Kommentar

Helfen Blocher, FDP etc. jetzt etwa Grünen und SP?

Urs P. Gasche © Peter Mosimann

upg /  Die StimmbürgerInnen wollen das Wachstum der Bevölkerung nicht limitieren. Das ist kein Freipass für weitere Zersiedelung.

Der Volksentscheid ist klar und eindeutig. Die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner in der Schweiz soll nicht mit einer maximalen Netto-Zuwanderung begrenzt werden. Diese Forderung ist vom Tisch.

Zu den Gewinnern gehören namentlich Christoph Blocher, Economiesuisse, Gewerbeverband, FDP, BDP und CVP. Sie warnten, die «radikale» Begrenzung der Zuwanderung gefährde den Wohlstand im reichsten Land der Welt. Mit Hilfe der Grünen, Grünliberalen und der SP, die argumentierten, die Folgen des Bevölkerungswachstums und die Umweltbelastung müssten auf eine bessere Art bewältigt werden als mit einer starren Begrenzung der Zuwanderung, konnten sie rund drei Viertel der Stimmenden überzeugen.

Jetzt bin ich gespannt, ob Blocher, Economiesuisse, Gewerbeverband, FDP, BDP und CVP in Zukunft ihrerseits die Anliegen von Grünen, Grünliberalen und Sozialdemokraten unterstützen, wenn es darum geht, eine konsequente Raumplanung und die Zweitwohnungsinitiative durchzusetzen (um unsere einmalige Landschaft attraktiv zu erhalten), Kostenwahrheit im Verkehr herzustellen (um sechsspurige Autobahnen, zusätzliche Bahntrasses und einen Ausbau des Flugverkehrs unnötig zu machen) oder eine ökologische Steuerreform aufzugleisen (um die Arbeitskraft günstiger und den Verbrauch an Rohstoffen und Energie teuerer zu machen).

Allerdings: Mit ihrem Einsatz für das Beibehalten der ungerechten Pauschalbesteuerung für Ausländer haben Blocher, Economiesuisse, Gewerbeverband, FDP, BDP und CVP bereits einen Tatbeweis erbracht, dass sie es mit «andern» Massnahmen nicht allzu ernst meinen.

Eine vage Hoffnung bleibt: Um den Zuwanderungsartikel in der Bundesverfassung – entgegen seinem Wortlaut – ohne Einführen von Kontingenten umzusetzen, müsste die wirtschaftliche Attraktivität der Schweiz für Ausländer mit eben solchen, EU-kompatiblen Massnahmen vermindert werden.


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Die Bevölkerung auf unserem Planeten hat in den letzten 200 Jahren enorm zugenommen.

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12 Meinungen

  • am 30.11.2014 um 20:31 Uhr
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    Das sollten Sie, Herr Gasche, einmal erklären, was EU-kompatible und und wirtschasftlich Unattraktivität ist? Schlechte Arbeitsbedingungen? Miese Löhne? Schlechte Wohnbedingungen?

    Ich bin einfach neugierig!

  • am 30.11.2014 um 20:37 Uhr
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    Lesen Sie einfach unser Buch «Schluss mit dem Wachstumswahn – Plädoyer für eine Umkehr». Dann können Sie Ihre Neugier stillen. – Eine Politik, die nicht mehr alles dem BIP unterordnet bringt bei uns mehr Lebensqualität und nicht weniger. Frage: Leben, handeln und konsumieren wir, um zu arbeiten und Arbeitsplätze zu schaffen? Oder wollen wir mit unserer Erwerbsarbeit unsere Bedürfnisse erfüllen?

  • am 30.11.2014 um 22:40 Uhr
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    Die Frage von Herrn Gasche ist tatsächlich ein rein rhetorische – also eine Frage, auf die keine Antwort erwartet wird (Duden). Die Ecopop-Front wird schon in wenigen Tagen zerbrechen. Die Wirtschaft – zusammen mit SVP und FDP – wird alle grünen Anliegen mit Erfolg bekämpfen. Von etwaigen Zusagen an die Umweltschützer wird man rasch Abstand nehmen. Der Umweltschutz wird deshalb in den kommenden Jahren – wie in den letzten Jahren auch – keine Fortschritte resp. Rückschritte machen. Das Positive daran (für die Politiker): Alle können «Politik» machen wie bisher, das heisst, ihre jeweilige, chancenlose Minderheit mit ihren Anliegen bei der Stange halten und sich von ihr wählen lassen.

  • am 1.12.2014 um 08:39 Uhr
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    "Von etwaigen Zusagen an die Umweltschützer» – Wo und wann hat es aus diesen Kreisen denn auch nur schon einen Ansatz einer Zusage gegeben?

  • Portrait_Pirmin_Meier
    am 1.12.2014 um 12:01 Uhr
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    @Gasche. Es ging halt auch um die Steuerhoheit der Kantone. Auch darüber wurde halt mitabgestimmt, besonders in der Westschweiz, die «linker» hätte stimmen müssen. Um eine Analogie zu machen: Ich war seit 1972 ein Gegner des Systems öffentlichrechtlicher Religionsgemeinschaften, also die derzeitig dominierende Art Verbindung Kirche und Staat. Trotzdem konnte ich Ludwig A. Minellis Initiative zur Trennung von Kirche und Staat nicht unterstützen, weil ich wirklich fand und finde, die Trennung von Kirche und Staat müsse kantonal gelöst werden, also unbedingt wollte ich die kantonale «Kirchenhoheit» beibehalten. Ev. auch mit Uebergangslösungen bis 50 Jahre Frist usw. Ich stimme im Zweifelsfall fast immer gegen die Entmachtung der Gemeinden und der Kantone, wiewohl ich weiss, hier dann und wann ein Fossil zu sein. Ich schliesse auch fast vollständig aus, dass der Lehrplan 21, über sehr viel Betrieb und Kosten und Frust hinaus, am Ende netto das Bildungsniveau der Bevölkerung anheben wird. Als Schüler und Student habe von 1953 bis 1978 ausschliesslich bei guten Lehrern, damals noch ausnahmsweise Lehrerinnen, was gelernt. Dass über 50% gut waren, ist ein Glücksfall. Im System allein kann man problemlos dumm bleiben, gilt für jedes System. Und bei Nichtbenützung der Freiheit bleibt man auch in der Schweiz relativ unfrei. Der Begriff «gerechte Steuern» ist wie der «gerechte Lohn» noch metaphysischer als die Gerechtigkeit Gottes, die theologisch von Hegel gut begründet wurde.

  • am 1.12.2014 um 12:15 Uhr
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    Leider hatte diese Initiative das Wirtschaftswachstum nur sehr indirekt regeln wollen. Trotzdem wird heute behauptet, der Souverän wolle ein unbegrenztes Wachstum. Wie ein Initiativtext für die Begrenzung des (sog.) Wirtschaftswachstums gestaltet sein müsse, weiss ich nicht, befürchte das sei überhaupt unmöglich praktikabel zu beschreiben und in die Verfassung zu schreiben. Das ist generell das Dilemma. Da heute kaum ein Gewerkschafter am Credo des notwendigen und ewigen Wachstums zweifelt, scheint es völlig unmöglich, hier korrigierend einzugreifen.
    "Die Wirtschaft» wurde zur heiligen Kuh erklärt, eine heilige Kuh hat einen Selbstzweck und muss nicht uns Menschen dienen. Paralisiert wie die Maus vor der Schlange zucken alle zusammen, wenn irgendjemand irgendetwas über Gefährdung von Arbeitsplätzen schwafelt. Gewisse Worte oder Worthülsen scheinen eine pandemische Hirnlähmung auszulösen…

  • am 1.12.2014 um 13:41 Uhr
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    Man fährt zu gern auf alten Gleisen,
    Statt zukunftsfähig sicher reisen.

  • am 1.12.2014 um 13:59 Uhr
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    @Herrn Rothenbühler: Ich nenne Ihnen gerne zwei Beispiele eines Ansatzes «Von etwaigen Zusagen an die Umweltschützer» aus «diesen Kreisen»: Im Ständerat haben 3 FDP-Mitglieder geholfen, den Gegenvorschlag zur «Grünen-Wirtschaft-Initiative» zu überweisen. Weiteres Beispiel: Zum Co-Präsidium der «Parlamentarischen Gruppe von Swiss Cleantech» (6 Personen) gehört ein NR der SVP und einer der FDP. Swiss Cleantech unterstützt sowohl die USG-Revision als auch das Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050. Bitte informieren Sie sich. Als grüner Politiker müssten Sie wissen, wer für oder gegen Ihre Anliegen ist.

  • am 1.12.2014 um 14:01 Uhr
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    @Urs P. Gasche – 30.11.2014 20:37 Uhr
    Herr Gasche, darf ich dennoch auf eine Antwort hoffen, ohne auf Ihre Buchempfehlung zurückzugreifen?

    Wenn Sie Wert darauf legen, Ihnen die beiden gestellten Fragen zu beantworten, dann lassen Sie mich es wissen

  • am 1.12.2014 um 14:27 Uhr
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    Vielleicht kann ich Herrn Gasche ein bisschen entlasten, indem ich hier die Argumente der Grünen Partei wiedergebe (denn die sind sicher EU-kompatibel und machen wirtschaftlich unattraktiv): «Gegen Ressourcenverschleiss, Luftverschmutzung und Zersiedelung braucht es nicht eine andere Ausländerpolitik, sondern eine konsequente Umweltpolitik. Dazu gehören der radikale Umbau der Wirtschaft (Anmerkung: zu einer «Grünen Wirtschaft"), der konsequente Schutz des Kulturlandes, die Reduktion des Pendlerverkehrs. Gegen das überhitzte Wirtschaftswachstum (Zugisierung, Monacoisierung), das wir in den letzten Jahren hatten, muss die Schweiz ihre Standortpolitik ändern. Die starke wirtschaftliche Zuwanderung ist die Folge des geförderten Kapitalzuflusses."

  • am 1.12.2014 um 14:38 Uhr
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    Danke Herr Zumbrunn. Die breiten Fragen von Uwe Pawlowski würden entsprechend breite Antworten erfordern. Diese Forderungen der Grünen Partei wurden meist mit dem Argument abgelehnt, deren Umsetzung würde die Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Wirtschaft und damit Arbeitsplätze gefährden. Dabei wäre es doch erwünscht, dass in der Schweiz etwas weniger Arbeitsplätze nötig wären. Dann bräuchte es auch weniger Zuwanderung und keine ständige Zunahme der Bevölkerung. Falls möglich arbeiten wir dank Produktivitätsfortschritten künftig weniger Stunden, um unsere gleichen Bedürfnisse zu befriedigen.

  • am 1.12.2014 um 22:07 Uhr
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    @Gasche
    Es ging nicht um meine Fragen, vielleicht war das ein Missverständnis meinerseits. Es ging um Ihre Fragen:
    1. Leben, handeln und konsumieren wir, um zu arbeiten und Arbeitsplätze zu schaffen?
    2. Oder wollen wir mit unserer Erwerbsarbeit unsere Bedürfnisse erfüllen?

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