Sperberauge

Covid-Impfpflicht: Fünf wichtige Punkte für die Diskussion

Sperber © Bénédicte Sambo

Martina Frei /  In Deutschland wird über die Einführung einer Impfpflicht gestritten. Dabei gehen wesentliche Fragen unter.

Die Diskussion um das Dafür und Dawider einer Impfpflicht gegen Covid-19 brauche «dringend mehr Präzision und Transparenz», hält das «Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin» in einer aktuellen Stellungnahme fest. 

Nicht-evidenzbasierte Gesundheitspolitik suche «selektiv und auf Basis unklarer Kriterien nach Einzelstudien oder Expertenmeinungen, die zur jeweils gewünschten Argumentation herangezogen werden, und blendet Alternativen aus», so das EbM-Netzwerk1. Evidenzbasierte Politik hingegen berücksichtige die gesamte vorliegende relevante Evidenz, die transparent nach festgelegten nachvollziehbaren Kriterien bewertet werde.

In der Diskussion für oder gegen die Impfpflicht seien fünf Kernpunkte unverzichtbar:

  1. Der Nutzen und der Schaden einer Verpflichtung zur Impfung müsse abgewogen werden gegen Nutzen und Schaden von keiner Verpflichtung zur Impfung. Davon getrennt seien Fragen zum Nutzen und Schaden von freiwilliger Impfung versus keiner Impfung zu klären.
  2. Um das abwägen zu können, müsse klar benannt werden, was mit «Impfung» gemeint sei: Wer genau soll mit wie vielen Impfdosen in welchen Zeitabständen geimpft werden? Wie lange soll die Impfpflicht gelten? Wie soll sie konkret umgesetzt werden? Welche Sanktionen sind vorgesehen, wenn jemand der Impfpflicht nicht nachkommt? 
  3. Es müsse klar sein, welcher Nutzen und welcher Schaden gegeneinander abgewogen werden. Welche individuellen und welche bevölkerungsbezogenen Auswirkungen werden bei dieser Abwägung berücksichtigt? Welche sozialen, juristischen und gesundheitlichen Auswirkungen (Infektionen, Spitalaufenthalte, Intensivstationsaufnahme, Todesfälle, Lebensqualität, psychische Erkrankungen usw.) sind entscheidungsrelevant?
  4. Wie wird sich die Pandemie, das Virus und seine Varianten weiter entwickeln? «Es muss klar sein, welche Annahmen gemacht werden», verlangt das EbM-Netzwerk. 
  5. Nach welchen Kriterien erfolgt zu welchem Zeitpunkt eine Neubewertung des Nutzens und Schadens und wer führt diese durch? Auch das müsse klar sein. 

Andere Länder, andere Impfpflichten

In Deutschland konkretisieren sich die Pläne der Regierung, ab Sommer eine Impfpflicht mit drei Impfdosen einzuführen. Das österreichische Parlament hat die Impfpflicht gegen Covid-19 Ende letzter Woche bereits für alle Personen ab 18 Jahren beschlossen. In Italien müssen sich alle 50-Jährigen, die im Arbeitsleben stehen, spätestens bis Mitte Februar die erste Impfdosis spritzen lassen. Griechenland verlangt schon seit Mitte Januar von allen über 60-Jährigen, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen, andernfalls kann allmonatlich eine Busse von 100 Euro fällig werden. Derzeit werde dort geprüft, ob die Impfpflicht für alle über 50-Jährigen ausgeweitet werde, berichtet das «Redaktionsnetzwerk Deutschland». Ohne erneute Impfung verliert das Impfzertifikat in Griechenland nach sieben Monaten seine Gültigkeit. In Frankreich gilt bereits seit Herbst 2021 die Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen, bei der Polizei und bei der Feuerwehr. Die Regierung möchte nun einen allgemeinen Impfpass einführen, der nur gültig bleibt, wenn nach spätestens sieben Monaten eine Auffrischimpfung erfolgt. Grossbritannien verlangt ab April von Mitarbeitenden im Gesundheitswesen, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen, wenn sie ihre Arbeitsstelle nicht verlieren wollen. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Die Autorin hat unentgeltlich an einer Gesprächsrunde im Rahmen des letztjährigen Kongresses des EbM-Netzwerks teilgenommen.
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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1 Das EbM-Netzwerk ist ein Verein mit rund 1’000 Mitgliedern, der sich für eine wissenschaftsbasierte und patientenorientierte Medizin einsetzt. Er versteht sich als «Kompetenz- und Referenzzentrum für alle Aspekte der Evidenzbasierten Medizin», einer Medizin also, die auf wissenschaftlich fundierter Abwägung basiert. Wegen früheren Stellungnahmen in der Pandemie wurde das EbM-Netzwerk von verschiedenen Wissenschaftlerinnen teils heftig kritisiert.

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5 Meinungen

  • am 29.01.2022 um 17:31 Uhr
    Permalink

    Und weiterhin wird nicht unterschieden zwischen Impfungen mit einem Antigen (konventionell) und dem hierzulande ausschliesslichen Impfen mit genetischer Information über mRNA/Vektor-DNA mit sekundärer Produktion des Antigens (in diesem Fall leider nur Spikes) in körpereigenen Zellen, welche dann als «falsch» erkannt werden. Mir unverständlich, warum diese Tatsache nicht in die Impfdebatte einbezogen wird. Wahrscheinlich ist, dass die Wirkweise der nukleinsäurebasierten Impfungen von den Meisten einfach noch nicht verstanden wurde. Eben von einem Chefarzt gehört, der allen Ernstes eine Vektor-DNA als Alternative zu einer mRNA-Impfung empfohlen hat. Neben all den bestimmenden Politiker:innen, die das auch noch nicht verstanden haben. Auch EBM-Netzwerk scheint sich nicht darum zu kümmern.

  • am 29.01.2022 um 18:10 Uhr
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    Besonders stossend, wie mit Opfern von schweren Nebenwirkungen umgegangen wird.
    Kürzlich im Tagblatt: Frau 39 stand mit grossen Schmerzen vor verärgerten Ärzten!

    https://www.tagblatt.ch/leben/corona-impfung-ich-fuehlte-mich-wie-gefangen-in-meinem-koerper-der-seltene-fall-einer-schweren-impfnebenwirkung-und-wie-die-aerzte-reagierten-ld.2239092?reduced=true

    Sehr hellhörig sollte man auch nach diesen 2 Dokumentationen werden, wo Impfgeschädigte im Stich gelassen werden und darüber berichten und was Experten dazu sagen:

    Im Stich gelassen – die Covid-Impfopfer
    https://www.servustv.com/aktuelles/v/aa1uhra88dp5llzqs7cp/

    Covid-Impfopfer – Geschädigte, die es nicht geben darf
    https://www.servustv.com/aktuelles/v/aa2fcz9y1l5c4uuygsjz/

    Stossend auch, dass Todesfälle erst nach 14 Tagen nach der Impfung mit dieser in Zusammenhang gebracht werden.
    In diesem aufschlussreichen Interview mit Dr. med. Gerd Reuther, ehem. Chefarzt und Facharzt für Radiologie wird unter anderem die vermeintliche mrNA «Impfung» welche nicht mal einen Beipackzettel hat näher erklärt:

    Von den letzten 11 so genannter «Rote-Hand-Briefe» betreffen zudem alleine 9 die Corona Impfstoffe:
    https://corona-blog.net/2021/12/22/von-den-letzten-11-rote-hand-briefen-betreffen-9-die-corona-impfstoffe/

  • am 30.01.2022 um 12:22 Uhr
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    Covid ist eine besondere Erkrankung. Sie trifft praktisch ausnahmslos nur die Risikogruppen (alt und oder vorerkrankt) schwer. Alle anderen haben von Covid wenig zu befürchten. Im Gegensatz zu schwerer Grippe oder gar Pocken, wo statistisch mehr oder weniger alle ähnlich betroffen sind. Aus diesem einfachen Grund, dass nämlich das Risiko extrem ungleich verteilt ist, sind Breitbandwahrscheinlichkeiten wie «nur 65% sind geimpft» sachlich betrachtet Unsinn. Eine generelle Impfpflicht ist strikte abzulehnen, denn bei ca 85% der Bevölkerung ist die Impfung ähnlich oder gar schlimmer als die Krankheit, und nur bei etwa 15% ist das Verhältnis pro Impfung gegeben.

  • am 30.01.2022 um 22:13 Uhr
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    Eine so strukturierte Abwägung von pro und contra ist natürlich ideal.

    Man könnte es Regierungen, welche eine Impfpflicht planen, noch verzeihen, wenn sie die Abwägung etwas weniger sauber machen würden. Sie würden auch mit einer rudimentären Abwägung zum Schluss kommen, dass eine Impfpflicht nicht zu vertreten ist.

    Fakt ist jedoch, dass die Befürworter einer Impfpflicht diese überhaupt nicht mehr sachlich begründen. Es werden allenfalls noch Gaga-Argumente wie: «Nur mit Impfen kann man die Pandemie beenden» vorgebracht, wobei sich die Leute nicht einmal die Mühe machen, zu definieren, was sie unter «Pandemie beenden» verstehen.

    Im Wesentlichen geht es wohl um Revanche an allen Gegnern der Impfstrategie der Regierung.

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