Corona Pandemie Holzklötze

Manche Entscheidungen der Politik seien «Wahnsinn» gewesen – getrieben von vermeintlichen Expertinnen und Experten. © etiamos / Depositphotos

Corona-Pandemie: «Das war Angstmache zum Quadrat» (4)

Martina Frei /  Mit Blick auf die Zukunft plädiert Franz Allerberger dafür, «unverantwortliche Angstmacherei» – auch vor Gentechnik – zu stoppen.

Der Professor für Infektiologie, Hygiene und Mikrobiologie Franz Allerberger war Mitglied der Corona-Taskforce in Österreich. In einem vierteiligen Interview zieht Allerberger eine Bilanz nach drei Jahren Pandemie.

Zu Beginn der Pandemie bezweifelten Sie, dass Sars-CoV-2 ein Killervirus ist und verglichen es mit einer schweren Grippe. Sind Sie davon immer noch überzeugt, Herr Professor Allerberger?

In Österreich sind im ersten Jahr der Pandemie 6000 Menschen mehr verstorben als sonst. Das entsprach dem, was wir fürs erste Pandemiejahr im Voraus geschätzt hatten. Es war weit entfernt von den Horrorvorhersagen der Modellierer. Wir hielten Covid im Januar 2020 für schwerer als die «normale» Grippe. Der Vergleich mit der Spanischen Grippe, den manche «Experten» anfangs gezogen haben, war völlig übertrieben. Das war eine unnötige Beunruhigung.

6000 Tote mehr als sonst in einem Winter sind sehr viele …

… ja, jeder einzelne Todesfall ist tragisch. Dennoch darf man vergleichen: Vier Jahre vor der Pandemie hatten wir im Winter in Österreich eine Übersterblichkeit von 4000 Menschen – da hat damals kein Hahn danach gekräht. Der Winter 2016/2017 wurde in Medien sogar «der Winter der Gangbetten» genannt. Es gab bei Sars-CoV-2 nicht die extrem hohe Übersterblichkeit, wie sie meist dargestellt wurde, sondern es waren 2000 Tote mehr als vier Jahre zuvor – schlimm, aber weit entfernt von der Grippepandemie nach dem ersten Weltkrieg. Damals starben zehnmal mehr Menschen als in der Corona-Pandemie jetzt. 

Tweet AGES 27.1.2020
Tweet der AGES zu Beginn der Pandemie.

«Franz Allerberger sieht keinen Grund zur Beunruhigung», twitterte die AGES Ende Januar 2020. Die WHO dagegen sprach noch im Mai 2022 davon, dass Sars-CoV-2 ein «Killervirus» bleibe. Wie beurteilen Sie diese damaligen Aussagen im Rückblick?

Ich stehe nach wie vor zu dieser Aussage und meine, dass die Fakten heute – drei Jahre nach Pandemiebeginn – mir diesbezüglich auch Recht geben. Man sollte Infektionskrankheiten nie unterschätzen – allein die Influenza-bedingten Todesfälle, die wir jetzt in Österreich bei Kindern erleben mussten, unterstreichen deren Relevanz. Aber man sollte deren Bedeutung auch nicht übertreiben. Gemessen an künftigen Herausforderungen, wie der Bewältigung der demographisch bedingten Pflegeproblematik oder gar der Klimakrise, rechtfertigen Infektionskrankheiten keine schlaflosen Nächte. Eine beabsichtigte Beunruhigung, eine Angstmache vor Killerviren, war schon vor drei Jahren der falsche Weg. Drei Jahre nach Beginn der Pandemie ist klar, dass die WHO mit ihrer anfänglichen Prognose, wonach drei Prozent der Infizierten sterben werden, völlig daneben lag. Im Mai 2022 betrug die Sterblichkeit an Covid 0,1 Prozent oder ein Promille. Das ist das Niveau einer durchschnittlichen Grippesaison. Covid war nie der «Schwarze Schwan» oder hat eine «globale Verwüstung» hinterlassen, wie das proklamiert wurde. Das hat selbst die WHO-Epidemiologin Maria van Kerkhove bereits 2021 bestätigt.

Die von Ihnen genannte Sterberate von 0,1 Prozent bezieht sich auf einen Zeitpunkt, als schon sehr viele Menschen bei uns geimpft oder genesen waren und als die weniger gefährliche Omikron-Variante zirkulierte.

Sars-CoV-2 war auch vorher nicht das Killervirus, als das es dargestellt wurde. In Österreich haben Mathematiker dem Kanzler zu Beginn der Pandemie eingeredet, dass in wenigen Monaten 100’000 Menschen tot sein werden. Das haben sogar zwei amtierende Universitätsrektoren unterschrieben. Tatsächlich sind in der ersten Welle 2000 Menschen mehr gestorben als im Winter 2016/2017. Das ist ein Riesenunterschied. 

Zur Person

Professor Dr. med. Franz Allerberger
Franz Allerberger

Professor Dr. med. Franz Allerberger (66) ist ein international anerkannter Facharzt für Infektiologie, Hygiene und Mikrobiologie. Von 2003 bis 2021 leitete er den Bereich Öffentliche Gesundheit der staatlichen österreichischen Gesundheitsagentur AGES. Allerberger gehörte zum Beraterstab – der Coronavirus-Taskforce – des österreichischen Gesundheitsministeriums. Dort sprach er sich gegen Schulschliessungen aus und warnte vor den damit verbundenen Folgen. Von 2005 bis 2021 war er Mitglied des Fachbeirats der europäischen Gesundheitsbehörde ECDC. Dort zählte er zu jenem Drittel der Fachleute, die im Februar 2020 zur Überzeugung kamen, dass Sars-CoV-2 nicht so tödlich sei wie von manchen Modellierern prophezeit. Der Public-Health-Experte lehrt an der Medizinischen Universität Innsbruck und war zudem als Gutachter oder Mitherausgeber von über drei Dutzend Fachzeitschriften tätig. Er hat sich insgesamt sechs Mal gegen Covid impfen lassen, weil es Probleme mit dem Übertragen seiner Impfdaten in die App gab.

Die österreichischen Wissenschaftler waren nicht allein: Am Imperial College prophezeite das Team von Neil Ferguson für Grossbritannien über 500’000 Todesfälle, sofern keine Massnahmen ergriffen würden. Die Todesfälle infolge eines zusammengebrochenen Gesundheitssystems waren dort nicht eingerechnet. Für die Schweiz prognostizierte der Berner Epidemiologe Christian Althaus im Februar 2020, dass es im schlimmsten Fall 30’000 Tote geben werde. Dieses Szenario sei nicht ausgeschlossen, sagte er. Wenn andere Fachkollegen zu ähnlichen Schlüssen kommen, kann man den österreichischen Wissenschaftlern da einen Vorwurf machen?

All diese Horrorvorhersagen waren aus meiner Sicht fachlich unverantwortlich. Wissenschaftliche Voraussagen über einen Zeitraum von mehr als drei bis vier Wochen sind diesbezüglich einfach nicht möglich. Es gab nie die Übersterblichkeit, wie sie von diesen Wissenschaftlern dargestellt wurde. Das konnte man schon dank der «Ischglstudie» im Frühjahr 2020 erkennen: Die Sterblichkeit an Covid betrug dort 0,26 Prozent. Das durchschnittliche Alter der Personen, die in Österreich an Covid verstorben sind, lag bei 82,8 Jahren. Was ich nicht vorausgesehen habe, war die gesellschaftliche Eigendynamik, die sich aus diesen Modellierungen entwickelt hat. Das hätte ich nicht zu denken gewagt. Es ist aus meiner Sicht auch heute noch nicht nachvollziehbar. Aber was soll ein Kanzler tun, wenn ihm die Wissenschaftler prophezeien, dass die Welt untergehen wird? Da muss die Politik handeln. Glücklicherweise haben die Politiker nicht immer auf die beratenden Wissenschaftler gehört.

Wenn man diese 0,26 Prozent auf die Schweiz hochrechnet, kommt man auf etwa 22’500 Sterbefälle. 

Ja, auch eine Sterblichkeit im Promillebereich ist relevant und deshalb sollte man diese neue Infektion keinesfalls unterschätzen. In Österreich hatten wir – auf drei Jahre gerechnet – 21’000 Todesfälle mit oder an Covid.

Die Wissenschaftler haben oft argumentiert, dass sie «nicht ausschliessen können, dass …»

Solche Aussagen führen unweigerlich zur Absicherungsmedizin, die für Patienten schon immer gefährlich war. Politik und Medien haben sich in der Pandemie leider immer wieder auf sogenannte Experten mit Null Erfahrung gestützt, anstatt erst einmal zu prüfen, ob jemand auf dem Gebiet, zu dem er oder sie sich äussert, überhaupt Expertise besitzt.

Wurde der Bevölkerung unnötig Angst eingejagt?

Das war Angstmache zum Quadrat. Es gab bei Sars-CoV-2 zum Beispiel keinen einzigen gesicherten Fall einer Virusübertragung durch Schmierinfektion. Trotzdem hat man überall Desinfektionsmittel verwendet und die Bezahlung mit Bargeld teilweise untersagt, zum Beispiel in österreichischen Bundesbädern, aus Angst, dass sich der Kassier anstecken könnte. Im medizinischen Bereich wurde propagiert, dass sich Mitarbeitende zwei Paar Plastikhandschuhe überziehen – bei behüllten Viren, die hochempfindlich gegen Umwelteinflüsse sind. Das war völliger Unsinn. Es war absehbar, dass etliche Personen davon Handekzeme bekommen werden, und genau das ist auch passiert. Ausserdem ist es ein Umweltverbrechen. 

In Deutschland gelangte das «Panik-Papier» der Regierung an die Öffentlichkeit. Daraus ging hervor, dass die Politik der Bevölkerung Angst machen wollte. 

Das haben sogenannte Experten den Politikern eingeredet: Sie sollen der Bevölkerung Angst machen. Ich halte das für unverantwortlich, auch den Kindern gegenüber. Da braucht man sich dann nicht zu wundern, wenn die Leute überreagieren oder wenn eine junge Mutter mit ihrem fiebernden Kind sofort eine Notfallambulanz aufsucht. Die Aufgabe der Wissenschaftler wäre es gewesen, wertfrei die Fakten darzulegen. Das gilt auch für die Gentechnik: Wir sollten uns auf die Zukunft vorbereiten. Die Bevölkerung in Angst zu versetzen, ist keine gute Strategie. 

Was hat das Impfen mit der Angst vor Gentechnik zu tun?

In Österreich haben wir seit 25 Jahren ein Vermögen an Steuergeldern ausgegeben, um auf Lebensmittel kleine, grüne Aufkleber zu heften: «Ohne Gentechnik» steht darauf. Damit macht man den Menschen seit 25 Jahren Angst vor der Gentechnik. Gleichzeitig gab man in der Pandemie Millionen von Euro aus, um die Leute dazu zu bringen, sich einen «Gen-Impfstoff» spritzen zu lassen, schimpfte auf diejenigen, die gegen Gen-Impfungen sind und bezeichnete sie als «Gefährder». Das ist doch absurd. Wir werden in Zukunft um die Gentechnik nicht herumkommen. Medikamente sind tolle Geschenke, aber auch dort geht es nicht ohne Gentechnik. Deshalb sollten wir diese Aufkleber auf Lebensmitteln sofort weglassen. Auch das ist eine unverantwortliche Angstmacherei, die man überdenken sollte.

Der Begriff «Gefährder» stammt aus der Terrorismus-Bekämpfung. Andere Bezeichnungen für ungeimpfte Menschen, die öffentlich verlautbart wurden, waren zum Beispiel «Blinddarm», «Arschlöcher» oder «gefährlicher Sozialschädling». Was halten Sie davon?

Anstatt diese Menschen zu brandmarken und auszugrenzen, hätte man sie besser überzeugt. Denn wenn das nächste Virus tatsächlich tödlicher und die Impfung noch wichtiger ist, brauchen wir sie.

Bei den Kindern ist aktuell die Grippe tödlicher als Covid.

Nach drei Jahren Pandemie ist in Österreich kein einziges Kind an Covid gestorben. An der Grippe dagegen sind allein diesen Winter schon mehrere Kinder gestorben – und das ist jedes Jahr so. Als Public Health Fachleute bemessen wir die Gefahr, die von einer Erkrankung ausgeht, in verlorenen Lebensjahren. Die saisonale Grippe fordert insgesamt mehr Lebensjahre als Covid. Deshalb sollten wir sie ernster nehmen. Es gibt immer ein Restrisiko in der Medizin, aber mein Rat vom Beginn der Pandemie gilt unverändert: Man braucht sich wegen Covid nicht zu beunruhigen.

Klingen solche Sätze in den Ohren eines 80-jährigen Menschen nicht wie Hohn?

Wir müssen akzeptieren, dass Infektionskrankheiten weiterhin ihren Zoll fordern werden. Es war schon immer so, dass alte Menschen oft an Infektionen sterben. Auch ich als 66-Jähriger habe ein deutlich erhöhtes Covid-Risiko. Aber ich habe einen Grossteil meines Lebens gelebt. Am Lebensabend bin ich glücklich, wenn ich weiss, dass meine Kinder, Enkelkinder und die schwangeren Frauen in unserer Familie kein beängstigendes, relevantes Risiko haben, schwer an Covid zu erkranken. 

Aber gerade den Schwangeren wurde und wird doch die Impfung sehr nahe gelegt?

Jede Infektion birgt in der Schwangerschaft mehr Probleme als bei nicht-schwangeren Frauen, selbst eine Blasenentzündung kann Probleme schaffen. Es gibt Nichts, das Null Risiko hat. Aber man sollte Covid in Relation zu anderen Infektionen und Risikofaktoren setzen. Drogen, Alkohol und Rauchen führen bei uns zu gewaltigeren Problemen in der Schwangerschaft als Infektionen. Wir haben bei 80’000 bis 90’000 Schwangerschaften in Österreich gesehen, dass Covid im Vergleich zu anderen Infektionskrankheiten kein höheres Risiko birgt. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob man ein Risiko heraushebt und über alle anderen stellt und damit jeder schwangeren Frau dreimal täglich Angst einjagt. Schauen Sie mal, wie viele Menschen bei uns Stimmungsaufheller schlucken. Die «Kollateralschäden» muss man in einer Pandemie auch bedenken. 

Etliche Kinderärztinnen und -ärzte führen die aktuell heftige Erkältungswelle auch auf die Massnahmen gegen das Coronavirus der letzten Jahre zurück. Wie schätzen Sie das ein?

Durch die verminderten Kontakte während der Schulschliessungen usw. gab es weniger Infekte. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, das sehen wir jetzt. Manche Eltern haben ihre Kinder während der Pandemie sogar freiwillig aus der Schule oder aus dem Kindergarten genommen, aus Angst, dass das Kind Corona nach Hause bringt. Aber Virusinfektionen gehören zum Leben auf diesem Planeten dazu. Kinder sollten in den Kindergarten gehen – auch damit sie Infekte «auflesen». 

Dennoch wurden in Deutschland und Österreich mehrmals die Schulen und Kitas geschlossen. Jetzt sagen mehr und mehr Entscheidungsträger, das sei rückblickend ein Fehler gewesen. Wo hat die Politik noch Fehler gemacht?

Zum Beispiel bei der sogenannten «Quarantäne» in Ischgl am Beginn der Pandemie. Das war Wahnsinn. Darüber kann ich nur den Kopf schütteln. 

Grafik Ischgl Virusausbreitung
Vom «Hotspot» Ischgl aus verbreitete sich das Virus in alle Landesteile Österreichs.

Warum?

Wir hatten damals bedingt durch die Ansteckungen im «Hotspot» Ischgl 800 Erkrankungsfälle. Anstatt mutig sofort eine richtige Quarantäne anzuordnen, gab man den Menschen sechs Stunden Zeit, um das Tal zu verlassen. Sie sind dann in völlig überfüllten Bussen und Autos abgereist und haben das Virus so weit herum verteilt. In meiner 40-jährigen Laufbahn habe ich es vor der Pandemie nie erlebt, dass sich Regierungschefs für Infektionskrankheiten interessieren. Wenn fachfremde Personen dann in der Pandemie die Führung übernehmen – das ist Grund zur Beunruhigung.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Professor Allerberger.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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10 Meinungen

  • am 13.02.2023 um 11:40 Uhr
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    Herzlichen Dank für diesen Beitrag. Herr Professor Allerberger beschreibt sehr schön, dass es vor allem darum geht ein erfülltes Leben zu führen und eben keine Angst zu haben, auch nicht vor dem Tod.

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 13.02.2023 um 14:01 Uhr
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    Besten Dank für diese klare Darstellung des – so hoffe ich – aktuellen Standes der Erkenntnisse i.S. Covid.

    Dem kann ich mich nur anschliessen.

    Ich kann verstehen, dass die Politik sich manchmal zu höherem berufen fühlt. Den gesunden Menschenverstand sollten aber auch Politiker nicht systematisch auszuschliessen versuchen.

    Die Übersterblichkeitsstatistiken zeigen m.E. klar, dass die «Task Force» und andere politisch motivierte «Expertengruppen» ihre Weiterbildungskurse in Gesundheitsstatistiken nachholen sollten.

    Die Revisionen der BAG-Statistiken haben gezeigt, dass der relative Charakter früherer Aussagen erkannt wurde. Die Akzeptanz einer nuancierteren Interpretation wird aber wohl noch etwas Zeit brauchen.

  • am 13.02.2023 um 15:11 Uhr
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    Bin ja mit allem einverstanden. Ausnahme: Gentechnik. Gentechnik ist doch DAS Milliardengeschäft. Im Falle der Corona Impfung mit sehr fragwürdigem Nutzen und unbekannten Nebenwirkungen. Persönlich halte ich es als 73-jähriger mit einer gesunden Lebensweise, das macht Freude und enlastet das Gesundheitswesen.

  • am 14.02.2023 um 10:25 Uhr
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    Politiker heutiger Tage, egal ob Berset, Kurz oder Merkel, haben einen extrem dichten Stundenplan. Da bleibt keine Zeit für Quellen- oder Sachstudium, meist ist nur eine alleroberflächlichste Beschäftigung mit den Themen, die zu entscheiden sind, möglich. Pressetexte und Verlautbarungen werden mundgerecht von Dritten vorbereitet, ebenso alle Unterlagen, die Informationen zu den Themen enthalten. Dazu kommen endlose Sitzungs- und Verhandlungsmarathons, die zusätzlich an Aufnahme- und Entscheidungsfähigkeit zehren. Spitzenpolitiker haben eine 100-Stundenwoche, in der alles durchgetaktet und jede Äußerung auf öffentliche Wirkung maximiert wird; sie sind wie Spitzensportler, Talkmaster und Supermodels in einem. Sich also von so einem System ein sinnvolles Gesundheitsmanagement zu erwarten, ist und bleibt illusorisch. Dieses System reagiert nur auf Verlust oder Gewinn von Wählerstimmen – mit Coronapanik war eben mehr zu holen.

  • am 14.02.2023 um 10:44 Uhr
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    Ein weiterer wichtiger Beitrag der Autorin – vielen Dank!

    Noch weitere Zahlen zur Relation:

    • 91’000 Tote jedes Jahr in Europa wegen Spitalinfektionen. Gibt nicht mal mehr eine Randnotiz.

    • 1,5 Mio Tote weltweit jährlich wegen TBC: Wen kümmerts… Im Advent ein Bettelbriefchen im Briefkasten, falls überhaupt.

    • Null bzw zwei Tote in Europa wegen Affenpocken: Die Menschen werden erneut in den Wahnsinn getrieben.

  • am 14.02.2023 um 17:22 Uhr
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    Leider wird im Interview bzw. von Herrn Allerberger nicht erwähnt, dass die Gefährlichkeit von Sars-CoV-2 immer schon hauptsächlich in einer potentiellen Überlastung des Gesundheitssystems und nachfolgenden zahlreichen indirekten»Todesfällen bestand. Dies aufgrund der fehlenden Immunität in der Bevölkerung, was bei der Grippe nicht zuftrifft. Weil in der Corona-Pandemie einschneidende Massnahmen galten, die es während Grippewellen nicht gab, ist der Vergleich mit der Grippe nicht zulässig – vor allem nicht zu Beginn der Pandemie. Dass solche «Basics» weggelassen werden, finde ich merkwürdig.

    Der Titel des Beitrages ist aus meiner Sicht ziemlich effektheischend – hier macht es Infosperber anscheinend den oft kritisierten Leitmedien gleich.

    • am 15.02.2023 um 17:28 Uhr
      Permalink

      Das Problem war doch,dass man eben keine Alternative zu Lockdowns und Zertifikaten gesucht hat. Der erste Lockdowns war zu hart,da haben viele Spitäler, wegen fehlenden Patienten, Kurzarbeit beantragt. Und deshalb sind wir dann, ziemlich unvorbereitet,in die 2. Welle im Herbst 2020 geschlittert. Da waren keine Militär Ärzte mehr vor Ort und auch sonst wenig Ad-Hoc Personal. Erstaunlicherweise ist es auch diesen Winter zu Engpässen in den Spitälern gekommen,wo es nicht mehr viele Corona Patienten gab. Spricht eigentlich für ein strukturelles Problem im Gesundheitswesen. Denn Geld ist viel Vorhanden,besser wäre es, meiner Meinung nach, die höchsten Löhne zu begrenzen und in Pflegepersonal zu stecken. All die verordneten Massnahmen:Masken, Impfung, Auschluss von 30% der Bevölkerung mittels Zertifikat,waren rückblickend kein Gamechanger in der ganzen Causa. Da müssen die Verantwortlichen deutlich über die Bücher. Ansonsten fehlt jedes Vertrauen, beim nächsten grösseren Problem

    • Portrait Martina Frei 2023
      am 16.02.2023 um 10:10 Uhr
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      @ Hrn. Neuenschwander: Auch hier möchte ich einen Widerspruch anbringen. Es ist nicht so, dass es Null Immunität in der Bevölkerung gab, siehe zum Beispiel hier und hier. Nur wurde das über lange Strecken in der Corona-Pandemie – auch von der Schweizer Taskforce – nicht gross thematisiert. Zu den Lockdowns hat Herr Allerberger sich im zweiten Teil des Interviews geäussert. Was die Überlastung des Gesundheitssystems betrifft: Das österreichische Gesundheitssystem konnte, wie im Interview beschrieben, vier Jahre vor der Pandemie eine Erkältungswelle stemmen, die mit einer Übersterblichkeit von 4000 Menschen einherging. Gerade zu Beginn der Pandemie, den sie in ihrem Kommentar ansprechen, war das Gesundheitssystem nicht überlastet, siehe zum Beispiel hier. Die von ihnen erwähnten «indirekten» Todesfälle gilt es ebenfalls zu berücksichtigen, wenn man Massnahmen wie Lockdowns etc. beurteilt Hier zum Beispiel wird dieses Thema kurz angeschnitten.

  • am 14.02.2023 um 20:06 Uhr
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    Ich würde ja gerne Vertrauen in eine neuartige Impfung resp. Gentherapie bekommen. Wenn jedoch die Zulassungsstudie so designed wurde, dass man die Placebogruppe aufgelöst und geimpft hat, dann ist es keine Zulassungsstudie mehr sondern allenfalls eine Beobachtungsstudie. Die ethischen Gründe, dass man die Placebogruppe impfen musste bei einer Mortalitätsrate von 1 Promille, lasse ich nicht gelten. Man hat dadurch das Leben von Milliarden von Menschen gefährdet. Also nochmals zurück zum Start und eine Zulassungsstudie erstellen, die ihren Namen auch verdient.

  • am 15.02.2023 um 14:02 Uhr
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    Vielen Dank für das erhellende Interview mit Herrn Allenberger. Leider sagt aber auch er etwas zu einem Thema, von dem er offenbar nicht viel versteht. Gentechnik in der Medizin ist akzeptiert (z. B. für Insulinproduktion), in der Landwirtschaft ist es aber nicht das Gleiche.
    Z. B. Herr Radkau meint schon lange, in der Landwirtschaft werde die Gefahr, dass die Nahrung giftig werde durch Gentechnik, überschätzt, die sozialen Folgen von Gentechnik jedoch unterschätzt.
    Beispiel: Agrofirmen können dank Gentechnik Sorten besser sterilisieren, sodass ein Bauer abhängiger wird, jedes Jahr neu Saatgut kaufen muss und dieses nicht so auszüchten kann, dass es klimatisch gut angepasst ist.
    Die Werbung, mit Gentechnik Pflanzen besser an den Klimawandel anzupassen, ist also vor allem zynisch und ein Werbetrick der Agroindustrie.

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