Alles, was Sie über Ihre Medikamente wissen sollten
Welche Medikamente sind besonders nützlich? Welche vertragen sich nicht miteinander? Welche sollte man möglichst meiden?
Diese Fragen beantwortet Martina Frei im neuen Ratgeber-Buch «Gute Pillen – schlechte Pillen». Herausgegeben hat es der Verlag des unabhängigen Konsumentenmagazins «K-Tipp».
Tipps zu Medikamenten gibt es haufenweise. Doch fast niemand beurteilt sie neutral und wissenschaftlich. Pharmafirmen werben mit einem oft übertrieben dargestellten Nutzen. Gleichzeitig reden sie Nebenwirkungen klein. Selbstdispensierende Ärzte verschreiben nicht unbedingt die für ihre Patientinnen und Patienten zweckmässigsten Arzneimittel, sondern die kleine Auswahl, die sie in ihrem Schrank haben.
Apotheken wiederum verkaufen gerne diejenigen Medikamente, an denen sie mehr verdienen. Das haben Apothekentests wiederholt aufgedeckt.
Ärztin und Wissenschaftsredaktorin Martina Frei ist entsprechend ihrem Namen frei von jeglichen Interessen. In einer akribischen Arbeit und mit Hilfe unabhängiger Experten hat sie Vor- und Nachteile gängiger Medikamente abgewogen. Ihr Ratgeber richtet sich vor allem an die Personengruppe, welche die meisten Medikamente nimmt, aber in Arzneimittelstudien viel zu wenig berücksichtigt wird: Seniorinnen und Senioren. Die Bewertung der Medikamente kann aber auch Jüngeren als Anhaltspunkt dienen. Einige Abschnitte, beispielsweise zur Verhütung, richten sich explizit an die jüngere Leserschaft.
Frei hat damit ein wichtiges Werk geschaffen, das Patientinnen und Patienten helfen soll, ihren Entscheid gut informiert zu treffen.
Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ersetzt der Medikamenten-Ratgeber das Arztgespräch nicht. Aber er hilft, die richtigen Fragen zu stellen.
14 Tipps aus dem Buch
Schmerzmittel mit Wirkstoffen wie Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen (sogenannte NSAR) verursachen mehr Nebenwirkungen, wenn man sie morgens einnimmt. Denn am Morgen werden sie schneller aufgenommen und erreichen höhere Konzentrationen im Blut.
Seniorinnen und Senioren sollten bei NSAR-Schmerzmitteln mit der Hälfte der üblichen Dosis beginnen – sie genügt oft und verursacht weniger unerwünschte Wirkungen als die volle Dosis. Das gilt auch bei Schlafmitteln.
Sie möchten eine Medikamentendosis schrittweise steigern oder reduzieren, aber die erhältlichen Dosierungen erlauben nur grosse Dosierungsschritte? Dann gibt es zwei einfache Möglichkeiten: 1. Sie stellen um auf Tropfen anstelle von Tabletten. Denn Tropfen lassen sich feiner dosieren. 2. Falls die Tablette in Wasser gelöst werden darf, zermörsern Sie eine davon und geben das Pulver in eine 10-Milliliter-Spritze, die Sie mit Wasser auffüllen (immer frisch zubereiten). Drehen und wenden Sie die Spritze so lange, bis alles gut im Wasser gelöst und gleichmässig verteilt ist. Ein Milliliter dieser Lösung enthält 10 Prozent der Tablettendosis, zwei Milliliter enthalten 20 Prozent usw.
Vom gebräuchlichen fiebersenkenden und schmerzlindernden Wirkstoff Paracetamol – bekannt zum Beispiel unter dem Markennamen Dafalgan – wirken 500 Milligramm fast genauso gut wie 1000 Milligramm.
Nasensprays mit dem Zusatz Benzalkoniumchlorid wirken länger als solche ohne dieses Konservierungsmittel. Der Nachteil: Diese Substanz bremst die Bewegung der feinen Flimmerhärchen. Sie sind wichtig, weil sie Schmutz, Erreger und Schleim aus der Nase befördern.
Falls Sie einen «Magenschutz» in Form eines Magensäureblockers verordnet bekommen, fragen Sie Ihren Arzt am besten monatlich, mindestens aber einmal pro Quartal, ob dieses Medikament noch nötig ist.
Fichtenharz oder Erkältungsbalsam mit ätherischen Ölen wie zum Beispiel Vicks Vaporub kann gegen Nagelpilz helfen.
Bei alten Menschen sollte hoher Blutdruck medikamentös nur langsam gesenkt werden (Ausnahme: sehr hoher Blutdruck). Bis der Zielwert schliesslich erreicht ist, darf es drei bis sechs Monate dauern. Oft wird der hohe Blutdruck jedoch zu rasch gesenkt, mit der Folge, dass den Betroffenen schwindlig wird, dass sie eher stürzen oder verwirrt sind. Ein Tipp: Messen Sie Ihren Blutdruck nachdem Sie mindestens fünf Minuten lang ruhig gesessen sind. Stehen Sie dann auf und messen Sie Ihren Blutdruck sofort wieder. Die medikamentöse Blutdrucksenkung war vermutlich zu stark, wenn Ihnen bei diesem Versuch schwindlig wird, wenn Ihr oberer Blutdruckwert unter 100 absinkt oder wenn er im Stehen um mehr als 15 bis 20 Messpunkte abfällt, verglichen mit dem Wert im Sitzen.
Grapefruit kann die Wirkung von mehr als 60 Medikamenten beeinflussen. Dies kann selbst dann passieren, wenn das Arzneimittel erst mehrere Stunden nach der Frucht (oder dem Fruchtsaft) eingenommen wird.
Das langfristig beste und nebenwirkungsärmste Mittel gegen schlechten Schlaf ist ein «Schlaftraining» (kognitive Verhaltenstherapie). Vier bis acht Sitzungen genügen meist. Sie toppen die medikamentöse Behandlung.
Beim Verhüten mit bestimmten Antibabypillen kann das Risiko für eine Venenthrombose stark ansteigen, wenn die Frau gleichzeitig ein Schmerzmittel vom Typ NSAR wie zum Beispiel Ibuprofen einnimmt.
Informieren Sie Ihren Zahnarzt, bevor Sie mit einer Osteoporose-Behandlung beginnen. Lassen Sie geplante Zahnsanierungen vorher machen.
Wenn Sie einen sogenannten Alpha-Rezeptor-Blocker gegen Prostatabeschwerden einnehmen, informieren Sie Ihre Augenärztin. Falls eine Augenoperation ansteht, beginnen Sie mit der Einnahme dieses Medikaments möglichst erst danach. Führen Sie vor Beginn der medikamentösen Behandlung Ihrer Prostatabeschwerden mindestens drei Tage lang ein Blasentagebuch oder füllen Sie den «International Prostate Symptom Score» aus. Wiederholen Sie dasselbe nachdem Sie das Medikament einige Zeit genommen haben. Falls Sie keinen Nutzen feststellen, setzen Sie das Arzneimittel nach Rücksprache mit Ihrem Arzt ab.
Falls Sie an einer Lungenkrankheit leiden und die Behandlung nicht wie erhofft wirkt, überprüfen Sie zusammen mit Ihrer Ärztin oder ihrem Apotheker Ihre Inhalationstechnik. Wenn Sie mit einem Inhalationssystem gut zurecht kommen, bleiben Sie möglichst bei diesem System.

Dr. med. Martina Frei
«Gute Pillen – schlechte Pillen», Konsumenteninfo AG Zürich, 2025, 260 Seiten.
Ganzes Buch 34 Franken.
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Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
Martina Frei ist Redaktorin beim Infosperber.
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