreif sind. Eine will das Geschlecht der Küken schon im Ei durch Schall ändern, die andere durch gentechnisch veränderte Hühnerrassen nur noch weibliche Hühnerembryos produzieren. Dann gäbe es keine Bruderhähne mehr. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

Zum Infosperber-Dossier:

Kuh

Landwirtschaft

Massentierhaltung? Bio? Gentechnisch? Zu teuer? Verarbeitende Industrie? Verbände? Lobbys?

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3 Meinungen

  • am 11.01.2023 um 12:07 Uhr
    Permalink

    Tierschutzgesetze ändern, Gesetze ausschöpfen, es muss ein Umdenken erfolgen, generell. Schluss mit der Gier nach immer mehr und schluss mit dem drandslieren anderer Länder die nicht das machen was wir wollen. Schluss mit Subventionen für sinnlos erzeugte Waren die keiner haben will.
    Verantwortung bis ins letzte Detail, innerstaatlich gelöst und erbracht von der Wirtschaft und Industrie. Die Welt und die Natur sind schon kaputt genug, es braucht keine weitere übermässige Ausbeutung von Mensch und Natur, und es braucht auch keine Produktionen die sich nur lohnen weil sie Subventioniert werden. Wirtschaft ist nicht ausschliesslich Geld machen!

  • am 11.01.2023 um 14:16 Uhr
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    Alternative: Man könnte auch einfach weniger Hühnerfleisch / Eier konsumieren…

    • am 11.01.2023 um 20:14 Uhr
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      Ich glaube mal nicht das dadurch die Überkapazitäten und exporte weniger werden, geschweige denn sich überhaupt etwas ändern würde. Das Geschäft lohnt sich einfach zu sehr…

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